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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.07.2023, RV/7105237/2018

Keine Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung bei Wertminderung durch Beschädigung und Verschmutzung im Rahmen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7105237/2018-RS1
Eine bloße Wertminderung eines Mietobjektes rechtfertigt keine Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung. Dafür ist vielmehr erforderlich, dass das Mietobjekt entweder technisch oder wirtschaftlich unbenützbar geworden oder die Verwendungsmöglichkeit (dauerhaft) gemindert worden ist.
RV/7105237/2018-RS2
Teilwertabschreibungen sind bei den betrieblichen Einkunftsarten unzulässig, wenn der Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt wird (; , 96/13/0007; , 2006/15/0116) und umso mehr bei den außerbetrieblichen Einkunftsarten.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. David Hell LL.B. LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch klarkurs steuerberatung gmbh, Peter-Floridan-Gasse 4, 7100 Neusiedl/See, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Einkommensteuer 2016, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:

I. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass die Einkommensteuer 2016 mit -2.080,00 Euro festgesetzt wird.

Die Bemessungsgrundlagen sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Verfahrensgang und Parteienvorbringen

Am brachte der Beschwerdeführer (Bf.) via FinanzOnline seine Einkommensteuererklärung für 2016 ein, in welcher er (unter anderem) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von -27.904,31 € erklärte, wobei der Verlust insbesondere auf die in der entsprechenden Kennzahl 9500 geltend gemachten Werbungskosten für AfA in Höhe von 32.201,38 € zurückzuführen ist.

Mit Vorhalt vom ersuchte die Abgabenbehörde den Bf. um Erläuterung der geltend gemachten AfA. Am beantwortete der Bf. den Vorhalt dahingehend, dass sich die geltend gemachte AfA aus der regulären AfA in Höhe von 1.890,08 € und einer Wertminderung des vermieteten Objekts in Höhe von 30.000,00 € zusammensetze (den Restbetrag erläuterte er dabei nicht). Mit dem Vorhalt wurden zwei Verkehrswertgutachten vorgelegt, nach denen zwischen (Bewertungsstichtag des ersten Gutachtens) und (Bewertungsstichtag des zweiten Gutachtens) eine Wertminderung des vermieteten Objekts im Ausmaß von 30.000,00 € eingetreten sei. Diese sei auf den unsachgemäßen Umgang der dort untergebrachten Flüchtlingsfamilie mit dem Mietobjekt zurückzuführen.

Im nunmehr angefochtenen Einkommensteuerbescheid für 2016 vom berücksichtigte die belangte Behörde nur die reguläre AfA in Höhe von 1.890,08 €, wobei sie begründend ausführte, bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung könne eine Wertminderung nicht berücksichtigt werden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Bf. am rechtzeitig Beschwerde, in welcher er begründend ausführt, es handle sich um einen Anwendungsfall des § 8 Abs. 4 EStG 1988 (Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung), weil gegenüber der gewöhnlichen Abnutzung ein erhöhter Substanzverlust eingetreten sei, welcher durch die vorgelegten Verkehrswertgutachten nachgewiesen sei. Aufgrund der langwierigen Wiederherstellungs- und Sanierungsarbeiten habe der Bf. die Vermietung der Liegenschaft im September 2016 eingestellt und es handle sich somit um eine dauerhafte Abnutzung, welche den Ansatz der gesamten Wertminderung als Werbungskosten im Jahr 2016 rechtfertige.

Am wies die Abgabenbehörde die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab, wobei sie begründend zusammengefasst ausführte, grundsätzlich komme zwar eine außergewöhnliche (technische oder wirtschaftliche) Abnutzung auch bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Betracht, im gegenständlichen Fall würden jedoch die Voraussetzungen nicht vorliegen: Eine außergewöhnliche technische Abnutzung liege nicht vor, da die im (zweiten) Gutachten angeführte Verschmutzung von Wänden, Böden, Fliesen und Fenstern keine Beschädigung der Substanz darstelle und die angeführte Zerstörung von Möbeln keinen Einfluss auf die Beurteilung der Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung habe, da die Möbel laut dem ersten Gutachten nicht Bestandteil des bewerteten Wirtschaftsgutes seien. Es liege auch keine außergewöhnliche wirtschaftliche Abnutzung vor, da die wirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit des Mietobjekts nicht dauerhaft gesunken sei. Bei einer Weiterverwendung des Objekts zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung würden die nachgewiesenen Ausgaben jedoch Werbungskosten darstellen.

Mit rechtzeitigem Vorlageantrag vom begehrte der Bf. die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Darin begehrte er zusätzlich die Berücksichtigung von weiteren 2.000 € als AfA für die Möbel, da tatsächlich ein möbliertes Haus vermietet worden sei und er die Abschreibung der Möbel in der Steuererklärung vergessen habe. Mit Vorhalt vom forderte die belangte Behörde den Bf. auf, die geltend gemachten AfA-Beträge aufzugliedern. Der Bf. erklärte daraufhin, dass er insgesamt 34.201,38 € an AfA geltend mache, die sich aus den in der ursprünglichen Erklärung geltend gemachten 32.201,38 € und den im Vorlageantrag geltend gemachten 2.000 € für die Möbel zusammensetzen:


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AfA Mietobjekt
1.890,08 €
AfA geringwertige Wirtschaftsgüter
311,30 €
Außergewöhnliche Abnutzung
30.000,00 €
AfA Möbel
2.000,00 €
Summe der beantragten AfA (Kennzahl 9500)
34.201,38 €

Am leget die belangte Behörde die Beschwerde samt Akt und Vorlagebericht dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor, wobei sie ausführte, die Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung sei aus den bereits vorgebrachten Gründen nicht anzuerkennen. Zu den anderen Positionen gab die belangte Behörde keine Stellungnahme ab.

Im Zuge der Finanzorganisationsreform trat mit das Finanzamt Österreich an die Stelle der bescheiderlassenden Behörde. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesfinanzgerichts vom wurde die gegenständliche Rechtssache der mit neu besetzten Gerichtsabteilung 4013 zugewiesen.

Mit Vorhalt vom informierte das Gericht den Bf. über seine Ansicht, wonach aufgrund der mittlerweile wiederaufgenommenen Vermietung nicht von einer dauerhaften Abnutzung auszugehen ist und ersuchte den Bf. um Auskünfte und Unterlagen zu allfälligen im Jahr 2016 oder später durchgeführten Sanierungsmaßnahmen, zur Wiederaufnahme der Vermietung, zur allfälligen Geltendmachung von Schadenersatz sowie um Übermittlung des Mietvertrages mit der ***Firma***.

Am gab der Bf. daraufhin die Auskunft, dass das Objekt bis Juni 2020 leer gestanden sei und seither wieder vermietet werde. Die angeforderten Belege könne er nicht mehr auffinden.

2. Sachverhalt

Der Bf. ist Alleineigentümer des Einfamilienhauses mit der Adresse ***Hausadresse*** in ***PLZ-Ort***. Der Bf. vermietete dieses ab an die ***Firma***, welche wiederum Flüchtlinge im gegenständlichen Haus unterbrachte. Von bis wohnte dort unter anderem eine sechsköpfige Flüchtlingsfamilie. Im September 2016 war der Verkehrswert der gegenständlichen Liegenschaft infolge starker Verschmutzung von Wänden, Böden, Fliesen und Fenstern sowie diverser Möbelstücke und der Notwendigkeit der Beseitigung einer großen Menge an Unrat im Garten sowie im Inneren des Hauses gegenüber September 2015 um 30.000 € gesunken.

Von bis war die gegenständliche Liegenschaft wieder vermietet. Wann der Bf. das Haus zwischen der Aufgabe der Vermietung mit September 2016 und der Wiederaufnahme der Vermietung im Mai 2020 wieder instandsetzen ließ und welche Beträge er dazu aufgewendet hat, konnte nicht festgestellt werden.

Die Möbel, deren Abschreibung der Bf. im Vorlageantrag geltend machte, wurden jedenfalls nicht im Jahr 2016 angeschafft. Das übermittelte Anlagenverzeichnis ist insoweit unrichtig. Wann sie tatsächlich angeschafft wurden, konnte nicht genau festgestellt werden. Sie sind jedoch jedenfalls so alt, dass deren betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer im Jahr 2016 bereits abgelaufen war.

3. Beweiswürdigung

Die Feststellung zu den Eigentumsverhältnissen ergibt sich unmittelbar aus dem Grundbuch, in welches das Gericht Einsicht genommen hat (***GB/EZ***). Die Feststellungen zu den Mietverhältnissen folgen dem Beschwerdevorbringen des Bf., an dessen Richtigkeit für das Gericht insoweit kein Zweifel bestand, als es auch mit den vom Gericht erhobenen Auszügen aus dem Zentralen Melderegister übereinstimmt.

Betrag und Ursache der Minderung des Verkehrswertes wurden ebenfalls entsprechend dem Beschwerdevorbringen festgestellt, welches mit den vorgelegten Verkehrswertgutachten im Einklang steht und gegen welches auch die belangte Behörde in Bezug auf den Sachverhalt keine Einwendungen vorbrachte.

Da der Bf. trotz diesbezüglicher Aufforderung des Gerichts keine Angaben dazu machte, wann die Instandsetzung des Hauses erfolgte und auch keine Belege dazu vorlegte, konnte das Gericht diesbezüglich nur eine Negativfeststellung treffen.

Dass das mit dem Vorlageantrag übermittelte Anlagenverzeichnis hinsichtlich der Möbel unrichtig ist, ergibt sich für das Gericht aus nachstehenden Erwägungen: Der Bf. behauptet selbst erst seitdem die Abgabenbehörde auf den Widerspruch zwischen den vorgelegten Verkehrswertgutachten zur Einbeziehung der Möbel hingewiesen hat, er habe ein möbliertes Haus vermietet, und hat das Anlagenverzeichnis mit den Möbeln offensichtlich erst deshalb erstellt. Laut diesem Anlagenverzeichnis seien die mitvermieteten Möbel allesamt erst im Jahr 2016 angeschafft worden, was nicht mit dem Vermietungsbeginn im September 2015 in Einklang zu bringen ist. Soweit auf den Fotos in den Verkehrswertgutachten Möbel erkennbar sind, waren diese offenkundig bereits älter als die jeweils geltend gemachte Nutzungsdauer von drei bzw. fünf Jahren. Unplausibel erscheinen dem Gericht auch die durchwegs runden Beträge, die als Anschaffungskosten angegeben wurden.

4. Rechtliche Beurteilung

4.1. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

§ 8 Abs. 4 EStG 1988 lautet:
"Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung sind zulässig."

Sonderabschreibungen nach § 8 Abs. 4 EStG 1988 sind grundsätzlich auch im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zulässig. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass das vermietete Objekt entweder technisch oder wirtschaftlich unbenützbar geworden oder die Verwendungsmöglichkeit (dauerhaft) gemindert worden ist (; , 2004/15/0006; , 2008/15/0150).

Eine bloße Wertminderung rechtfertigt keine Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung (Kirchmayr/Wimmer in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21a § 8 Tz 78). Derartige bloße Wertminderungen können nur im Wege von Teilwertabschreibungen (§ 6 EStG 1988) berücksichtigt werden, welche aber schon im betrieblichen Bereich bei Anwendung der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 unzulässig sind (; , 96/13/0007; , 2006/15/0116) und umso mehr bei den außerbetrieblichen Einkunftsarten.

Im vorliegenden Fall liegt offenkundig keine dauerhafte Unbenützbarkeit oder Einschränkung der Verwendungsmöglichkeit vor, da das gegenständliche Objekt vom Bf. ab Mai 2020 wieder zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt wurde. Folglich steht dem Bf. keine Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung im Ausmaß der eingetretenen (vorübergehenden) Wertminderung zu. Wie auch die belangte Behörde zutreffend ausführte, würden allenfalls die Kosten der Instandsetzung Werbungskosten darstellen. Da der Bf. jedoch weder behauptet noch nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht hat, dass diese Kosten im Jahr 2016 angefallen sind, waren sie im gegenständlichen Beschwerdeverfahren nicht zu berücksichtigen.

Da nach den Feststellungen die gewöhnliche Nutzungsdauer der Möbel, deren Abschreibung begehrt wurde, im Jahr 2016 bereits abgelaufen war, konnte diesbezüglich ebenfalls kein Werbungskostenabzug gewährt werden. Dies käme nämlich einer unzulässigen Nachholung der vormals unterlassenen bzw. nicht zugestandenen AfA gleich.

Die geltend gemachten Aufwendungen für die Absetzung geringwertiger Wirtschaftsgüter in Höhe von 311,30 € wurden jedoch nach Ansicht des Gerichts ausreichend belegt, weshalb der Beschwerde insoweit stattzugeben war. Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.

4.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da das vorliegende Erkenntnis der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt, war die Revision mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht zuzulassen.

Innsbruck, am

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