Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.08.2023, RV/7101678/2019

Keine Wiederaufnahme des Verfahrens, wenn es zu keiner Änderung des Sachbescheides kommt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch ***Stb***, über die Beschwerde vom bzw vom gegen

  1. die Bescheide des seinerzeitigen Finanzamtes ***X*** vom über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für die Jahre 2011 bis 2016 und Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für die Jahre 2011 bis 2017 sowie

  2. die gemäß § 293 BAO berichtigten Bescheide des seinerzeitigen Finanzamtes ***X*** vom über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für die Jahre 2011 bis 2016,

I. zu Recht erkannt:
Der Beschwerde gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO 2011 bis 2016 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Diese Bescheide werden aufgehoben.
Der Beschwerde gegen den Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO 2017 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Dieser Bescheid wird abgeändert.
Die getroffenen Feststellungen sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. den Beschluss gefasst:
Die Beschwerde gegen die Bescheide über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO 2011 bis 2016 wird gemäß § 261 Abs 2 BAO iVm § 278 Abs 1 BAO als gegenstandslos erklärt, das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Hinweis

Gemäß § 101 Abs 3 BAO sind schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gerichtet sind (§ 191 Abs 1 lit a und c BAO), einer nach § 81 BAO vertretungsbefugten Person zuzustellen. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen.

Entscheidungsgründe

I. Bisheriger Verfahrensgang

Die ***Bf*** (Beschwerdeführerin, kurz Bf) ist im gewerblichen Grundstückshandel tätig und ermittelt ihren Gewinn gemäß § 4 Abs 3 EStG 1988.

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung für die Jahr 2011 bis 2017 stellte die Außenprüfung fest, dass es sich bei der Bf um ein sogenanntes Verlustbeteiligungsmodell mit der Konsequenz handle, dass Verluste aus Beteiligungen an ihr gemäß § 2 Abs 2a EStG 1988 weder ausgleichsfähig noch gemäß § 18 Abs 6 und 7 EStG 1988 vortragsfähig seien.

Im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung wurde - mit Hinweis auf die Niederschrift über die Schlussbesprechung anlässlich der Außenprüfung - im Wesentlichen wie folgt ausgeführt:

Tz 2) Allgemeiner Sachverhalt
Die Bf wurde am durch Eintragung ins Firmenbuch gegründet. Als unbeschränkt haftender Gesellschafter war zum Zeitpunkt der Gründung Herr
***1*** eingetragen. Kommanditist war die ***2*** mit einer Kommanditisteneinlage in Höhe von 100 €. Als Geschäftszweig wurde Immobilienverwaltung eingetragen.
Im Firmenbuch wurde eine Erhöhung der Kommanditisteneinlage auf 790.100 € mit eingetragen. Die zusätzlichen 790.000 € werden durch die
***2*** treuhändig für Herrn ***3***, Herrn ***1***, Herrn ***4***, Herrn ***5***, Herrn ***6***, Herrn ***7***, Herrn ***8***, Herrn ***9***, Herrn ***10***, Frau ***11***, Herrn ***12***, Herrn ***13***, Herrn ***14***, Herrn ***15***, Herrn ***16***, Herrn ***17***, Herrn ***18*** und Herrn ***19*** gehalten. Die ***2*** ist ein 100-prozentiges Tochterunternehmen der ***A***.
Im Gründungsjahr 2011 wurden 13 Grundstücke (Wohnungen) erworben, ein weiteres Grundstück (eine Wohnung) wurde im März 2012 erworben. Erworben wurden diese Wohnungen von folgenden fünf Gesellschaften:
1.
***C***
2.
***D***
3.
***E***
4.
***F***
5.
***G***
Aufgrund der Beteiligungsverhältnisse in direkter oder indirekter Linie lässt sich eine Verflechtung dieser Gesellschaften mit der
***A*** bzw der ***H*** nachweisen, die Außenprüfung geht von einem Naheverhältnis zwischen diesen Gesellschaften aus.
Im Protokoll der elften ordentlichen Hauptversammlung der
***I***, Firmenbuchnummer ***XY***, aufgenommen am , ist auf Seite 148 von 363 folgendes zu lesen: ,Die Zusammenarbeit mit ***K***, an der die ***H*** 49 % und die ***A*** 51 % hält, wurde im Geschäftsjahr 2011 komplett neu strukturiert.'
Hieraus lässt sich eine Verflechtung der beiden Unternehmen
***A*** und ***H*** ableiten, die Außenprüfung geht auch in diesem Fall von einem bestehenden Naheverhältnis aus, das bereits in der Vergangenheit in ähnlich gelagerten Fällen nachgewiesen wurde.
Im Anhang zum Konzernabschluss für das Geschäftsjahr 2011 der
***A*** ist auf den Seiten 44 bis 45 nachzulesen, dass es sich bei der ***Bf*** um ein nahestehendes Unternehmen handelt.
Die aus den Käufen entstandenen Verluste wurden entsprechend der kapitalistischen Beteiligungen mittels eines Feststellungsverfahrens gem.
§ 188 BAO zugewiesen. Im folgenden Ausmaß entwickelte sich die geschäftliche Tätigkeit seit Gründung 2011:


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Jahr
erworbene Grundstücke
verkaufte Grundstücke
steuerliches Ergebnis
2011
13
0
-2.138.078,20
2012
1
1
-72.651,65
2013
0
1
109.550,84
2014
0
1
216.814,01
2015
0
1
-29.558,95
2016
0
1
596.819,13
2017
0
1
100.647,56
14
6
-1.216.457,26

In der Spalte ,Jahr' ist das Geschäftsjahr abgebildet, welches dem Kalenderjahr entspricht. Unter ,erworbene Grundstücke' finden sich alle im Geschäftsjahr angeschafften und grundbücherlich eingetragenen Wohnungen, ,verkaufte Grundstücke' stellen die im jeweiligen Geschäftsjahr veräußerten Wohnungen dar. Das steuerliche Ergebnis ist die Grundlage des Feststellungsbescheides, welche mittels der jeweiligen Tangenten, entsprechend dem investierten Kapital, den Gesellschaftern zugewiesen werden.
Die vor allem im ersten Jahr geltend gemachten Verluste waren aufgrund der damaligen Rechtslage möglich, da bei gewerblichem Grundstückshandel die entstandenen Aufwendungen sofort ertragsmindernd geltend gemacht werden konnten. Mit ist dies erst mit dem Zeitpunkt des Verkaufes möglich, weshalb nur der Saldo in die steuerliche Bilanz einfließt.
Mit Stichtag waren 8 Grundstücke (Wohnungen) im Besitz der
***Bf***. Neben der treuhändig gehaltenen Investition des Kommanditisten ist das Unternehmen fremdfinanziert. Die Kontoführung wird durch die ***A*** durchgeführt, bei welcher auch der unbeschränkt haftende Gesellschafter angestellt war:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Name
von - bis
angestellt bei
***1***
- laufend
***A***

Tz 3) Steuerliche Auswirkungen und Systematiken
Nach Ansicht der Außenprüfung wurde dieses Unternehmen zum Zweck der Ausnutzung steuerlicher Vorteile gegründet. Aufgrund mehrerer Sachverhalte in nahezu gleich gestrickten Unternehmen ist davon auszugehen, dass nur im ersten Jahr hohe Verluste entstanden, da in jedem Jahr (seit 2004) neue KGs gegründet wurden. Nach Inkrafttreten des 1. Stabilitäts-gesetzes 2012 () wurden keine neuen KGs mehr gegründet. Offenkundig hierfür ist die Änderung des § 3 (3) EStG 1988 (gemeint: § 4 (3) EStG 1988): ,Bei Zugehörigkeit zum Umlaufvermögen sind die Anschaffungs- und Herstellungskosten oder der Einlagewert von Gebäuden und Wirtschaftsgütern, die keinem regelmäßigen Wertverzehr unterliegen, erst bei Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen abzusetzen. Grund und Boden ist in die Anlagekartei gemäß § 7 Abs 3 aufzunehmen.' Dadurch ist es nicht mehr möglich, die Betriebsausgaben für die Anschaffung von Immobilien im Anschaffungsjahr sofort geltend zu machen. Somit ist der durch die Außenprüfung unterstellte Zweck der Immobilienhandels-KGs nicht mehr zu erreichen.
Um den Anschein zu wahren, dass es sich um gewerblichen Grundstückshandel handelt, werden in den Jahren nach Gründung der Gesellschaft vereinzelt Wohnungen gekauft bzw verkauft.
Auf Seiten der Finanz kam es zu keiner Überprüfung der Verluste, da die Erklärungsabgabe und Bescheiderlassung zur Gänze elektronisch und automationsunterstützt erfolgte und keine Risikokennzahlen angesprochen wurden.
Im Zuge einer Hausdurchsuchung am
***TT.MM.JJJJ*** wurden zudem elektronische Unterlagen bezüglich der steuerschonenden Beendigung einer Gesellschaft gefunden. In diesen Berechnungen wurde ein Szenario durchgespielt, welches einen begünstigten Steuersatz vorsieht, wenn zwischen der Beendigung der Erwerbstätigkeit und der Auflösung der KG nicht mehr als 6 Monate liegen und die Beteiligung überdies mehr als 7 Jahre bestand. Die Berechnung dieser Prognose geht von der Annahme steuerlicher Gutschriften in den verlustreichen Jahren aus und somit geplant von Steuerersparnissen.
Mit einem Schreiben vom wird auch noch auf die Möglichkeit der Hereinnahme eines neuen Gesellschafters in Form einer Kapitalgesellschaft offeriert. Dadurch ,[…] besteht jedenfalls die Möglichkeit, dass die Besteuerung hinausgeschoben wird. Insbesondere besteht die Chance, dass die laufenden Ergebnisse aus den Wohnungsverkäufen nunmehr nur mit einem geringeren Anteil besteuert werden. […]'. Dies unterstützt die Ansicht der Außenprüfung, dass die KGs lediglich zum Zwecke der Ausnutzung von steuerlichen Vorteilen gegründet wurden.
Aufgrund der Tatsache, dass der unbeschränkt haftende Gesellschafter zum Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft im Angestelltenverhältnis zur
***A*** steht und die Räumlichkeiten der KGs nur auf dem Papier am Standort der ***A*** liegen, ist von einer gezielten Steuerung der Ergebnisse, vor allem der Verluste in den ersten beiden Jahren, auszugehen.

Tz 4) Rechtliche Würdigung
a) Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungspflicht
Aus Sicht der Außenprüfung wurde die abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht gem.
§ 119 BAO verletzt. Die in Form einer Beteiligung als Kommanditist bei einer Kommandit-gesellschaft angebotene Investitionsmöglichkeit, welche, treuhändig gehalten durch die ***2***, bei der ***A*** allgemein angeboten wird, stellt das Erzielen steuerlicher Vorteile in den Vordergrund. Diese Tatsache unterliegt dem Verlustverwertungsverbot des § 2 (2a) EStG 1988, wonach der ausgewiesene Verlust auf die Wartetaste zu legen ist.
Die Tatsache der Bewertung des steuerlichen Vorteils ist ein für die Abgabenerhebung bedeutsamer Umstand und war entsprechend offen zu legen.
b) Hinterzogene Abgabe
Der Abgabenhinterziehung gem. § 33 (1) FinStrG macht sich schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt (). Somit ergibt sich gem. § 207 (2) BAO die Verjährungsfrist von 10 Jahren.
,Eine Abgabenhinterziehung liegt somit nicht schon bei einer (objektiven) Abgabenverkürzung vor, sondern erfordert Vorsatz. Vorsätzliches Handeln beruht nach stRsp des VwGH zwar auf einem nach außen nicht erkennbaren Willensvorgang, ist aber aus dem nach außen in Erscheinung tretenden Verhalten des Täters zu erschließen, wobei sich die diesbezüglichen Schlussfolgerungen als Ausfluss der freien Beweiswürdigung erweisen und in der Begründung entsprechend dazulegen sind (vgl. , mwN).' (siehe Ellinger/Sutter/Urtz, BAO
3 § 207 (stand , rdb.at))
Nach Rechtsprechung des VwGH ist bereits bei einer gezielt gewählten Gestaltung, bei welcher ein wirtschaftliches Risiko ausgeschlossen ist und dies zu ungerechtfertigten (und steuerlich nicht anzuerkennenden) Verlustzuweisungen führt, auf vorsätzliches Handeln zu schließen (vgl. ). Somit ergibt sich auch im abgeleiteten Bescheid eine vorsätzlich hinterzogene Abgabe.
c) Liebhaberei
Es handelt sich gem. § 1 (1) LVO um eine Betätigung mit Annahme einer Einkunftsquelle. Der Gewerbebetrieb ist nachweislich auf einen Gesamtgewinn ausgerichtet und das Erscheinungsbild entspricht einem vergleichbaren Betrieb im Immobilienhandel ().
d) § 2 (2a) EStG 1988
Gem. § 2 (2a) EStG 1988 sind negative Einkünfte aus einer Beteiligung an Gesellschaften weder ausgleichsfähig noch vortragsfähig, wenn das Erzielen steuerlicher Vorteile im Vordergrund steht. ,Von einem im Vordergrund stehenden steuerlichen Vorteil ist jedenfalls dann auszugehen, wenn das Eingehen der Beteiligung mit Steuervorteilen aus einem zu erwartenden Beteiligungsverlust beworben wird.' (siehe Wiesner in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 2 (Stand , rdb.at)
Ziel der Bestimmung des
§ 2 Abs 2a EStG 1988 ist es, dass Verluste aus Betätigungen, bei denen in erster Linie die Erzielung von steuerlichen Vorteilen im Vordergrund steht, nicht mehr mit anderen positiven Einkünften ausgeglichen werden können (EB zum StRefG, BGBl I 28/1999; dazu weiters im Bericht des Finanzausschusses zum StRefG 2000: ,Verlustbeteiligungsmodellen soll durch neue Maßnahmen begegnet werden und soll ein generelles Verlustausgleichsverbot für Beteiligungsmodelle geschaffen werden, bei denen das Erzielen eines Steuervorteils im Vordergrund steht'. Zweck der Regelung ist es, unerwünschte Steuergestaltungen, die zu Budgetausfällen führen, zu vermeiden). Im Zuge der Hausdurchsuchung der ***A*** am ***TT.MM.JJJJ*** wurden sowohl eine PowerPoint-Präsentation, als auch ein Konzept zum Immobilienhandel in einer Personengesellschaft gefunden. In beiden Dokumenten findet sich unter dem Punkt ,WARUM ZEICHNET EIN ANLEGER EINE BETEILIGUNG' folgende Begründung: ,Möglichkeit der steuerlichen Verwertung von negativen Einkünften zur Reduzierung derEinkommensteuer'. Auf derselben Seite folgt eine Berechnung der Steuerersparnis. Allerdings ist ein ,öffentliches Angebot' iSd § 97 für das Vorliegen eines allgemeinen Angebots nicht erforderlich (Laudacher in Jakom10 § 2 Rz 152). Insgesamt wurden in dieser Beteiligungsform 32 Kommanditgesellschaften gegründet, was ein Indiz für das allgemeine Angebot darstellt, da nicht immer die gleichen Personen an den KGs beteiligt sind. In allen Fällen ist der Firmensitz der KG auch der Sitz der ***A***.
Tatbestandsmerkmal des § 2 (2a) EStG 1988 ist das Erzielen steuerlicher Vorteil, wobei im Gesetz selbst keine Kriterien angeführt sind, die zur Verwirklichung des Grundtatbestandes des § 2 (2a) EStG 1988 führen. Ein Verlustausgleich ist jedenfalls dann nicht mehr möglich, wenn der Steuervorteil aus der Beteiligung dominiert. Das ist gegeben, wenn das Eingehen der Beteiligung mit Steuervorteilen aus einem zu erwartenden Beteiligungsverlust durch professionelle Anbieter beworben wird. Bloße Hinweise auf Beteiligungsverluste aus Gründen der Prospekthaftung stellen keine Bewerbung dar (Rz 165 EStR 2000).
In Bezugnahme des § 2 (2a) EStG unterliegt der wirtschaftliche Verlust somit dem Verlustverwertungsverbot und kann nur mit zukünftigen Gewinnen der gleichen Einkunftsquelle gegengerechnet werden. In folgender Aufstellung wird die kumulierte Wartetaste aufgrund der erklärten Überschüsse/Fehlbeträge aufgezeigt.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr
Einkünfte aus GW
verkaufte Grundstücke
steuerliches Ergebnis
2011
-2.138.078,20
0
-2.138.078,20
2012
-72.651,65
1
-2.210.729,85
2013
109.550,84
1
-2.101.179,01
2014
216.814,01
1
-1.884.365,00
2015
-29.558,95
1
-1.913.923,95
2016
596.819,13
1
-1.317.104,82
2017
100.647,56
1
-1.216.457,26

In der Spalte ,Jahr' wird das jeweilige Geschäftsjahr (in unserem Fall auch Kalenderjahr) angeführt. Die Spalte ,Einkünfte aus GW' gibt die in den jeweiligen Steuererklärungen angeführten Einkünfte aus Gewerbebetrieb wieder. ,Wartetaste kumuliert' rechnet die Überschüsse gegen die Verluste und gibt den jeweils im Jahr zu erklärenden Wartetasteverlust gem. § 2 (2a) EStG an.

e) Wiederaufnahme
,Maßgebend ist, ob der Abgabenbehörde in dem wiederaufzunehmen Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung gelangen hätte können (zB ; , 2006/15/0006; , 2009/15/0135; , 2011/15/0157).' (Ritz, BAO, 6. Aufl. 2017, § 303).
Um den oben genannten Sachverhalt vollständig rechtlich subsumieren zu können, hätte eine Offenlegung der Bewerbung der steuerlichen Vorteile stattfinden müssen. Diese neuen Tatsachen waren somit zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung der Behörde nicht bekannt.
Die neu hervorgekommenen Tatsachen gründen sich auf Dokumente, welche im Zuge einer Hausdurchsuchung am
***TT.MM.JJJJ*** in den Räumlichkeiten der ***A***, deren Adresse auch zugleich Firmensitz der Kommanditgesellschaft ist, gefunden wurden. Hierzu wird auf die Beilagen der Fußnoten 6 verwiesen.
,Feststellungen von Einkünften nach § 188 unterliegen zwar, wie alle Feststellungen iSd §§ 185 ff, keiner Verjährung (s § 207 Anm 3), sie sind aber wirkungslos, wenn die Festsetzung von ihnen abgeleiteter Abgaben (s § 192) infolge Eintritts der Festsetzungsverjährung (s §§ 207 ff) nicht mehr zulässig ist; ggf hat im Hinblick auf die Regelung des § 207 Abs. 2 Satz 2 ein Bescheid nach § 188 auch darüber abzusprechen, welcher Teil der festgestellten gemeinschaftlichen Einkünfte sowie der Anteile der Beteiligten (Teilhaber) an diesen Grundlage für die Ermittlung, inwieweit vom Feststellungsbescheid abgeleitete Abgaben hinterzogen wurden, sein können (s auch § 207 Anm 17, 18 und 22).' (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO
3 § 188 (Stand , rdb.at))
Aufgrund der unter dem Punkt b) angeführten Erläuterungen ist für die Abgabenbehörde die vorsätzliche Tatverwirklichung einer Abgabenhinterziehung gegeben. Somit ist auch im abgeleiteten Einkommensteuerbescheid gem. § 207 (2) BAO eine Erstreckung der Verjährungsfrist auf 10 Jahre gegeben.
Dem Bericht sind nachfolgende Fußnoten als Beilage angeschlossen:
FN 1: "Firmenbuch-Auszug der Bf"
FN 2: "Treuhandvertrag"
FN 3: "Anhang zum Konzernabschluss ***A*** 2011, Seite 2"
FN 4: "Aufstellung der Erwerbe"
FN 5: "SV-Auszug"
FN 6: "PowerPoint-Präsentation ,Die Zeiten ändern sich' und das Konzept ,Immobilienhandel KG'"

Die Abgabenbehörde folgte der Rechtsauffassung der Außenprüfung und erließ am im wiederaufgenommenen Verfahren Feststellungsbescheide gemäß § 188 BAO für die Jahre 2011 bis 2016 und stellte in den Jahren, in denen ein Überschuss der Werbungskosten über die Einnahmen erwirtschaftet wurde (2011, 2012 und 2015) die Höhe der Einkünfte unter Ausspruch der Nichtausgleichsfähigkeit der Verluste neu fest und in den Jahren, in denen ein Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten erwirtschaftet wurde (2013, 2014 und 2016) neben der Höhe der Einkünfte auch die Höhe der verrechenbaren Verluste aus Vorjahren fest.
Ebenfalls am erfolgte - für das Jahr 2017 erstmalig - die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO, wobei - wie in jenen Vorjahren, in denen ein Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten erwirtschaftet wurde - neben der Höhe der Einkünfte auch die Höhe der verrechenbaren Verluste aus Vorjahren festgestellt wurde.
In der Begründung der Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO wurde ausgeführt, dass die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 (1) BAO aufgrund der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung erfolgt sei, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw dem Prüfungsbericht zu entnehmen seien. Daraus seien auch die Begründung für die Abweichungen vom bisherigen im Spruch bezeichneten Bescheid zu ersehen. Die Wiederaufnahme sei unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen (§ 20 BAO) verfügt worden. Im vorliegenden Fall überwiege das Interesse an der Rechtsrichtigkeit das Interesse auf Rechtsbeständigkeit. Die steuerlichen Auswirkungen könnten auch nicht als bloß geringfügig angesehen werden.

Mit Schriftsatz vom erhob die steuerliche Vertretung der Bf Beschwerde gegen die erwähnten Bescheide, stellte den Antrag auf Unterlassung einer Beschwerdevorentscheidung, auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und auf ersatzlose Aufhebung der angefochtenen Bescheide sowie verwies darauf, dass die Begründung der Beschwerde nachgereicht werde.

Am wurden die Bescheide über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für die Jahre 2011 bis 2016 vom gemäß § 293 BAO hinsichtlich eines Ausfertigungs-fehlers, die nichtausgleichsfähigen bzw verrechenbaren Verluste betreffend, berichtigt.

Mit Schriftsatz vom wurde die Begründung für die Beschwerde nachgereicht und gleichzeitig Beschwerde gegen die gemäß § 293 BAO berichtigten Bescheide über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für die Jahre 2011 bis 2016 vom erhoben.
Bezüglich der Wiederaufnahme des Verfahrens führte die steuerliche Vertretung aus, dass sich die Rechtswidrigkeit des Wiederaufnahmebescheides für 2011 jedenfalls aus der Argumentation der Außenprüfung ergebe. Demnach könnten für dieses Jahr gar keine Tatsachen neu hervorgekommen sein, da mehrere von der Außenprüfung angeführten Unterlagen und angeblich steuerlich relevanten Tatsachen keinen Konnex zur Bf bzw zu deren Treugeberkommanditisten hätten oder aus Zeitpunkten stammten, die nach dem - dem Datum der Erlassung des Feststellungsbescheides 2011 - gelegen seien. Konkret verwies die steuerliche Vertretung auf folgende Punkte:
- Die Gründungen neuer Kommanditgesellschaften könnten keine neu hervorgekommenen Tatsachen sein, da diese dem zuständigen Finanzamt gegenüber immer offengelegt worden seien.
- Die in Fußnote 6 erwähnte Präsentation und die dort angeführte Ausarbeitung stammten aus den Jahren 2009 und 2008. Abgesehen davon seien sie hinsichtlich der vorliegenden Rechtsfrage mangels Konnexes zur Bf bzw zu den Treugeberkommanditisten vollkommen irrelevant und nicht für die Bf erstellt worden.
- Das in Tz 3) Absatz 5 erwähnte Informationsschreiben stamme vom November 2012. Dieses Dokument könne daher schon zeitlich nicht dazu geeignet sei, als "neu hervorgekommene Tatsache" hinsichtlich des Jahres 2011 qualifiziert zu werden, denn es war in diesem Zeitpunkt schlichtweg nicht existent. Selbst wenn es im Konnex zur Bf oder deren Kommanditisten stünde, ergebe sich aus dem Dokument klar, dass die Überlegungen primär aus Liquiditäts-gründen erfolgt seien.
Zusammengefasst lägen untaugliche Wiederaufnahmegründe für das Jahr 2011 vor. Die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für die Jahre 2011 bis 2017 sei nur bedingt durch die Ansicht der Außenprüfung, dass die im Jahr 2011 erworbene Beteiligung dem Verlustverwertungsverbot gemäß § 2 Abs 2a 1. Teilstrich EStG unterliege und die Verluste des Jahres 2011 vorzutragen seien, notwendig gewesen. Sämtliche von der Betriebsprüfung angeführten Unterlagen und angeblich steuerlich relevanten Tatsachen der Jahre 2008 bis 2012 seien ohne Relevanz für die Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Jahre 2011 bis 2017, sodass es bedingt durch die Rechtswidrigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens für das Jahr 2011 keine Rechtsgrundlage für die Wiederaufnahme der Verfahren für die Jahre 2012 bis 2016 gebe.
Zu den Feststellungsbescheiden führte die steuerliche Vertretung im Wesentlichen aus, dass die von der Außenprüfung in ihrem Bericht angeführten Unterlagen keinerlei Rückschlüsse darauf zuließen, dass für die Beteiligten bei Eingehen der Beteiligung steuerliche Vorteile im Vordergrund gestanden seien, was vor allem daran liege, dass die gegenständliche Beteiligung objektiv nicht dazu geeignet gewesen sei, Steuervorteile in den Vordergrund zu stellen und diese auch subjektiv nicht im Vordergrund gestanden seien. Die Beteiligung an der Bf sei aufgrund des hohen außersteuerlichen Risikos und ex-post erstellten Renditeberechnungen objektiv nicht in der Lage, ertragsteuerliche Vorteile in den Vordergrund treten zu lassen.
Darüber hinaus führte die steuerliche Vertretung aus, dass der Grundtatbestand des § 2 Abs 2a 1. Teilstrich EStG 1988 gegen das verfassungsrechtlich gebotene Bestimmungsgebot verstoße. Das Kriterium der "Bewerbung" sei gesetzlich ebenso wenig definiert, wie der Begriff des steuerlichen Vorteils bzw was unter einem allgemeinen Angebot zu verstehen sei. Zusammenfassend sei somit festzuhalten, dass der Grundtatbestand des § 2 Abs 2a 1. Teilstrich EStG gar nicht erfüllt sein könne, wenn aufgrund der Renditeberechnung die Beteiligung objektiv nicht geeignet sei, steuerliche Vorteile in den Vordergrund zu stellen, weil aus der Berücksichtigung des ertragsteuerlichen Vorteils keine Verdopplung der Rendite erzielbar sei.

Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vorgelegt.

Das Bundesfinanzgericht erteilte der Abgabenbehörde mit Beschluss vom den Ermittlungsauftrag, an Hand der im Rahmen gleichgelagerter Beschwerdesachen der Abgabenbehörde bereits zur Kenntnis gebrachten Berechnungsmodelle, eine § 2 Abs 2a EStG 1988 entsprechende Renditeberechnung vorzulegen und damit nachzuweisen, dass im gegenständlichen Beschwerdeverfahren der Quotient Nachsteuerredite/Vorsteuerrendite den Wert 2 übersteige und damit ein Anwendungsfall des § 2 Abs 2a EStG 1988 vorliege.

Das Finanzamt Österreich brachte dazu am beim Bundesfinanzgericht eine Stellungnahme ein, worin ausgeführt wird, dass sich in Anwendung der der Abgabenbehörde bereits zur Kenntnis gebrachten Berechnungsmodelle des Bundesfinanzgerichtes ergebe, dass der Quotient Nachsteuerrendite/Vorsteuerrendite in keinem Fall den Wert 2 übersteige und damit kein Anwendungsfall des § 2 Abs 2a EStG 1988 vorliege.

Die Stellungnahme des Finanzamtes wurde der steuerlichen Vertretung der Bf am übermittelt.

Mit Schriftsatz vom zog die steuerliche Vertretung den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Die Bf ist im gewerblichen Grundstückshandel tätig und ermittelt ihren Gewinn gemäß § 4 Abs 3 EStG 1988.

Die Bf erwarb im Jahr 2011 dreizehn Wohnungen und im ersten Quartal 2012 eine Wohnung und setzte die Anschaffungskosten sofort als Betriebsausgaben ab.

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung für die Jahr 2011 bis 2017 stellte die Außenprüfung fest, dass es sich bei der Bf um ein sogenanntes Verlustbeteiligungsmodell mit der Konsequenz handle, dass Verluste aus Beteiligungen an ihr gemäß § 2 Abs 2a EStG 1988 weder ausgleichsfähig noch gemäß § 18 Abs 6 und 7 EStG 1988 vortragsfähig seien.

Nachdem das Finanzamt Österreich zunächst den Feststellungen der Außenprüfung gefolgt war, kam es in Anwendung der der Abgabenbehörde zur Kenntnis gebrachten Berechnungs-modelle des Bundesfinanzgerichtes zur Ansicht, dass der Quotient Nachsteuerrendite/
Vorsteuerrendite in keinem Fall den Wert 2 übersteige und damit kein Anwendungsfall des
§ 2 Abs 2a EStG 1988 vorliege.

Anhand der vom Bundesfinanzgericht entwickelten Berechnungsmodelle ist daher davon auszugehen, dass es sich im gegenständlichen Fall um kein Verlustbeteiligungsmodell im Sinne des § 2 Abs 2a EStG 1988 handelt.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus den von der Abgabenbehörde dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Unterlagen sowie ihrer Stellungnahme vom betreffend die nach
§ 2 Abs 2a EStG 1988 vorzunehmende Berechnung.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

3.1.1. Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für die Jahre 2011 bis 2016

§ 2 EStG 1988 lautet (auszugsweise):
(1) Der Einkommensteuer ist das Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat.
[…]
(2a) Weder ausgleichsfähig noch gemäß § 18 Abs 6 vortragsfähig sind negative Einkünfte

  1. aus einer Beteiligung an Gesellschaften oder Gemeinschaften, wenn das Erzielen steuerlicher Vorteile im Vordergrund steht. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn

  2. der Erwerb oder das Eingehen derartiger Beteiligungen allgemein angeboten wird

  3. und auf der Grundlage des angebotenen Gesamtkonzeptes aus derartigen Beteiligungen ohne Anwendung dieser Bestimmung Renditen erreichbar wären, die nach Steuern mehr als das Doppelte der entsprechenden Renditen vor Steuern betragen,

  4. aus Betrieben, deren Unternehmensschwerpunkt(e) im Verwalten unkörperlicher Wirtschaftsgüter oder in der gewerblichen Vermietung von Wirtschaftsgütern gelegen ist.

Mit AbgabenänderungsG 2012 wurde § 4 Abs 3 EStG 1988 abgeändert. Die geänderte Fassung trat gemäß § 124b Z 211 EStG 1988 ab in Kraft.
Darin wurde ua normiert:
Bei Zugehörigkeit zum Umlaufvermögen sind die Anschaffungs- und Herstellungskosten oder der Einlagewert von Gebäuden und Wirtschaftsgütern, die keinem regelmäßigen Wertverzehr unterliegen, erst bei Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen abzusetzen.

Da weder die Amtspartei noch die Bf Renditeberechnungen vorgelegt haben, hat das Bundesfinanzgericht - unter Berücksichtigung nachfolgender Erwägungen - eigene Berechnungen auf Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen sowie der erläuternden Bemerkungen angestellt.

Voraussetzung des § 2 Abs 2a EStG 1988 ist das im Vordergrund stehende Erzielen steuerlicher Vorteile. Dies ist gemäß der Bestimmung dann der Fall, wenn Renditen erreichbar wären, die nach Steuern mehr als das Doppelte der entsprechenden Renditen vor Steuern betragen. Unter Rendite wird, den erläuternden Bemerkungen folgend, der nach der Methode des internen Zinsfußes abgezinste Barwert der Zahlungsströme verstanden, wobei Wiederveranlagungen mit dem marktüblichen Zinssatz zu verrechnen wären. Der interne Zinsfuß ist jener Zinsfuß, bei dem der Barwert der Zahlungsströme aus der zu beurteilenden Investition Null beträgt.

Aus den vorgelegten Unterlagen folgt, dass die Bf in den Jahren 2011 bzw bis vierzehn Wohnungen erworben und die Anschaffungskosten sofort als Betriebsausgaben abgesetzt hat.

Das Bundesfinanzgericht geht davon aus, dass diese Vorgangsweise ursächlich für die Anwendung des § 2 Abs 2a EStG 1988 durch die Behörde war.
Diese Annahme stützt sich auch auf die Beilage der Niederschrift über die Schlussbesprechung anlässlich der Außenprüfung (Seite 3 von 8) vom , wonach es aufgrund der damaligen Rechtslage möglich gewesen sei, bei gewerblichem Grundstückshandel die entstandenen Aufwendungen sofort ertragsmindern geltend zu machen.

Ausgangspunkt der Überlegungen zur Berechnung des internen Zinsfußes durch das Bundesfinanzgericht war daher, dass der steuerliche Vorteil aus der sofortigen Absetzung der Anschaffungskosten herrühre und der dadurch ausgelöste Zahlungsstrom die Rendite "Nach Steuern" darstelle, wohingegen der Zahlungsstrom ohne sofortiger Abschreibungsmöglichkeit zur Rendite "Vor Steuern" führe.
Übersteigt der Quotient (Interner Zinsfuß der Rendite nach Steuern/interner Zinsfuß der Rendite vor Steuern) den Wert 2, liegt - sofern die übrigen Voraussetzungen gegeben sind - ein Anwendungsfall des § 2 Abs 2a EStG 1988 vor.

Mit Beschluss vom wurde der Abgabenbehörde der Ermittlungsauftrag erteilt, an Hand der im Rahmen gleichgelagerter Beschwerdesachen der Abgabenbehörde bereits zur Kenntnis gebrachten Berechnungsmodelle, eine § 2 Abs 2a EStG 1988 entsprechende Renditeberechnung vorzulegen und damit nachzuweisen, dass im gegenständlichen Beschwerdeverfahren der Quotient Nachsteuerrendite/Vorsteuerrendite den Wert zwei übersteigt und damit ein Anwendungsfall des § 2 Abs 2a EStG 1988 vorliege.

In ihrer Stellungnahme vom führte die Abgabenbehörde aus, dass sich in Anwendung der der Abgabenbehörde bereits zur Kenntnis gebrachten Berechnungsmodelle des Bundesfinanzgerichtes ergebe, dass der Quotient Nachsteuerrendite/Vorsteuerrendite in keinem Fall den Wert 2 übersteige und damit kein Anwendungsfall des § 2 Abs 2a EStG 1988 vorliege.

Gemäß § 303 Abs 1 lit b BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Neben dem Vorliegen eines Wiederaufnahmsgrundes ist zweite Tatbestandsvoraussetzung einer erfolgreichen Wiederaufnahme, dass die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens auch einen im Spruch anders-lautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Gemäß § 303 BAO stellen nur entscheidungs-wesentliche Sachverhaltselemente, das sind solche, die den Spruch des neuen Sachbescheides zu beeinflussen geeignet sind, Wiederaufnahmsgründe dar (vgl Ritz, BAO6, § 303 Tz 43).

Kann dies für den vorgebrachten Wiederaufnahmsgrund aus materiell-rechtlichen Gründen ausgeschlossen werden, kann der Beschwerde gegen die Wiederaufnahme der Verfahren von Amts wegen schon deswegen stattgegeben und muss der Wiederaufnahmsgrund erst gar nicht näher verfahrensrechtlich geprüft werden (vgl etwa mVa
Stoll, BAO-Kommentar, 2917f). Schon im Wiederaufnahmsverfahren ist auf die materiell-rechtliche Frage der möglichen Auswirkung auf den Sachbescheid einzugehen. Ist die Möglichkeit eines Einflusses des geltend gemachten Wiederaufnahmsgrundes auf die Sachentscheidung zu verneinen, dann ist das rechtskräftig abgeschlossene Verfahren nicht wieder aufzunehmen (Stoll, BAO-Kommentar, 2918).

Die Streitjahre 2011 bis 2016 betreffend richtet sich die Beschwerde sowohl gegen die Wiederaufnahms- wie auch gegen die Feststellungsbescheide gemäß § 188 BAO.

Sind beide Bescheide mit Bescheidbeschwerde angefochten, so ist zunächst über die Beschwerde gegen den Wiederaufnahmsbescheid zu entscheiden (vgl, Ritz, BAO6, § 307 Tz 7 mVa ; , 2001/15/0004; , 2009/15/0170).

Wird der Sachverhalt unter dem Blickwinkel obiger Ausführungen betrachtet, so ergibt sich für das Bundesfinanzgericht, dass die Abgabenbehörde im Rahmen der Außenprüfung die Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für die Jahre 2011 bis 2016 deswegen verfügte, weil sie die Ansicht vertrat, die Beteiligung an der Bf erfülle die Tatbestandsmerkmale des § 2 Abs 2a EStG 1988 und deswegen seien die erzielten Verluste aus dem gewerblichen Grundstückshandel nur mit positiven Einkünften aus eben dieser Betätigung zu verrechnen.

Mit Stellungnahme vom hielt die Amtspartei ihre Rechtsansicht nicht mehr aufrecht und stellte klar, dass beschwerdegegenständlich kein Anwendungsfall des § 2 Abs 2a EStG 1988 vorliegt.

Somit ergibt sich aus materiell-rechtlichen Gründen für den von der Amtspartei herangezogenen Wiederaufnahmsgrund, dass die zweite Tatbestandsvoraussetzung - Herbeiführen im Spruch anderslautender Feststellungsbescheide gemäß § 188 BAO für die Jahre 2011 bis 2016 - für eine erfolgreiche Wiederaufnahme nicht vorliegt.

Die Wiederaufnahmsbescheide sind sohin aufzuheben.

3.1.2. Feststellung der Einkünfte für die Jahre 2011 bis 2016

Gemäß § 307 Abs 3 BAO tritt durch die Aufhebung des die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheides das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat.
Durch die Aufhebung des Wiederaufnahmsbescheides scheidet somit ex lege der neue Sachbescheid aus dem Rechtsbestand aus, der alte Sachbescheid lebt wieder auf (vgl Ritz, BAO6, § 307 Tz 8).

Die am im Zuge der Wiederaufnahme des Verfahrens neu erlassenen Feststellungs-bescheide gemäß § 188 BAO für die Jahr 2011 bis 2016 gehören somit nicht mehr dem Rechtsbestand an.
Die Beschwerde gegen diese Bescheide in ihrer gemäß § 293 BAO berichtigten Fassung war vom Bundesfinanzgericht gemäß § 261 Abs 2 BAO iVm § 278 BAO als gegenstandlos zu erklären.

3.1.3. Feststellung der Einkünfte für das Jahr 2017

Im Hinblick auf die erwähnte Stellungnahme der Abgabenbehörde vom , wonach der Quotient Nachsteuerrendite/Vorsteuerrendite in keinem Fall den Wert 2 übersteige und damit kein Anwendungsfall des § 2 Abs 2a EStG 1988 vorliege, erfolgt die Veranlagung des Jahres 2017 entsprechend der Erklärung der Einkünfte der Beschwerdeführerin, ohne Ansatz verrechenbarer Verluste aus Vorjahren.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: Berechnungsblatt

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Revision war als nicht zulässig zu erklären, da das Bundesfinanzgericht in rechtlicher Hinsicht der in der Entscheidung dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgt (vgl etwa ). In weiterer Folge ergibt sich die Gegenstandslos-erklärung direkt aus dem Gesetz.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 124b Z 211 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 307 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 278 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 293 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 261 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 278 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 101 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 191 Abs. 1 lit. a und c BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 81 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 4 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 2 Abs. 2a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 18 Abs. 6 und 7 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 119 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Renditeberechnung
ex lege
zwei
Rechtsbestand
Herbeiführen
Tatbestandsvoraussetzung
anderslautender Bescheid
interner Zinsfuß
Doppelte
Grundstückshandel
Anwendungsfall
Rendite
Wiederaufnahme des Verfahrens
Beteiligung
Quotient
Verweise
Ritz, BAO 6. Aufl., § 303 Tz 43

Stoll, BAO-Kommentar, 2917 f
Ritz, BAO 6. Aufl., § 307 Tz 7 + 8


ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7101678.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at