Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.07.2023, RV/7101260/2019

Bindung des Abgabenverfahrens hinsichtlich Schätzung der Umsätze an die Feststellungen des Strafurteiles

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Dieter Fröhlich über die Bescheidbeschwerde vom der ***Bf1***, StNr.: X1,
FN 345074, in ***Bf1-Adr*** situiert gewesen, vertreten durch V., ***Bf1-Adr*** gegen die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2014, 2015 und 2016 vom des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf

zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt und Verfahrensgang

In der beschwerdeführenden Bf- KG (in der Folge Bf. genannt) wurden in den Jahren 2014 bis 2016 durchgängig 8 Taxis eingesetzt. Im Zuge einer Außerprüfung wurden massive formelle und materielle Mängel der Buchführung festgestellt, weshalb eine Totalschätzung der Bemessungsgrundlagen für die Umsatzsteuer und für die Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO vorgenommen werden musste. Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände wurden Durchschnittswerte ermittelt und darauf basierend in den Veranlagungsjahren 2014 bis 2016 Umsätze mit Steuersatz 10% von € 334.644,93 und Umsätze mit Steuersatz 20% von € 16.145,15 gemäß § 184 BAO geschätzt. Auf den BP-Bericht vom wird verwiesen.

Das Finanzamt erließ entsprechend diesen Feststellungen der Außenprüfung die Umsatzsteuerbescheide 2014 bis 2016 vom . Aus diesen Umsatzsteuerbescheide resultierte eine Umsatzsteuernachforderung für das Veranlagungsjahr 2014 von € 22.088,86, für 2015 von € 21.954,86 und für 2016 von € 15.018,30.

Mit Schreiben vom erhob die Bf. gegen die Umsatzsteuerbescheide rechtzeitig und formgerecht Bescheidbeschwerde, weil die Schätzung deutlich über den tatsächlich erzielten Erlösen gelegen sei. Bei einem Fahrereinsatz von 55 Stunden pro Woche und Wagen ergebe sich für die 8 Taxis des Betriebes ein durchschnittlicher Jahresumsatz von nur € 294.000. Durch die starke Konkurrenz der Firma UBER seien die Umsätze in den letzten Jahren rapid gesunken. Es werde daher eine entsprechende Korrektur der Schätzung beantragt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom und gesonderter Bescheidbegründung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die sachliche Richtigkeit der Schätzung näher dargelegt.

Gegen die BVE betreffend Umsatzsteuer 2014 bis 2016 wurde mit Anbringen vom fristgerecht ein Vorlageantrag gestellt.

Nach Vorlage der Beschwerde mitsamt dem bezugshabenden Verwaltungsakt an das Bundesfinanzgericht (Vorlagebericht vom ) erging vom Landesgericht für Strafsachen Wien, Zahl ***1*** folgendes Strafurteil wegen Hinterziehung der Umsatzsteuer gemäß § 33 FinStrG vom :

Der gesetzliche Vertreter der Bf., V., hat unter anderem durch vorsätzliche Abgabe unrichtiger Jahreserklärungen Umsatzsteuer für das Jahr 2014 von € 22.088,86, für das Jahr 2015 von € 21.954,86 und für das Jahr 2016 von 15.018,30 hinterzogen. Der gesetzliche Vertreter der Bf. hat im gerichtlichen Finanzstrafverfahren vor Gericht ein reumütiges Geständnis abgelegt. Dieses Strafurteil ist in formelle Rechtskraft erwachsen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung

Der vorstehende Sachverhalt ist aktenkundig. Die durch Schätzung ermittelten Schwarzerlöse aus dem Taxibetrieb sind durch das in Rechtskraft erwachsene Strafurteil eindeutig bewiesen.

Die in den angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden angesetzten Umsätze finden in dem zitierten Strafurteil vollständige Deckung. Vom Strafgericht wurde rechtskräftig festgestellt, dass die Bf. im Jahr 2014 von € 22.088, 2015 von € 21.954 und 2016 von € 15.018 zu wenig an Umsatzsteuer erklärt wurde und diese Umsatzsteuer hinterzogen worden ist. Im Strafurteil wurde ein vom persönlich haftenden Gesellschafter und Vertreter der Bf. (V.) ein Geständnis abgegeben, das strafmildernd berücksichtigt worden ist. Von V. wurde nach Rücksprache mit seinem Strafverteidiger ein ausdrücklicher Rechtsmittelverzicht zu dem Strafurteil erklärt.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, entfaltet ein rechtskräftiges Strafurteil bindende Wirkung hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen, auf denen sein Schuldspruch beruht, wozu auch jene Tatumstände gehören, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Tatbestandselementen zusammensetzt (; ; mwN sowie BFG, , RV/4100179/2021).

In den angefochtenen Umsatzsteuerbescheiden wurden die Umsätze in der gleichen Höhe geschätzt, wie sie in der Folge im nachfolgenden Strafurteil festgestellt worden sind. Auf Grund der Bindungswirkung des Strafurteiles hinsichtlich der Tatsachenfeststellung über die Höhe der vom FA ermittelten Umsätze der Bf., war die Rechtsrichtigkeit der Umsatzsteuerbescheide vom BFG zu bestätigen. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der wegen Schwarzgeschäften vorgenommenen Schätzung der Umsätze war auf Grund der Bindung an die diesbezüglichen Tatsachenfeststellungen im Strafurteil entbehrlich. Mit dem Strafurteil wurde die Richtigkeit der Erlösschätzung in den Umsatzsteuerbescheiden bereits bestätigt.

Die beschwerdeführende Kommanditgesellschaft wurde im September 2019 wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöscht. Da die rechtlichen Verhältnisse zum Abgabengläubiger noch nicht vollständig abgewickelt sind, insbesondere Gesamtschuldverhältnisse und Haftungen zur Umsatzsteuer des persönlich und unbeschränkt haftenden Gesellschafters, V. bestehen und von der Abgabenbehörde in Folge dieses Erkenntnisses geltend gemacht werden können, ist die Bf. steuerrechtlich noch als Umsatzsteuerrechtssubjekt existent.

2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das BFG folgt hinsichtlich der Bindung im Abgabenverfahren an die Tatsachenfeststellung des rechtskräftigen Strafurteiles der ständigen Rechtsprechung des VwGH. Es war somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu behandeln und deshalb die Revision für nicht zulässig zu erklären.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 166 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7101260.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at