Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.08.2023, RV/7400069/2022

Haftung für Kommunalsteuer, Behinderung durch Vorstandsvorsitzenden, Mehrheit von Geschäftsführern

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., A-1, vertreten durch Steuerberater Dr. Michael Kotschnigg, Stadlauer Straße 39/I/Top 12, 1220 Wien, über die Beschwerden A. vom und B. vom gegen die Bescheide des Magistrates der Stadt Wien, MA 6, Referat Landes- und Gemeindeabgaben A. vom und B. vom , Geschäftszahlen A. N-1 und B. N-2, betreffend Haftungen gemäß § 6a KommStG, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vom in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seines steuerlichen Vertreters, der Vertreter des Magistrates P-1 und P-2 sowie der Schriftführerin P-3 zu Recht erkannt:

I. A. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und die Haftung auf nachstehende Abgaben im Gesamtbetrag von € 16.164,21 eingeschränkt:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Kommunalsteuer
06-12/2008
4.546,14
Säumniszuschlag
07-12/2008
90,00
Kommunalsteuer
01-12/2009
4.724,63
Säumniszuschlag
01-12/2009
94,49
Kommunalsteuer
01-12/2010
4.210,72
Säumniszuschlag
01-12/2010
84,21
Kommunalsteuer
01-06/2011
2.366,69
Säumniszuschlag
01-06/2011
47,33


Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

I. B. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und die Haftung auf die Kommunalsteuern 04-12/2007 im Gesamtbetrag von € 4.861,33 herabgesetzt.

Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

In Beantwortung des Haftungsprüfungsvorhaltes vom bestritt der Beschwerdeführer (Bf.) das Vorliegen der Voraussetzungen für seine Inanspruchnahme als Haftungsschuldner und hielt begründend fest:

Während seiner Zeit als Vorstand der G-1 seien sämtliche Abgaben (auch Gemeindeabgaben) pünktlich und vollständig entrichtet worden.

Die Lohnverrechnung sei in den besten Händen der renommierten Steuerberatungskanzlei G-2 gelegen.

Seiner Erinnerung nach hätten frühere Prüfungen der Lohnabgaben zu keinen Beanstandungen geführt und - falls ausnahmsweise doch -, so sei dem ohne Verzug Rechnung getragen worden.

Daher könne die Nachforderung, um die es hier gehe, nur auf eine GPLA zurückzuführen sein, die nach seinem Ausscheiden durchgeführt worden sei. Dabei handle es sich um eine der endlosen sog. "Masseverwalter-Prüfungen", bei denen der Prüfer mit freundlicher Zustimmung des zumeist steuerrechtlich und bezüglich des Sachverhalts unkundigen und am Ergebnis der Prüfung nicht interessierten Masseverwalters irgendwelche Feststellungen treffe. Solche Prüfungen hätten die qualifizierte Vermutung der Unrichtigkeit für sich. Davon sei auch hier auszugehen. Dazu komme noch ein erhebliches Verschulden der Behörde: Hätte sie - wie es ihre Aufgabe gewesen wäre - die Zeiträume 2008 bis 2010 zeitnah geprüft, so wäre die Forderung, sofern diese zu Recht bestehe, damals (vor Konkurseröffnung) einbringlich gewesen. Daher gehe die Säumigkeit voll zu Lasten der Behörde, ohne dass dazu noch viel zu sagen wäre. Im Klartext: Der Zeitraum 2008 bis 2010 sei bereits aus diesem Grund aus dem Spiel. Auf die einschlägige Judikatur des VwGH zum Verschulden auf Behördenseite sei verwiesen (zB ).

Ungeachtet dessen greife der Vorhalt zu kurz: Er erschöpfe sich in Gesetzeszitaten und Zahlenangaben. Hingegen sei er bemerkenswert frei von Sachverhalten. Doch genau darauf wäre es mit Blick auf § 183 Abs. 4 BAO entscheidend angekommen. Teil des Sachverhalts sei auch die Frage, wie es sein könne, dass der Bf. für die gesamte Schuld herangezogen werde. Unter dem Blickwinkel der richtigen Ermessensübung wäre eine sachgerechte Aufteilung erforderlich gewesen, wodurch sich die potenzielle Haftungssumme von rund € 2.400,00 nochmals empfindlich reduziere.

Die Beweislast liege voll bei der Behörde. Daher sei es ihre Aufgabe, den überzeugenden Nachweis eines (welches?) schuldhaften "Verhandelns" (Anmerkung BFG: gemeint wohl "Verhaltens") zu erbringen.

Zusammenfassend bleibe somit festzuhalten: Der Haftungstatbestand des "§ 9 BAO" (Anmerkung BFG: gemeint wohl § 6a KommStG) sei nicht erfüllt: Diese Haftung setze ua eine Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten voraus (zB ; Ritz, BAO4, § 9 Tz 9).

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Mit Bescheid vom des Magistrates der Stadt Wien MA 6 wurde der Bf. gemäß § 6a Abs. 1 KommStG iVm § 80 BAO als Haftungspflichtiger der G-1 für nachstehende Abgaben in der Höhe von € 20.708,08 zur Haftung herangezogen:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Kommunalsteuer
01-12/2008
9.000,01
Säumniszuschlag
01-12/2008
180,00
Kommunalsteuer
01-12/2009
4.724,63
Säumniszuschlag
01-12/2009
94,49
Kommunalsteuer
01-12/2010
4.210,72
Säumniszuschlag
01-12/2010
84,21
Kommunalsteuer
01-06/2011
2.366,69
Säumniszuschlag
01-06/2011
47,33


Gemäß § 6a Abs. 1 KommStG hafteten die in den §§ 80ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auf erlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom D-1 sei über das Vermögen der Primärschuldnerin ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet worden, welches mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom D-2 auf Konkursverfahren abgeändert worden sei. Die bereits vom Gesetzgeber als typischer Fall der erschwerten Einbringung angeführte Voraussetzung für die Haftung sei dadurch jedenfalls erfüllt.

Der Bf. sei im Firmenbuch als "Geschäftsführer" (Anmerkung BFG: gemeint wohl "Vorstand") der angeführten Gesellschaft eingetragen gewesen und habe weder die Bezahlung veranlasst noch irgendwelche Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen.

Er habe somit die ihm als "Geschäftsführer" der "GmbH" (Anmerkung BFG: gemeint wohl "AG") auferlegten Pflichten verletzt und sei daher für den Rückstand haftbar, da dieser bei der Gesellschaft nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne.

Die Geltendmachung der Haftung entspreche auch den Ermessensrichtlinien der Zweckmäßigkeit und Billigkeit nach § 20 BAO, da nach der Aktenlage kein Hinweis darauf bestehe, dass der nunmehr aushaftende Betrag überhaupt noch eingebracht werden könnte.

Zu seiner Stellungnahme werde ihm mitgeteilt, dass gemäß § 18 Abs. 1 GmbHG (Anmerkung BFG: gemeint wohl § 71 Abs. 1 Aktiengesetz) die "GmbH" durch den "Geschäftsführer" gerichtlich und außergerichtlich vertreten werde. Mit der Bestellung zum "Geschäftsführer" werde auch die Pflicht zur Erfüllung der abgabenrechtlichen Vorschriften übernommen. Der "Geschäftsführer" habe insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die er verwalte, entrichtet würden. Seien mehrere "Geschäftsführer" vorhanden, so werde die Gesellschaft mangels anderweitiger Bestimmungen durch sämtliche "Geschäftsführer" vertreten. Nehme der "Geschäftsführer" die steuerlichen Agenden nicht selbst wahr, sondern übertrage sie an Dritte, werde er dadurch nicht vom Haftungsrisiko befreit. Insbesondere müssten Kontrollen so oft vorgenommen werden, dass dem Verantwortlichen Steuerrückstände nicht verborgen blieben ().

Bei Abgaben, welcher der Abgabenschuldner selbst zu berechnen und abzuführen habe, bestimme sich der Zeitpunkt, ab dem zu beurteilen sei, ob der "Geschäftsführer" seinen abgabenrechtlichen Pflichten nachgekommen sei und ob die Gesellschaft die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel gehabt habe, danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären (), und nicht, wann die Nachforderungen anlässlich einer Revision festgestellt worden seien. Die Nachforderungen beträfen den Zeitraum, in dem der Bf. als "Geschäftsführer" im Firmenbuch eingetragen gewesen sei und er daher für die Abgabenentrichtung zu sorgen gehabt habe.

Die im Zuge der "Gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben" durch das zuständige Finanzamt Wien 1/23 anhand der Geschäftsunterlagen festgestellten Abgabenbeträge seien vom Masseverwalter für richtig befunden worden, wonach somit kein Bemessungsbescheid zu erlassen gewesen sei.

Bemerkt werde, dass mehrere zur Haftung herangezogene Vertreter gegenüber der Abgabenbehörde grundsätzlich solidarisch als Gesamtschuldner hafteten. Es liege daher im Belieben der Abgabenbehörde als Gläubigerin, in welcher Reihenfolge und in welchem Verhältnis sie die einzelnen Mitschuldner in Anspruch nehme. Die Inanspruchnahme der Mitschuldner werde allerdings insofern eingeschränkt, als die Abgabenbehörde die offene Abgabenschuld tatsächlich nur einmal erhalten könne.

---//---

In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Berufung (nunmehr Beschwerde) verwies der Bf. zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Berufungsschrift vom in der Parallelsache der ebenfalls zur G-1-Gruppe gehörenden G-3, Wien. Dieser Pauschalverweis erscheine deshalb sinnvoll, zweckmäßig und gerechtfertigt, als der hier angefochtene Bescheid Abbild des dortigen Haftungsbescheides sei. Die Behörde habe sich nicht einmal die Mühe gemacht, die Rechtsform von GmbH (dort) auf AG (hier) bzw. seine Funktion von Geschäftsführer auf Vorstandsmitglied zu ändern.

Daher könne er sich im Folgenden auf Abweichungen bzw. Modifikationen des dort erstatteten Vorbringens beschränken:

Da der Bf. bis dato nicht einmal den Bericht der GPLA, geschweige denn dort möglicherweise erlassene neue Sachbescheide kenne, fechte er gemäß § 248 BAO die vorgelagerten Sachbescheide dem Grunde und der Höhe nach an. Aus dem ihm solcherart eingeräumten Recht ergebe sich die Pflicht der Behörde, ihm (spätestens) mit Erlassung des Haftungsbescheides die Kenntnis vom Abgabenanspruch zu verschaffen (), und zwar vor allem über Grund und Höhe des feststehenden Abgabenanspruches (; ). Eine solche Bekanntmachung habe durch Zusendung einer Ausfertigung (Ablichtung) des maßgeblichen Bescheides über den Abgabenanspruch zu erfolgen (Ritz, BAO4, § 248 Tz 8). Das Unterbleiben einer solchen Bekanntmachung belaste den Haftungsbescheid mit Rechtswidrigkeit (), die er hiermit geltend mache.

Der angefochtene Bescheid enthalte zwar einen Hinweis auf das beim Handelsgericht Wien anhängige Konkursverfahren der Gesellschaft. Da mit einer zumindest teilweisen Abgabenentrichtung über die Konkursquote zu rechnen (oder diese bereits eingetreten) sei, wäre der Haftungsbetrag entsprechend nach unten zu korrigieren.

Der Bf. fühle sich so wie im genannten Parallelfall der Tochtergesellschaft auch hier frei von Schuld: Zum einen habe er aus unmittelbar einsichtigen Gründen darauf geachtet, dass die Abgaben pünktlich entrichtet würden und dort, wo dies nicht möglich gewesen sei, die Entrichtung nach Vorhandensein liquider Mittel nachgeholt werde. Anders herum: Er habe Nachlässigkeiten gegenüber dem Fiskus weder toleriert noch befürwortet.

Aus seiner rückblickenden Sicht sei alles unternommen worden, um steuerlich im "grünen Bereich" zu sein und dort zu bleiben. Bezogen auf diesen Fall: Der Bf. habe mit den anderen Vorstandsmitgliedern mit der Lohnverrechnung eine renommierte Wirtschaftstreuhandkanzlei betraut, deren Expertise vertraut und sein Handeln danach ausgerichtet. Deshalb könne er sich beim besten Willen nicht erklären, wo die Nachforderungen herkommen (könnten oder) sollten, um die es hier gehe.

Sofern die Nachforderung, um die es hier gehe, überhaupt rechtens sei (was von ihm energisch bestritten werde), wäre es in einem zweiten Schritt Sache der Behörde gewesen, hier in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zu sagen, worauf sich diese Nachforderung stütze. Das wäre allein schon aufgrund des Parteiengehörs (§ 115 Abs. 2 BAO, § 183 Abs. 4 BAO) aber auch deshalb geboten gewesen, weil er stets bestrebt gewesen sei, seinen (auch den steuerlichen) Pflichten zu entsprechen, und der Bf. sich die im Raum stehende Haftungsschuld nicht erklären könne. Möglicherweise habe sie - eine reine Vermutung von ihm - mit der persönlichen Besteuerung des damaligen Vorstandskollegen der AG, P-4, zu tun. Wenn dem so sei, so sei an eine Haftung durch den Bf. auf Basis folgender Begründung von vornherein nicht zu denken:

Es habe während der Tätigkeit des Bf. als Vorstand bei einer GPLA nur eine einzige Beanstandung gegeben, die den Ausgang bereits vor seiner Zeit als Vorstand der Gesellschaft genommen habe, nämlich die Aufteilung des Vorstandsdienstvertrages von P-4 in Vorstands- und Beratungstätigkeit, verbunden mit der ihm 2005 durch den (damaligen) Aufsichtsrat erteilten Erlaubnis, seine Vorstands- und Beratertätigkeit durch Gesellschaften aus Frankreich und Luxemburg heraus zu erfüllen. Als dies im Zuge der GPLA 2009/2010 bemängelt worden sei, habe der Bf. Herrn P-4 persönlich aufgefordert, diese Sache aus der Welt zu schaffen, und er habe ihm dies auch zugesichert. Aus diesem Grund habe er auch eine persönliche Bürgschaft für die Bezahlung der damals zusätzlich zu entrichtenden Sozialversicherung abgegeben. Der Bf. habe die Unterfertigung einer Bürgschaft mit dem Hinweis auf die persönliche Verursachung durch P-4 abgelehnt.

Doch zurück zum Ausgang dieses Gedankens: Wenn die Nachforderung tatsächlich auf den Sonderstatus des Herrn P-4 zurückzuführen sei, verstehe es sich von selbst, sich bei ihm und dem damaligen Vorsitzenden des Aufsichtsrates schadlos zu halten, da sie daraus den alleinigen Nutzen gezogen (Herr P-4) bzw. den Grundstein für diese Steuernachforderung geschaffen (Aufsichtsrat) hätten. Hingegen sei es mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht einmal ansatzweise in Einklang zu bringen, sich nur deshalb an den Bf. zu wenden, weil er (scheinbar) die bequemste Lösung sei.

Das leite über zu einem weiteren Aspekt: dem Ermessen. Die Annahme der Behörde sei grundlegend verfehlt, es liege in ihrem "Belieben", welchen von mehreren Haftungsschuldnern (Gesamtschuldnern) sie in Anspruch nehme. Vielmehr liege auch diese Entscheidung im Ermessen der Behörde (; ). Bei dem von der Behörde unterstellten Inhalt wäre § 6 Abs. 1 BAO (diese Norm komme im angefochtenen Bescheid erst gar nicht vor) wegen hochgradiger Unbestimmtheit (Stichwort: Legalitätsprinzip des Art. 18 Abs. 1 B-VG, § 5 F-VG 1948) verfassungswidrig (Ritz, BAO4, § 6 Tz 6). Bei der Ermessensübung seien das Wesen und der Zweck von Gesamtschuldverhältnissen zu beachten (; Stoll, Steuerschuldverhältnis, 218; Stoll, Ermessen2, 384ff). Von Bedeutung seien dabei vor allem (Ritz, BAO4, § 6 Tz 8):

"… die Intensität der Bindung und Gemeinsamkeit, die in der Folge zur Gesamtschuld führte, die jeweilige Situation, die das Gesamtschuldverhältnis auslöste, und die Besonderheiten der Tatbestandsverwirklichung (etwa Zufall, Versehen, Irrtum oder Absicht usw.), ferner das Ausmaß der Verantwortlichkeit der einzelnen, aber auch das der Vorteile (Bereicherung), die aus den die Gesamtschuld auslösenden Gemeinsamkeiten oder den beiderseitigen Rechtsbeziehungen von den einzelnen geschöpft wurden."

Davon sei der angefochtene Bescheid weit entfernt. Dabei handle es sich vordergründig "nur" um einen schweren Begründungsmangel. Dahinter verberge sich das Fehlen jedweder Ermittlungstätigkeit in diese Richtung. Hätte die Behörde - wie es ihre Aufgabe gewesen wäre - den Sachverhalt auch in diese Richtung hin erhoben, so wäre sie zum Ergebnis gelangt, dass der Bf. von allen Beteiligten der denkbar ungeeignetste Haftungsschuldner sei. Anders herum: Seine Haftungsinanspruchnahme sei auch unter dem Blickwinkel der Ermessensübung qualifiziert fehlerhaft.

Ansonsten gelte das im Parallelfall der G-3 erstattete Vorbringen sinngemäß auch hier.

Abschließend beantragte der Bf., der Magistrat der Stadt Wien möge der Berufung Folge geben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos eliminieren; sonst die Berufung der Abgabenberufungskommission Wien zur Entscheidung vorlegen. Für diesen Fall beantrage er eine stattgebende Erledigung nach durchgeführter mündlicher Verhandlung vor dem/der Einzelsenator/in (kein voller Senat).

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Mit Schreiben vom der MA 6 wurde der Bf. eingeladen, eine monatliche Aufschlüsselung der Abgabenbeträge an Kommunalsteuer und "Dienstgeberabgabe" (Anmerkung BFG: nicht im Haftungsbescheid enthalten) für den Zeitraum Juni 2008 bis Juni 2011 sowie eine gegliederte Liquiditätsaufstellung für denselben Zeitraum vorzulegen.

Der Rückstand für das Jahr 2008 habe sich aufgrund von Zahlungen von dritter Seite verringert. Den nach Monaten aufgeschlüsselten Rückstand finde er im Anhang.

Die Liquiditätsaufstellung habe für den genannten Betrachtungszeitraum und auf die Fälligkeit bezogen folgende Angaben zu enthalten, wobei der jeweilige Betrachtungszeitraum zwischen dem Entstehen der einzelnen Abgabe bis zu deren Fälligkeit falle:

- eine Auflistung der im jeweiligen Betrachtungszeitraum bestandenen (falle zwischen dem 16. des Vormonats und dem 15. des Fälligkeitsmonats) und neu entstandenen Verbindlichkeiten, in Gegenüberstellung mit

- einer Auflistung aller Zahlungen (inklusive Zahlungen zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes bzw. Zug-um-Zug-Geschäfte) und sonstigen Tilgungen im Betrachtungszeitraum (falle zwischen dem 16. des Vormonats und dem 15. des Fälligkeitsmonats) und

- eine Aufstellung der liquiden Mittel zum Fälligkeitstag (15. des Fälligkeitsmonats)

Eine korrekte Aufstellung der Verbindlichkeiten, der neu entstandenen Verbindlichkeiten sowie deren Abstattungsbeträge habe nach den jeweiligen Fälligkeiten alle Gläubiger - einzeln und mit Angabe des Namens - und Beträge zu enthalten (zB Lieferverbindlichkeiten, Miete, Pacht, Gas Strom, Wasser, Versicherungen, Löhne und Gehälter, Gebietskrankenkasse, Finanzamt, etc.).

Darüber hinaus sei eine Aufstellung der liquiden Mittel zum jeweiligen Fälligkeitstag (15. des Folgemonats) beizubringen. Weiters habe die Liquiditätsaufstellung eine Quotenberechnung zu enthalten. Die Liquiditätsaufstellung samt Quotenberechnung müsse für die Behörde rechnerisch nachvollziehbar und aussagekräftig sowie durch entsprechende Unterlagen belegt sein.

Es werde dem Bf. gemäß § 183 Abs. 4 BAO Gelegenheit gegeben, den vorliegenden Sachverhalt und das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis zu nehmen und sich dazu zu äußern bzw. eine geeignete Liquiditätsaufstellung beizubringen.

Aufgliederung:


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Abgabe und Nebengebühren
Zeitraum
Betrag in Euro
Kommunalsteuer
06/2008
46,14
Kommunalsteuer
07/2008
750,00
Kommunalsteuer
08/2008
750,00
Kommunalsteuer
09/2008
750,00
Kommunalsteuer
10/2008
750,00
Kommunalsteuer
11/2008
750,00
Kommunalsteuer
12/2008
750,00
Zwischensumme
4.546,14
Säumniszuschlag
07/2008
15,00
Säumniszuschlag
08/2008
15,00
Säumniszuschlag
09/2008
15,00
Säumniszuschlag
10/2008
15,00
Säumniszuschlag
11/2008
15,00
Säumniszuschlag
12/2008
15,00
Zwischensumme
90,00
Kommunalsteuer
01/2009
393,72
Kommunalsteuer
02/2009
393,72
Kommunalsteuer
03/2009
393,72
Kommunalsteuer
04/2009
393,72
Kommunalsteuer
05/2009
393,72
Kommunalsteuer
06/2009
393,72
Kommunalsteuer
07/2009
393,72
Kommunalsteuer
08/2009
393,72
Kommunalsteuer
09/2009
393,72
Kommunalsteuer
10/2009
393,72
Kommunalsteuer
11/2009
393,72
Kommunalsteuer
12/2009
393,72
Zwischensumme
4.724,63
Säumniszuschlag
01/2009
7,88
Säumniszuschlag
02/2009
7,87
Säumniszuschlag
03/2009
7,88
Säumniszuschlag
04/2009
7,87
Säumniszuschlag
05/2009
7,88
Säumniszuschlag
06/2009
7,87
Säumniszuschlag
07/2009
7,88
Säumniszuschlag
08/2009
7,88
Säumniszuschlag
09/2009
7,87
Säumniszuschlag
10/2009
7,87
Säumniszuschlag
11/2009
7,87
Säumniszuschlag
12/2009
7,87
Zwischensumme
94,49
Kommunalsteuer
01/2010
350,90
Kommunalsteuer
02/2010
350,89
Kommunalsteuer
03/2010
350,90
Kommunalsteuer
04/2010
350,89
Kommunalsteuer
05/2010
350,90
Kommunalsteuer
06/2010
350,89
Kommunalsteuer
07/2010
350,90
Kommunalsteuer
08/2010
350,89
Kommunalsteuer
09/2010
350,89
Kommunalsteuer
10/2010
350,89
Kommunalsteuer
11/2010
350,89
Kommunalsteuer
12/2010
350,89
Zwischensumme
4.210,72
Säumniszuschlag
01/2010
7,02
Säumniszuschlag
02/2010
7,01
Säumniszuschlag
03/2010
7,02
Säumniszuschlag
04/2010
7,01
Säumniszuschlag
05/2010
7,02
Säumniszuschlag
06/2010
7,01
Säumniszuschlag
07/2010
7,02
Säumniszuschlag
08/2010
7,02
Säumniszuschlag
09/2010
7,02
Säumniszuschlag
10/2010
7,02
Säumniszuschlag
11/2010
7,02
Säumniszuschlag
12/2010
7,02
Zwischensumme
84,21
Kommunalsteuer
01/2011
394,44
Kommunalsteuer
02/2011
394,45
Kommunalsteuer
03/2011
394,45
Kommunalsteuer
04/2011
394,45
Kommunalsteuer
05/2011
394,45
Kommunalsteuer
06/2011
394,45
Zwischensumme
2.366,69
Säumniszuschlag
01/2011
7,89
Säumniszuschlag
02/2011
7,89
Säumniszuschlag
03/2011
7,89
Säumniszuschlag
04/2011
7,89
Säumniszuschlag
05/2011
7,89
Säumniszuschlag
06/2011
7,89
Säumniszuschlag
07/2011
7,89
Säumniszuschlag
08/2011
7,88
Zwischensumme
63,11


---//---

Mit Schreiben vom nahm der Bf. dazu Stellung und hielt fest, dass er bereits Ende Juli 2011 (Anmerkung BFG: am D-3) aus der G-1-Gruppe ausgeschieden sei (Beilage ./1). Beträge mit Fälligkeitsdatum ab August 2011 seien schon aus diesem zeitlichen Grund ersatzlos zu eliminieren.

Die Fehlbeträge ergäben sich aus einer erst nach seinem Ausscheiden durchgeführten GPLA, deren Ergebnisse er - mangels Beteiligung - weder kenne noch kennen könne. Die Judikatur des VwGH zum Einsatz - wie hier - nicht zugänglicher - also "geheimer" - und solcherart unverwertbarer Beweise dürfe, ja müsse, als bekannt vorausgesetzt werden (vgl. Ritz, BAO6, § 166 Tz 7). Das treffe auch hier den Punkt.

Es verstehe sich von selbst, dass die Verursacher für den durch ihr fragwürdiges Verhalten verursachten Steuerschaden herangezogen würden. Das sei hier der damalige Sprecher des Vorstandes P-4. Egal, ob er weiterhin in Österreich ansässig oder in seinen Heimatstaat Frankreich zurückgezogen sei: Er verfüge über ausreichendes Vermögen, um diesen aus seiner Sicht "läppischen" Steuerbetrag aus seiner "Portokasse" zu bezahlen. Die französischen Anschriften des Herrn P-4, geboren am D-4, seien:

A-2 (Stadtwohnung)
A-3 (Sommerresidenz im Familienbesitz)

Nicht unerwähnt bleiben dürfe: Die G-1 habe im Zeitraum 2007 bis zum Ausscheiden des Bf. im Sommer 2011 zum weitaus überwiegenden Teil über Liquidität verfügt, die zur Entrichtung der gegenständlichen Lohnabgaben problemlos ausgereicht hätte. Die Liquiditätsreports für diesen Zeitraum seien eindeutig und klar (Beilagen ./2 bis ./6). Soweit Liquidität - ausnahmsweise - nicht gegeben gewesen sei, hätten Banken aufgrund der Kreditwürdigkeit der Gesellschaft problemlos ausgeholfen, sodass zusammenfassend festzuhalten bleibe: Die AG sei aus damaliger Sicht jederzeit in der Lage gewesen, ihren finanziellen (und damit auch ihren steuerlichen) Pflichten nachzukommen.

Das leite über zur Ermessensübung: Die komme nicht umhin, schlüssig zu erklären, weshalb sie dieses - zulässigerweise unterbrochene - Verfahren erst mehr als 7 Jahre nach Vorliegen der Entscheidung im Parallelverfahren vom , 2013/16/0229, fortsetze. Diese Säumigkeit gehe voll zu Lasten der Behörde, die allen Ernstes vermeine, heute - bis zu 13 Jahre später - vom Bf. Unterlagen abverlangen zu können, die seit Juli 2011 seinem Zugriff entzogen seien.

Das zu erwartende Argument von Behördenseite, er hätte sich das relevante Datenmaterial rechtzeitig organisieren müssen, greife zu kurz: Gemäß Punkt IV.3. sei der Bf. verpflichtet gewesen, sämtliche - auch elektronisch gespeicherte - Unterlagen und Daten betreffend G-1 und ihrer Konzernmutter sowie deren verbundene Unternehmen an Herrn P-4 bis längstens D-5 zu übergeben. Solcherart berge diese noch unausgesprochene Forderung die Aufforderung zu zivil- und strafrechtlichem Fehlverhalten des Bf. in sich. Dass dies mit geltendem Steuerrecht längst nichts mehr zu tun habe, verstehe sich von selbst.

Auch das Ermessen spreche eher für als gegen ihn. Zumal es mit Frankreich EU-rechtliche und bilaterale Abkommen gebe, um rechtskräftige inländische Mehrergebnisse dort zu vollstrecken.

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Mit Schreiben vom stellte der Magistrat der Stadt Wien zur Stellungnahme des Bf. fest, dass die Forderung, Beträge mit Fälligkeitsdatum ab August 2011 ersatzlos zu eliminieren, ins Leere gehe, da ohnehin nur Beträge bis Juni 2011 in Haftung gezogen worden seien.

Ferner seien die Ergebnisse der GPLA weder geheim noch stellten sie unverwertbare Beweise dar. Sie würden daher in der Beilage übermittelt. Selbst etwaige Begründungsmängel gälten damit laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtes als saniert.

Im Haftungsbescheid sei bereits festgestellt worden, dass mehrere zur Haftung herangezogene Vertreter der Abgabenbehörde gegenüber grundsätzlich solidarisch als Gesamtschuldner hafteten. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes richte sich die haftungsrechtliche Verantwortung allerdings danach, wer mit der Besorgung der Abgabenangelegenheiten betraut gewesen sei.

Die Liquiditätsaufstellung sei gerade deswegen angefordert worden, um festzustellen, ob zu den Fälligkeitszeitpunkten genügend, keine oder nicht ausreichend liquide Mittel vorhanden gewesen und ob die vorhandenen liquiden Mittel anteilig für die Begleichung der Abgabenschuldigkeiten laut Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwendet worden seien. Der Bf. werde daher nochmals aufgefordert, eine Liquiditätsaufstellung für den Zeitraum Juni 2008 bis Juli 2011 der Behörde zu übermitteln.

Betreffend die Unterbrechung des Verfahrens stellt der Magistrat der Stadt Wien fest, dass das Bundesfinanzgericht mit Entscheidung vom , RV/7400178/2019, die Beschwerde des Masseverwalters im Vermögen der G-1 gegen die Festsetzungsbescheide betreffend Kommunalsteuer abgewiesen habe.

Dem Vorbringen des Bf. betreffend Übergabe der Daten und Unterlagen widerspreche die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach es dem Haftungspflichtigen noch als Vertreter der Primärschuldnerin schon im Hinblick auf seine mögliche Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger oblegen gewesen wäre, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch Erstellen und Aufbewahren von Ausdrucken - zu treffen. Dass bereits bei der GPLA für den Zeitraum 2005 bis 2007 Mängel für die Zeit ab aufgezeigt worden seien, müsste dem Bf. bekannt sein, da mit ein Rechtsmittel gegen den Festsetzungsbescheid erhoben worden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei er laut Firmenbuch Vorstandsmitglied und laut Dienstvertrag "Finanzdirektor" bzw. "Chief Financial Officer" gewesen.

---//---

Dazu nahm der Bf. mit Schriftsatz vom Stellung und erklärte, sein gesamtes bisheriges Vorbringen aufrecht zu halten.

Weiters halte er trotz der angeschlossenen Unterlagen der Behörde an der Einrede des unzulässigen Einsatzes ihm nicht (genauer: nicht mehr) zugänglichen - also "geheimen" - und solcherart nicht verwertbaren Materials fest, dies aus folgendem Grund: Es gehe hier um die Lohnabgaben das damaligen Vorstandsvorsitzenden (CEO) der AG, Herrn P-4. Seine persönlichen Verhältnisse bis hin zu seinem Vorstandsvertrag seien aus Gründen, die sich von selbst verstünden, "Verschlusssache" gewesen. Solcherart sei der Bf. weder bei der früheren GPLA noch bei der hier gegenständlichen - erst nach seinem Ausscheiden durchgeführten - Prüfung der Lohnabgaben eingebunden gewesen. Selbst wenn man davon ausgehen könnte - was man aber nicht könne -, dass dieses Material ihm seinerzeit doch zumindest zur Einsicht zur Verfügung gestanden sei, bleibe noch immer festzuhalten: Erstens, seither seien (mehr als) 10 Jahre vergangen. Zweitens, es gehe in diesem Verfahren um ihn als Haftungsschuldner, nicht als damaliges Organ der Gesellschaft. In dieser Eigenschaft stehe ihm das gesamte relevante Material nicht (mehr) zur Verfügung, sodass er sich gegen die Ausführungen der Behörde nicht wirksam zur Wehr setzen könne. Ein solches Verfahren genüge rechtsstaatlichen Grundsätzen bei Weitem nicht.

Zudem entspreche die Ermessensübung der Behörde nicht dem Gesetz. Dafür spreche bereits der Umstand, dass es hier gerade nicht um Lohnabgaben mehrerer damaliger Mitarbeiter/innen, sondern um solche einer bestimmten, vom Bf. verschiedenen Person gehe.

---//---

Mit weiterem Schreiben vom erstattete der Bf. folgendes ergänzendes Vorbringen:

Die Lohnabgaben, um die es hier gehe, beträfen ungeachtet der Steuerschuldnerschaft der damaligen Gesellschaft nicht ihn, sondern den Vorstandsvorsitzenden P-4. Solcherart verstehe es sich von selbst, dass sich die Behörde an diesen zu wenden habe. Da er durchaus vermögend, Frankreich - wie Österreich - Teil der EU sei und es mit diesem Staat Steuerabkommen auf nationaler und europäischer Ebene gebe, seien triftige Gründe weit und breit nicht zu sehen, ihn ungeschoren zu lassen.

Der VwGH habe bereits frühzeitig konstatiert (vgl. zB ; ; ):

"Die Behörde wird sich im Rahmen der das Ermessen betreffenden Erwägungen nicht ohne sachgerechten Grund an jene Partei halten dürfen, die nach dem vertraglichen Innenverhältnis die Steuerlast nicht tragen sollte; die anderenfalls eintretende Gefährdung der Einbringlichkeit werde dies jedoch nahelegen."

Solcherart sei von einer ermessenswidrigen Inanspruchnahme vor allem dann zu sprechen, wenn die Abgabenschuld vom Hauptschuld ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeiten rasch eingebracht werden könne (zB ; ). Zudem seien auch Ermessensentscheidungen zu begründen. Die Begründung habe die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen so weit aufzuzeigen, als dies für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich sei (zB ; ; Ritz, BAO6, § 20 Tz 13).

Bezogen auf diesen Fall: Der Bf. sei für Lohnabgaben, die den damaligen Vorstandsvorsitzenden der Gesellschaft (P-4) beträfen, definitiv die "falsche" Person. Richtigerweise müsste die Stadt Wien sich in einem ersten Schritt an ihn wenden, um erst nach dessen - jedoch völlig ausgeschlossener - festgestellter Vermögenslosigkeit den Bf. in Anspruch nehmen zu dürfen. Solcherart sei die Sache zu seinen Gunsten entschieden.

---//---

In Beantwortung eines weiteren Haftungsprüfungsvorhaltes vom für die Kommunalsteuer 2007 in Höhe von € 8.439,75 bestritt der Bf. mit Schreiben vom das Vorliegen der Voraussetzungen für seine Haftungsinanspruchnahme in vollem Umfang, dh dem Grunde und der Höhe nach.

Darüber hinaus erhob er die Verjährungseinrede, da die Kommunalsteuer 2007 bereits (teils mehr als) 15 Jahre zurückliege.

Der Vollständigkeit halber sei bemerkt, dass der Bf. damals nicht das einzige Vorstandsmitglied der AG gewesen sei und diese Funktion überdies erst seit dem D-6 selbstständig ausgeübt habe.

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Mit weiterem Haftungsbescheid vom wurde der Bf. auch für die Kommunalsteuern Februar bis Dezember 2007 im Gesamtbetrag von € 8.439,75 gemäß § 6a KommStG haftbar gemacht:


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Abgabe
Zeitraum
Betrag
Kommunalsteuer
02/2007
723,35
Kommunalsteuer
03/2007
771,64
Kommunalsteuer
04/2007
771,64
Kommunalsteuer
05/2007
771,64
Kommunalsteuer
06/2007
771,64
Kommunalsteuer
07/2007
771,64
Kommunalsteuer
08/2007
771,64
Kommunalsteuer
09/2007
771,64
Kommunalsteuer
10/2007
771,64
Kommunalsteuer
11/2007
771,64
Kommunalsteuer
12/2007
771,64


Gemäß § 6a Abs. 1 des zitierten Kommunalsteuergesetzes hafteten die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne, insbesondere im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO hätten die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen oblägen und seien befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie hätten insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalteten, entrichtet würden.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom D-1 sei über das Vermögen der Primärschuldnerin ein Sanierungsverfahren, welches mit Beschluss vom D-2 auf Konkursverfahren geändert worden sei, eröffnet worden. Die bereits vom Gesetzgeber als typischer Fall der erschwerten Einbringung angeführte Voraussetzung für die Haftung sei durch die Eröffnung des Konkursverfahrens jedenfalls erfüllt.

Der Bf. sei bis D-7 im Firmenbuch als Vorstandsmitglied der oben angeführten Gesellschaft eingetragen gewesen und habe weder die Bezahlung veranlasst noch irgendwelche Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen.

Er habe somit die ihm als Vorstandsmitglied der im Spruch genannten Gesellschaft auferlegten Pflichten verletzt und sei daher für den Rückstand haftbar, da dieser bei der Gesellschaft nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könne.

Die Geltendmachung der Haftung entspreche auch den Ermessensrichtlinien der Zweckmäßigkeit und Billigkeit nach § 20 BAO, da nach der Aktenlage kein Hinweis darauf bestehe, dass der nunmehr aushaftende Betrag bei der Primärschuldnerin überhaupt noch eingebracht werden könnte.

Zum Einwand der Verjährung werde Folgendes festgestellt:

Die Kommunalsteuer für das Jahr 2007 sei der Primärschuldnerin aufgrund einer Kommunalsteuerprüfung im Rahmen der "Gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben" (GPLA) mit Bemessungsbescheid vom vorgeschrieben worden. Dagegen sei mit Schreiben vom Berufung (nunmehr: Beschwerde) erhoben worden. Durch das Einbringen einer Beschwerde sei der Lauf der Festsetzungsverjährung gehemmt worden. Mit der Beschwerde sei weiters um Aussetzung der Einhebung der bekämpften Kommunalsteuernachzahlung in Höhe von € 9.822,00 inklusive Nebengebühren ersucht worden. Diese sei mit Bescheid vom bewilligt worden. Das Berufungsverfahren (nunmehr: Beschwerdeverfahren) sei mit Bescheid vom ausgesetzt worden, da ein gleichartiges Verfahren bei der Finanz bzw. beim UFS anhängig gewesen sei. Die Beschwerde gegen die Bescheide des Finanzamtes sei mit Entscheidung vom als unbegründet abgewiesen worden. Mit E-Mail vom sei der Behörde mitgeteilt worden, dass die Beschwerde aufrecht gehalten werde, daher sei diese mit Beschwerdevorentscheidung vom und schließlich mit Entscheidung des , als unbegründet abgewiesen worden, diese Entscheidung des BFG sei am in Rechtskraft erwachsen.

Die Erlassung eines Haftungsbescheides sei im gegenständlichen Fall eine Einhebungsmaßnahme, da die Kommunalsteuer bescheidmäßig festgesetzt worden und als solche daher nur innerhalb der Einhebungsverjährungsfrist des § 238 BAO zulässig sei (vgl. ).

Gemäß § 238 Abs. 1 BAO verjähre das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden sei, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe. § 209a gelte sinngemäß. Gemäß § 238 Abs. 2 BAO werde die Verjährung fälliger Abgaben durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten sei, beginne die Verjährungsfrist neu zu laufen.

Gemäß § 9 Abs. 1 IO werde durch die Anmeldung im Insolvenzverfahren die Verjährung der angemeldeten Forderung unterbrochen. Die Verjährung der Forderung gegen den Schuldner beginne von neuem mit dem Ablauf des Tages, an dem der Beschluss über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens rechtskräftig geworden sei.

Im gegenständlichen Fall sei über den Betrag in Höhe von € 9.822,00 betreffend Kommunalsteuernachzahlung aufgrund der GPLA am im Rahmen der Forderungsanmeldung ein Antrag auf Sicherstellung dieser Forderung gemäß § 16 IO gestellt worden. Das Insolvenzverfahren sei mit Beschluss vom D-8 rechtskräftig aufgehoben worden.

Der Ablauf der Aussetzung der Einhebung sei mit Bescheid vom verfügt worden.

Die Einhebungsverjährung des Kommunalsteuerrückstandes aus dem Jahr 2007 sei daher noch nicht eingetreten, da der Lauf der 5-jährigen Verjährungsfrist frühestens im Jahr 2021 begonnen habe. Eine absolute Einhebungsverjährungsfrist sei im Gesetz nicht vorgesehen.

Zum Hinweis des Haftungspflichtigen, dass er die Funktion des Vorstandsmitgliedes erst ab dem D-6 selbständig ausgeübt habe, werde darauf verwiesen, dass sich die Haftung des Außenvertretungsbefugten zwar vor allem auf Abgaben erstrecke, deren Zahlungstermin in die Zeit seiner Vertretertätigkeit falle, darüber hinaus aber auch für noch offene Abgabenschuldigkeiten bestehe, weil die Pflicht zur Entrichtung erst mit der tatsächlichen Abstattung ende (vgl. , ; ).

---//---

Dagegen richtet sich die Beschwerde vom , in der der Bf. einwandte, dass er für die Gesellschaft erst seit D-6 vertretungsbefugt gewesen sei. Solcherart sei seine Inanspruchnahme für die Monate Februar bis Dezember 2007 (Anmerkung BFG: gemeint wohl März 2007) rechtswidrig, da die Kommunalsteuern 02/2007 und 03/2007 zu dieser Zeit bereits fällig gewesen seien.

Er kenne weder den ursprünglichen Bemessungsbescheid vom noch die weitere Entwicklung des Rechtsmittelverfahrens. Schon deshalb werde Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides dem Grunde und der Höhe nach eingewendet, zumal er mangels jedweder Information hier und jetzt nicht einmal beurteilen könne, welche Sachverhalte der behaupteten Kommunalsteuernachforderung zugrunde lägen.

§ 209a BAO sei unanwendbar.

Die Voraussetzungen des § 9 BAO (Anmerkung BFG: gemeint wohl des § 6a KommStG) lägen nicht vor.

Die Ermessensübung des Finanzamtes (Anmerkung BFG: gemeint wohl des Magistrates der Stadt Wien) sei schon wegen der Vielzahl der potentiell Haftungspflichtigen fragwürdig bis unzutreffend. Das gelte speziell angesichts der Ausführungen, dass solcherart mehr oder minder der gesamte Vorstand der AG als Haftungsschuldner in Betracht komme. Der angefochtene Haftungsbescheid erwecke nicht unbedingt diesen Eindruck.

---//---

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde vom teilweise stattgegeben und der angefochtene Bescheid insoweit abgeändert, als der Bf. nunmehr für den Rückstand an Kommunalsteuern samt Nebenansprüchen der Gesellschaft in der Höhe von € 16.164,22 für den Zeitraum Juni 2008 bis Juni 2011 haftbar gemacht werde. Im Übrigen werde die Beschwerde abgewiesen.

Weiters wurde die Beschwerde vom betreffend Haftung wegen Rückständen an Kommunalsteuern in Höhe von € 8.439,75 für den Zeitraum Februar bis Dezember 2007 als unbegründet abgewiesen.

Begründend führte der Magistrat der Stadt Wien MA nach Zitierung der §§ 6a Abs. 1 KommStG und DGAG sowie des § 80 Abs. 1 BAO aus:

Zu den im § 80 Abs. 1 BAO genannten Personen gehörten auch die Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft, die diese gemäß § 71 Abs. 1 Aktiengesetz zu vertreten hätten.

Voraussetzungen für die Haftung seien eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die erschwerte Einbringung der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die erschwerte Einbringung.

Dass die im angefochtenen Bescheid angeführten Abgabenforderungen tatsächlich bestünden, stehe nach der Aktenlage fest.

Weiters stehe unbestritten fest, dass der Bf. als Vorstandsmitglied der Gesellschaft zu dem in § 80 Abs. 1 BAO angeführten Personenkreis gehöre.

Ferner werde nicht bestritten, dass die angeführten Abgabenrückstände bei der Gesellschaft erschwert einbringlich seien.

Es sei ferner Aufgabe des Vertreters, nachzuweisen, dass ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten für die Gesellschaft unmöglich gewesen sei, weil nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen derjenige, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfülle, die Gründe darzutun habe, aus denen ihm die Erfüllung unmöglich gewesen sei, widrigenfalls angenommen werden könne, dass er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen sei.

Zum Beschwerdevorbringen werde festgehalten:

Bei der G-1 (vormals: G-4) habe eine "Gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben" (GPLA) für den Zeitraum 2005 bis 2007 durch das zuständige Finanzamt stattgefunden. Im Bericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung sei festgestellt worden, dass für die aus der Tätigkeit des Vorstandsvorsitzenden der Gesellschaft anfallenden Bezüge bis Juli 2005 sämtliche daraus resultierenden Abgaben entrichtet worden seien, ab August 2005 seien weder Lohnsteuer, SV-Beiträge, DB, DZ noch Kommunalsteuer einbehalten worden. Die Behörde sei dem Prüfer als Gutachter gefolgt und habe im Bemessungsbescheid betreffend Kommunalsteuer vom die Feststellungen der GPLA berücksichtigt. Die dagegen eingebrachte Berufung (nunmehr: Beschwerde) sei mit der in der FINDOK unter der GZ. RV/7400178/2019 veröffentlichten Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes (BFG) vom abgewiesen worden. Zuvor seien die Berufungen bzw. Beschwerden gegen die Bescheide des Finanzamtes, welche auf Grund der Feststellungen der GPLA für die Jahre 2005 bis 2007 erlassen worden seien, mit Entscheidung des abgewiesen worden.

Über das Vermögen der Primärschuldnerin sei am D-1 ein Konkursverfahren eröffnet worden. Daher seien die Bemessungsgrundlagen für den Zeitraum 2008 bis Eröffnung des Konkursverfahrens im Rahmen einer neuerlichen GPLA und in Anlehnung an die Vorprüfung gemäß § 184 BAO geschätzt worden, da außer Lohnkonten und Saldenlisten keine weiteren Unterlagen (z.B. Verträge, Verrechnungskonten, etc.) im Zuge der Prüfung vorgelegt worden seien.

Die Nachforderungen betreffend Kommunalsteuer für die Jahre 2008 bis D-1 seien nun nicht mehr der Primärschuldnerin bzw. dem Masseverwalter mit Bemessungsbescheid vorgeschrieben worden, sondern im Haftungsbescheid erstmals für den Zeitraum Jänner 2008 bis Juni 2011 geltend gemacht worden, da der Bf. mit Wirkung D-5 sein Mandat als Vorstandsmitglied zurückgelegt habe.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes setze die Geltendmachung einer abgabenrechtlichen Haftung zwar das Bestehen einer Abgabenschuld (§ 4 BAO) voraus, nicht jedoch, dass die Abgabe gegenüber dem Erstschuldner auch bereits mit (Abgaben-) Bescheid geltend gemacht worden sei. Gemäß § 4 BAO entstehe der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht sei, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpfe, somit unabhängig von einer behördlichen Tätigkeit und auch unabhängig von einer diesbezüglichen Bescheiderlassung.

Gemäß § 5 Abs. 1 KommStG gehörten zur Bemessungsgrundlage im Falle des § 2 lit. a KommStG Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG sowie Gehälter und Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 EStG und an freie Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG, im Falle des § 2 lit. b KommStG 70 % des Gestellungsentgeltes.

Somit sei im gegenständlichen Fall der Abgabenanspruch durch Auszahlung des Gestellungsentgeltes entstanden.

Durch § 248 BAO sei dem Haftenden ein Rechtszug gegen den Abgabenbescheid eingeräumt. Um dem Rechtsschutzgedanken des § 248 BAO voll wirksam Rechnung zu tragen, müsse dem Haftungspflichtigen von der Behörde über den haftungsgegenständlichen Abgabenanspruch Kenntnis in einer Weise verschafft werden, dass die Prüfung der Richtigkeit der Abgabenfestsetzung möglich sei und die Positionen der Rechtsverteidigung des herangezogenen Haftenden gegen den Anspruch nicht schwächer seien als diejenigen, die der Abgabenpflichtige gegen den Abgabenbescheid einzunehmen in der Lage sei (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 2553 und 2554; ; ).

Mit Schreiben vom seien dem Bf. die Prüfungsergebnisse für die Jahre 2008 bis 2011 übermittelt worden. Damit sei er in die Lage versetzt worden, den Grund und die Bemessungsgrundlage des Abgabenanspruches bzw. die Höhe der Abgabe (3% der Bemessungsgrundlage gemäß § 9 KommStG) nachzuvollziehen.

Bei Selbstbemessungsabgaben sei nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären (vgl. ); maßgebend sei daher ausschließlich der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit (vgl. ) und nicht, wann die Nachforderungen anlässlich einer GPLA festgestellt worden seien. Die Nachforderungen beträfen den Zeitraum, in welchem der Bf. als Vorstandsmitglied im Firmenbuch eingetragen gewesen sei und er daher für die Abgabenentrichtung zu sorgen gehabt habe.

Der Bf. habe die Primärschuldnerin seit D-6 selbstständig vertreten und mit D-5 sein Mandat als Vorstandsmitglied zurückgelegt. Er sei somit neben einem weiteren Vorstandsmitglied und dem Vorstandsvorsitzenden zur gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung der G-1 befugt gewesen.

Seien mehrere potenziell Haftende vorhanden, richte sich die haftungsrechtliche Verantwortung nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes danach, wer mit der Besorgung der Abgabenangelegenheiten betraut sei. Der von den finanziellen, insbesondere steuerlichen Angelegenheiten ausgeschlossene Geschäftsführer sei in der Regel nicht in Anspruch zu nehmen (vgl. ; ).

In der Entscheidung des , werde unter "Sachverhalt" erwähnt, dass der Bf. mit Juli 2005 zum Finanzdirektor (auch: CFO) und mit D-9 (Anmerkung BFG: gemeint wohl D-6) zum Vorstandsmitglied bestellt worden sei. Er sei somit als Finanzdirektor für die finanziellen, insbesondere steuerlichen Angelegenheiten der Primärschuldnerin zuständig gewesen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setze die Geltendmachung der Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO und damit nach § 6 a KommStG voraus, dass die als haftungspflichtige in Frage kommende Person zum Personenkreis der §§ 80 ff BAO gehöre (Vertreterstellung), die Uneinbringlichkeit bzw. im Fall der Kommunalsteuer die erschwerte Einbringlichkeit der Abgabe, ein Verschulden des Vertreters an der Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten des Vertretenen vorliege und die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich gewesen sei (Kausalität).

Aus diesen Voraussetzungen für die Vertreterhaftung laut ständiger Judikatur könne jedoch die Haftung für jemanden, auf den die Nachforderung zurückzuführen sei bzw. der den Grundstein für diese Steuernachforderung geschaffen habe - wie es der Bf. in seiner Beschwerde fordere -, nicht abgeleitet werden. Der Verwaltungsgerichtshof habe hier klar definiert, dass der von den finanziellen, insbesondere steuerlichen Angelegenheiten ausgeschlossene Vertreter in der Regel nicht in Anspruch genommen werden könne. Mitglieder des Aufsichtsrates gehörten nicht zum Personenkreis der §§ 80 ff BAO.

Werde ein zur Vertretung einer juristischen Person Berufener allerdings an der Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten gehindert, so habe er nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Behinderung der Ausübung seiner Funktion sofort abzustellen oder - wenn sich dies als erfolglos erweise - seine Funktion niederzulegen. Tue er dies nicht, sei ihm ein gemäß § 6a KommStG relevantes Verschulden anzulasten.

Auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf das Betrauen und Vertrauen auf die Expertise einer renommierten Wirtschaftstreuhandkanzlei könne nichts für den Bf. gewinnen. Dürfe sich auf entschuldigenden Rechtsirrtum schon jemand nicht erfolgreich stützen, der es unterlasse, geeignete Erkundigungen über die Rechtslage anzustellen, so müsse dies erst recht für jemanden gelten, der sein Verhalten entgegen der ihm bekannt gewordenen Rechtsansicht der zuständigen Behörde ausgerichtet habe.

Der Rechtsunterworfene könne doch nicht von vornherein mit einem Obsiegen im Beschwerdeverfahren rechnen und müsse die Möglichkeit eines Unterliegens im betroffenen Beschwerdeverfahren zumindest als gegeben hinnehmen. Sich in dieser Situation dafür zu entscheiden, das steuerliche Verhalten nach den Ratschlägen von Steuerberater und Rechtsanwalt und nicht nach der deutlich bekundeten Rechtsauffassung der zuständigen Behörde einzurichten, begründe ein Verhalten, mit dem die nach einem entsprechenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes objektiv nicht mehr bestreitbare Abgabenverkürzung auch in den zuvor gelegenen Zeitpunkten mit bedingtem Vorsatz oder zumindest bewusster Fahrlässigkeit begangen worden sei (vgl. ).

Zur Haftungsinanspruchnahme reiche der Vorwurf der leichten Fahrlässigkeit aus, da eine bestimmte Schuldform nicht gefordert sei (vgl. ).

Der Bf. sei als CFO für den Finanzbereich der Primärschuldnerin zuständig gewesen. Mit der GPLA für die Jahre 2005 bis 2007 bzw. spätestens mit Bemessungsbescheid betreffend Kommunalsteuer vom habe ihm bewusst gewesen sein müssen, dass die Nichtabführung von Lohnabgaben inklusive Kommunalsteuer im Zusammenhang mit den Bezügen des Vorstandsvorsitzenden nicht im Gesetz gedeckt sei und die Behörde den Feststellungen der GPLA folgt. Der Bf. sei zu diesem Zeitpunkt und zum Zeitpunkt der Einbringung der Berufung (nunmehr: Beschwerde) vom gegen den Bemessungsbescheid das für die Finanzen der Primärschuldnerin zuständige Vorstandsmitglied gewesen. Laut Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes müsse er sich bewusste Fahrlässigkeit zurechnen lassen, da er als Vorstandsmitglied das steuerliche Verhalten nach den Ratschlägen von Steuerberater oder Rechtsanwalt und nicht nach der deutlich bekundeten Rechtsauffassung der zuständigen Behörde ausgerichtet habe. Schließlich habe er selbst in seiner Stellungnahme vom mit Hinweis auf die übermittelten "Liquiditätsreports" mitgeteilt, dass die Primärschuldnerin im Zeitraum 2007 bis zu seinem Ausscheiden zum weitaus überwiegenden Teil über Liquidität verfügt habe, die zur Entrichtung der gegenständlichen Lohnabgaben problemlos ausgereicht hätte. Es wäre daher am Bf. gelegen, die zum damaligen Zeitpunkt bereits durch die GPLA erhobene und mit Bemessungsbescheid vom festgesetzte Kommunalsteuer zu begleichen und für die ordnungsgemäße Berechnung und Abfuhr der ab diesem Zeitpunkt fälligen Steuerschuld (inklusive der Bezüge des Vorstandsvorsitzenden) zu sorgen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO annehmen dürfe. Habe der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so dürfe die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich gewesen sei. Für die Haftung nach § 6a KommStG gelte nichts anderes (vgl. ; mwN).

Der Vertreter hafte für nicht entrichtete Abgaben des Vertretenen auch dann, wenn die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten des Vertretenen nicht ausreichten, es sei denn, er weise nach, dass er die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt habe als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten. Auf dem Vertreter laste auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Eine Betrachtung der Gläubigergleichbehandlung habe zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu erfolgen (vgl. ).

Der Bf. sei deshalb mit Schreiben vom und aufgefordert worden, zum Nachweis dafür, dass er den Abgabengläubiger nicht benachteiligt habe, eine monatliche Liquiditätsaufstellung für den Zeitraum seiner Tätigkeit als Vorstandsmitglied vorzulegen.

Diesen Aufforderungen sei der Bf. jedoch nicht nachgekommen. Im Gegenteil, er habe in seiner Stellungnahme vom mit Hinweis auf die übermittelten "Liquiditätsreports" angegeben, dass die Primärschuldnerin im Zeitraum 2007 bis zu seinem Ausscheiden zum weitaus überwiegenden Teil über Liquidität verfügt habe, die zur Entrichtung der gegenständlichen Lohnabgaben problemlos ausgereicht hätte.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hafte also der Vertreter für die in Haftung gezogenen Abgaben zur Gänze, wenn er dem Gleichbehandlungsgebot zuwiderhandle bzw. keinen entsprechenden Nachweis der Gleichbehandlung erbringe.

Die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten durch den Bf. bestehe somit darin, dass die Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zu den jeweiligen gesetzlichen Fälligkeitstagen, also gemäß § 11 KommStG zum 15. des darauffolgenden Kalendermonats, unterlassen worden sei.

Im Fall des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung spreche nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben durch die Pflichtverletzung und den Rechtswidrigkeitszusammenhang. Die Pflichtverletzung sei demnach kausal für die Uneinbringlichkeit ().

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO sei innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" sei dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen ().

Wesentliches Ermessenskriterium sei die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folge, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform sei, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich sei ().

Sei eine Einbringlichmachung bei der Primärschuldnerin unzweifelhaft nicht möglich, könne die Frage der Einbringlichkeit der Haftungsschuld beim Haftenden von der Abgabenbehörde bei ihren Zweckmäßigkeitsüberlegungen vernachlässigt werden ().

Mit Beschluss des HG Wien vom D-10 sei der Konkurs nach Verteilung an die Massegläubiger aufgehoben worden. Die gegenständlichen Abgaben seien daher bei der Primärschuldnerin unzweifelhaft nicht möglich, die Primärschuldnerin sei im Firmenbuch am D-11 gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit gelöscht worden. Die aushaftenden Abgaben seien bei der Primärschuldnerin uneinbringlich.

Es sei daher zweckmäßig gewesen, den Bf. zur Haftung jener Abgaben, die aufgrund seines pflichtwidrigen Verhaltens (Nichtabfuhr) bei der Gesellschaft uneinbringlich geworden seien, heranzuziehen.

Zur Behauptung des Bf. in seiner Beschwerde vom gegen den zweiten Haftungsbescheid, die Inanspruchnahme für die Monate Februar bis Dezember 2007 sei rechtswidrig, da er erst ab D-6 vertretungsbefugt und zu dieser Zeit die Kommunalsteuern 02/2007 und 03/2007 bereits fällig gewesen sei, werde Folgendes festgestellt:

Das BFG habe in einer Entscheidung hinsichtlich Geschäftsführerhaftung betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftssteuer vom zu RV/7100468/2016 einen Beitrag von Althuber/Twardosz in Althuber (Hrsg), Geschäftsführer- und Vorstandshaftung², Abgabenrechtliche Prüf- und Erkundigungspflichten bei Übernahme einer Geschäftsführerfunktion, 57, zitiert, wonach grundsätzlich der Geschäftsführer für Fehler seiner Vorgänger nicht hafte. Eine Ausnahme seien Pflichtverstöße, die fortdauern und daher auch dem späteren Geschäftsführer als eigene zurechenbar seien, wie z.B. die Nichtentrichtung von Abgaben. Die Verantwortung des Geschäftsführers beginne also nicht erst mit dessen Bestellung. Er sei auch verpflichtet, bis dahin angesammelte Abgabenrückstände zu begleichen (vgl. ). Ein Geschäftsführer habe sich bei der Übernahme seiner Funktion auch darüber zu informieren, ob und in welchem Ausmaß die von ihm nunmehr vertretene GmbH bisher ihren steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen sei, weil die Pflicht der GmbH zur Abgabenentrichtung erst mit deren Abstattung ende (Rauscher, Die Haftung des Geschäftsführers für Steuern und Abgaben, 46, mit Verweis auf ). Solange eine Abgabe fällig sei, aber unberichtigt aushafte, bestehe die Pflicht des - jeweils im Amt befindlichen - Geschäftsführers, für die Entrichtung der Abgabe nach den abgabenrechtlichen Bestimmungen zu sorgen. Bei einer Verletzung der fortdauernden Abgabenentrichtungspflicht stehe im Fall der Uneinbringlichkeit bei der juristischen Person eine Haftung des neuen Vertreters gemäß § 9 Abs. 1 BAO im Raum (Althuber/Twardosz, aaO, 51).

Auch die im Haftungsbescheid erwähnten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes unterstrichen die Ausführungen des vorigen Absatzes (vgl. ; ; ).

Im Übrigen sei der Bf. - wie er selbst in der Beschwerde angebe - seit D-6 Vorstandsmitglied und seit diesem Zeitpunkt als CFO für die Besorgung der Abgabenangelegenheiten der Primärschuldnerin betraut, daher sei die Fälligkeit der Kommunalsteuer für die Monate April (fällig am 15. Mai) bis Dezember 2007 in seine Funktionsperiode gefallen und es sei daher nicht nachvollziehbar, wenn in seiner Beschwerde angegeben werde, dass er für die AG erst seit D-6 vertretungsbefugt gewesen sei. Solcherart sei seine Inanspruchnahme für die Monate Februar bis Dezember 2007 rechtswidrig. Gemäß den obigen Ausführungen hafte ein Vertreter auch für die offenen Abgaben vor dem Beginn seiner Funktionsperiode.

Zum Einwand des Bf., dass er weder den ursprünglichen Bemessungsbescheid vom noch die weitere Entwicklung des Rechtsmittelverfahrens kenne, zumal er mangels jedweder Information hier und jetzt nicht einmal beurteilen könne, welche Sachverhalte der behaupteten Kommunalsteuernachforderung zugrunde lägen, werde darauf verwiesen, dass er Vorstandsmitglied im Zeitraum D-6 bis D-5 gewesen sei, er sei sowohl im Zeitpunkt der Erstellung des Berichtes gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung betreffend Kommunalsteuerprüfung für den Zeitraum 2005 bis 2007 vom als auch im Zeitpunkt der Erlassung des entsprechenden Bemessungsbescheides vom und der Einbringung der Berufung vom durch die KPMG Alpen-Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft Vorstandsmitglied und somit Vertreter der Gesellschaft gewesen.

Die weitere Entwicklung des Beschwerdeverfahrens sei dem Bf. u.a. mit Vorhalt vom und mit Haftungsbescheid vom unter Anführung der Geschäftszahl des Bundesfinanzgerichtes, nämlich RV/7400178/2019, mitgeteilt worden. Die angeführte Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes sei in der Finanzdokumentation (Findok) des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) unter dem Titel "Zivilrechtlich misslungene Drittanstellung eines Vorstandsmitglieds einer AG" veröffentlicht worden und nach wie vor abrufbar. Der Bf. werde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren im Übrigen durch einen Steuerberater vertreten.

Die Auffassung des Bf., dass § 209a BAO unanwendbar sei, finde im Gesetz keine Deckung, da § 238 Abs. 1 BAO ausdrücklich darauf hinweise, dass § 209a BAO sinngemäß gelte.

Weiters werde in der Beschwerde vorgebracht, dass die Voraussetzungen des § 9 BAO nicht vorlägen. Auch hier irre der Bf., denn nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setze die Geltendmachung der Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO und nach § 6a KommStG voraus, dass die als haftungspflichtige in Frage kommende Person zum Personenkreis der §§ 80ff BAO gehöre (Vertreterstellung), dass Uneinbringlichkeit bzw. im Fall des § 6a KommStG erschwerte Einbringlichkeit der Abgaben vorliege, dass ein Verschulden des Vertreters an der Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten des Vertretenen vorliege (Verschulden) und dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich gewesen sei (Kausalität).

Der Bf. sei - wie bereits erwähnt - im Zeitraum vom D-6 bis D-5 Vorstandsmitglied der Primärschuldnerin gewesen. Gemäß § 71 Abs. 1 Aktiengesetz werde die Aktiengesellschaft durch den Vorstand gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Somit zähle der Vorstand einer AG zu den Vertretern nach § 80 Abs. 1 BAO.

Das Konkursverfahren über das Vermögen der G-1 sei mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom D-8 nach Verteilung an die Massegläubiger rechtskräftig aufgehoben worden. Die Gesellschaft sei am D-11 gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit gelöscht worden. Die offenen Abgaben seien somit bei der Primärschuldnerin uneinbringlich.

Eine weitere Voraussetzung sei eine schuldhafte Pflichtverletzung des Vertreters, zu dessen Aufgaben es gehöre, für die Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen. Es könne daher zu Recht von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Beschwerdeführers ausgegangen werden, wenn der Vertreter nicht dartue, dass er ohne eigenes Verschulden gehindert gewesen sei, dafür zu sorgen, dass die Primärschuldnerin die angefallenen Abgaben entrichte (vgl. ). Ein bestellter Vertreter habe die abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft zu erfüllen. Habe er dies nicht getan, dann müsse er die haftungsrechtlichen Konsequenzen tragen. Die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten durch den Beschwerdeführer bestehe darin, dass die Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zu den jeweiligen gesetzlichen Fälligkeitstagen unterlassen worden sei.

Im Fall des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung spreche nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben durch die Pflichtverletzung und den Rechtswidrigkeitszusammenhang. Die Pflichtverletzung sei demnach kausal für die Uneinbringlichkeit (vgl. ).

Der Bf. habe in seinen Beschwerden somit nicht den Nachweis erbracht, dass ihm die Erfüllung seiner Pflichten unmöglich gewesen sei.

Die Pflichtverletzung des Beschwerdeführers ergebe sich aus der Missachtung der abgabenrechtlichen Bestimmungen. Der Bf. hätte Sorge tragen müssen, dass die Kommunalsteuer für den Haftungszeitraum fristgerecht entrichtet werde.

Auf Grund dieser Tatsachen sei die Beschwerde als unbegründet abzuweisen gewesen.

Die Abänderung des ersten Haftungsbescheides sei auf Grund von Zahlungen von Dritten erfolgt.

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Fristgerecht beantragte der Bf. mit Schreiben vom die Vorlage der Beschwerden zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem/der Einzelrichter/in (kein voller Senat) und kündigte an, das Vorbringen noch ergänzen und aktualisieren zu wollen.

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Aufgrund der Aufforderung des Bundesfinanzgerichtes legte der Bf. mit Schreiben vom das in seiner Beschwerde herangezogene Verfahren betreffend seine Haftungsinanspruchnahme für aushaftende Abgaben der G-3 vor, dessen Beschwerde zum Inhalt der gegenständlichen Beschwerden erhoben wurde. Darin wurde auszugsweise vorgebracht:

Der Bf. könne die Uneinbringlichkeit der hier auf dem Prüfstand stehenden Steuer(nach)forderungen nicht mehr beurteilen, gehe aber davon aus, dass die Behörde damit im Recht sei. Damit stehe dieses Kriterium außer Streit.

Bei der Kommunalsteuer bleibe festzuhalten, dass es in der GmbH regelmäßig wiederkehrende Übung gewesen sei, die Steuern bei einem finanziellen Engpass zum nächstmöglichen Zeitpunkt in voller Höhe nachzuentrichten, wolle heißen: Es sei in der Vergangenheit immer wieder vorgekommen, dass die GmbH kurzfristig über keine liquiden Mittel verfügt habe und daher temporär nicht in der Lage gewesen sei, die eine oder andere Steuerleistung in der gebotenen Weise zu erbringen. Doch sei es in solchen Fällen innerbetriebliche Übung und strikte Vorgabe seinerseits gewesen, die Zahlungen ehestmöglich nachzuholen. Das sei eine praktikable Lösung gewesen, mit der beide Seiten leben hätten können. Genauso sei die Situation am und die GmbH Ende Juni 2011 positiv gewesen, weshalb der Bf. keinen Grund gehabt habe, die technische Seite der Steuerentrichtung gesondert zu überprüfen, zumal es langjährige Übung gewesen sei, bei kurzfristiger Zahlungsstockung die Steuerleistung ehestmöglich nachzuholen. Da nach dem Fälligkeitstag (also dem ) noch Gelder eingegangen seien, seien diese entgegen der bisherigen Übung ohne sein Wissen, Wollen und Zutun verwendet worden.

Damit fehle es an seinem Verschulden, zumal der Vertreter dann keine abgabenrechtliche Pflicht verletze, wenn der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel habe (VwGH7.12.2000, 2000/16/0601; ; Ritz, BAO4, § 9 Tz 10). Klargestellt sei außerdem, dass der Vertreter zur Entrichtung fälliger Abgaben des Vertretenen keine Kredite aufnehmen müsse (). Damit sei jedwedes schuldhafte Verhalten seinerseits bei der Kommunalsteuer auszuschließen und die Haftungsinanspruchnahme daher unberechtigt.

Dieser Steuerausfall sei nicht vom Bf., sondern von seinen Nachfolgern zu verantworten, da die GmbH im August, also nach seiner Löschung als Geschäftsführer der GmbH zum D-3, noch Einnahmen aus Forderungen gegenüber Klienten in der Größenordnung von knapp € 70.000,00 lukriert habe, die zur Steuerleistung (und aller anderen Verbindlichkeiten gegenüber Dritten) mehr als ausreichend gewesen wären. Die damalige Buchhaltung habe diesen Steuerrückstand im August 2011 wiederholt in den Zahlungslauf gegeben, der von der Geschäftsführung aber nie freigegeben worden sei. Damit zeige sich folgendes Bild: Am Fälligkeitstag - somit noch zu seiner Zeit - sei die GmbH temporär illiquid, aber positiv gewesen. Später - nach seinem Ausscheiden - habe sie genügend Einnahmen zur Steuerleistung gehabt, die jedoch entgegen der bisherigen Praxis und dem Vorgehen der Buchhalterin von einem seiner Nachfolger verhindert worden sei.

Nur schuldhafte Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten berechtigten zur Haftungsinanspruchnahme (Ritz, BAO4, § 9 Tz 18). Dem Bf. sei die gängige Praxis bekannt, wonach der Vertreter darzutun habe, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls angenommen werde, dass er seine Pflichten schuldhaft verletzt habe (zB ; ).

Er sei sich keiner schuldhaften Pflichtverletzung bewusst, da er sich in der Vergangenheit (nicht nur) steuerlich nichts habe zuschulden kommen lassen. Hier gehe es um den vorletzten Monat seiner Tätigkeit in der G-1-Gruppe, weshalb sich die Frage stelle, warum er ausgerechnet hier sein bisheriges - bewährtes - Verhalten ändern solle.

Sei auch nur eine Haftungsvoraussetzung nicht erfüllt, so sei die Haftungsinanspruchnahme insgesamt unzulässig. Das sei hier der Fall. Aus diesem Grund könne seine Haftungsinanspruchnahme nicht länger aufrechterhalten werden.

---//---

In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde vorgebracht:

Bf.: "Ich habe von der Bestellung bzw. vom Inhalt des Vertrages des Herrn P-4, der mit dem damaligen Vorstandsvorsitzenden und dem Aufsichtsrat abgeschlossen wurde, keine Kenntnis erlangt. Die Lohnverrechnung wurde an eine renommierte Steuerberatungskanzlei übergeben. Von dieser habe ich die schriftliche Auskunft erhalten, dass die Lohnverrechnung korrekt erfolgt sei. Deren Mitarbeiterin war in Angelegenheiten zwischen Österreich und Frankreich versiert.

Ich habe dem Magistrat die Adressen des P-4 in Frankreich bekanntgegeben, der ursprünglich für die nachträgliche Versteuerung der Beraterhonorare verantwortlich war.

Das Finanzamt hat in der gleichen Causa das gegen mich eingeleitete Finanzstrafverfahren aufgrund meiner Verantwortung eingestellt.

Da sowohl der CEO als auch der Aufsichtsrat in dieser Angelegenheit die Entscheidungen vorgab, konnte ich dagegen nicht vorgehen und waren mir die Hände gebunden.

Ich verstehe nicht, weshalb der Magistrat kein Verfahren gegen Herrn P-4 geführt hat."

MA: "Das ist nicht korrekt, es hat auch gegen ihn ein Haftungsverfahren gegeben. Dieses ist derzeit noch offen und wendet P-4 ein, dass er für die finanziellen Angelegenheiten des Unternehmens nicht zuständig gewesen sei."

Bf.: "Anlässlich seiner Bestellung hat Herr P-4 ein Gutachten hinsichtlich der steuerlichen Einschätzung seiner Tätigkeiten für die Gesellschaft bei G-5 in Auftrag gegeben. Im Zeitpunkt seiner Bestellung war Herr P-4 das einzige Vorstandsmitglied, weshalb nicht davon gesprochen werden kann, dass er für die steuerlichen Angelegenheiten nicht zuständig war."

MA: "Es geht hier nicht um den Zeitpunkt dessen Bestellung, sondern um den späteren Haftungszeitraum, in dem der Bf. Vorstandsmitglied und CFO war. Das Gutachten ist dem Magistrat nicht bekannt, es kann auch nicht beurteilt werden, ob darin auf die Kommunalsteuer Rücksicht genommen wurde."

Verhandlungsleiterin: "Wie weit ist dieses Haftungsverfahren gegen P-4 gediehen?"

MA: "Eine BVE gibt es noch nicht, aber es gibt einen Bescheid und eine Beschwerde. Mit dem Haftungsbescheid wurde Herr P-4 sowohl für den hier haftungsgegenständlichen Zeitraum als auch für die nachfolgenden Monate bis zur Konkurseröffnung, in denen dieser alleiniger Vorstand war, herangezogen.

Da die Prüfung bereits im Jahr 2010 stattgefunden hat, stellt sich mir die Frage, weshalb nicht bereits zu diesem Zeitpunkt dem CFO bekannt war, dass das gesamte Entgelt, das P-4 von der Gesellschaft erhalten hat, zu versteuern ist."

Bf.: "Sowohl die Prüfung als auch das gegen die Bescheide eingebrachte Rechtsmittel wurden von Herrn P-4 gemeinsam mit der Steuerberatungskanzlei bearbeitet. Ich hatte damit nicht zu tun, da ich ansonsten von dem für mich geheimen Inhalt des Vertrages des Herrn P-4 Bescheid gewusst hätte. Es war nicht so, dass ich gesagt habe, dass ich damit nichts zu tun haben wolle, sondern hat Herr P-4 gemeinsam mit Frau P-5 von der Steuerberatungskanzlei mir mitgeteilt, diese Angelegenheit selbst in die Hand zu nehmen."

Die Parteien stellten keine weiteren Fragen und Beweisanträge.

Schluss des Beweisverfahrens.

Der Behördenvertreter beantragte die Abweisung der gegenständlichen Beschwerde.

Der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers beantragte die Stattgabe der Beschwerde und Aufhebung des angefochtenen Bescheides, ansonsten die Vertagung bis zur Entscheidung über das Haftungsverfahren des P-4 durch das BFG.

Die Verhandlungsleiterin verkündete den Beschluss, dass die Entscheidung gemäß § 277 Abs. 4 BAO der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten bleibt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

Rechtsgrundlagen Kommunalsteuer

Gemäß § 9 KommStG 1993 beträgt die Steuer 3% der Bemessungsgrundlage. Übersteigt bei einem Unternehmen die Bemessungsgrundlage im Kalendermonat nicht 1.460 Euro, wird von ihr 1.095 Euro abgezogen.

Gemäß § 11 Abs. 2 KommStG 1993 ist die Kommunalsteuer vom Unternehmer für jeden Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 15. des darauffolgenden Monats (Fälligkeitstag) an die Gemeinde zu entrichten.

Rechtsgrundlagen Säumniszuschlag

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten. Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (Abs. 2).

Gemäß § 217a Z 2 BAO werden Säumniszuschläge für Landes- und Gemeindeabgaben im Zeitpunkt der Zustellung des sie festsetzenden Bescheides fällig. Säumniszuschläge, die den Betrag von fünf Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen (Z 3).

Geltendmachung von Haftungen

Die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter haften gemäß § 6a KommStG 1993 neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. § 9 Abs. 2 BAO gilt sinngemäß.

Gemäß § 7 Abs. 2 BAO erstrecken sich persönliche Haftungen auch auf Nebenansprüche.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 224 Abs. 1 BAO werden die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.

Gemäß § 224 Abs. 3 BAO ist die erstmalige Geltendmachung eines Abgabenanspruches anlässlich der Erlassung eines Haftungsbescheides gemäß Abs. 1 nach Eintritt der Verjährung des Rechtes zur Festsetzung der Abgabe nicht mehr zulässig.

Haftungsvoraussetzungen

- Abgabenforderungen gegen die vertretene Gesellschaft
- erschwerte Einbringlichkeit der Abgabenforderungen
- Stellung des Geschäftsführers als Vertreter
- abgabenrechtliche Pflichtverletzung des Vertreters
- dessen Verschulden an der Pflichtverletzung
- Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die erschwerte Einbringlichkeit der Abgaben

A. Haftungsbescheid vom
Kommunalsteuern 01/2008 bis 06/2011

1. Abgabenforderungen

Festgestellt wird, dass seitens des damaligen Finanzamtes Wien 1/23 eine GPLA zur Ermittlung der Berechnungsgrundlagen für alle lohnabhängigen Abgaben, somit auch für die haftungsgegenständlichen Kommunalsteuern, stattgefunden hat. Gemäß Bericht vom wurden in Anlehnung an die Vorprüfung für die Jahre 2005-2007 (Bescheid vom ) und der vorhandenen Unterlagen die Bemessungsgrundlagen gemäß § 184 BAO geschätzt. Die Vorprüfung ergab, dass die sich aus dem Vorstandsdienstvertrag zwischen der G-6 und Herrn P-4 vom ergebenden Lohnabgaben, Sozialversicherungsbeiträge und Kommunalsteuern lediglich bis Juli 2005 entrichtet wurden. Da keine Änderung des Vorstandsdienstvertrages vorgelegt wurde, waren die lohnabhängigen Abgaben ab August 2005 nachzuversteuern.

1.1. Erstmalige Geltendmachung

Aufgrund dieser Feststellungen konnten die haftungsgegenständlichen Nachforderungen vom Magistrat der Stadt Wien ermittelt werden. Diese Nachforderungen wurden allerdings nicht bescheidmäßig festgesetzt, sondern als zusammengefasste Abgaben (an Kommunalsteuern und Säumniszuschlägen) gemäß § 224 Abs. 1 und 3 BAO im Haftungsbescheid vom erstmals geltend gemacht, weshalb sich aus dem Vorbringen des Bf., dass ihm die (eben nicht ergangenen) Grundlagenbescheide nicht übermittelt worden seien, nichts gewinnen lässt und der Haftungsbescheid somit nicht mit Rechtswidrigkeit belastet ist.

Der Bericht über die GPLA wurde dem Bf. zwar erst mit dem Schreiben des Magistrates der Stadt Wien vom übermittelt, jedoch kann der Begründungsmangel nach der Judikatur des VwGH im Rechtsmittelverfahren behoben werden und gilt damit als saniert (vgl. ).

Da somit der Abgabenanspruch der haftungsgegenständlichen Kommunalsteuern erstmals im Haftungsbescheid geltend gemacht wurde, weil die Geltendmachung einer abgabenrechtlichen Haftung zwar das Bestehen einer Abgabenschuld voraussetzt, nicht jedoch, dass diese Schuld dem Abgabenschuldner gegenüber geltend gemacht wurde (), konnten zu Recht in der dagegen erhobenen Beschwerde entsprechende Einwendungen erhoben werden, da in einem Fall, in dem der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung kein Abgabenbescheid vorangegangen ist, die Frage, ob ein Abgabenanspruch gegeben ist, als Vorfrage im Haftungsverfahren von dem für die Entscheidung über die Haftung zuständigen Organ zu entscheiden ist. In derartigen Fällen sind die Einwendungen gegen den Abgabenanspruch im Haftungsverfahren zu behandeln ().

Allerdings ist das Vorbringen, dass die Nachforderungen "energisch bestritten" würden, mangels Konkretisierung des Beschwerdebegehrens und der beantragten Änderungen nicht geeignet, die Entstehung des Abgabenanspruches zu bekämpfen. Davon abgesehen wurde über die Berufung (Beschwerde) vom gegen den Bescheid über die Festsetzung der Kommunalsteuern der Jahre 2005-2007 vom bereits mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7400178/2019, (abweisend) entschieden. Da die - für den gegenständlichen Haftungsbescheid relevante - GPLA über die Jahre 2008-2011 vom in Anlehnung an die Feststellungen der Vorprüfung abgeschlossen wurde und die den Nachforderungen zugrundeliegende Rechtsfrage der zufolge des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Einkunftsquelle, der auch für das Dienstverhältnis gilt, zivilrechtlich misslungenen Drittanstellung des Vorstandsvorsitzenden der AG ident war, ist diese hier zu behandelnde Vorfrage somit hinreichend entschieden und wird auf das genannte Erkenntnis des BFG verwiesen.

1.2. Verjährung

Da die erstmalige Geltendmachung des Abgabenanspruches im Haftungsbescheid gemäß § 224 Abs. 3 BAO nur innerhalb der Festsetzungsverjährung gemäß §§ 207 bis 209a BAO erfolgen darf, war zu prüfen, ob diese im gegenständlichen Fall noch nicht eingetreten war, obgleich diesbezügliche Einwendungen nicht vorgebracht wurden:

Gemäß § 207 Abs. 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist (…) bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre. (…) Das Recht, (…) Säumniszuschläge (…) festzusetzen, verjährt gleichzeitig mit dem Recht auf Festsetzung der Abgabe.

Gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO beginnt die Verjährung in den Fällen des § 207 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist (…).

Die Festsetzungsverjährung der haftungsgegenständlichen Abgaben 2008-2011 endete gemäß § 207 Abs. 2 BAO iVm § 208 Abs. 1 lit. a BAO am , , und . Da der Haftungsbescheid vom am zugestellt wurde, wurde der Abgabenanspruch innerhalb der Festsetzungsverjährung und daher rechtzeitig geltend gemacht.

Da die Haftungsinanspruchnahme eine Einhebungsmaßnahme darstellt und das Beschwerdeverfahren ab der Einbringung der damaligen Berufung vom bis zur Erlassung der Beschwerdevorentscheidung vom mehr als zehn Jahre andauerte, war zu prüfen, ob inzwischen die Einhebungsverjährungsfrist abgelaufen war:

Das Recht eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, verjährt gemäß § 238 Abs. 1 BAO binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe. § 209a gilt sinngemäß.

Einer Abgabenfestsetzung, die in einer Beschwerdevorentscheidung oder in einem Erkenntnis zu erfolgen hat, steht gemäß § 209a Abs. 1 BAO der Eintritt der Verjährung nicht entgegen.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 238 Abs. 1 BAO die Einhebungsverjährung nicht früher eintreten kann als das Recht zur Festsetzung der Abgabe, im gegenständlichen Fall daher zum , , und . Der Haftungsbescheid vom ist daher auch innerhalb der Frist zur Einhebung der haftungsgegenständlichen Abgaben ergangen.

Da § 238 Abs. 1 letzter Satz BAO die sinngemäße Geltung der Bestimmung des § 209a BAO zulässt, wurden die Beschwerdevorentscheidung sowie das vorliegende Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ebenfalls innerhalb der Einhebungsverjährungsfrist erlassen.

1.3. Aufgliederung

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes war eine Inanspruchnahme für eine Zusammenfassung von mehreren Voranmeldungszeiträumen (durch Anführung einer im Gesetz nicht vorgesehenen Jahressteuer) für die Kommunalsteuern nicht zulässig, da der Bf. damit nicht in die Lage versetzt wurde, die geforderte Liquiditätsaufstellung zu den jeweiligen Fälligkeitstagen zu erstellen () bzw. konkret vorzubringen, weshalb er welche Abgabe nicht (vollständig) abgeführt oder entrichtet habe, und so den ihm auferlegten Entlastungsbeweis zu erbringen (), sowie deren undeterminierte Bezeichnung wegen des Gebotes der Bestimmtheit von Abgaben bei Einhebungsmaßnahmen nicht zulässig ist, weshalb diese Abgaben aufzugliedern waren.

Auf das Schreiben des Magistrates der Stadt Wien vom wird verwiesen, wobei die Säumniszuschläge 07-08/2011 nicht haftungsgegenständlich sind und der Säumniszuschlag 06/2011 auf € 7,88 (anstatt € 7,89) herabzusetzen war, da die im Haftungsbescheid enthaltenen Säumniszuschläge 01-06/2011 lediglich € 47,33 betragen.

Da die haftungsgegenständlichen Kommunalsteuern 01-06/2008 nicht mehr (01-05/2005) bzw. nur mehr mit dem Betrag von € 46,14 (06/2008) aushaften und die Säumniszuschläge 01-06/2008 zufolge der Akzessorietät der Haftung (01-05/2005) bzw. aufgrund des Nichterreichens der betraglichen Grenze gemäß § 217a Z 3 BAO (06/2008) nicht zur Haftung herangezogen werden können, verbleiben vorbehaltlich der nachstehenden Feststellungen folgende Abgaben:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabe
Zeitraum
Betrag
Kommunalsteuer
06-12/2008
4.546,14
Säumniszuschlag
07-12/2008
90,00
Kommunalsteuer
01-12/2009
4.724,63
Säumniszuschlag
01-12/2009
94,49
Kommunalsteuer
01-12/2010
4.210,72
Säumniszuschlag
01-12/2010
84,21
Kommunalsteuer
01-06/2011
2.366,69
Säumniszuschlag
01-06/2011
47,33
gesamt
16.164,21


2. Erschwerte Einbringlichkeit

Die Haftung nach § 6a KommStG ist keine Ausfallshaftung, es ist lediglich vorausgesetzt, dass die Abgaben nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können. Dies gilt nach den genannten Haftungsbestimmungen insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Im Beschwerdefall steht sogar die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben fest, da mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom D-10 das über das Vermögen der G-1 am D-1 (zunächst als Sanierungsverfahren, ab D-2 als Konkursverfahren) eröffnete Insolvenzverfahren nach Verteilung an die Massegläubiger aufgehoben wurde. Danach wurde die Gesellschaft am D-11 im Firmenbuch infolge Vermögenslosigkeit gelöscht.

Der Einwand des Bf., dass mit einer den Haftungsbetrag reduzierenden Konkursquote zu rechnen sei, geht daher ins Leere.

3. Vertreterstellung

Unbestritten ist auch, dass der Bf. im Zeitraum vom D-6 bis D-5 Vorstandsmitglied der genannten AG und als CFO für die finanziellen Angelegenheiten zuständig war.

4. Schuldhafte Pflichtverletzung

Ihm oblag daher die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft. Insbesondere ist im Rahmen dieser Verpflichtung für die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen.

Festzustellen war, dass die haftungsgegenständlichen Kommunalsteuern 06/2008-06/2011 gemäß § 11 Abs. 2 KommStG jeweils am 15. des darauffolgenden Monats fällig waren, weshalb der Bf. für deren Entrichtung Sorge zu tragen hatte, da deren Fälligkeiten in den Zeitraum seiner Geschäftsführungstätigkeit fielen.

Die Säumniszuschläge waren zwar gemäß § 217a Z 2 BAO erst im Zeitpunkt der Zustellung des sie festsetzenden Bescheides, diesfalls der Haftungsbescheid vom , in dem sie erstmals geltend gemacht wurden, daher erst nach der Konkurseröffnung am D-1, fällig. Dennoch trifft den Bf. an deren Nichtentrichtung eine schuldhafte Pflichtverletzung, da im gegenständlichen Fall fiktive Fälligkeitstage angenommen werden müssen. Hätte der Magistrat am jeweiligen Fälligkeitstag ( bis ) der Stammabgaben Kommunalsteuer 06/2008-06/2011 Kenntnis von der Entstehung des Abgabenanspruches gehabt, hätte er spätestens im jeweils darauffolgenden Monat Säumniszuschläge festsetzen können. Diese Rechtsfrage wurde in diesem Sinn vom Bundesfinanzgericht mit dem Erkenntnis vom , RV/7400072/2022, entschieden, die dagegen erhobene Revision wies der , zurück.

Darüber hinaus nimmt der Verwaltungsgerichtshof auch in seiner Entscheidung , bei der Haftung von Nebenansprüchen gemäß § 7 Abs. 2 BAO auf die Entstehung des Abgabenanspruches und nicht auf die Fälligkeit Bezug.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen (, 0038). Er hat also darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, andernfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (vgl. ).

Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat, so verletzt der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht (; ).

Im gegenständlichen Fall wurde nicht behauptet, dass dem Bf. keine Mittel zur Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zur Verfügung gestanden wären.

4.1. Gleichbehandlung

Aus dem Einwand des Bf., dass er darauf geachtet habe, dass die Abgaben pünktlich entrichtet würden und dort, wo dies nicht möglich gewesen sei, die Entrichtung nach Vorhandensein liquider Mittel nachgeholt werde, lässt sich nichts gewinnen, da der Vorstand für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann haftet, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichen; es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten (vgl. ).

Am Bf., dem als mit den finanziellen Angelegenheiten betrauten Vorstandsmitglied der Primärschuldnerin ausreichend Einblick in die Gebarung zustand, wäre es gelegen gewesen, das Ausmaß der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen (vgl. ), da nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen hat, sondern der zur Haftung herangezogene Vorstand das Fehlen ausreichender Mittel (vgl. ).

Weist der Haftungspflichtige nach, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, dann haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und dem tatsächlich bezahlten Betrag. Tritt der Vertreter diesen Nachweis nicht an, dann kann ihm die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden ().

Im Hinblick auf die unterlassene Behauptung und Konkretisierung des Ausmaßes der Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten zur Verfügung gestandenen Mittel zur Erfüllung der vollen Abgabenverbindlichkeiten kommt eine Beschränkung der Haftung des Bf. bloß auf einen Teil der von der Haftung betroffenen Abgabenschulden nicht in Betracht ().

Der Hinweis, dass er bereits am D-5 aus der Geschäftsführung ausgeschieden sei und keinen Zugriff mehr auf die geschäftlichen Unterlagen habe, vermag den Bf. nicht zu exkulpieren, weil es dem Vertreter obliegt, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch Erstellung und Aufbewahrung von Ausdrucken - zu treffen. Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa in den Erkenntnissen vom , 2008/15/0220 und 2008/15/0263, ausgeführt hat, ist es dem Vertreter, der fällige Abgaben der Gesellschaft nicht oder nicht zur Gänze entrichten kann, schon im Hinblick auf seine mögliche Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger zumutbar, sich - spätestens dann, wenn im Zeitpunkt der Beendigung der Vertretungstätigkeit fällige Abgabenschulden unberichtigt aushaften - jene Informationen zu sichern, die ihm im Falle der Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger die Erfüllung der Darlegungspflicht im oben beschriebenen Sinn ermöglichen. Diese Darlegungspflicht trifft nämlich auch solche Haftungspflichtige, die im Zeitpunkt der Feststellung der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Gesellschaft nicht mehr deren Vertreter sind ().

Diese Verpflichtung ergibt sich auch aus der vom Bf. angeführten Entscheidung des VwGH im Parallelverfahren ().

4.2. Vertretung durch Steuerberater

Dem Einwand mangelnden Verschuldens, weil sich der Bf. eines Steuerberaters bedient habe, der die Lohnabrechnungen aufgrund von vertretbaren Rechtsansichten durchgeführt habe, ist Folgendes entgegenzuhalten:

Es kann zwar unter dem Gesichtspunkt des dem Vertreter vorzuwerfenden Verschuldens an der Verletzung der Vertreterpflichten beachtlich sein, wenn er auf Grund eines Rechtsirrtums die Entrichtung der Abgaben unterlassen hat und ihm ausnahmsweise ein solcher Rechtsirrtum nicht vorzuwerfen wäre. Dass ein derartiger, nicht vorwerfbarer Rechtsirrtum vorgelegen wäre, wird beispielsweise mit dem bloßen Hinweis auf eine andere Rechtsmeinung des Vertreters aber nicht dargetan (; ). Das Risiko des Rechtsirrtums trägt der, der es verabsäumt, sich an geeigneter Stelle zu erkundigen ().

Die Tatsache allein, dass ein in den §§ 80 ff BAO bezeichneter Vertreter die ihm auferlegten Verpflichtungen auf einen Steuerberater überträgt, vermag, wenn dennoch die in § 6a KommStG genannten Folgen infolge schuldhafter Verletzung der dem Vertreter auferlegten Pflichten eintreten, letzteren nicht zu exkulpieren (vgl. ).

Verweist der Geschäftsführer der GmbH auf die Betrauung betriebsfremder Spezialisten mit der steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Erfassung und Abwicklung und macht damit mangelndes Verschulden geltend, hat er es verabsäumt, im Detail darzulegen, welcher konkrete Sachverhalt den Spezialisten mitgeteilt worden wäre und auf welcher Grundlage diese die von der GmbH geschuldete Kommunalsteuer berechnet hätten. Die bloße Übertragung der steuerlichen Belange auf einen Steuerberater schließt nicht jedwedes Verschulden gemäß § 6a KommStG in Verbindung mit § 80 Abs. 1 BAO aus (vgl. ).

Der Einwand mangelnden Verschuldens, weil sich der Bf. eines Steuerberaters bedient habe, der die Lohnabrechnungen aufgrund von vertretbaren Rechtsansichten durchgeführt habe, mangelt darüber hinaus der Grundlage einer detaillierten Darlegung, welche konkrete Information dem Steuerberater als beigezogenem Spezialisten zuteilwurde und auf welcher Grundlage dieser eine Abgabepflicht für das Dienstverhältnis nicht in Betracht zog. Mangels dessen geht der Einwand mangelnden Verschuldens aus Vertrauen auf einen Spezialisten ins Leere (vgl. ).

Im gegenständlichen Fall hätte sich der Bf. an der ihm mit den Bescheiden vom (Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag) sowie vom (Kommunalsteuer) bekannt gemachten und mit den Erkenntnissen des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7101717/2010 (Lohnabgaben 2005-2007), und vom , RV/7400178/2019 (Kommunalsteuern 2005-2007), bestätigten Rechtsansicht der Abgabenbehörden, orientieren müssen.

4.3. Behinderung durch Vorstands- und Aufsichtsratsvorsitzenden

Dem Einwand des Bf., dass sowohl P-4 als Vorstandsvorsitzender als auch der Vorsitzende des Aufsichtsrates die Entscheidungen in dieser den CEO betreffenden Angelegenheit vorgegeben hätten, weshalb ihm die Hände gebunden gewesen seien, ist zu entgegnen, dass ein für die Haftung eines Vertreters relevantes Verschulden auch dann vorliegt, wenn sich der Vertreter vor der Übernahme seiner Funktion mit einer Beschränkung seiner Befugnisse einverstanden erklärt bzw. eine solche Beschränkung in Kauf nimmt, die die künftige Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung, insbesondere den Abgabenbehörden gegenüber, unmöglich macht. Das Einverständnis, nur formell als Vertreter zu fungieren, somit auf die tatsächliche Geschäftsführung keinen Einfluss zu nehmen, stellt eine derartige Beschränkung der Befugnisse eines Vorstandsmitgliedes dar (vgl. ).

Wird der Vertreter so behindert, dass er die seinen Rechtspflichten gegenüber Dritten korrespondierenden Geschäftsführungsrechte nicht mehr wahrnehmen kann, so hat er entweder im Rechtsweg sofort alles ihm rechtlich zu Gebote Stehende zu unternehmen, um diesen Zustand abzustellen, oder die Vertretungsbefugnis zurückzulegen; der Vertreter, der weiterhin als Vorstandsmitglied tätig bleibt, obwohl er sich in seiner Pflichterfüllung behindert sieht, hat auch seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Entrichtung der die Gesellschaft treffenden Abgaben verletzt (vgl. ).

4.4. Finanzstrafverfahren

Aus dem Vorbringen des Bf., dass das vom Finanzamt in der gleichen Causa eröffnete Finanzstrafverfahren aufgrund seiner Verantwortung eingestellt worden sei, lässt sich nichts gewinnen, da das Vorliegen eines strafrechtlich relevanten Verhaltens oder gar einer strafgerichtlichen Verurteilung nicht Voraussetzung der Haftungsinanspruchnahme nach § 6a KommStG ist (vgl. ). Weder ein völliges Unterbleiben eines Strafverfahrens, noch die Einstellung von Vorerhebungen oder einer Voruntersuchung, noch ein freisprechendes Urteil des Strafgerichtes könnte eine Bindung der Abgabenbehörde bei der Beurteilung der Haftungsvoraussetzungen nach § 6a KommStG bewirken (vgl. ).

5. Kausalität

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (), auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

6. Ermessen

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist ().

6.1. Lange Verfahrensdauer

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zB ; ) ist dem Element der Zumutbarkeit der Heranziehung eines Haftungspflichtigen angesichts lange verstrichener Zeit im Rahmen der behördlichen Ermessensübung besondere Bedeutung beizumessen.

Ein langer Zeitabstand zwischen dem Entstehen der Abgabenschuld oder dem Hervorkommen der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Primärschuldnerin einerseits und der bescheidmäßigen Inanspruchnahme zur Haftung anderseits ist ein Umstand, den die Abgabenbehörde bei der Inanspruchnahme zur Haftung im Sinne des Ermessens nicht außer Betracht lassen darf ().

Damit ist allerdings nicht die Verfahrensdauer nach Erlassung des Haftungsbescheides gemeint, der im gegenständlichen Fall bereits am , somit zeitnah nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom D-1, erlassen wurde, sondern der Zeitraum zwischen der Entstehung der Abgabenschuld oder dem Hervorkommen der Uneinbringlichkeit bzw. wie hier der erschwerten Einbringlichkeit der Abgaben bis zur Erlassung des Haftungsbescheides.

Darüber hinaus wurde das gegenständliche Beschwerdeverfahren mit Bescheid vom gemäß § 281 Abs. 1 BAO (nunmehr § 271 Abs. 1 BAO) ausgesetzt, sodass die belangte Behörde die lange Dauer bis zur Erlassung der Beschwerdevorentscheidung vom nicht zu verantworten hatte, da das Erkenntnis des , zur Entscheidung über den Abgabenanspruch als Vorfrage im gegenständlichen Verfahren abgewartet werden musste.

6.2. Gesamtschuldner

Dem Einwand des Bf., dass die gegenständlichen Lohnabgaben nicht ihn, sondern den damaligen Vorstandsvorsitzenden P-4 beträfen, muss - vorbehaltlich der weiteren Ausführungen - entgegengehalten werden, dass im haftungsrelevanten Zeitraum (früheste Fälligkeit) bis D-1 (Eröffnung des Insolvenzverfahrens) auch P-4 (D-12 bis D-1) dem Vorstand der AG angehörte, jedoch war der Bf. im Zeitraum D-6 bis D-5 Vorstandsmitglied und bereits ab Juli 2005 als Finanzdirektor (CFO) für die finanziellen Angelegenheiten zuständig.

Dies ergibt sich aus dem Erkenntnis des , auf das die gegenständliche Beschwerdevorentscheidung vom verweist:

"In der Entscheidung des GZ. RV/7400178/2019, wird unter ,Sachverhalt' bzw. auf Seite 18 erwähnt, dass der Beschwerdeführer mit Juli 2005 zum Finanzdirektor (auch CFO) und mit D-9 (Anmerkung BFG: gemeint wohl D-6) zum Vorstandsmitglied bestellt wurde. Der Beschwerdeführer war somit als Finanzdirektor für die finanziellen, insbesondere steuerlichen Angelegenheiten der Primärschuldnerin zuständig."

Dieser Sachverhaltsfeststellung ist der Bf. im dagegen eingebrachten Vorlageantrag sowie in der mündlichen Verhandlung nicht entgegengetreten und kann diese somit als zutreffend angesehen werden, zumal von ihm auch die Jahresabschlüsse beim Handelsgericht Wien eingereicht wurden.

Auch darf sich eine Abgabenbehörde nicht ohne sachgerechten Grund an die Person halten, die nach dem vertraglichen Innenverhältnis die Steuerlast nicht tragen sollte (zB ; ).

Bei einer Mehrheit von Geschäftsführern (hier: Vorstandsmitgliedern) vertritt der VwGH zur Frage der Haftung in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass bei Vorliegen einer Geschäftsverteilung die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit denjenigen Geschäftsführer trifft, der mit der Besorgung der Abgabenangelegenheiten betraut ist. Der von den finanziellen, insbesondere steuerlichen Angelegenheiten ausgeschlossene Geschäftsführer ist in der Regel nicht in Anspruch zu nehmen ().

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Ermessensübung das Wesen und der Zweck von Gesamtschuldverhältnissen zu beachten, insbesondere werden die Intensität der Bindung und Gemeinsamkeit, die in der Folge zur Gesamtschuld führte, die jeweilige Situation, die das Gesamtschuldverhältnis auslöste, und die Besonderheiten der Tatbestandsverwirklichung, ferner das Ausmaß der Verantwortlichkeit der Einzelnen, aber auch das der Vorteile (Bereicherung), die von den Einzelnen geschöpft wurden, von Bedeutung sein (; vgl. ).

Allerdings liegt die Auswahl der zur Leistung der Abgabenschuld heranzuziehenden Gesamtschuldner, die Belastung der einzelnen mit der Gesamtschuld oder nur einem Teil davon, die Bestimmung des Zeitpunktes und der Reihenfolge der Heranziehung der einzelnen Gesamtschuldner im Ermessen der Behörde. Ermessen des Abgabengläubigers eines Gesamtschuldverhältnisses bedeutet das Recht der Ausnützung jener Gläubigerschritte, die dazu führen, den Abgabenanspruch zeitgerecht, sicher, auf einfachstem Weg unter Umgehung von Erschwernissen und unter Vermeidung von Gefährdungen hereinzubringen. Würden nun dadurch, dass auf die besonderen Umstände des Schuldverhältnisses und der Schuldnerbeziehungen Rücksicht genommen wird, Gläubigerinteressen nicht beeinträchtigt, dann erschiene es nicht ermessensgerecht (damit nicht iSd Gesetzes), würde sich die Abgabenbehörde über die besonderen Gegebenheiten des Gesamtschuldverhältnisses hinwegsetzen. Vor allem die Regelungen im Innenverhältnis dürfen nicht unberücksichtigt bleiben. Wenn bei gleichen Gläubigerchancen und Gläubigerrisiken, wenn bei so und so gesicherter Gläubigerposition mehrere Lösungsmöglichkeiten bestehen und ohne Beeinträchtigung der berechtigterweise zu wahrenden Gläubigerinteressen vertreten werden können, dann wäre es ermessensfehlerhaft, würde bei Geltendmachung des Anspruches, bei Auswahl der Schuldner und bei Festlegung des Ausmaßes ihrer Heranziehung nicht auf das Innenverhältnis zwischen den Gesamtschuldnern Bedacht genommen werden ().

Im gegenständlichen Fall sprechen für die Heranziehung des Bf. als Haftungsschuldner anstatt des Vorstandsvorsitzenden die Umstände, dass er im Innenverhältnis für die steuerlichen Angelegenheiten und die Gebarung der AG verantwortlich war, eine Haftbarmachung des in Frankreich wohnhaften P-4 für die Abgabengläubigerin hingegen bedeuten würde, dass die Einbringlichmachung des Abgabenanspruches nicht mehr zeitgerecht, sicher, auf einfachstem Weg unter Umgehung von Erschwernissen und unter Vermeidung von Gefährdungen möglich wäre, und der Vorstandsvorsitzende entgegen der Rechtsansicht des Bf. aus der Nichtversteuerung der Beratertätigkeit keinen Nutzen gezogen hat, weil aus der unzureichenden Berechnung und Abfuhr der Kommunalsteuer nicht ihm, sondern allein der Gesellschaft Vorteile zugekommen sind.

Auch aus dem Einwand des Bf., dass Herr P-4 ihm zugesichert habe, die "Sache" (Feststellungen der GPLA 2005-2007) "aus der Welt zu schaffen", lässt sich nichts gewinnen, da zivilrechtliche Vereinbarungen über eine allfällige Schadenersatzpflicht durch den weiteren Gesamtschuldner einer Haftung nach § 6a KommStG nicht entgegenstehen (vgl. ).

Zudem brachte der Magistrat der Stadt Wien in der mündlichen Verhandlung vor, dass P-4 ohnehin ebenfalls (u.a.) für den haftungsgegenständlichen Zeitraum zur Haftung in Anspruch genommen wurde.

Dem beantragten Zuwarten mit der vorliegenden Entscheidung bis zur Rechtskraft des Haftungsverfahrens des CEO kann nicht entsprochen werden, da es im gegenständlichen Verfahren nicht darauf ankommt, wie im Parallelverfahren entschieden wird. Wenn der Bf. dazu vorträgt, dass im Falle der Entrichtung seiner Haftungsschuld der weitere Haftungspflichtige von der Bezahlung dieses Betrages befreit wäre, ist er auf den bereits angesprochenen Zivilrechtsweg zu verweisen.

6.3. Verschulden der Behörde

Aus dem Einwand des Mitverschuldens der Abgabenbehörde an der Uneinbringlichkeit der Kommunalsteuern 2008-2011, da diese Zeiträume nicht zeitnah geprüft worden seien, lässt sich nichts gewinnen, weil dem Bf. die Rechtsansicht der Abgabenbehörden seit der GPLA für die Jahre 2005-2007 und den daraufhin ergangenen Bescheiden vom (Lohnabgaben) sowie vom (Kommunalsteuer) bekannt waren und er verpflichtet gewesen wäre, die Selbstberechnung der Kommunalsteuern für die Anschlusszeiträume zu berichtigen und die sich daraus ergebenden Nachforderungen zu entrichten und nicht eine eventuelle Anschlussprüfung abzuwarten.

Ein behördliches Mitverschulden kann daher nicht erblickt werden.

Vom Bf. wurden somit keine Gründe vorgebracht, die bei Abwägung von Zweckmäßigkeit und Billigkeit eine andere Einschätzung bewirken hätten können.

7. Ergebnis

Auf Grund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 KommStG erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bf. als Haftungspflichtiger für die im Spruch unter Punkt I. A. genannten Abgabenschuldigkeiten der G-1 im Ausmaß von nunmehr € 16.164,21 zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

B. Haftungsbescheid vom
Kommunalsteuern 02/2007 bis 12/2007

1. Abgabenforderungen

Festgestellt wird, dass seitens des damaligen Finanzamtes Wien 1/23 eine GPLA zur Ermittlung der Berechnungsgrundlagen 2005-2007 für alle lohnabhängigen Abgaben, somit auch für die haftungsgegenständlichen Kommunalsteuern, stattgefunden hat. Gemäß Bericht vom wurden die sich aus dem Vorstandsdienstvertrag zwischen der G-6 und Herrn P-4 vom ergebenden Lohnabgaben, Sozialversicherungsbeiträge und Kommunalsteuern lediglich bis Juli 2005 entrichtet. Da keine Änderung des Vorstandsdienstvertrages vorgelegt wurde, waren die lohnabhängigen Abgaben ab August 2005 nachzuversteuern.

Aufgrund dieser Feststellungen konnten die haftungsgegenständlichen Nachforderungen vom Magistrat der Stadt Wien ermittelt werden und wurden mit Bescheid vom (jahresweise) festgesetzt.

Allerdings ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Inanspruchnahme für eine Zusammenfassung von mehreren Voranmeldungszeiträumen (durch Anführung einer im Gesetz nicht vorgesehenen Jahressteuer) für die Kommunalsteuern nicht zulässig, da der Bf. ansonsten nicht in die Lage versetzt worden wäre, die geforderte Liquiditätsaufstellung zu den jeweiligen Fälligkeitstagen zu erstellen () bzw. konkret vorzubringen, weshalb er welche Abgabe nicht (vollständig) abgeführt oder entrichtet habe, und so den ihm auferlegten Entlastungsbeweis zu erbringen (), sowie deren undeterminierte Bezeichnung wegen des Gebotes der Bestimmtheit von Abgaben bei Einhebungsmaßnahmen nicht zulässig ist, weshalb diese Abgaben dementsprechend im Haftungsbescheid vom aufgegliedert wurden.

1.1. Verjährung

Gemäß § 238 Abs. 1 BAO verjährt das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe. § 209a BAO gilt sinngemäß.

Einer Abgabenfestsetzung, die in einer Beschwerdevorentscheidung oder in einem Erkenntnis zu erfolgen hat, steht gemäß § 209a Abs. 1 BAO der Eintritt der Verjährung nicht entgegen.

Gemäß § 238 Abs. 2 BAO wird die Verjährung fälliger Abgaben durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

Durch die Anmeldung im Insolvenzverfahren wird gemäß § 9 Abs. 1 IO die Verjährung der angemeldeten Forderung unterbrochen. Die Verjährung der Forderung gegen den Schuldner beginnt von neuem mit dem Ablauf des Tages, an dem der Beschluss über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens rechtskräftig geworden ist.

Da die Festsetzung der Kommunalsteuern 2005-2007 mit Bescheid vom und das im Rechtsmittelverfahren ergangene Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes RV/7400178/2019 am erfolgte, konnte auch die Einhebungsverjährung gemäß § 238 Abs. 1 BAO iVm § 209a Abs. 1 BAO nicht vor dem letztgenannten Zeitpunkt eintreten.

Darüber hinaus war auch auf Grund des vom D-1 bis D-10 anhängigen Insolvenzverfahrens über das Vermögen der G-1, bei dem die haftungsgegenständlichen Forderungen angemeldet waren, die Verjährung gemäß § 9 Abs. 1 IO unterbrochen und begann gemäß § 9 Abs. 1 zweiter Satz IO von neuem mit dem Ablauf des Tages, an dem der Beschluss über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens rechtskräftig geworden ist.

Der Haftungsvorhalt vom , der Haftungsbescheid vom sowie die Beschwerdevorentscheidung vom konnten die Einhebungsverjährung gemäß § 238 Abs. 2 BAO erneut unterbrechen und die fünfjährige Einhebungsverjährungsfrist jeweils neu in Gang setzen, sodass zufolge der bis offenstehenden Frist eine Verjährung der Einhebung insgesamt nicht eingetreten war.

Aus dem Einwand, dass die (Fälligkeit der) Kommunalsteuer bereits 15 Jahre zurückliege, lässt sich nichts gewinnen, weil die Einhebungsverjährung nach § 238 BAO keine der Bestimmung des § 209 Abs. 3 BAO (Festsetzungsverjährung) vergleichbare absolute Verjährung kennt.

2. Erschwerte Einbringlichkeit

Die Haftung nach § 6a KommStG sowie § 6a DGAG ist keine Ausfallshaftung, es ist lediglich vorausgesetzt, dass die Abgaben nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können. Dies gilt nach den genannten Haftungsbestimmungen insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Im Beschwerdefall steht sogar die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben fest, da mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom D-10 das über das Vermögen der G-1 am D-1 eröffnete Insolvenzverfahren (zunächst als Sanierungsverfahren, ab D-2 als Konkursverfahren) nach Verteilung lediglich an die Massegläubiger aufgehoben wurde. Danach wurde die Gesellschaft am D-11 im Firmenbuch infolge Vermögenslosigkeit gelöscht.

3. Vertreterstellung

Unbestritten ist auch, dass der Bf. im Zeitraum vom D-6 bis D-5 Vorstandsmitglied der genannten AG und als CFO für die finanziellen Angelegenheiten zuständig war.

4. Schuldhafte Pflichtverletzung

Ihm oblag daher die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft. Insbesondere ist im Rahmen dieser Verpflichtung für die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen.

Festzustellen war, dass die haftungsgegenständlichen Kommunalsteuern 04-12/2007 gemäß § 11 Abs. 2 KommStG jeweils am 15. des darauffolgenden Monats fällig waren, weshalb der Bf. für deren Entrichtung Sorge zu tragen hatte, da deren Fälligkeiten in den Zeitraum seiner Geschäftsführungstätigkeit fielen.

Hingegen waren die Kommunalsteuern 02-03/2007 bereits am bzw. , daher vor seiner Bestellung, fällig.

Aus dem Verweis der belangten Behörde auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7100468/2016, wonach ein Geschäftsführer für fortdauernde Pflichtverstöße seines Vorgängers hafte, weshalb der Bf. auch für die Kommunalsteuern 02-03/2007 zur Haftung heranzuziehen sei, lässt sich nichts gewinnen, weil damit nur bereits festgesetzte und noch unberichtigte Abgabenschuldigkeiten gemeint waren, die gegenständlich jedoch nicht vorlagen, da die Festsetzung der Kommunalsteuern 2005-2007 erst mit Bescheid vom erfolgte.

Der Geschäftsführer hat sich nämlich lediglich darüber zu unterrichten, welchen Stand das Abgabenkonto der Gesellschaft im Zeitpunkt der Übernahme der Geschäftsführerfunktion hat, und die Pflicht, die Beträge eines allfälligen Rückstandes, wie er am Abgabenkonto ausgewiesen (verbucht) ist, zu entrichten (). Gibt es jedoch keine Hinweise, aus denen der Geschäftsführer schließen könnte, dass die Steuererklärungen oder (bei Selbstbemessungsabgaben) die Selbstberechnungen der zu entrichtenden Abgaben unrichtig gewesen seien, hat ein Geschäftsführer bei Übernahme seiner Geschäftsführerfunktion nicht auch noch die Pflicht, die gesamte Buchhaltung und das gesamte Rechenwerk sowie die Aufzeichnungen nachzuprüfen ().

Da in der Berufung vom gegen den Festsetzungsbescheid der Kommunalsteuern 2005-2007 vom auch gemäß § 212a BAO ein - später bewilligter - Antrag auf Aussetzung der Einhebung gestellt und am D-1 das am D-10 beendete Insolvenzverfahren eröffnet wurde, der Bf. jedoch nur vom D-6 bis D-5 - für die finanziellen Angelegenheiten zuständiges - Vorstandsmitglied war, war er für die Entrichtung der Kommunalsteuern der Monate Februar und März 2007 nicht verantwortlich, weshalb ihm dafür keine schuldhafte Pflichtverletzung anzulasten war.

Hingegen ist dem Einwand des Bf., dass er weder den ursprünglichen Bemessungsbescheid vom noch die weitere Entwicklung des Rechtsmittelverfahrens kenne, weshalb er nicht beurteilen könne, welcher Sachverhalt der Kommunalsteuernachforderung zugrunde liege, zu entgegnen, dass diesfalls die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass die mangelnde Übermittlung des Festsetzungsbescheides im Verfahren über die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid nicht sanierbar und der Haftungsbescheid aus diesem Grund aufzuheben ist (vgl. ), nicht anwendbar ist, weil er in seiner Eigenschaft als Finanzdirektor der G-1 (Juli 2005 bis D-5) entgegen seiner Behauptung sowohl den Kommunalsteuerbescheid vom als auch den Bericht über die GPLA vom erhalten haben musste, weshalb er über den Umstand der Bescheiderlassung sowie dessen Begründung bereits vor seiner Haftungsinanspruchnahme mit Bescheid vom informiert gewesen sein musste oder zumindest davon wissen hätte müssen.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass nach der Verantwortung des Bf. nicht er, sondern P-4 die am gegen den Festsetzungsbescheid erhobene Berufung einbrachte, da nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der vertretungsbefugte Geschäftsführer von seiner Verantwortung zur Entrichtung der Abgaben nicht deshalb befreit ist, weil die Geschäftsführung - sei es auf Grund eines eigenen Willensentschlusses des Geschäftsführers, sei es über Weisung von Gesellschaftern, sei es auf Grund einer sonstigen Einflussnahme wirtschaftlich die Gesellschaft beherrschender Personen - faktisch anderen Personen zusteht und der Geschäftsführer dadurch der Möglichkeit einer ausreichenden und effektiven Kontrolle in der Richtung, ob die jeweils fällig werdenden Abgaben zumindest anteilig entrichtet werden, beraubt ist, sich aber gegen die unzulässige Beschränkung seiner Geschäftsführung oder zumindest seiner Aufsichts- und Kontrollaufgaben in Bezug auf die Entrichtung der Abgaben nicht durch entsprechende gerichtliche Schritte zur Wehr setzt oder von seiner Geschäftsführerfunktion zurücktritt ().

Ebenso wenig war erforderlich, ihm gleichzeitig mit dem Haftungsbescheid Kenntnis vom Ausgang des Rechtsmittelverfahrens zu verschaffen, jedoch wurde ihm ohnehin die weitere Entwicklung mit Vorhalt vom sowie mit Haftungsbescheid vom durch Verweis auf das in der Findok enthaltene (abweisende) Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7400178/2019, betreffend Kommunalsteuern 2005-2007, mitgeteilt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen (, 0038). Er hat also darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, andernfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (vgl. ).

Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat, so verletzt der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht (; ).

Im gegenständlichen Fall wurde nicht behauptet, dass dem Bf. keine Mittel zur Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zur Verfügung gestanden wären.

4.1. Gleichbehandlung

Aus dem Einwand des Bf., dass er darauf geachtet habe, dass die Abgaben pünktlich entrichtet würden und dort, wo dies nicht möglich gewesen sei, die Entrichtung nach Vorhandensein liquider Mittel nachgeholt werde, lässt sich nichts gewinnen, da der Vorstand für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann haftet, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichen; es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten (vgl. ).

Am Bf., dem als mit den finanziellen Angelegenheiten betrauten Vorstandsmitglied der Primärschuldnerin ausreichend Einblick in die Gebarung zustand, wäre es gelegen gewesen, das Ausmaß der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen (vgl. ), da nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen hat, sondern der zur Haftung herangezogene Vorstand das Fehlen ausreichender Mittel (vgl. ).

Weist der Haftungspflichtige nach, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, dann haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und dem tatsächlich bezahlten Betrag. Tritt der Vertreter diesen Nachweis nicht an, dann kann ihm die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden ().

Im Hinblick auf die unterlassene Behauptung und Konkretisierung des Ausmaßes der Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten zur Verfügung gestandenen Mittel zur Erfüllung der vollen Abgabenverbindlichkeiten kommt eine Beschränkung der Haftung des Bf. bloß auf einen Teil der von der Haftung betroffenen Abgabenschulden nicht in Betracht ().

5. Kausalität

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (), auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

6. Ermessen

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist ().

6.1. Lange Verfahrensdauer

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zB ; ) ist dem Element der Zumutbarkeit der Heranziehung eines Haftungspflichtigen angesichts lange verstrichener Zeit im Rahmen der behördlichen Ermessensübung besondere Bedeutung beizumessen.

Ein langer Zeitabstand zwischen dem Entstehen der Abgabenschuld oder dem Hervorkommen der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Primärschuldnerin einerseits und der bescheidmäßigen Inanspruchnahme zur Haftung andererseits ist ein Umstand, den die Abgabenbehörde bei der Inanspruchnahme zur Haftung im Sinne des Ermessens nicht außer Betracht lassen darf ().

Da der Abgabenanspruch der Kommunalsteuern 02-12/2007 bereits jeweils zum Ablauf des entsprechenden Monats im Jahr 2007 entstanden war und das Insolvenzverfahren als Indiz für die erschwerte Einbringlichkeit bereits am D-1 eröffnet wurde, weshalb ein über zehnjähriges Zuwarten mit der Erlassung des Haftungsbescheides bis zum nicht gerechtfertigt erscheint, werden daher aufgrund der lange verstrichenen Zeit im Rahmen des Ermessens 30% der aushaftenden Abgaben in Abzug gebracht.

6.2. Gesamtschuldner

Zum Vorbringen des Bf. hinsichtlich weiterer Haftungsschuldner wird auf die umfangreichen Ausführungen in Punkt A. 6.2. verwiesen.

7. Ergebnis

Auf Grund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 KommStG erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bf. als Haftungspflichtiger für die nachstehenden Abgabenschuldigkeiten der G-1 im Ausmaß von nunmehr € 4.861,33 zu Recht:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabe
Zeitraum
Betrag
abzüglich 30%
Kommunalsteuer
04-12/2007
6.944,76
4.861,33


Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt hier nicht vor. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten Judikatur des VwGH.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 224 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217a Z 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 Abs. 1 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914
§ 7 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 224 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 6a KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
§ 208 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 238 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7400069.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at