Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.08.2023, RV/3100726/2018

Einräumung Baurecht: Mindestbemessungsgrundlage ist gemeiner Wert, der als abgezinster Einmalerlag (angemessener Zinssatz 3 %) ermittelt wurde

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der
Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Marsoner + Partner GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Andreas-Hofer-Straße 43, 6020 Innsbruck, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel, nunmehr Finanzamt Österreich-Sonderzuständigkeiten, vom , ErfNr, betreffend Grunderwerbsteuer im fortgesetzten Verfahren
zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Grunderwerbsteuer wird ausgehend
von der Bemessungsgrundlage von € 719.535,93 mit 3,5 v.H., sohin im Betrag von
€ 25.183,76 festgesetzt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof
nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Mit dem am abgeschlossenen Baurechtsvertrag hat die Gemeinde Ort1 als Baurechtsbestellerin an der ihr gehörigen Gst1 in EZ1 (= unbebautes Grundstück im Flächenausmaß von 4.970 m²) an die ***Bf1*** als Bauberechtigte (= Beschwerdeführerin, Bf) ein Baurecht eingeräumt (Punkt II.).
Die Baurechtsdauer wurde beginnend mit der Verbücherung auf 50 Jahre, voraussichtliches Ende , vereinbart (Punkt III).
Als Gegenleistung wurde ein jährlicher Baurechtszins von € 29.235 (Punkt IV.) sowie die einmalige Zahlung eines Errichtungsbeitrages von € 50.000 (Punkt VII.b) festgelegt.
Mit Nachtrag vom wurde der Baurechtszins auf jährlich € 27.606 berichtigt.
Vertragszweck ist die Errichtung eines Wohngebäudes mit 56 Mietwohnungen samt Tiefgarage durch die Bf (Punkt VI.).
Die Bf übernimmt die Errichtung und grundbücherliche Durchführung des Vertrages und wird bevollmächtigt, ua. einen Notar mit der Abgabenerklärung bzw. Selbstberechnung/ Anzeige der Grunderwerbsteuer zu beauftragen (Punkt IX.).

2. Am wurde von Notar Dr. X zu diesem Rechtsgeschäft unter ErfNr ausgehend vom kapitalisierten, dh. 18fachen Baurechtszins zzgl. Einmalzahlung (= € 576.230) als Bemessungsgrundlage die 3,5%ige Grunderwerbsteuer im Betrag von € 20.168,05 selbst berechnet und abgeführt.

3. Im Rahmen einer Überprüfung der vom Notar durchgeführten Selbstberechnungen wurde vom Finanzamt im Wesentlichen durch Einsichtnahme in die Kaufpreissammlung der zuständigen Bewertungsstelle (= Sammlung aller Grundstücksverkäufe nach EZ, Vertragsdatum, Lage, Größe, Widmung, Preis etc.) erhoben, dass der Verkaufspreis/ Verkehrswert vergleichbarer Liegenschaften in der GB Ort1 im maßgebenden Zeitraum im Durchschnitt € 255 pro m² betragen hat.
Diesbezüglich erliegt im Akt ein Konvolut an Abfragen aus der Kaufpreissammlung betr. Verkäufe im Zeitraum Feber 2014 - Dezember 2015. Hieraus ergebe sich eine entsprechende Erhöhung der Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage.

4. Im Zuge der Schlussbesprechung wurde vom Notar beantragt, von einer Nachforderung abzusehen, da nach Ansicht der Baurechtsnehmerin (Bf) der kapitalisierte Bauzins in jedem Fall den Wert des Baurechtes darstelle. Aus diesem Grund erübrige sich eine - vom Finanzamt angeforderte - Bekanntgabe des gemeinen Wertes der Liegenschaft (beispielweise durch Beibringung eines Sachverständigengutachtens) seitens der Bf.

5. Das Finanzamt hat daraufhin der Bf mit Festsetzungsbescheid gemäß § 201 BAO vom , StrNr, ausgehend von der Bemessungsgrundlage von € 1,267.350 (= Grundfläche 4.970 m² x Wert pro m² geschätzt lt. Kaufpreissammlung € 255) die 3,5%ige Grunderwerbsteuer im Betrag von € 44.357,25 (bzw. eine Nachforderung von € 24.189,20) vorgeschrieben. Begründend wird zunächst zu § 201 BAO iVm § 303 BAO sowie weiters ausgeführt:
Bemessungsgrundlage für die Einräumung eines Baurechtes sei nach der Rechtslage seit der Wert der Leistung (Bauzins), mindestens jedoch der gemeine Wert des Baurechtes. Dieser entspreche laut GZ. BMF-010206/0101-VI/5/2014, bei einer Baurechtsdauer von zumindest 50 Jahren dem gemeinen Wert des Grundstückes. Da sich nach entgegenstehender Ansicht der Bf ihrerseits eine Bekanntgabe des gemeinen Wertes erübrige, sei dieser im Wege der Schätzung unter Zuhilfenahme der Kaufpreissammlung in Höhe von durchschnittlich € 255 pro m² ermittelt worden (im Einzelnen: siehe Festsetzungsbescheid vom ).

6. In der dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde wurde die ersatzlose Bescheidaufhebung sowie das Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung, dh. die direkte Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (BFG) beantragt. Unter Verweis auf Artikel von Beiser in SWK-Spezial, Februar 2015, Rz 47 f., und in SWK 2015, 387 f., wurde im Wesentlichen eingewendet:

Ein Baurecht sei nach § 2 GrEStG und § 6 BaurechtsG ein vom belasteten Grund und Boden verschiedenes Grundstück; das Eigentum des Bauberechtigten am Bauwerk sei vom Eigentum des belasteten Grundstückseigentümers am Grund und Boden abgespalten. Der Wert eines Baurechtes könne somit nicht mit dem Wert des belasteten Grundstückes gleichgesetzt werden, da der Wert eines Grundstückes ohne Baurechtsbelastung naturgemäß höher sei: Das Eigentum am Bauwerk sei auf eine bestimmte Laufzeit begrenzt und falle danach dem Grundeigentümer zu; die Baurechtszinsen würden den Bauberechtigte belasten; stille Reserven könne nur der Grundeigentümer realisieren.
Die Kapitalisierung nach §§ 15 und 16 BewG diene der einfachen, gleichmäßigen und praktikablen Ermittlung des gemeinen Wertes der zu kapitalisierenden Verpflichtung. Ein nach diesen leges speciales ermittelter Kapitalwert gelte als gemeiner Wert nach § 10 BewG.
Da die Bf als gemeinnützige Wohnbauträgerin neue Wohnungen errichte und mit der Grundeigentümerin nicht verflochten sei, sei die Kaufpreisbildung im "gewöhnlichen Geschäftsverkehr" erfolgt und sei der kapitalisierte Baurechtszins als gemeiner Wert des Baurechtes iSd § 10 BewG anzusehen, der nach § 5 GrEStG um allfällige Einmalzahlungen und sonstige Gegenleistungen zu erhöhen und der Bemessung der Grunderwerbsteuer zugrunde zu legen sei. Die Gleichsetzung mit dem gemeinen Wert des Grundstückes laut genanntem Erlass/ sei dagegen gesetzlich nicht gedeckt und sachlich nicht zu rechtfertigen.

7. Das Bundesfinanzgericht (BFG) hatte - nach Direktvorlage - mit Erkenntnis vom , RV/3101115/2016, die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und im Wesentlichen dahin begründet:

Wird ein Baurecht an einem unbebauten Grundstück gegen Entgelt (hier die Leistung eines jährlichen Bauzinses) auf 50 Jahre begründet, dann bemißt sich die Grunderwerbsteuer ausgehend von der Gegenleistung, di. vom Wert der Bauzinsverpflichtung gemäß § 15 BewG (= 18facher Jahreswert des Entgelts; vgl. ), mindestens aber nach § 4 Abs. 2 Z 3 lit a GrEStG vom gemeinen Wert des Baurechtes, di. der gemeine Wert des unbebauten Grundstückes. Nach den bezughabenden grunderwerbsteuerlichen und bewertungsrechtlichen Bestimmungen sei für Zwecke der Grunderwerbsteuervorschreibung davon auszugehen, dass sich der gemeine Wert des Baurechtes eindeutig nach dem gemeinen Wert des - hier - unbebauten Grundstückes bemißt und diesem entspricht. Der Argumentation der Bf, beim Kapitalwert lt. §§ 15 und 16 BewG handle es sich um den "gemeinen Wert des Baurechtes", könne dagegen vom BFG nicht gefolgt werden. Beim kapitalisierten Wert nach § 15 BewG handle es sich nur um eine bewertungsrechtliche Methode zur - einfachen und praktikablen - Ermittlung der Gegenleistung, die mit dem 18fachen Jahreswert begrenzt ist, welcher Wert jedoch in keinster Weise dem gemeinen Wert/Verkehrswert des Baurechtes bzw. der Liegenschaft iSd § 10 BewG gleichgehalten werden könne. Mangels beigebrachtem Sachverständigengutachten sei die Bemessungsgrundlage im Wege der Schätzung erfolgt, gegen welche Ermittlungsmethode kein Einwand erhoben worden sei (im Einzelnen: siehe das BFG-Erk. v. , RV/3101115/2016).

8. Dagegen wurde von der Bf eine außerordentliche Revision erhoben.

9. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , Ra 2017/16/0007, das angefochtene og. BFG-Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben und auf den - hinsichtlich rechtserheblichem Sachverhalt und zu beantwortender Rechtsfrage - vergleichbaren Revisionsfall (betr. BFG-Erk. v. , RV/3101113/2016, zum "Projekt Ort2" der Bf) verwiesen, über den der VwGH mit Erkenntnis vom selben Tag zu Zl. Ra 2017/16/0005 im Ergebnis wie folgt entschieden hat:

" … 11 Nach § 4 Abs. 1 GrEStG 1987, BGBl. Nr. 309/1987 in der im Revisionsfall noch anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 36/2014, ist die Grunderwerbsteuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen. Ist die Gegenleistung geringer als der gemeine Wert des Baurechts, ist der Berechnung der Grunderwerbsteuer der gemeine Wert des Baurechts zugrunde zu legen (§ 4 Abs. 2 Z 3 lit. a GrEStG 1987, BGBl. Nr. 309/1987 idF BGBl. I Nr. 36/2014).
12 Die Bestimmungen des ersten Teils des BewG 1955 (§§ 2 bis 17) gelten grundsätzlich für alle bundesrechtlich geregelten Abgaben (§ 1 Abs. 1 BewG 1955). Nach näherer Regelung durch die in Betracht kommenden Gesetze gilt der erste Abschnitt des zweiten Teils des BewG 1955 (§§ 19 bis 68) u.a. auch für die Grunderwerbsteuer (§ 1 Abs. 2 BewG 1955).
13 Gemäß § 10 Abs. 2 BewG 1955 bestimmt sich der gemeine Wert nach dem Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsguts bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.
14 Soweit das Bundesfinanzgericht im angefochtenen Erkenntnis die Auffassung vertritt, dass der gemeine Wert des der Revisionswerberin auf die Dauer von 50 Jahren eingeräumten Baurechts aufgrund der Normierung des § 56 BewG 1955 dem gemeinen Wert des Grundstücks entspreche, kann dem nicht gefolgt werden.
15 Wie die Revision zu Recht vorbringt, lässt das Bundesfinanzgericht dabei außer Acht, dass § 56 BewG 1955 zum ersten Abschnitt des zweiten Teils des BewG 1955 gehört und die Bewertung von Baurechten und sonstigen grundstücksgleichen Rechten im Zusammenhang mit der Ermittlung des Einheitswerts regelt. Nach § 1 Abs. 2 BewG 1955 gilt der erste Abschnitt des zweiten Teils des BewG 1955 (§§ 19 bis 68) aber nur "nach näherer Regelung durch die in Betracht kommenden Gesetze" für die Grunderwerbsteuer (vgl.
91/16/0125). Eine solche Regelung enthält aber § 4 Abs. 2 Z 3 lit. a GrEStG 1987 - im Gegensatz zu den auf den "Einheitswert" abstellenden Ziffern 1 und 2 dieses Absatzes - nicht.
16 Die in § 4 Abs. 2 Z 3 lit. a GrEStG 1987 vorgesehene Grunderwerbsteuer-Bemessungsgrundlage (Mindestbemessungsgrundlage bei einer niedrigeren Gegenleistung) ist somit ausschließlich der auf der Grundlage des § 10 BewG 1955 zu ermittelnde "gemeine Wert" des einzuräumenden Baurechts. Es kommt also auf den Preis an, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr (am freien Markt) - unter zueinander fremden Personen - für die Einräumung eines solchen Baurechts (z.B. bei Einmalerlag) gezahlt würde, wobei ungewöhnliche und persönliche Verhältnisse auszublenden sind. Entgegen dem Revisionsvorbringen bildet hingegen, wenn § 4 Abs. 2 Z 3 lit. a GrEStG 1987 anzuwenden ist, die tatsächlich im konkreten Einzelfall gezahlte Gegenleistung nicht die Bemessungsgrundlage.
17 Die Bestimmung des § 2 Abs. 2 Z 1 GrEStG 1987, wonach Baurechte den Grundstücken gleichstehen, bedeutet, dass die in § 1 leg. cit. angeführten Tatbestände auch auf Baurechte anzuwenden sind, nicht jedoch, dass bei der Bemessungsgrundlage des gemeinen Werts derjenige des Grundstücks auch für das Baurecht heranzuziehen wäre.
18 Da das Bundesfinanzgericht den gemeinen Wert des Grundstücks als Bemessungsgrundlage herangezogen hat, statt Ermittlungen über den gemeinen Wert eines einzuräumenden Baurechts anzustellen, hat es das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
19 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
20 Für das fortgesetzte Verfahren ist darauf hinzuweisen, dass § 15 BewG 1955 nur die Bewertung wiederkehrender Nutzungen und Leistungen regelt. Damit ist § 15 BewG 1955 (und die Einschränkung auf ein bestimmtes Vielfaches des Jahreswerts) aber nur für die Bewertung der Bauzinsverpflichtung, somit der Gegenleistung (§ 4 Abs. 1 GrEStG 1987) für die Einräumung des Baurechts, nicht aber für die Bewertung des Baurechts selbst von Bedeutung. Der Wert des Baurechts ist eigenständig nach § 10 BewG 1955 zu ermitteln. …"

10. In gegenständlich fortgesetztem Verfahren hat das BFG - unter Darlegung obigen VwGH-Erkenntnisses - folgendes Vorhaltschreiben vom an die Bf gerichtet:

" … 2.) Zusammengefasst hat sohin der VwGH sowohl der Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichtes (BFG), der gemeine Wert des Baurechtes sei dem gemeinen Wert des (bebauten oder unbebauten) Grundstückes gleichzuhalten, wie auch ausdrücklich dem Begehren der Beschwerdeführerin (Bf), der nach § 15 BewG (mit dem 18fachen) kapitalisierte Baurechtszins sei als gemeiner Wert des Baurechts iSd § 10 BewG anzusehen, eine Absage erteilt.
Abgesehen davon lässt der VwGH eine nähere Konkretisierung dahingehend, welche "Ermittlungen über den gemeinen Wert eines einzuräumenden Baurechts" das BFG anstellen sollte, vermissen.
Fest steht, dass jedenfalls hinsichtlich der Einräumung oder Übertragung von Baurechten keinerlei Erfassung (Aufzeichnungen, Statistiken etc.) von diesbezüglichen Gegenleistungen am "freien Markt" - etwa vergleichbar mit den sogen. Kaufpreissammlungen zu entgeltlichen Grundstückserwerben - existiert. Zwecks Ermittlung eines gemeinen Wertes sind sohin keine dazu erforderlichen Vergleichswerte vorhanden, was nach Ansicht des BFG wohl auch dem VwGH bekannt sein müsste.
3.) Daneben spricht der VwGH aus, es komme beim gemeinen Wert iSd § 10 BewG auf den Preis an, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr unter zueinander fremden Personen für die Einräumung eines solchen Baurechts (zB bei Einmalerlag) gezahlt würde.
Davon ausgehend und nachdem die Bf selbst in gegenständlicher Beschwerde betont, dass sie mit der Grundstückseigentümerin (Gemeinde
Ort1) "nicht verflochten sei", es sich sohin um für die Einräumung des Baurechtes vereinbarte Leistungen zwischen fremden Personen und daher im gewöhnlichen Geschäftsverkehr handelt, sowie im Hinblick auf die vom VwGH angeführte Einmalzahlung, wird vom BFG nunmehr folgende Ermittlungsmethode zur Bestimmung des maßgeblichen gemeinen Wertes des Baurechts in Betracht gezogen:
Laut Baurechtsvertrag vom samt Nachtrag vom wurde für die Einräumung des Baurechtes die Zahlung eines jährlichen Baurechtszinses von € 27.606 auf die Dauer von 50 Jahren vereinbart. Daraus errechnet sich, wollte man - lt. VwGH - von einem vorab bezahlten Einmalerlag ausgehen, nominell eine Gesamtleistung von € 1.380.300.
Diesen Wert - nämlich über die gesamte Laufzeit und nicht nur über 18 Jahre - hatte das Nutzungsrecht am Grundstück offenkundig für die Bf und war sie bereit, "im gewöhnlichen Geschäftsverkehr" für das Baurecht/Nutzungsrecht diesen Betrag als angemessenen "Preis" zu bezahlen. Insofern kann durchaus davon ausgegangen werden, dass diese unter Fremden zu erbringende Leistung (grundsätzlich) den gemeinen Wert des Baurechts darstellt.
Im Hinblick auf die lange Laufzeit und die jährlich verteilte Abstattung des Entgeltes ist dieses jedoch nicht im Nominalbetrag anzusetzen, sondern vielmehr jährlich abzuzinsen.
In diesem Zusammenhalt erscheint allerdings der gesetzliche bzw. im Abzinsungsrechner auf der Homepage des BMF vorgegebene Abzinsungszinssatz in Höhe von 5,5 % derzeit aufgrund der Niedrigzinspolitik am Finanzmarkt nach Ansicht des BFG weitaus überhöht.
Das BFG erachtet daher einen Abzinsungszinssatz von maximal 3 % als angemessen.
Im Ergebnis errechnet sich unter diesen Vorgaben der abgezinste Betrag - und zwar noch ohne Berücksichtigung der zudem vereinbarten Wertsicherung - mit € 719.535,93; im Detail wird hiezu auf die Berechnungsdarstellung in der Beilage verwiesen.
Ausgehend von dieser Bemessungsgrundlage errechnet sich die 3,5%ige Grunderwerbsteuer im Betrag von € 25.183,76.
4.) Alternativ käme allenfalls in Frage, den gemeinen Wert des Baurechtes als einen Mittelwert zwischen dem gemeinen Wert des Grundstückes (bisher geschätzt lt. Kaufpreissammlung mit € 1.267.350), aus dem die Nutzbarkeit für die Baurechtsbegründung resultiert, und dem Wert der Nutzung auf bestimmte Zeit abzuleiten.
Selbst dann, wenn man den Wert der Nutzung lediglich mit dem nach § 15 BewG 18fach kapitalisierten Baurechtszins und sohin in Höhe von € 496.908 ansetzen wollte, ergäbe sich hieraus ein Mittelwert von € 882.129 (= gesamt € 1.764.258 : 2), sohin ein im Vergleich zu vorgenannter Bemessungsmethode weitaus höherer "gemeiner Wert" des Baurechts.
5.) Vorläufiges Ergebnis:
Das BFG beabsichtigt, die unter Punkt 3.) dargestellte Ermittlung anzuwenden, dh. der Beschwerde im fortgesetzten Verfahren teilweise Folge zu geben und die 3,5%ige Grunderwerbsteuer ausgehend von der Bemessungsgrundlage von € 719.535,93 in Höhe von € 25.183,76 (anstelle bisher € 44.357,25) festzusetzen.
6.) Sollte die Bf diesem vorläufigen Ergebnis nicht zustimmen können, so bleibt es ihr unbenommen, einen allenfalls tatsächlich niedrigeren gemeinen Wert des Baurechts iSd § 10 BewG durch Beibringung eines Verkehrswertgutachtens eines gerichtlich beeideten Immobilien-Sachverständigen auf den maßgebenden Stichtag nachzuweisen oder anhand von anderweitigen Beweismitteln stichhältig glaubhaft zu machen. … Um schriftliche Stellungnahme zu Obigem bis zum eingangs genannten Termin wird gebeten. …"

Beiliegend wurde zur "BERECHNUNG der ABZINSUNG" ein detailliertes Berechnungsblatt übermittelt.

11. Seitens der Bf wurde dazu mit Schreiben vom ua. wie folgt Stellung genommen:

Der VwGH habe im aufhebenden Erkenntnis die Bewertung des Baurechts mit dem gemeinen Wert des Grundstückes abgelehnt und zudem festgestellt, dass der gemeine Wert des Baurechts nach § 10 BewG eigenständig zu ermitteln sei. Wie dieser Wert zu ermitteln sei, ob er höher, gleich hoch oder niedriger sei als die Gegenleistung, habe der VwGH ebenso offen gelassen wie die Frage, ob eine solche Ermittlung überhaupt notwendig sei. Bei einem - wie hier zwischen unabhängigen Vertragspartnern - marktkonformen Leistungsaustausch unter Fremden wäre eine Verzerrung der Gegenleistung durch ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse nicht zu erwarten. Bei der hier vorliegenden Äquivalenz der Leistungen spiegle die Gegenleistung den gemeinen Wert der Leistung bzw. des Baurechts. Nach den Gesetzesmaterialien zu §§ 15 und 16 BewG betreffend die Kapitalisierung seien damit leges speciales zur Ermittlung des gemeinen Wertes geschaffen worden (mit Verweis auf Artikel von Beiser, ÖStZ 2018/905, 719 ff. u.a.).
Bei eigenständiger Ermittlung des gemeinen Wertes des Baurechts sei das hohe Investitionsrisiko der Bauberechtigten zu berücksichtigen. Die Bf habe in der 50jährigen Laufzeit, um nicht Verluste zu realisieren, sämtliche Kosten zu amortisieren aus:
- der Gegenleistung für die Baurechtseinräumung samt Nebenkosten (GrESt etc.)
- der Errichtung der Wohnungen (für Planung, Bauverfahren, Bau)
- der laufenden Instandhaltung, Erhaltung
- der Finanzierung und
- den anteiligen Kosten für Geschäftsführung und Verwaltung.
Erst nach Fertigstellung könnten Mietentgelte erzielt werden, wobei die Bf als gemeinnütziger Bauträger an die Mietkalkulation nach § 14 WGG gebunden sei. Nach den Vorgaben des WGG seien marktkonforme Renditen (Gewinnerzielung) ausgeschlossen. Solche Baurechte seien daher unverkäuflich, weshalb der gemeine Wert nach § 10 BewG Euro Null betrage.
Der in § 15 BewG gesetzlich vorgegebene Zinssatz diene der Ermittlung des gemeinen Wertes und betrage 5,5 %. Im Hinblick auf die hohen Investitionsrisiken der Bf, die durch das derzeit niedrige Zinsniveau nicht abgebildet würden, seien vielmehr Zinssätze von 7 % bis 10 % insoweit marktkonform.
Die vereinbarte Gegenleistung sei jedenfalls höher als ein solcherart eigenständig ermittelter gemeiner Wert. Es greife sohin die primäre Bemessungsgrundlage der Gegenleistung; die Grunderwerbsteuer sei erklärungsgemäß festzusetzen.
Abschließend wurde die Abhaltung eines Erörterungstermines iSd § 269 Abs. 3 BAO angeregt, im Wesentlichen zur Bezeugung, dass die Bf mit gegenständlichem Erwerbsvorgang leistbaren Wohnraum für die ortsansässige Bevölkerung schaffen solle.

12. Im Anschluss wurde dem Finanzamt der BFG-Vorhalt samt Berechnung und das Antwortschreiben der Bf zur Kenntnis gebracht. Das Finanzamt entgegnete im Schreiben vom :
Das Vorbringen der Bf, der gemeine Wert des Baurechtes sei mit € Null anzusetzen und die übersteigende Gegenleistung als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer heranzuziehen, sei unschlüssig, nicht nachvollziehbar und entspreche nicht der Rechtsansicht des VwGH im Erkenntnis vom , Ra 2017/16/0005.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1) Gesetzliche Bestimmungen:

Nach § 1 Abs. 1 Z 1 Grunderwerbsteuergesetz 1987 (GrEStG), BGBl 1987/309 idgF, unterliegen der Grunderwerbsteuer Kaufverträge oder andere Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übereignung begründen, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen.

Nach § 2 GrEStG sind unter Grundstücken iS dieses Gesetzes solche im Sinne des bürgerlichen Rechts zu verstehen. Gem. § 2 Abs. 2 GrEStG 1987 stehen den Grundstücken gleich:
1. Baurechte,
2. Gebäude auf fremdem Boden.

Nach § 1 Abs. 1 Baurechtsgesetz idF BGBl 258/1990 ist das Baurecht das dingliche, veräußerliche und vererbliche Recht, auf oder unter der Bodenfläche ein Bauwerk zu haben. Es entsteht durch bücherliche Eintragung als Last des Grundstückes und gilt nach dem Gesetz als unbewegliche Sache. Das Baurecht steht damit als solches dem Grundstück gleich bzw. ist ein (wie nach § 2 Abs. 2 Z 1 GrEStG) grundstücksgleiches Recht.

Nach § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 idF BGBl I 2014/36, anzuwenden auf alle ab dem (bis ) verwirklichten Erwerbsvorgänge, ist die Steuer grundsätzlich vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.

Gem. § 4 Abs. 2 Z 3 lit a GrEStG 1987 idgF ist allerdings dann, wenn die Gegenleistung geringer ist als der gemeine Wert des Grundstückes, die Steuer vom gemeinen Wert (= Mindeststeuerbemessungsgrundlage) zu berechnen.

Nach § 10 Abs. 2 Bewertungsgesetz (BewG), BGBl 1955/148 idgF, wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.

2) Rechtslage:

a) Zum gemeinen Wert gemäß § 10 BewG:

Der gemeine Wert wird gemäß § 10 Abs. 2 BewG durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei dessen Veräußerung zu erzielen wäre. Alle, aber nur die gewöhnlichen Umstände, die den Preis beeinflussen, sind bei der Bestimmung des gemeinen Wertes zu berücksichtigen.

Beim gemeinen Wert handelt es sich um eine fiktive Größe, die mit Hilfe einer Preisschätzung zu ermitteln ist, und zwar ausgehend von einem objektiven Maßstab (; ).

Nach § 10 Abs. 2 Satz 3 BewG sind ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse bei der Ermittlung des gemeinen Wertes nicht zu berücksichtigen. Darunter sind Verhältnisse zu verstehen, die geeignet sind, den Preis für ein Wirtschaftsgut abweichend von den allgemeinen Marktverhältnissen zu beeinflussen, zB persönliche Notlage/Vorliebe oder besondere mit den gewöhnlichen Verhältnissen nicht vergleichbare Verwertungsmöglichkeiten ().

Der gemeine Wert kann durch verschiedene Beweismittel, zB Kaufpreis bei nicht lange zurückliegendem Ankauf (ca. 1 Jahr) oder auch Kaufpreise von vergleichbaren Liegenschaften oder durch Immobilienpreisspiegel glaubhaft gemacht oder mit einem Schätzgutachten nachgewiesen werden.
(vgl. zu vor in: Fellner, Kommentar Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Grunderwerbsteuer, Rz 16 f. zu § 4 GrEStG).

b) Zur Bemessungsgrundlage beim Baurecht:

Festzuhalten ist, dass zu dem vergleichbaren Revisionsfall (betr. Baurechtseinräumung an die Bf beim Projekt Ort2: BFG-Erk. v. , RV/3101113/2016, aufgehoben mit VwGH-Erk. v. , Ra 2017/16/0005, siehe oben Pkt. 9.) das BFG im fortgesetzten Verfahren - nach Vorhalt und Stellungnahmen von Bf und FA wie oben - mit Erkenntnis vom , RV/3100724/2018, teilweise stattgebend entschieden hat. Die Besteuerung wurde dabei (neben einem Gebäude-Abgeltungsbetrag) ausgehend von einem abgezinsten Einmalerlag (= gemeiner Wert des Baurechtes) als Mindestbemessungsgrundlage iSd § 4 Abs. 2 Z 3 lit a GrEStG 1987 idF BGBl I 2014/36 vorgenommen; der Abzinsung waren als Prämissen zugrundegelegt: der jährliche Baurechtszins, Dauer 50 Jahre, angemessener Abzinsungszinssatz 3 %.
Die Revision wurde zugelassen (zur weiteren ausführlichen Begründung: siehe BFG-Erk. v. , RV/3100724/2018).

Der Verwaltungsgerichtshof hat die gegen dieses BFG-Erkenntnis erhobene ordentliche Revision der Bf mit Beschluss vom , Ro 2019/16/0007, zurückgewiesen und begründend ua. ausgeführt:

" … 11 Soweit das Bundesfinanzgericht die Zulässigkeit der Revision damit begründet, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu fehle, wie der gemeine Wert des Baurechts gemäß § 10 BewG 1955 ohne vorhandenes Schätzungsgutachten und ohne vorhandene Vergleichswerte zu berechnen sei, wird damit eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht aufgezeigt.
12 Wie der Verwaltungsgerichtshof im Vorerkenntnis vom , Ra 2017/16/0005, ausgesprochen hat, ist der gemeine Wert eines Baurechts eigenständig nach § 10 BewG 1955 zu ermitteln.
13 Gemäß
§ 10 Abs. 2 BewG 1955 bestimmt sich der gemeine Wert durch den Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsguts bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.
14 § 10 BewG 1955 legt somit die nähere Vorgangsweise für die Ermittlung des gemeinen Werts eines Baurechts fest. Es oblag dem Bundesfinanzgericht im Rahmen des Ermittlungsverfahrens die erforderlichen Feststellungen zu treffen, aus denen sich der Preis ergibt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr unter zueinander fremden Personen für die Einräumung des konkreten Baurechts gezahlt würde.
15 Fragen der Berechnung des gemeinen Werts nach § 10 BewG 1955 sind grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Bundesfinanzgerichts zuzuordnen und können nur dann eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung darstellen, wenn die Beurteilung des Bundesfinanzgerichts in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre.
16 In der Revision wird zu deren Zulässigkeit ergänzend vorgebracht, es stelle sich die Frage, ob die vom Bundesfinanzgericht vorgenommene Abzinsung der vereinbarten Bauzinsen mit 3% statt mit 5,5% gemäß § 15 BewG 1955 der vom Verwaltungsgerichtshof
geforderten eigenständigen Ermittlung des gemeinen Werts des Baurechts gerecht werde.
17 Wie der Verwaltungsgerichtshof im Vorerkenntnis ausgeführt hat, regelt § 15 BewG 1955 nur die Bewertung wiederkehrender Nutzungen und Leistungen, sodass diese Bestimmung und damit auch der darin festgelegte Zinssatz von 5,5% nur für die Bewertung der Bauzinsverpflichtung, somit der Gegenleistung nach § 4 Abs. 1 GrEStG 1987, nicht aber für die Bewertung des Baurechts selbst gilt. Das Bundesfinanzgericht hat den Abzinsungssatz von 3% mit der Niedrigzinspolitik am Finanzmarkt begründet und ausgeführt, dass ein Abzinsungssatz von maximal 3% im Hinblick auf die Nullzinspolitik der EZB als angemessen anzusehen ist. Dass dem Bundesfinanzgericht bei der Ermittlung des Preises, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für die Einräumung eines solchen Baurechts gezahlt würde, ein vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifender, gravierender Fehler unterlaufen wäre, vermag die Revision mit ihrem diesbezüglichen Zulässigkeitsvorbringen nicht aufzuzeigen.
18 Soweit vorgebracht wird, es stelle sich die Frage, ob der Kapitalwert von Bauzinsen nach § 15 BewG 1955 dem gemeinen Wert nach § 10 leg. cit. entspreche, ist nochmals auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Vorerkenntnis zu verweisen, wonach § 15 BewG 1955 (und die darin enthaltene Einschränkung auf ein bestimmtes Vielfaches des Jahreswerts) nur für die Bewertung der Gegenleistung nach § 4 Abs. 1 GrEStG 1987, nicht aber für die Ermittlung des gemeinen Werts des Baurechts nach § 4 Abs. 2 Z 3 lit. a GrEStG 1987 von Bedeutung ist und die tatsächlich im konkreten Einzelfall gezahlte Gegenleistung nicht dem gemeinen Wert nach § 4 Abs. 2 Z 3 lit. a leg. cit. entspricht.
19 Die Zulässigkeit der Revision wird weiters damit begründet, dass fraglich sei, ob ein Gewinnverzicht auf Grund von "Kostenmieten" nach § 14 WGG bei der Ermittlung des gemeinen Werts des Baurechts zu berücksichtigen sei. Dem ist entgegen zu halten, dass der gemeine Wert des Baurechts nach § 10 BewG 1955 zu ermitteln ist und nach Abs. 2 leg. cit. persönliche Verhältnisse nicht zu berücksichtigen sind. Dementsprechend hat das Bundesfinanzgericht den von der Revisionswerberin aufgrund ihrer Eigenschaft als gemeinnützige Rechtsträgerin ins Treffen geführten Umständen für die Ermittlung des gemeinen Werts des Baurechts keine Bedeutung beigemessen.
20 Soweit zur Zulässigkeit der Revision vorgebracht wird, es stelle sich die Frage, ob der gemeine Wert eines Baurechts auch dann eigenständig zu ermitteln sei, wenn die Gegenleistung im Rahmen eines marktkonformen Leistungsaustausches zwischen Fremden vereinbart worden sei, ist nochmals auf das Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, in dem der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, dass die Mindestbemessungsgrundlage nach § 4 Abs. 2 Z 3 lit. a GrEStG 1987 der eigenständig nach § 10 BewG 1955 zu ermittelnde gemeine Wert des Baurechts ist und nicht die tatsächlich im konkreten Einzelfall gezahlte Gegenleistung.
21 Zur Zulässigkeit der Revision wird abschließend vorgebracht, zu klären sei, wer die Behauptungs- und Beweislast für einen die Gegenleistung übersteigenden gemeinen Wert trage. Diese Frage stellt sich im revisionsgegenständlichen Fall nicht, hat das Bundesfinanzgericht doch dem Revisionswerber keine Beweislast auferlegt, sondern (positive) Feststellungen getroffen, die es der Ermittlung des gemeinen Werts des Baurechts zugrunde gelegt hat.
22 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen. …"

(vgl. auch VwGH-Zurückweisungsbeschluss , Ro 2019/16/0008)

3) Rechtliche Beurteilung:

Im Gegenstandsfall hat der Verwaltungsgerichtshof mit aufhebendem Erkenntnis vom , Ra 2017/16/0007 - unter Bezugnahme auf die Begründung des VwGH-Erk. v. , Ra 2017/16/0005 - sowohl der Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichtes, der gemeine Wert des Baurechtes sei dem gemeinen Wert des (bebauten oder unbebauten) Grundstückes gleichzuhalten, wie auch ausdrücklich dem Begehren der Bf, der nach § 15 BewG (mit dem 18fachen) kapitalisierte Baurechtszins sei als gemeiner Wert des Baurechts iSd § 10 BewG anzusehen, eine Absage erteilt.

Wenn daher die Bf in der Stellungnahme vom wiederum ausführt, bei - wie hier - zueinander fremden Vertragsparteien spiegle die Gegenleistung den gemeinen Wert des Baurechts und §§ 15 und 16 BewG betr. die Kapitalisierung stellten leges speciales zur Ermittlung des gemeinen Wertes dar, folglich der kapitalisierte Bauzins nach § 15 BewG dem gemeinen Wert des Baurechts entspreche, so steht dies offenkundig in gänzlichem Widerspruch zu der vom VwGH in obigem Erkenntnis geäußerten Rechtsansicht und kann dem nicht gefolgt werden. Laut VwGH ist als "gemeiner Wert des Baurechtes" niemals die Gegenleistung bzw. der nach § 15 BewG 18fach kapitalisierte jährliche Baurechtszins heranzuziehen, sondern ist dieser völlig eigenständig nach § 10 BewG zu bewerten.

Zugleich kommt die Bf unter Darstellung eines hohen Investitionsrisikos, das speziell bei ihr als gemeinnützigem Bauträger vorliege, zu dem Schluss, dass ein solches Baurecht unverkäuflich wäre und daher der gemeine Wert nach § 10 BewG Euro Null betrage.
Die Argumentation der Bf, wonach also zum Einen der gemeine Wert der Gegenleistung, dh. dem kapitalisierten Bauzins iSd § 15 BewG entspreche und zum Anderen der gemeine Wert gem. § 10 BewG Euro Null betrage, ist daher bereits in sich als widersprüchlich zu erachten und erscheint dem BFG nicht nachvollziehbar.

Nach geltender Rechtslage handelt es sich bei dem zu ermittelnden gemeinen Wert um eine fiktive Größe, dh. um einen objektiven Wertmaßstab. Subjektive Aspekte der Vertragsparteien - wie etwa auch besondere, mit den gewöhnlichen Verhältnissen nicht vergleichbare Verwertungsmöglichkeiten - sind dagegen nach § 10 Abs. 2 BewG bei der Ermittlung des objektiven gemeinen Wertes nicht zu berücksichtigen (vgl. zB ).
Im Hinblick darauf sind die von der Bf ins Treffen geführten, bei ihr als gemeinnützigem Bauträger spezifisch vorliegenden Umstände, nämlich Tragung eines hohen Investitionsrisikos aus Kostenamortisierung bezüglich der Gegenleistung für Baurecht, Errichtung der Wohnungen, laufende Instandhaltung, Finanzierung etc., insgesamt als zu ihren persönlichen Verhältnissen zählend bzw. als rein subjektive Aspekte zu beurteilen und daher gemäß § 10 Abs. 2 BewG bei Ermittlung des gemeinen Wertes nicht zu berücksichtigen.

Wie ausgeführt, kann der gemeine Wert durch verschiedene Beweismittel, etwa anhand von Entgelten für vergleichbare Liegenschaften glaubhaft gemacht oder mit einem Schätzgutachten nachgewiesen werden.
Fest steht, dass seitens der Bf ein Schätzgutachten bzw. Verkehrswertgutachten zum gemeinen Wert des Baurechtes im Sinne einer "eigenständigen Bewertung nach § 10 BewG" nicht beigebracht wurde. Das Vorbringen hinsichtlich des hohen Investitionsrisikos der Bf, woraus sie den gemeinen Wert mit Euro Null folgert, kann nach Ansicht des BFG nicht als stichhältige Glaubhaftmachung des gemeinen Wertes "durch anderweitige Beweismittel" qualifiziert werden.

Abgesehen davon, dass der VwGH eine nähere Konkretisierung dahingehend vermissen lässt, welche "Ermittlungen über den gemeinen Wert eines einzuräumenden Baurechts" anzustellen seien, steht des Weiteren fest, dass hinsichtlich der Einräumung oder Übertragung von Baurechten keinerlei Erfassung (Aufzeichnungen, Statistiken etc.) von diesbezüglichen Gegenleistungen am "freien Markt" - etwa vergleichbar mit den sogen. Kaufpreissammlungen zu entgeltlichen Grundstückskäufen - existiert. Zwecks Ermittlung (Preisschätzung) eines gemeinen Wertes sind sohin keine dazu erforderlichen Vergleichswerte/Preise vorhanden.

Daneben spricht der VwGH aus, es komme beim gemeinen Wert iSd § 10 BewG auf den Preis an, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr unter zueinander fremden Personen für die Einräumung eines solchen Baurechts (zB bei Einmalerlag) gezahlt würde.

Davon ausgehend und nachdem die Bf selbst im Zuge des Verfahrens mehrfach betont, dass sie mit der Grundstückseigentümerin "nicht verflochten sei", es sich sohin um für die Einräumung des Baurechtes vereinbarte Leistungen zwischen fremden Personen und daher im gewöhnlichen Geschäftsverkehr handelt, sowie insbesondere im Hinblick auf die vom VwGH angeführte Einmalzahlung, wird vom BFG nunmehr folgende Ermittlungsmethode zur Bestimmung des maßgeblichen gemeinen Wertes des Baurechts herangezogen:

Laut Baurechtsvertrag vom samt Nachtrag vom wurde für die Einräumung des Baurechtes die Zahlung eines jährlichen Baurechtszinses von € 27.606 auf die Dauer von 50 Jahren vereinbart. Daraus errechnet sich, wollte man - lt. VwGH - von einem vorab bezahlten Einmalerlag ausgehen, nominell eine Gesamtleistung von € 1.380.300.

Diesen Wert - nämlich über die gesamte Laufzeit und nicht nur über 18 Jahre - hatte das Nutzungsrecht am Grundstück offenkundig für die Bf und war sie bereit, "im gewöhnlichen Geschäftsverkehr" für das Baurecht/Nutzungsrecht diesen Betrag als angemessenen "Preis" zu bezahlen. Insofern kann durchaus davon ausgegangen werden, dass diese unter Fremden zu erbringende Leistung (grundsätzlich) den gemeinen Wert des Baurechts darstellt.

Im Hinblick auf die lange Laufzeit und die jährlich verteilte Abstattung des Entgeltes ist dieses jedoch nach dem Dafürhalten des BFG nicht im Nominalbetrag anzusetzen, sondern ist vielmehr eine jährliche Abzinsung vorzunehmen. In diesem Zusammenhalt erscheint allerdings der gesetzliche (gem. § 15 Abs. 1 BewG) bzw. im Abzinsungsrechner auf der Homepage des BMF vorgegebene Abzinsungszinssatz in Höhe von 5,5 % aufgrund der langjährigen Niedrigzinspolitik am Finanzmarkt überhöht. Das BFG hat hiezu im Hinblick auf die derzeit geänderte Zinspolitik der EZB eine Internet-Recherche durchgeführt, woraus sich ergibt:

Infolge der Finanzkrise 2008 wurde der Leitzins von vormals zwischen ca. 2 % bis 5 % abgesenkt und verharrte von 03/2016 bis 07/2022 auf dem Nullzinsniveau. Seit August 2022 bis dato erfolgte in mehreren Schritten eine Anhebung auf aktuell 4,25 %, wobei die 3 %-Marke erstmals ab 03/2023 überschritten wurde. Laut Prognose der "Survey of Monetary Analysts" (SMA, Umfrage unter ausgewählten rund 30 marktrelevanten, renommierten Finanzinstituten) für den EZB-Leitzins in den kommenden Jahren sei ab dem Jahr 2025 mit laufend fallenden Zinssätzen und von einem Leitzins von 2,75 % ab dem 4. Quartal 2025, anschließend langfristig von ca. 2,50 % auszugehen
(Mag. Elfi Stampfl/Infina, "EZB-Leitzins: Verlauf, Statistik und Prognose"; siehe den aus mehreren Quellen zusammengefassten Artikel "Prognose des EZB Leitzins für 2023, 2024, 2025 bis 2030, wegen Zinserhöhung in Q4 2023 bei 4,50 %?" mit ua. noch folgenden Literatur- und Quellenangaben:
Bran C. Hutchison J., 2022: The ECB survey of Monetary Analysts: an introduction;
Economic Bulletin Articles, European Central Bank, Vol. 8;
The ECB Survey of Professional Forecasters - First Quarter of 2023).

Das bedeutet, laut derzeit vorliegenden Daten sowie Prognosen wird der EZB-Leitzins lediglich über einen Zeitraum von ca. 3 Jahren (Q1/2023 - Q4/2025) die 3 % überschritten haben und auf lange Sicht wieder darunter (bei ca. 2,5 %) liegen. Entgegen dem von der Bf begehrten Abzinsungszinssatz von 7 % bis 10 %, der im Hinblick auf obige Ausführungen (insbes. die langjährige Nullzinspolitik der EZB) jedenfalls als inakzeptabel beurteilt werden muss, hält das BFG - wie bereits im Vorhalt vom - daran fest, dass vielmehr ein Abzinsungszinssatz von maximal 3 % über die gesamte Laufzeit des Baurechtes als angemessen zu erachten sein wird.

Ausgehend von den Prämissen: Baurechtszins (berichtigt lt. Nachtrag v. ) jährlich € 27.606, Dauer 50 Jahre, angemessener Abzinsungszinssatz 3 %, bemißt sich daher der abgezinste Betrag wie folgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr:
Betrag €
Jahr:
Betrag €
Jahr:
Betrag €
1
27.606,00
18
16.448,37
35
9.800,36
2
26.777,82
19
15.954,92
36
9.506,35
3
25.974,49
20
15.476,27
37
9.221,16
4
25.195,25
21
15.011,98
38
8.944,52
5
24.439,39
22
14.561,62
39
8.676,19
6
23.706,21
23
14.124,77
40
8.415,90
7
22.995,02
24
13.701,03
41
8.163,42
8
22.305,17
25
13.289,99
42
7.918,52
9
21.636,02
26
12.891,29
43
7.680,97
10
20.986,94
27
12.504,56
44
7.450,54
11
20.357,33
28
12.129,42
45
7.227,02
12
19.746,61
29
11.765,54
46
7.010,21
13
19.154,21
30
11.412,57
47
6.799,90
14
18.579,58
31
11.070,19
48
6.595,91
15
18.022,19
32
10.738,08
49
6.398,03
16
17.481,53
33
10.415,94
50
6.206,09
17
16.957,08
34
10.103,46
SUMME
€ 719.535,93

Ausgehend von einem abgezinsten Einmalerlag der gesamt zu erbringenden Gegenleistung, dies in Entsprechung der Ausführungen des VwGH im Erkenntnis vom , Ra 2017/16/0005 iVm Ra 2017/16/0007 ("Aus den dort angeführten Gründen …."), ergibt sich sohin der gemeine Wert des Baurechts in Höhe von € 719.535,93.
Da dieser Wert die (kapitalisierte) Gegenleistung (€ 496.908) übersteigt, ist er als Mindestbemessungsgrundlage gem. § 4 Abs. 2 Z 3 lit a GrEStG idF BGBl I 2014/36 der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen. Davon ausgehend bemißt sich die 3,5%ige Grunderwerbsteuer im Betrag von € 25.183,76.

Zu dem von der Bf angeregten Erörterungstermin iSd § 269 BAO wird angemerkt, dass ein solcher vom BFG nicht verpflichtend abzuhalten ist, und es im Übrigen nach der VwGH-Judikatur auf den Beweggrund eines Erwerbsvorganges (arg.: "zwecks Schaffung leistbaren Wohnraumes") grundsätzlich nicht ankommt (vgl. ; ).
Es darf dazu auch auf den oben unter Punkt "Rechtslage 2) b)" dargelegten, zum vergleichbaren Revisionsfall betr. "Projekt Ort2" der Bf ergangenen , verwiesen werden, worin der VwGH ua. ausführt, " … dass der gemeine Wert des Baurechts nach § 10 BewG 1955 zu ermitteln ist und nach Abs. 2 leg. cit. persönliche Verhältnisse nicht zu berücksichtigen sind. Dementsprechend hat das Bundesfinanzgericht den von der Revisionswerberin aufgrund ihrer Eigenschaft als gemeinnützige Rechtsträgerin ins Treffen geführten Umständen für die Ermittlung des gemeinen Werts des Baurechts keine Bedeutung beigemessen."

Im Übrigen gilt festzuhalten, dass der VwGH mit diesem Beschluss (wie auch mit Zurückweisungsbeschluss v. , Ro 2019/16/0008, betr. das "Projekt Ort3" der Bf) die ordentliche Revision der Bf zum Vergleichsfall zurückgewiesen und damit die - mit obigen Ausführungen im Gegenstandsfall übereinstimmende - Rechtsansicht des BFG sowie auch die gewählte Bemessungsmethode (Ermittlung eines abgezinsten Einmalerlages + zugrundegelegter Abzinsungszinssatz) im Ergebnis zur Gänze bestätigt hat.

In Anbetracht obiger Sach- und Rechtslage war daher der Beschwerde im fortgesetzten Verfahren teilweise Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur Frage des "gemeinen Wertes eines Baurechtes" iSd § 10 BewG liegen mittlerweile mehrere obbezeichnete VwGH-Judikate vor. Die konkrete Bewertung bzw. Bemessung in Form der Ermittlung eines abgezinsten Einmalerlages wurde ua. mit , bestätigt; der VwGH hat in diesem Zusammenhang insgesamt das Vorliegen von "Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung" verneint. Eine Revision ist daher nicht zulässig.

Innsbruck, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise









ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.3100726.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at