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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.09.2023, RV/2100882/2022

Krankendiätverpflegung - keine steuerlichen Auswirkungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO im Umfang der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes vom Folge gegeben.

Gegenüber der in der Beschwerdevorentscheidung vom festgesetzten Einkommensteuergutschrift ergeben sich keine Änderungen.

Im Übrigen wird das Beschwerdebegehren abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang und Sachverhalt

Im angefochtenen Bescheid über die Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2020 wurde ein Freibetrag wegen eigener Behinderung (§ 35 Abs. 3 EStG 1988) iHv € 486,00 steuermindernd als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt.

In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde beantragte der Beschwerdeführer (Bf) eine Rentenversicherung in Höhe von € 290,69, eine Krankenversicherung in Höhe von € 96,89 und eine Insassenunfallversicherung in Höhe von € 31,73 als Sonderausgaben sowie Krankheitskosten in Höhe von € 261,24 als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.

Weiters beantragte er das volle große Pendlerpauschale für die Entfernung von mindestens 2 km bis 20 km in Höhe von € 165,33 und den Pendlereuro in Höhe von € 17,76 für die Fahrten zu seinem Beschäftigungsort bei der Firma ***1***, im Beschäftigungszeitraum vom bis .

In der Beschwerdevorentscheidung vom berücksichtigte das Finanzamt neben dem Pendlerpauschale iHv € 165,33 anstatt iHv € 52,70 im angefochtenen Bescheid und dem Pendlereuro iHv 17,67 iHv anstatt iHv € 5,67 im angefochtenen Bescheid, Topfsonderausgaben iHv € 104,83 € (1 Viertel von € 419,32) und zusätzlich zum Freibetrag wegen eigener Behinderung gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988 iHv € 486,00 nachgewiesene Kosten aus der eigenen Behinderung nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen iHv € 261,24 als außergewöhnliche Belastung.

Mit dem fristgerecht erhobenen Vorlageantrag beantragte der Bf weiters die Berücksichtigung des monatlichen Freibetrages von EUR 70, -(insgesamt € 840 für 2020) als Pauschalbetrag für die Krankendiätverpflegung aufgrund einer Zöliakie. Als Nachweis seiner diagnostizierten Zöliakie mit Erstdiagnose 02/2010 legte er den Kurzarztbrief des Landeskrankenhauses ***2*** vom sowie den Arztbrief des Landeskrankenhausee ***2*** vom bei.

Die in seiner Beschwerde angeführten Krankheitskosten in Höhe von € 261,24 seien auf Arztbesuche und Medikamentenkosten zurückzuführen.

Das Finanzamt legte die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte im Vorlagebericht aus, dass dem Beschwerdebegehren mit Beschwerdevorentscheidung vollinhaltlich entsprochen worden sei. Weiters stellte das Finanzamt den Antrag, dem Begehren laut Beschwerdevorentscheidung stattzugeben, da die Zöliakieerkrankung mittels Arztbrief dokumentiert worden sei. Die Feststellung einer damit zusammenhängenden 25 %-igen Erwerbsminderung stehe derzeit noch aus und sei auch nicht absehbar. Aufgrund der Anrechnung einer zumutbaren Mehrbelastung würden die Krankheitskosten für den Spruch laut Beschwerdevorentscheidung ohne Auswirkung bleiben.

Ergänzend legte das Finanzamt das Sachverständigengutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen vom vor und verwies darauf, dass der ausgewiesene 60%ige Behinderungsgrad bereits in der Beschwerdevorentscheidung seinen Niederschlag gefunden habe. Die Zöliakie werde laut Gutachten mit 20 GdB festgestellt, weshalb gemäß § 2 Abs. 2 der VO zu den §§ 34 und 35 eine Entscheidung lediglich im Sinne des Vorlageberichtes gerechtfertigt erscheinen würde.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
- sie muss außergewöhnlich sein,
- sie muss zwangsläufig erwachsen,
- sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.

Letzteres ist nach § 34 Abs. 4 EStG 1988 dann der Fall, wenn die Belastung einen u.a. nach dem Einkommen des Steuerpflichtigen berechneten Selbstbehalt übersteigt. Krankheitskosten erfüllen dem Grunde nach diese Voraussetzungen, allerdings ist in der Regel von diesen Kosten der Selbstbehalt abzuziehen.

Davon abweichend können gewisse Aufwendungen auch ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes abgezogen werden. Dazu zählen u.a. Aufwendungen wegen Körperbehinderung bzw. bestimmte Gesundheitsschädigungen, wenn entsprechende Nachweise vorgelegt werden.

Die gegenständlich strittigen pauschalen Aufwendungen für eine Krankendiätverpflegung für Zöliakie sind in der aufgrund der §§ 34 und 35 EStG ergangenen Verordnung BGBl 303/1996 idF BGBl II 2010/430 geregelt und lauten (auszugsweise) wie folgt:

"§ 1. (1) Hat der Steuerpflichtige Aufwendungen
- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,
[...]
so sind die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.

(2) Eine Behinderung liegt vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25% beträgt.

(3) Die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 dieser Verordnung sind nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen.

§ 2. (1) Als Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung sind ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten bei

- Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie oder Aids 70 Euro
- Gallen-, Leber- oder Nierenkrankheit 51 Euro
- Magenkrankheit oder einer anderen inneren Krankheit 42 Euro

pro Kalendermonat zu berücksichtigen. Bei Zusammentreffen mehrerer Krankheiten ist der höhere Pauschbetrag zu berücksichtigen.

(2) Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von weniger als 25% sind die angeführten Beträge ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten nach Abzug des Selbstbehaltes gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 zu berücksichtigen.

§ 3. …

§ 4. Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung sind im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.
…."

Im Sachverständigengutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, BASB Landesstelle Stmk, vom werden aufgrund der Aktenlage nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) folgende relevante Befunde als Zusammenfassung genannt:

"- 2010-05 spondylogene Neuralgie HWS-BWS-Kurzarztbrief-LKH ***2***
- 2010-06 spondylogene Neuralgie HWS-BWS-Arztbrief LKH
***2***
- SVG v.
***Bf1***: 60 v H Verlust aller Finger, des Daumens an der Wurzel der rechten Hand "

Als Behandlungen/Medikamente/Hilfsmittel werden aufgeführt:

"Covid 19-Risikominimierung-aktenm. Gutachten: Laut VGA besteht bei dem AST ein Verlust aller Finger und des Daumens an der Wurzel der rechten Hand, weiters finden sich degenerative Aufbraucherscheinungen an der Wirbelsäule - v.a. im Bereich der HWS. Es wird auch eine Zöliakie seit 2/2010 beschrieben. Eine glutenfreie Ernährung ist erforderlich. Keine aktuelle Medikation ersichtlich."

Als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung werden folgende Funktionseinschränkungen als Dauerzustand aufgezählt:

"1 Verlust aller Finger und des Daumens an der Wurzel der rechten Hand
2 Degenerative Wirbelsäulenveränderungen mit mäßigen Bewegungseinschränkungen
3 Zöliakie mit der Notwendigkeit einer glutenfreien Ernährung (ED 2/2010)"

Weiters wird festgestellt, dass folgende Gesundheitsschädigung im Sinne von Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung vorliegen, wegen

"…, Zöliakie, … nach Pos. 09.03 GdB: 20 v.H."

Die Gutachterliche Stellungnahme lautet: "D1: ja-Zöliakie seit 2/2010"

Aus diesem Gutachten ist zu ersehen, dass es sich bei den vom Bf beantragten Mehraufwendungen wegen einer Krankendiätverpflegung aufgrund Zöliakie grundsätzlich um eine außergewöhnliche Belastung handelt und weiters, dass das die Diät erfordernde Leiden (Zöliakie) den bereits bestehenden Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H. nicht erhöht hat. Für die Gesundheitsschädigung Zöliakie wurde ein eigenständiger Grad der Behinderung iHv 20 v.H. festgesetzt.

Gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen (BGBl Nr. 303/1996 idgF) sind Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung nur dann ohne Abzug eines Selbstbehaltes gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 zu berücksichtigen, wenn der Grad der Behinderung wegen des die Diät erfordernden Leidens mindestens 25% beträgt. Das trifft im gegenständlichen Fall nicht zu, da der GdB für die Zöliakie mit 20 v.H. festgesetzt wurde.

Nach der Verwaltungsübung (LSTR 839h) entfällt der Abzug des Selbstbehaltes iSd § 34 Abs. 4 EStG 1988, wenn bei einer Einstufung durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) eine mindestens 25-prozentige Behinderung vorliegt und davon der Anteil der Behinderung wegen des die Diät erfordernden Leidens mindestens 20% im Sinne der Einschätzungsverordnung oder der Richtsatzverordnung (Zusatzeintragung entsprechend Rz 839d) beträgt.

Zur Frage, ob es durch den Ansatz der pauschalen Aufwendungen für die Krankendiätverpflegung im gegenständlichen Fall zu einer weiteren Einkommensteuergutschrift kommen kann, ist auf die nachfolgenden Bestimmungen zu verweisen:

§ 33 Abs. 5 EStG 1988 lautet:

"(5) Bei Einkünften aus einem bestehenden Dienstverhältnis stehen folgende Absetzbeträge zu:
1. Ein Verkehrsabsetzbetrag von 400 Euro jährlich.
2. Bei Anspruch auf ein Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 erhöht sich der Verkehrsabsetzbetrag auf 690 Euro, wenn das Einkommen des Steuerpflichtigen 12 200 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt. Der erhöhte Verkehrsabsetzbetrag vermindert sich zwischen Einkommen von 12 200 Euro und 13 000 Euro gleichmäßig einschleifend auf 400 Euro.
3. Der Verkehrsabsetzbetrag gemäß Z 1 oder 2 erhöht sich um 400 Euro (Zuschlag), wenn das Einkommen des Steuerpflichtigen 15 500 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt. Der Zuschlag vermindert sich zwischen Einkommen von 15 500 Euro und 21 500 Euro gleichmäßig einschleifend auf Null.
4. Ein Pendlereuro in Höhe von jährlich zwei Euro pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, wenn der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 hat. Für die Berücksichtigung des Pendlereuros gelten die Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b und lit. e bis j entsprechend
."

§ 33 Abs. 8 EStG 1988 lautet auszugsweise:

"(8) 1. Ergibt sich nach Abs. 1 und 2 eine Einkommensteuer unter null, ist insoweit der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zu erstatten.
2. Ergibt sich bei Steuerpflichtigen, die Anspruch auf den Verkehrsabsetzbetrag haben, nach Abs. 1 und 2 eine Einkommensteuer unter null, sind 50% der Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 3 lit. a (ausgenommen Betriebsratsumlagen) und des § 16 Abs. 1 Z 4 und 5, höchstens aber 400 Euro jährlich rückzuerstatten (
SV-Rückerstattung). Bei Steuerpflichtigen, die Anspruch auf ein Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 haben, sind höchstens 500 Euro rückzuerstatten. Bei Steuerpflichtigen, die Anspruch auf den Zuschlag gemäß Abs. 5 Z 3 haben, ist der maximale Betrag der SV-Rückerstattung um 400 Euro zu erhöhen (SV-Bonus).
3. …
4. …
5. Die Erstattung erfolgt im Wege der Veranlagung gemäß § 41 und ist mit der nach Abs. 1 und 2 berechneten Einkommensteuer unter null begrenzt
."

Die Beurteilung, ob die Berücksichtigung der pauschalen Aufwendungen der Krankendiätverpflegung bzw. der beantragten Krankheitskosten mit oder ohne Selbstbehalt zu erfolgen hat, kann im gegenständlichen Fall dahingestellt bleiben, da sich bei der Berücksichtigung der strittigen pauschalen Aufwendungen für die Krankendiätverpflegung iHv € 840,- aufgrund des geringen im angefochtenen Bescheid festgestellten Einkommens des Bf keine weitere Einkommensteuergutschrift im Vergleich zur Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes vom ergeben kann. Bereits in der Beschwerdevorentscheidung wurde der höchstmögliche Negativsteuerbetrag gemäß § 33 Abs. 8 Z 2 EStG 1988 (SV-Bonus) iHv € 900,00 bzw. der höchst mögliche Verkehrsabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 5 EStG 1988 iHv € 1.090,00 samt Pendlereuro ausgeschöpft. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich bei der Berechnung der Steuer eine negative Einkommensteuer iHv. -1.104,29 bei einer anrechenbaren Lohnsteuer iHv € 1.429,62 ergeben hat. Zur Veranschaulichung wird diesem Erkenntnis ein Berechnungsblatt beigelegt, dem die Berechnung der Einkommensteuer unter Berücksichtigung der vom Bf geforderten Krankendiätverpflegung zu Grunde gelegt wurde. Daraus ist eindeutig zu erkennen, dass eine weitere Einkommensteuergutschrift nicht möglich ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Gemäß § 25a VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nachdem die Beschwerde insoweit keine für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen aufwirft, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme, war unter Hinweis auf die gesetzlichen Bestimmungen die Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision auszusprechen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100882.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at