Suchen Kontrast Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 31.08.2023, RV/4100210/2023

FinOnline - Databox - verspäteter Vorlageantrag

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Cornelia Pretis-Pösinger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum März 2019 - September 2020 für das Kind ***1***, Ordnungsbegriff ***2***, beschlossen:

Der Vorlageantrag vom gegen die Beschwerdevorentscheidung vom des Finanzamtes Österreich betreffend die Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid vom wird gemäß § 264 Abs. 4 lit. e BAO in Verbindung mit § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

1. Verfahrensgang:

Als Ergebnis der Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe erging der mit datierte Rückforderungsbescheid betreffend Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für das Kind ***1***, geb. ***3***, für den Zeitraum März 2019 bis September 2020. Das Finanzamt (FA) forderte an Familienbeihilfe € 3.496,90 und an Kinderabsetzbeträgen € 1.109,60 zurück. Begründet wurde der Bescheid damit, dass Tochter ***1*** das Studium mehr als zweimal gewechselt habe bzw. dass das Studium nach dem dritten gemeldeten Semester gewechselt wurde. Im Einzelnen führte das FA aus, dass Tochter ***1*** vom bis an der FH Graz im Bachelorstudium Informationsmanagement für drei volle Semester inskribiert gewesen sei. Ab dem SS 2019 habe sie an der Universität Graz das Studium Erziehungs- und Bildungswissenschaft betrieben. Ein weiterer Studienwechsel sei im WS 2019/20 erfolgt. ***1*** habe das Bachelorstudium Lehramt mit dem Unterrichtsfach Englisch und Psychologie/Philosophie betrieben. Aufgrund der angerechneten Prüfungen bestehe eine Wartezeit von drei Semestern. Ab Oktober 2020 bestehe erst wieder der Anspruch auf Familienbeihilfe.

Der Rückforderungsbescheid wurde am elektronisch in die Databox der Beschwerdeführerin (Bf.) zugestellt.

Die Bf. erhielt am eine Zahlungsaufforderung; sie wurde aufgefordert den vollstreckbaren Rückstand in Höhe von € 4.606,50 zu entrichten.

Am erhob die Bf. Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid und begründete diese - unter Beilage einer Bestätigung einer Psychotherapeutin - damit, dass der Studienwechsel aufgrund der psychischen Erkrankung der Tochter unbedingt erforderlich gewesen sei.

Das FA wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom unter Bezugnahme auf die §§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, 17 StudFöG und die Rechtsprechung des VwGH ab. Die Beschwerdevorentscheidung wurde der Bf. am elektronisch in die Databox zugestellt.

Am teilte die Bf. dem FA telefonisch mit, dass sie die Beschwerdevorentscheidung vom nicht erhalten habe. Daraufhin übermittelte das FA der Bf. eine Zweitschrift der Beschwerdevorentscheidung, die am zugestellt wurde.

Mit brachte die Bf. einen ausführlich begründeten Vorlageantrag samt Beilagen beim FA ein und ersuchte abschließend "keine Antworten auf FinanzOnline zuzustellen, da sie keinen dauerhaften Zugang zu einem Computer besitze."

Das FA legte am dem BFG den Vorlagebericht vor. In der Stellungnahme beantragte es die Zurückweisung des Vorlageantrages wegen verspäteter Einbringung und führte aus, dass die Bf. am der elektronischen Zustellung von Bescheiden zugestimmt habe. Dies sei der Grunddatenverwaltung des FA zu entnehmen. Der Rückforderungsbescheid vom sei daher am elektronisch in die Databox zugestellt worden. Ein Fristverlängerungsantrag sei nicht gestellt worden. Am sei die Einbringung der Beschwerde erfolgt, die zurückgewiesen hätte werden müssen. Fälschlicherweise sei die Beschwerde aber am mittels Beschwerdevorentscheidung abgewiesen worden. Die Beschwerdevorentscheidung sei am elektronisch in die Databox der Bf. zugestellt worden. Infolge eines Telefonates mit dem FA habe man der Bf. am eine Zweitschrift der Beschwerdevorentscheidung zugestellt. Der Vorlageantrag sei schließlich am eingebracht worden. Von der Bf. sei darin ersucht worden "keine Antworten auf FinanzOnline (zuzustellen), da sie keinen dauerhaften Zugang auf einen Computer besitze".

2. Sachverhalt und Beweiswürdigung:

Die Teilnahme der Bf. an FinanzOnline und ihre Zustimmung zur elektronischen Zustellung von behördlichen Erledigungen ergibt sich aus der Datenbank der Finanzverwaltung. Danach ist die Bf. seit FON-Teilnehmerin und hat sie die elektronische Zustellung seit aktiviert. Nicht aktiviert ist die E-Mail-Verständigung bei neuen Zustellungen.

Der spruchgegenständliche mit datierte Rückforderungsbescheid wurde am und die mit datierte Beschwerdevorentscheidung am elektronisch in die Databox der Bf. zugestellt.

Dies ergibt sich aus der Grunddatenbank der Finanzverwaltung und wurde durch die Sektion I des BMF, Finanzverwaltung, Management und Services gegenüber dem Bundesfinanzgericht am bestätigt. Aus dem Umstand, dass die Bf. im Vorlageantrag ersucht "keine Antworten auf FinanzOnline zuzustellen, da sie keinen dauerhaften Zugang zu einem Computer besitzt", wird deutlich, dass sie um die Problematik einer "allenfalls übersehenen" Zustellung im Rahmen von FinanzOnline Bescheid wusste.

Die Bf. wurde von der Vorlage der Beschwerde - unter Übermittlung einer Ausfertigung des Vorlageberichtes, dem Vorhaltswirkung zukommt - in Kenntnis gesetzt.

Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen sieht es das Bundesfinanzgericht als erwiesen an, dass die angefochtenen Bescheide zu den von der belangten Behörde festgestellten, angegebenen Daten ( und ) in die Databox zugestellt wurden.

3. Erwägungen:

Gemäß § 243 Bundesabgabenordnung (BAO) sind gegen Bescheide, die Abgabenbehörden erlassen, Beschwerden (Bescheidbeschwerden) an die Verwaltungsgerichte zulässig, soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist.

Nach § 245 erster Satz BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat.

Die Bescheidbeschwerde ist gemäß § 260 Abs 1 BAO mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie
a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

§ 264 Abs. 1 BAO bestimmt: Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).

Für Vorlageanträge ist gemäß § 264 Abs. 4 lit e BAO § 260 Abs. 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung) anzuwenden.

§ 97 Abs 1 BAO bestimmt, dass Erledigungen dadurch wirksam werden, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind.

Gemäß § 5b Abs 1 der FinanzOnline-Verordnung 2006 (FOnV 2006) in der für den vorliegenden Beschwerdefall maßgeblichen Fassung des BGBl II Nr 373/2012, haben die Abgabenbehörden nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen.

Nach § 5b Abs 3 erster FOnV 2006 in der oben genannten Fassung kann ein Teilnehmer in FinanzOnline auf die elektronische Form der Zustellung verzichten. Zu diesem Zweck ist ihm bei seinem ersten nach dem erfolgenden Einstieg in das System unmittelbar nach erfolgreichem Login die Verzichtsmöglichkeit aktiv anzubieten. Die Möglichkeit zum Verzicht ist auch nach diesem Zeitpunkt jederzeit zu gewährleisten.

§ 98 Abs 2 BAO normiert, dass elektronische Dokumente als zugstellt gelten, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Im Beschwerdefall ist der im Spruch genannte mit datierte Rückforderungsbescheid elektronisch in die FinanzOnline-Databox der Bf. zugestellt worden. Die Beschwerdevorentscheidung vom wurde am zugestellt.

Im Beschwerdefall ist die Bf. seit FON-Teilnehmerin und hat sie seit die elektronische Zustellung aktiviert. Die Bf. hat entsprechend der Bestimmung des § 5bVOnV 2006 in der maßgeblichen Fassung der elektronischen Zustellung von behördlichen Erledigungen über FinanzOnline schon lange davor zugestimmt und diese Zustimmung bis zum Zustellzeitpunkt nicht widerrufen.

Das FA durfte somit die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung vom in die Databox des FON-Kontos der Bf. vornehmen. Die Beschwerdevorentscheidung gelangte somit am in den elektronischen Verfügungsbereich der Bf. und gilt daher entsprechend der Bestimmung des § 98 Abs. 2 BAO am als zugestellt.
Auf das tatsächliche Einsehen der in der Databox befindlichen elektronischen Dokumente durch Öffen, Lesen, oder Ausdrucken eines Schriftstückes komme es nicht an (vgl Ritz, BAO6, § 98 BAO, Tz 4 und die dortigen Judikaturhinweise).

Ein Zustellmangel liegt daher nicht vor. Die Frist zur Stellung des Vorlageantrages begann daher gemäß § 109 BAO am zu laufen.
Hinsichtlich des Fristendes ist § 108 Abs. 2 und 3 BAO zu beachten. Unter "Zahl" ist das Datum bei Monatsfristen gemeint (vgl. Ritz/Koran, BAO 7, § 108 BAO Rz 5).

Die einmonatige Frist für die rechtzeitige Einreichung des Vorlageantrages endete somit am (= Montag), da der ein Sonntag war.

Die Bf. hat die Beschwerdevorentscheidung am gelesen und den Vorlageantrag tatsächlich erst am eingebracht. Zu diesem Zeitpunkt war die einmonatige Frist zur Einbringung des Vorlageantrages aber bereits abgelaufen.

Nach Ablauf der gesetzlich vorgesehenen Frist eingebrachte Vorlageanträge sind gemäß § 260 Abs. 1 lit b BAO iVm § 264 Abs. 4 lit e BAO als verspätet zurückzuweisen. Dies hat durch das BFG mit Beschluss zu erfolgen (§ 278 BAO).

Die Wirkung eines rechtzeitig eingebrachten Vorlageantrages gemäß § 264 Abs. 3 Satz 1 BAO - nämlich die Geltung der Beschwerde als unerledigt - ist hier wegen Verspätung der Einbringung des Vorlageantrages nicht eingetreten. Vielmehr ist die Beschwerde vom weiterhin durch die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom erledigt. Das Bundesfinanzgericht kann daher nicht (noch einmal) über die Beschwerde vom entscheiden.

Soweit der Bf. eine Zweitschrift der Beschwerdevorentscheidung erst am mit Rückscheinbrief zugestellt worden ist, ist dieser Umstand unter Bedachtnahme auf die Bestimmung des § 6 ZuStG irrelevant. Die neuerliche Zustellung löste keine Rechtswirkungen mehr aus (vgl. Ritz, BAO 6, § 6 ZuStG Tz 2 mwV). Diese Übermittlung hatte lediglich informativen Charakter und ist nicht als (neuerliche) Zustellung iSd Abgabenvorschriften anzusehen

Dass die Bf. über die Tatsache der Zustellung in die Databox nicht per E-Mail informiert worden ist, liegt daran, dass die es verabsäumt hat, eine E-Mail-Adresse für Zwecke der Verständigung über eine Zustellung einer Erledigung anzugeben. Daran vermag auch der Umstand, dass sie keinen dauerhaften Zugang zu einem Computer hatte, nichts zu ändern, besitzt sie doch ein Handy und hätte man eine Verständigung auch dorthin umleiten können. Davon unabhängig, stellt eine Information per E-Mail jedoch ohnehin keine Voraussetzung für das Wirksamwerden einer elektronischen Zustellung dar (vgl. Ritz, BAO6, § 98 BAO, Tz 4).

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Vorlageantrag der Bf. vom daher gemäß § 278 Abs. 1 lit a BAO mit Beschluss als verspätet zurückzuweisen ist.

Damit gilt die Beschwerde vom nach § 264 abs. 3 BAO wieder als durch die Beschwerdevorentscheidung vom erledigt.

Da aus formalen Gründen die Zurückweisung des Vorlageantrages auszusprechen war, war auf die materiellen Einwendungen der Bf. im Vorlageantrag nicht mehr einzugehen.

Abschließend sei die Bf. auf die Möglichkeit der Zahlungserleichterungen (§ 212 BAO) hingewiesen. Derartige Anträge sind aber beim Finanzamt einzubringen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision nicht zulässig, da sich die Rechtsfolge unmittelbar aus dem Gesetz ergibt und es sich daher um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG handelt. Die Beurteilung von Tatfragen, wie die Rechtzeitigkeit von eingebrachten Rechtsmitteln, ist einer Revision nicht zugänglich. Das Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht ist einzustellen.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 278 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 3 Satz 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 278 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 17a VfGG, Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, BGBl. Nr. 85/1953
§ 24a VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
§ 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 243 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 245 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006
§ 98 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 98 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 108 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 109 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 108 Abs. 2 und 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.4100210.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
PAAAC-34509