Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.07.2023, RV/7200052/2022

In das Steuergebiet eingebrachter tabakfreier Wasserpfeifentabak, der sich ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen mittels Wasserpfeife eignet, unterliegt als Rauchtabak iSd § 3 Abs 6 TabStG 1995 der Tabaksteuer.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Maria Daniel in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Dr. Karl-Heinz Richard Plankel, Bartensteingasse 16 Tür 11, 1010 Wien, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Zollamtes Österreich vom (Zahlen ***1*** und ***2***) betreffend die Festsetzung von Tabaksteuer gem § 27 Abs 1 TabStG 1995 für den Bezug von Tabakwaren aus dem freien Verkehr eines Mitgliedstaates zu gewerblichen Zwecken vom und vom iHv jeweils 10.392,58 Euro zuzüglich eines 2%-igen Säumniszuschlages iHv jeweils 207,85 Euro (in Summe 21.200.86 Euro) zu Recht:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensverlauf:

Mit Bescheiden jeweils vom (Zahl ***1*** sowie Zahl ***2***) setzte das Zollamt Wien für den Beschwerdeführer Tabaksteuer für den Bezug von Tabakwaren aus dem freien Verkehr eines Mitgliedstaates zu gewerblichen Zwecken vom und vom gem § 27 Abs 1 TabStG 1995 iVm § 201 BAO iHv jeweils 10.392,58 Euro zuzüglich eines 2%-igen Säumniszuschlages iHv jeweils 207,85 Euro fest.

Nach Ansicht des Zollamtes sei das in Rede stehende Produkt Headshot Zero (diverse Sorten Wasserpfeifentabak), welcher keinen Tabak enthält (rauchfreie Rauchware), unter der Warennummer 2403 9990 00 V245 einzureihen und unterliege daher dem Tabaksteuergesetz 1995.

Als Bemessungsgrundlage wurde gem § 5 Abs 2 TabStG 1995 als Kleinverkaufspreis der Preis, der für diese Tabakwaren von befugten Tabakwarenhändlern im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei Abgabe an den Verbraucher erzielbar wäre, mit 19,90 Euro je Packung (Stück) angenommen.

In den jeweils rechtzeitig erhobenen Beschwerden vom bringt der Beschwerdeführer vor, dass der gegenständliche Wasserpfeifentabak keinen Tabak enthalte und dieser Stoff auch nicht im Sinne des Tabaksteuergesetzes geraucht werde und daher kein Rauchtabak nach den Bestimmungen des Tabaksteuergesetzes sei.

Zudem sei der "Kleinverkaufspreis" von der belangten Behörde in unrichtiger Höhe angenommen worden. Dieser liege tatsächlich deutlich unter der Hälfte des angenommenen Preises. Das Zollamt habe im Rahmen des Ermittlungsverfahrens keine Erhebungen zum tatsächlichen Kleinverkaufspreis getätigt.

Der Beschwerdeführer beantragte die ersatzlose Aufhebung der angefochtenen Bescheide, bzw in eventu die angefochtenen Bescheide aufzuheben und die Rechtssache zur Erhebung des tatsächlichen Kleinverkaufspreises an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Die Beschwerden vom wurden mit Beschwerdevorentscheidungen vom (Zahl ***3***, Zahl ***4***) als unbegründet abgewiesen. In den jeweiligen Begründungen verweist die belangte Behörde auf § 3 Abs 6 TabStG 1995 wonach als Zigaretten oder Rauchtabak auch Erzeugnisse gelten, die ganz oder teilweise aus anderen Stoffen als Tabak bestehen und die sonstigen Voraussetzungen des Abs 2 oder Abs 3 erfüllen.

Bezüglich der Höhe des angenommenen Kleinverkaufspreises führt das Zollamt aus, dass der geringste für tabakhältigen Wasserpfeifentabak veröffentlichte Kleinverkaufspreis für ein 200 g Gebinde 9,90 Euro, der Höchste 27,90 Euro betrage.

Der gegenständliche Wasserpfeifentabak aus Zellstoff sei nach Ansicht der belangten Behörde nicht dem Höchstpreissegment zuzuordnen.

In einem weiteren von der Zollbehörde ermittelten ähnlich gelagerten Fall habe der Einkaufspreis laut Rechnung pro 200 g Packung 3,80 Euro zuzüglich Versand betragen. Der Trafikant habe (widerrechtlich) diesen tabakfreien Wasserpfeifentabak um 19,90 Euro je Packung in seiner Trafik verkauft. In diesem Preis sei keine Tabaksteuer enthalten gewesen.

Im verfahrensgegenständlichen Fall habe der Einkaufspreis laut Rechnung pro 200 g Packung 4,95 Euro zuzüglich Versandspesen betragen. Nach Ermittlungen der Zollbehörde handle es sich bei dem Preis von 19,90 Euro je 200 g Packung um einen Preis, der von befugten Tabakwarenhändlern im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei Abgabe an den Verbraucher erzielbar wäre.

In den zwei Vorlageanträgen jeweils vom stellt der Beschwerdeführer den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerden durch das Bundesfinanzgericht mittels mündlicher Verhandlung.

Das Bundesfinanzgericht brachte dem Beschwerdeführer seine Ermittlungen hinsichtlich des Kleinverkaufspreises mit Schreiben vom zur Kenntnis. Demnach betrug der Preis auf der am abgefragten deutschen Website (https://www.smoke2u.de/heashot-shisha-tabak-200g) für 200 g verschiedene Sorten tabakfreien auf Zellstoff basierenden "Headshot Shisha Tabak 200 g" 16,90 Euro. Auf diesen Preis wurde auch in einem Video (https://www.youtube.com/watch?v=5X7cg9Z5Kfw) hingewiesen.

In der Ladung zur mündlichen Verhandlung für den wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, betreffend seine Angaben in den jeweiligen Beschwerden, dass der Kleinverkaufspreis tatsächlich deutlich unter der Hälfte des von der belangten Behörde angenommenen Preises liegen würde, dementsprechende Beweismittel vorzulegen.

Mit E-Mail vom übermittelte der Vertreter des Beschwerdeführers folgende Unterlagen:

• Beleg Nr 11064 vom (ausgestellt von ***E***, ***Geschäftsadresse 1***) mit einem Rechnungsbetrag iHv 27,80 Euro (2 Stück "Paste" um jeweils 13,90 Euro)

• Beleg Nr 11292 vom (ausgestellt von ***E***, ***Geschäftsadresse 1***) mit einem Rechnungsbetrag iHv 158,90 Euro (darin enthalten 1 Stück "Paste" um 13,90 Euro)

• Abbildung "Zero 200 g-Lady" mit einem angegebenen Preis iHv 14,90 Euro und dem Hinweis "momentan nicht verfügbar"

• Allgemeine Informationen zum Produkt "Headshot Tabak"

Die Herkunft der Abbildung "Zero 200 g-Lady" wurde nicht offengelegt.

Zugleich wurde ergänzend vorgebracht, dass der Kleinverkaufspreis je nach Absatz und Größe des Verkaufs, jedenfalls aber gegenüber einem "größeren" Abnehmer, durchschnittlich im Bereich von 10 Euro pro Einheit betragen habe. Für diese Behauptung wurden keine Beweismittel vorgelegt.

Mit Schreiben der steuerlichen Vertretung vom (eingelangt am ) wurde die beantragte mündliche Verhandlung zurückgezogen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Im vorliegenden Fall ist strittig, ob die verfahrensgegenständlichen verschiedenen Sorten des Produkts "Headshot Shisha Tabak 200 g" der Tabaksteuer unterliegen.

Festgestellter Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer ist Inhaber des Unternehmens ***E***., eingetragen im Firmenbuch unter der Firmenbuchnummer ***5*** mit Sitz in Wien.

Das Unternehmen vertreibt Shisha-Produkte (verschiedene Wasserpfeifen samt Zubehör) sowohl über einen Online-Handel als auch an den Standorten ***Geschäftsadresse 1*** und ***Geschäftsadresse 2***. An der Adresse ***Geschäftsadresse 2*** wird zudem eine Shisha-Bar (***E*** Lounge Wien) betrieben, in welcher Shishas zubereitet werden.

Die Firma ***H*** GbR in ***Adresse H*** (Deutschland) stellte am der Firma "***E***", ***Geschäftsadresse 1*** (Kunden Nr 0267) eine Rechnung mit einer Gesamtsumme iHv 7.783,20 Euro (inkl Transportkosten) über 1.536 Stück Dosen (à 200 g) verschiedene Sorten auf Zellstoff basierenden Shisha-Tabak der Marke "ZERO" aus. Die Waren wurden mittels Spedition an die Adresse ***Geschäftsadresse 1*** geliefert und vom Beschwerdeführer am in Wien in Empfang genommen.

Die von der Firma ***H*** GbR in ***Adresse H*** am der Firma "***E***", ***Geschäftsadresse 1*** (Kunden Nr 0267) in Rechnung gestellten weiteren 1.536 Stück Dosen (à 200 g) verschiedene Sorten auf Zellstoff basierenden Shisha-Tabak der Marke "ZERO" in Höhe von 7.783,20 Euro (inkl Transportkosten) wurden ebenfalls an die Adresse ***Geschäftsadresse 1*** mittels Spedition geliefert und vom Beschwerdeführer am übernommen.

Die beiden Rechnungen weisen jeweils Speditionskosten iHv 180 Euro aus.

Bei den gelieferten Waren handelte es sich um Rauchersatzstoffe aus Zellstoff, somit um tabakfreien Wasserpfeifentabak, der sich ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen mittels Wasserpfeife eignet.

Das Produkt Headshot Shisha Tabak 200 g ist auf deutschen Internetseiten mit einem Preis an Endkunden in Höhe von 16,90 Euro gelistet. Zudem wurde das Produkt mit gleichem Preis auch auf der Plattform "Youtube" beworben.

Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus Recherchen des Bundesfinanzgerichts und aus den im Verfahrenslauf zitierten Unterlagen und Beweismittel (insb Rechnungen und Transportdokumente). Im Übrigen ist der Sachverhalt unstrittig.

Rechtlich ergibt sich daraus:

Gem § 1 Abs 1 TabStG 1995 unterliegen Tabakwaren, die im Steuergebiet hergestellt oder in das Steuergebiet eingebracht werden der Tabaksteuer.

§ 2 TabStG 1995 bestimmt:

"Tabakwaren im Sinne dieses Bundesgesetzes sind:

1. Zigaretten;

2. Zigarren und Zigarillos;

3. Rauchtabak (Feinschnitt für selbstgedrehte Zigaretten und anderer Rauchtabak);

4. Tabak zum Erhitzen."

§ 3 TabStG 1995 bestimmt:

"(1) Falls sie sich als solche zum Rauchen eignen und aufgrund ihrer Eigenschaften und der normalen Verbrauchererwartungen ausschließlich dafür bestimmt sind, gelten als Zigarren oder Zigarillos:

1. Tabakrollen, die ein äußeres Deckblatt aus natürlichem Tabak haben;

2. Tabakrollen, die mit gerissenem Mischtabak gefüllt sind und ein äußeres Deckblatt von normaler Zigarrenfarbe aus rekonstituiertem Tabak aufweisen, das das Erzeugnis vollständig umhüllt - gegebenenfalls auch den Filter, nicht aber das Mundstück bei Zigarren mit Mundstück -, wenn ihr Stückgewicht ohne Filter und ohne Mundstück mindestens 2,3 g und höchstens 10 g und ihr Umfang auf mindestens einem Drittel ihrer Länge 34 mm oder mehr beträgt.

(2) Zigaretten sind Tabakstränge,

1. die sich unmittelbar zum Rauchen eignen und nicht Zigarren oder Zigarillos nach Abs. 1 sind oder

2. die durch einen einfachen nicht industriellen Vorgang in eine Zigarettenpapierhülse geschoben werden oder

3. die durch einen einfachen nicht industriellen Vorgang mit einem Zigarettenpapierblättchen umhüllt werden.

(3) Rauchtabak sind

1. geschnittener oder anders zerkleinerter, gesponnener oder in Platten gepresster Tabak, der sich ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen eignet, oder

2. zum Rauchen geeignete und für den Einzelverkauf aufgemachte Tabakabfälle, die nicht Tabakwaren nach Abs. 1 oder 2 sind. Für die Zwecke dieses Absatzes gelten als "Tabakabfälle" Überreste von Tabakblättern und bei der Verarbeitung von Tabak oder bei der Herstellung von Tabakwaren anfallende Nebenerzeugnisse.

(4) Rauchtabak ist Feinschnitt, wenn mehr als 25 Gewichtsprozent der Tabakteile eine Schnittbreite von weniger als 1,5 mm aufweisen. Anderer Rauchtabak gilt als Feinschnitt, wenn er für die Herstellung selbstgedrehter Zigaretten bestimmt oder aufgemacht ist.

(5) Als Zigarren oder Zigarillos gelten auch Erzeugnisse, die teilweise aus anderen Stoffen als Tabak bestehen, aber die sonstigen Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllen.

(6) Als Zigaretten oder Rauchtabak gelten auch Erzeugnisse, die ganz oder teilweise aus anderen Stoffen als Tabak bestehen und die sonstigen Voraussetzungen des Abs. 2 oder 3 erfüllen. Erzeugnisse, die keinen Tabak enthalten, gelten nicht als Tabakwaren, wenn sie ausschließlich medizinischen Zwecken dienen.

(7) Tabak zum Erhitzen sind Tabakprodukte, die sich nicht unmittelbar zum Rauchen eignen, nicht Zigaretten oder Rauchtabak nach Abs. 2 oder 3 sind und dafür vorgesehen sind, in Teilen oder vollständig durch Erhitzen ohne einen Abbrand des Tabaks konsumiert zu werden, und hierbei einen inhalierbaren Dampf freisetzen.

(8) Als Tabak zum Erhitzen gelten auch Erzeugnisse, die teilweise aus anderen Stoffen als Tabak bestehen, aber die sonstigen Voraussetzungen des Abs. 7 erfüllen."

Nach § 4 Abs 1 Z 4 TabStG 1995 beträgt die Tabaksteuer für "anderen Rauchtabak" 34% des Kleinverkaufspreises.

Gem § 5 Abs 1 TabStG 1995 ist der Kleinverkaufspreis der Preis, zu dem Tabakwaren von befugten Tabakwarenhändlern im gewöhnlichen Geschäftsverkehr an Verbraucher abzugeben sind; Preise, zu denen Tabakwaren nur an einen bestimmten Verbraucherkreis abgegeben werden, sind nicht zu berücksichtigen. Abgaben, denen die Tabakwaren unterliegen, gehören zum Kleinverkaufspreis.

Für Tabakwaren, für die ein Verkaufspreis im Sinne des Abs 1 nicht besteht, gilt nach § 5 Abs 2 TabStG 1995 als Kleinverkaufspreis der Preis, der für diese Tabakwaren von befugten Tabakwarenhändlern im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei Abgabe an den Verbraucher erzielbar wäre. Sind solche Tabakwaren üblicherweise nicht zur Abgabe an Verbraucher bestimmt, so gilt als Kleinverkaufspreis ihr gemeiner Wert (§ 10 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes 1955, BGBl. Nr. 148) im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld.

§ 27 Abs 1 TabStG 1995 bestimmt:

"Werden Tabakwaren aus dem freien Verkehr eines Mitgliedstaates zu gewerblichen Zwecken bezogen, entsteht die Steuerschuld dadurch, daß der Bezieher

1. die Tabakwaren im Steuergebiet in Empfang nimmt oder

2. die außerhalb des Steuergebietes in Empfang genommenen Tabakwaren in das Steuergebiet verbringt oder verbringen läßt.

Steuerschuldner ist der Bezieher und jede Person, in deren Gewahrsame sich die Tabakwaren befinden. Der Bezug durch eine Einrichtung des öffentlichen Rechts steht dem Bezug zu gewerblichen Zwecken gleich."

Der Begriff Wasserpfeifentabak wird weder in den Bestimmungen der Richtlinie 2011/64/EU des Rates vom über die Struktur und die Sätze der Verbrauchsteuern auf Tabakwaren, noch in denen des nationalen Tabaksteuergesetzes ausdrücklich genannt. Nach der Rechtsprechung des EuGH gilt Wasserpfeifentabak jedoch als Rauchtabakerzeugnis (vgl Rn 33).

Beim beschwerdegegenständlichen Produkt handelt es sich um einen tabakfreien Wasserpfeifentabak, der sich ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen (mittels Wasserpfeife) eignet.

Als Rauchtabak gelten nach § 3 Abs 6 TabStG 1995 auch Erzeugnisse, die ganz oder teilweise aus anderen Stoffen als Tabak bestehen und die sonstigen Voraussetzungen des Abs 2 oder 3 erfüllen.

Da es sich nach der Judikatur des EuGH bei Wasserpfeifentabak um Rauchtabak, somit um Rauchtabak iSd § 3 Abs 3 TabStG 1995 handelt, ist gem § 3 Abs 6 TabStG 1995 auch tabakfreier Wasserpfeifentabak davon umfasst.

Der Wortlaut des § 3 Abs 3 TabStG 1995 enthält überdies keinen expliziten Hinweis darauf, dass der Begriff "Rauchtabak" auf Tabakerzeugnisse beschränkt wäre, die ausschließlich mittels eines Verbrennungsprozesses konsumiert werden können. Es muss sich lediglich um Tabak handeln, der sich ohne weitere industrielle Bearbeitung zum Rauchen eignet. Für die Einstufung von Wasserpfeifentabak als "Rauchtabak" spricht neben der og Judikatur des EuGH auch der allgemeine Sprachgebrauch, nach dem eine Wasserpfeife "geraucht" wird.

Der EuGH führt im oben zitierten Erkenntnis zur Einstufung von Wasserpfeifentabak als Rauchtabak ferner aus, dass die Erhitzung und Verbrennung aller Stoffe, aus denen Wasserpfeifentabak besteht, Rauch zum Einatmen erzeuge.

Bei dem hier verfahrensgegenständlichen tabakfreien Wasserpfeifentabak handelt es sich somit um Tabakware iSd § 2 Z 3 TabStG 1995, die laut unstrittigem Sachverhalt in das Steuergebiet eingebracht wurde. (Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers handelt es sich nicht um Tabakware iSd § 2 Z 4 TabStG 1995. Darunter fallen laut veröffentlichten Preiskundmachungen sogenannte "HEETS".)

Für das beschwerdegegenständliche Produkt wurde kein Kleinverkaufspreis veröffentlicht. Zudem gibt der Beschwerdeführer an, dass der Verkaufspreis dieses Produkts je nach Absatz und Größe des Verkaufs, jedenfalls aber gegenüber einem "größeren" Abnehmer, durchschnittlich im Bereich von 10 Euro pro Einheit betragen habe.

Da Preise, zu denen Tabakwaren nur an einen bestimmten Verbraucherkreis abgegeben werden nach § 5 Abs 1 TabStG 1995 nicht zu berücksichtigten sind, geht dieser Einwand ins Leere.

Im verfahrensgegenständlichen Fall hat der Einkaufspreis laut Rechnung pro 200 g Packung 4,95 Euro zuzüglich Speditionskosten betragen. Der Beschwerdeführer hat den gegenständlichen tabakfreien Wasserpfeifentabak je 200 g um 13,90 Euro laut vorgelegten Ausgangsrechnungen veräußert. In diesem Preis war keine Tabaksteuer enthalten.

Abgaben, denen die Tabakwaren unterliegen, gehören nach § 5 Abs 1 TabStG 1995 zum Kleinverkaufspreis.

Das Zollamt Österreich hat den Kleinverkaufspreis im Schätzungswege in Anlehnung an einen ähnlich gelagerten Fall mit 19,90 Euro pro 200 g angenommen.

Ermittlungen des Bundesfinanzgerichts haben ergeben, dass der Verkaufspreis an Endkunden für das beschwerdegegenständliche Produkt in Deutschland im maßgeblichen Zeitraum 16,90 Euro pro 200 g (ohne Versandkosten) betragen hat.

Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass einerseits die Berechnung der Tabaksteuer für "anderen Rauchtabak" in Deutschland nach einer anderen Methode erfolgt und andererseits der Umsatzsteuersatz in Deutschland 19% beträgt.

Die Mitgliedstaaten dürfen bei Umsetzung der Richtlinie 2011/64/EU zwischen der Anwendung einer spezifischen Verbrauchsteuer, einer Ad-Valorem-Verbrauchsteuer oder einer Mischform wählen. Während in Österreich die Tabaksteuer für "anderen Rauchtabak" durch Anwendung eines Prozentsatzes auf den Kleinverkaufspreis ermittelt wird, wurde in Deutschland zum maßgeblichen Zeitraum eine Mischform angewendet (Steuer pro Kilogramm + Prozentsatz auf den Kleinverkaufspreis unter Berücksichtigung einer Mindeststeuer).

Die im Zeitraum Dezember 2020 bis Juli 2021 per Erlass veröffentlichten Preise durch das Bundesministerium für Finanzen für verschiedene tabakhaltige Tabaksorten in Österreich (à 200 g) liegen zwischen 16,90 Euro und 26,90 Euro.

Unter Berücksichtigung des tatsächlichen Verkaufspreises durch den Beschwerdeführer (13,90 Euro ohne Tabaksteuer), des Verkaufspreises in Deutschland (16,90 Euro mit unterschiedlicher Berechnungsmethode der Tabaksteuer und geringerer Umsatzsteuer) und des Umstandes, dass es sich um kein tabakhaltiges Produkt handelt, ist der Ansatz des Kleinverkaufspreises, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei Abgabe an den Verbraucher erzielbar wäre, durch die belangte Behörde für das beschwerdegegenständliche Produkt iHv 19,90 Euro plausibel.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da keine Umstände festgestellt werden konnten, die auf das Vorliegen einer grundsätzlichen Rechtsfrage iSd Art 144 Abs 4 B-VG hindeuten und das Erkenntnis im Hinblick auf die Frage ob das verfahrensgegenständliche Produkt als Rauchtabak iSd § 2 Z 3 TabStG 1995 zu subsumieren ist im Einklang mit der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung steht, war eine ordentliche Revision als unzulässig zu erklären.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 27 Abs. 1 TabStG 1995, Tabaksteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 704/1994
§ 5 Abs. 2 TabStG 1995, Tabaksteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 704/1994
§ 3 Abs. 6 TabStG 1995, Tabaksteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 704/1994
§ 2 TabStG 1995, Tabaksteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 704/1994
§ 3 TabStG 1995, Tabaksteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 704/1994
§ 4 Abs. 1 Z 4 TabStG 1995, Tabaksteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 704/1994
§ 5 Abs. 1 TabStG 1995, Tabaksteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 704/1994
§ 3 Abs. 3 TabStG 1995, Tabaksteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 704/1994
§ 3 Abs. 3 TabStG 1995, Tabaksteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 704/1994
§ 2 Z 3 TabStG 1995, Tabaksteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 704/1994
§ 1 Abs. 1 TabStG 1995, Tabaksteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 704/1994
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7200052.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at