Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.07.2023, RV/7102669/2015

Unerwartete und plötzliche Rückberufung eines Managers nach drei Jahren als unschädlich erachtet (DBA-CH)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Silvia Gebhart in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch KPMG Alpen- Treuhand A WP- und STB-Gesellschaft mbH, Porzellangasse 51, 1090 Wien, diese vertreten durch Mag Mag (FH) Tomasz Nazim, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 1/23, nunmehr Finanzamt Österreich, jeweils vom , betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2010 und Anspruchszinsen (§ 205 BAO) 2010, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Einkommensteuer 2010 sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Die Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Anspruchszinsen 2010 wird abgewiesen.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Bf ist Manager eines internationalen Konzerns und erwirtschaftete aus dieser Tätigkeit nichtselbständige Einkünfte. Daneben erzielte der Bf inländische Einkünfte aus einer Vermietungstätigkeit und aus einer Funktionstätigkeit als Aufsichtsratsmitglied in österreichischen Unternehmen. In Ausübung der Managertätigkeit kam es ab September 2009 zu einer Entsendungen innerhalb des Konzerns in die Schweiz. Der Bf, seine Ehefrau ***1*** und die drei gemeinsamen Kinder ***2*** (geb ***5***), ***3*** (geb ***6***) und ***4*** (geb ***7***) besitzen die deutsche Staatsbürgerschaft und begleiteten den Bf in die Schweiz.

Im Beschwerdefall sind sowohl die Wohnsitzeigenschaft in Wien als auch der Ort der Ansässigkeit strittig. Die belangte Behörde sieht Wohnsitz und Ansässigkeit in Österreich, daher unbeschränkte Einkommensteuerpflicht in Österreich, der Bf sieht Wohnsitzaufgabe in Österreich, Wohnstätte und Ansässigkeit in der Schweiz, daher beschränkte Einkommensteuerpflicht in Österreich wegen Erzielung inländischer Einkünfte.

Mit der via FinanzOnline eingereichten Erklärung 2010 wurde ein "Antrag auf unbeschränkte Steuerpflicht" gestellt (ON 12). In der Erklärungsbeilage (ON 13) wurde dargelegt, dass der Bf in Österreich seinen Wohnsitz behalten habe und in der Schweiz einen weiteren Wohnsitz begründet habe. Österreich habe das Recht, das Welteinkommen zu besteuern, während die Schweiz die Tätigkeitseinkünfte besteuere. Mit den erklärungskonform ergangenen Bescheiden wurden die Einkommensteuer unter Berechnung eines Durchschnittssteuersatzes und Anrechnung der Schweizer Einkommensteuer mit EUR 81.491,01 und die Anspruchszinsen mit EUR 1.514,60 festgesetzt.

Mit Schriftsatz vom erhob die steuerliche Vertretung namens des Bf gegen beide Bescheide form- und fristgerecht Berufung (ON1). Darin wurde vorgebracht, dass entgegen dem bisherigen Vorbringen der Mittelpunkt der Lebensinteressen in die Schweiz verlegt und der Wiener Wohnsitz zur Gänze aufgegeben worden sei. Es wurde beantragt, die österreichische Einkommensteuer unter Berücksichtigung der Ansässigkeit gem Artikel 4 DBA-Ö-CH in der Schweiz unter Zugrundelegung nur der inländischen Einkünfte mit EUR 17.713,04 festzusetzen (also beschränkte Steuerpflicht in Österreich). Von den Managereinkünften sei in Österreich lediglich der Anteil einer Bonuszahlung iHv EUR 48.126,27 steuerpflichtig. Ab dem Jahr 2010 sei die Schweiz Ansässigkeitsstaat und der Bf werde ab diesem Jahr in der Schweiz als unbeschränkt Steuerpflichtiger veranlagt. Die Schweiz habe gemäß Art 15 DBA das Besteuerungsrecht an den nichtselbständigen Einkünften. Es wurden weder die Gründe für die geänderte Rechtsansicht noch die Berechnung der Einkommensteuer von EUR 17.713,04 dargelegt.

Nach Durchführung eines Vorhalteverfahrens gab die belangte Behörde mit Beschwerdevorentscheidungen vom (ON 5 und ON 7) der Berufung insoweit teilweise Folge, als sie nunmehr ausschließlich die Anrechnungsmethode anwandte, wodurch sich eine geringere Einkommensteuer von EUR 77.457,66 ergab und die Anspruchszinsen um EUR 74,96 herabgesetzt wurden.

Mit Schriftsatz vom wurde in beiden Fällen Vorlageantrag erhoben und darin die Abhaltung einer mündlichen Senatsverhandlung beantragt.

Mit Vorlagebericht vom wurde die als Bescheidbeschwerde zu erledigende Berufung dem Bundesfinanzgericht in elektronischer Form vorgelegt. Die belangte Behörde beantragte die teilweise Stattgabe der Berufung im Sinne der Berufungsvorentscheidung.

Folgende Beweismittel des Verwaltungsverfahrens wurden vorgelegt:

ON 8: Beilagen des Vorlageantrages:
1) Darstellung des Absinkens des Verbrauchs von Strom, Gas, Wasser an Wiener Anschrift,
2) Untermietvertrag zwischen Vermieter und Arbeitgeber des Bf vom inkl E-Mailkorrespondenz zwischen Mieter und Vermieter zum Schweizer Wohnsitz,
3) EU-Formular E101 der WGKK Bescheinigung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften vom für die Entsendung vom bis (1. Jahr) gemäß Art 14 Abs 1 lit a VO 1408/1971, nunmehr Art 12 Abs 1 VO 883/2004 und EU-Formular E101 der WGKK Bescheinigung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften vom für die Entsendung vom bis (restliche 4 Jahre) gemäß Art 17 VO 1408/1971, Ausnahmeregelung, nunmehr Art 16 Abs 1 VO 883/2004,
4) Schulbestätigungen der Schweizer Schuleinrichtungen für alle Kinder ab Jänner 2010, Abmeldung von österr Volksschule für Clara ab
5) Vertrag des Bf mit der Fa Mercedes Benz Vertriebsgesellschaft mbH vom wegen Einfuhr des PKW von der Schweiz nach Österreich am samt Zollbestätigung, Anmeldebescheinigung für den in der Schweiz angeschafften PKW,
6) Bestätigung Ehepaars ***9*** betreffend ***Bf1-Adr*** die den Wiener Wohnsitz während der Entsendung gehütet haben.

ON 9: Angaben im Familienbeihilfenverfahren, Beih1 vom

ON 10: Schweizerische Steuerunterlagen für 2010 (Steuervorschreibungen vom )

ON 11: Angaben im Familienbeihilfenverfahren, Beih1 vom

ON 12: Einkommensteuererklärung 2010, elektronisch eingereicht am , Ausdruck aus Finanzonline vom

ON 13: Beilage zur Steuererklärung 2010 vom

ON 14: Ansässigkeitsbescheinigung/Wohnsitzbescheinigung der Einwohnerkontrolle der Stadt Zug für den Bf als "Jahresaufenthalter" vom im Zeitraum bis sowie für sämtliche Familienangehörigen von bis ; Bescheinigung der Steuerverwaltung des Kantons Zug, dass der Bf im Zeitraum bis hinsichtlich Kantons- und Gemeindesteuern sowie der direkten Bundessteuer der unbeschränkten Steuerpflicht unterlag.

ON 15: Antrag an die belangte Behörde auf Erteilung einer Steuernummer wegen beschränkter Steuerpflicht in Österreich ab 2010 vom mit Beilage Verf17

ON 16: Vorhalt an den Arbeitgeber vom wegen Vorlage von Unterlagen zur Entsendung; Notiz ohne Datum, übermittelte Unterlagen: Entsendungsvereinbarung vom , Nachtrag vom zur Entsendevereinbarung; Nachtrag I vom zum Überlassungsvertrag vom , Nachtrag II vom zur Entsendevereinbarung.

ON 17: Vorhalt an steuerliche Vertretung vom , Vorhaltsbeantwortung vom , angeschlossene Beilagen: 1) Erklärung für Übersiedlungsgut Zollstelle Kreuzlingen vom , 2) Erklärung wegen Zollbefreiung Übersiedlungsgut vom über 334 Colli, 3) Veranlagungsverfügung Zoll für PKW vom , 4) Liste Übersiedlungsgut mit Wert von EUR 125.440,00, 5 - ohne Übersiedlungskosten) Rechnung UPC für österr Wohnanschrift über EUR 0,00, 6) Schreiben A1 vom wegen Einrichtung eines Internetanschlusses an österr Wohnanschrift

ON 18: Beih1 vom , Schulbesuchsbestätigung vom für ***2*** in Kanada ab September 2011, Bestätigung des Arbeitgebers, dass Bf seit wieder im Hauptquartier in Wien beschäftigt ist.

Das Bundesfinanzgericht hat folgende Erledigungen erlassen:

ON 21: Beschluss an die belangte Behörde vom wegen beabsichtigter Stattgabe (Ansässigkeit in der Schweiz, Wohnsitz in Österreich)

ON 22 und 23: Ladungen vom an das Ehepaar ***9*** als Zeugen

ON 24: Beschluss an den Bf vom

an die belangte Behörde (ON 21)

Darin wurde die belangte Behörde aufgefordert, bis längstens drei Wochen nach Zustellung beim Bundesfinanzgericht einlangend zum festgestellten Sachverhalt und zur beabsichtigten Stattgabe Stellung zu nehmen. Die Begründung des Beschlusses lautet:

"Nach dem vorgelegten Verwaltungsakt ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Datum
Ereignis
Der Bf und seine Ehefrau … besitzen die deutsche Staatsbürgerschaft. Das Ehepaar hat drei Kinder…. Der Familienwohnsitz befindet sich in Wien, …. Das Einfamilienhaus wurde 2002 erworben und steht im ehelichen Hälfteeigentum. Sämtliche Personen sind an dieser Adresse hauptwohnsitzgemeldet.
1990
Der Bf ist am in die Wiener Gebietskrankenkasse eingetreten.
1996
Die BelBeh führt aus, der Bf lebe seit 1996 Bf in Österreich. Er bekleidet die Funktion eines Managers.
August 2009
Sein Arbeitgeber … entsendet den Bf mWv als Direkctor of Country zur Konzerntochter in die Schweiz, worüber die Entsendevereinbarung vom getroffen wurde. Laut Punkt 5 der Vereinbarung endet die Entsendung jedenfalls nach Ablauf von 5 Jahren. Die Entsendung wird zunächst auf ein Jahr befristet abgeschlossen, die sich jedoch automatisch verlängert, wenn sie nicht ordnungsgemäß durch eine Partei gekündigt wird.Laut Punkt 4 der Vereinbarung übernimmt der Arbeitgeber sämtliche Kosten, die mit dem Wohnungswechsel im Zusammenhang stehen, wie insbesondere Umzugskosten, Maklerkosten, Mietkautionen etc, eine Einmalzahlung iHv maximal CHF 17.750,00 zur Ausstattung der Mietwohnung, was der Bf zu belegen hat. (Zur Frage, ob der Bf die Einmalzahlung beansprucht hat, und wenn ja, in welcher Höhe und wofür, hat die belBeh keine Feststellungen getroffen.) Nach Umzug der Familie des Arbeitnehmers übernimmt der Arbeitgeber die Mietkosten für die Mietwohnung. Die Schweizer Konzerntochter ist Mieterin der dem Bf und seiner Familie zur Verfügung gestellten Wohnung. Die Übernahme des Schuldgeldes wird in Aussicht gestellt (Punkt 4.4.). Der Bf verbleibt nach der unionsrechtlichen sozialen Koordinierung im österr SV-Recht (Punkt 4.5.). Das Formular E101 (A1-Bescheinigung) liegt vor.
September 2009
Der Bf mietet in der Zeit vom 28.8. bis eine 1½-Zimmer-Wohnung in Zug, deren Kosten ebenfalls der Arbeitgeber des Bf trägt.
November 2009
Am schließt die Schweizer Konzerntochter den Mietvertrag für die 7½ Zimmer-Wohnung, zzgl Keller, Garage, Abstellplatz, ab, die der Bf und seine Familie bewohnen. Die Wohnung ist erstmals unter Einhaltung der sechsmonatigen Frist kündbar auf den .
Dezember 2009
Am wird in Nachtrag I zur Vereinbarung vereinbart, dass Mietbeginn der ist und dass die Schweizer Konzerntochter das Schulgeld für das Kind ***2*** für das näher bezeichnete Schweizer Institut ***8***, übernimmt.Am unterfertigt der Bf in Wien die Zollerklärung für den Hausrat als Übersiedlungsgut. Darin ist die Ehefrau als mitübersiedelnde Person genannt. Die Wohnsitzverlegung wird mit angegeben. Am wird vom Verfügungsberechtigten an der Schweizer Zollstelle Kreuzlingen die abgabenfreie Erklärung für 334 Kolli laut Liste im Gesamtwert von CHF 75.000,00 gestellt. Nach der Liste beträgt der Wert des übersiedelten Hausrates EUR 127.500,00, darunter ein Pianoklavier im Wert von EUR 18.000,00 (weitere Instrumente im Wert von EUR 4.000,00), Bilder im Wert von EUR 13.000,00 und Teppiche im Wert von EUR 8.000,00, Gegenstände aus jedem Bereich des Hausrats (Weihnachtsdekoration, Nähmaschine, Bügeleisen, Staubsauger, Werkzeug, Sportgeräte, Vespa, Porzellan, Esszimmermöbel, Kleidung iHv EUR 10.000,00 pro Person, Pflanzen vom Innen- UND Außenbereich, Rasenmäher).Die BelBeh hat sich mit dem Umfang der übersiedelten Güter nicht auseinandergesetzt.
Jänner 2010
MWv ist der Bf im ZMR von der ***Bf1-Adr*** abgemeldet.Mit Datum vom wird dem Bf ausgehend von seiner Einreise am vom Amt für Migration Zug die Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz für fünf Jahre bis zum Zweck der Ausübung einer Erwerbstätigkeit erteilt. Den Angehörigen werden als Familiennachzug am selben Tag die Aufenthaltsbewilligungen bis erteilt.Die Ehefrau teilt dem FA in Österreich für Zwecke der FB mit, dass die Kinder ab voraussichtlich für 2 Jahre in der Schweiz die Schule besuchen werden.
Februar 2010
Im Nachtrag I zur Überlassungsvereinbarung vom ist festgehalten, dass die Wohnsitznahme des Bf in der Schweiz erfolgt ist, weshalb ab das höhere Entgelt zusteht. Der PKW wird nachträglich gesondert am eingeführt.Die Rechnung von UPC vom beläuft sich für die Wiener Adresse auf EUR 0,00. Mit der Vorrechnung wurde eine Kaution rückerstattet.
Juni 2012
Mit Schriftsatz vom annonciert A1 die Installation eines Festnetzanschlusses in der ***Bf1-Adr***
Aug 2012
Am wird das Formuluar ZBefr2 noch in Zug für die Rückübersiedlung nach Wien ausgefüllt. Darin erklärt der Bf, dass mWv an der Wiener Adresse nunmehr der einzige Wohnsitz begründet werde und dass der Wohnsitz im Drittstaat vom bis bestanden habe.Ebenfalls am werden für den Bf (beginnend mit ) und sämtliche Angehörige (beginnend mit ) Wohnsitzbescheinigungen ausgestellt.
Okt 2012
Die Schweiz, Kanton Zug, bestätigt mit Erledigung vom für den Bf Ansässigkeitsstaat gewesen zu sein. Darin hat der Bf angegeben, dass er in Österreich über keine Wohnstätte verfügt.

[…]

Die belBeh geht in dieser Sache nach Ansicht des BFG zutreffend davon aus, der Bf in Ö und in der CH der unbeschränkten Steuerpflicht in unterlag, in Ö wegen eines Wohnsitzes.

Der Bf hat jedoch nach Ansicht des BFG - um mit den Worten einer doppelten Haushaltsführung zu sprechen - den Familienwohnsitz von Wien nach Zug mitgenommen, und den Mittelpunkt der Lebensinteressen nach Zug verlegt. Demnach besaß die Schweiz im fraglichen Zeitraum das unbeschränkte Besteuerungsrecht, weil der Bf gem Art 4 Abs 2 lit a DBA entweder dort eine ständige Wohnstätte (Satz 1) hatte (auszulegen nach DBA-Recht, nicht ident mit innerstaatlichem Wohnsitzbegriff) oder im Fall der Kollision von zwei Wohnstätten sich dort der Mittelpunkt der Lebensinteressen (Satz 2) befand. Für eine Wohnstätte ist die subjektive Bestimmung der in ihr wohnenden nat Person maßgeblich, an ihr ständig, und nicht nur gelegentlich zu wohnen oder sie bei sich bietender Gelegenheit zu nutzen. Dafür hat der Bf mit seiner Familie in der Schweiz Vorkehrungen getroffen (Arbeit, Schule, Hobby Klavierspielen, PKW in der Schweiz). Die Auslegungsregel ist, dass das Zentrum des eigenen häuslichen Lebens nur bei einem Wohnsitz liegt. Es wird häufig durch den Ort bestimmt, an dem die Familie lebt, was in concreto in der Schweiz der Fall ist (Wassermeyer in Wassermeyer/Lang/Schuch, Doppelbesteuerung, Linde, 2010, 286 Rz 55, 56).

Die unbeschränkte Besteuerung durch die Schweizer Abgabenbehörden wurde nachgewiesen.

Den bisherigen Bescheidausführungen kann nicht entnommen werden, was den Bf, der nicht Österreicher ist, in der fraglichen Zeit persönlich und wirtschaftlich an Österreich gebunden hat. Der Bf war von bis in der Schweiz beruflich tätig. Das sind für den Bf drei Jahre, für die Angehörigen 2¾ Jahre. Während dieser Zeit waren die Kinder und die Ehefrau bei ihm.

Während der Abwesenheit des Bf und seiner Familie hat sich das Ehepaar ***9***, ***10***, um das EFH gekümmert und ist der Verbrauch an Energie nachweislich erheblich gesunken. UPC (Kabelfernsehen, Internet, Festnetz) war gänzlich abgemeldet.

Diese objektive Faktenlage, die durch Beweise aus der Vergangenheit gestützt wird, kann nicht mit Hinweis auf VwGH 90/16/0176 entkräftet werden. Angesichts obiger objektiven Faktenlage sieht das BFG die ursprüngliche Steuererklärung durch die KPMG als fehlerhaft an.

Die Rückkehr mit September eines Jahres zu machen, ist angesichts von schulpflichtigen Kindern nachvollziehbar.

Den Angaben im Beihilfenverfahren, dass die Mutter in Wien ihren Wohnsitz behält, wird wenig Bedeutung beigemessen, weil viele Personen irrtümlich annehmen, sie müssten gegenüber einer österreichischen Behörde eine inländische Zustelladresse angeben. Bedeutsam erscheint hingegen, dass im Beihilfenverfahren bereits im Jänner 2010 angekündigt worden war, dass sich die Kinder für 2 Jahre in der Schweiz aufhalten werden. Der Aufenthalt war demnach von Beginn an für länger als nur für ein Jahr geplant, wie es die Befristung in der Entsendevereinbarung zugelassen hat.

Obige Ausführungen verstehen sich vorbehaltlich der Zustimmung des beantragten Senats."

an den Bf (ON 24)

Mit obigem Beschluss wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, bis längstens drei Wochen ab Zustellung beim Bundesfinanzgericht einlangend folgende Fragen zu beantworten bzw die angesprochenen Unterlagen vorzulegen. Begründend wurde ausgeführt wie folgt:

"Zur Entscheidung sind noch Sachverhaltsfragen offen.

Fragen und Unterlagen:

(1)Weshalb wurde mit Begleitschriftsatz vom zur Steuererklärung E 2010 an Fakten das Gegenteil dessen vorgetragen, was im Beschwerdeverfahren behauptet wurde?

(2)Aus welchen Gründen sollte der Senat nicht, wie die belangte Behörde mit Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des VwGH ausgeführt hat, davon ausgehen, dass die mit Schriftsatz vom vorgetragenen Fakten der Wahrheit entsprechen?

(3)Es ist festzustellen, dass die von der belangten Behörde aufgezeigten Widersprüche bislang nicht entkräftet wurden (zB Angaben der Ehefrau im FB-Verfahren, wonach sie in Wien den Wohnsitz behalte, im Vergleich um Vorbringen im E-Verfahren des Bf).

(4)Vorlage der Beweismittel für die frühzeitige und nach dem Vorbringen im Vorlageantrag offenbar überraschend erfolgte Abberufung des Bf aus der Schweiz (zB Rückrufschreiben des Arbeitgebers).

(5)Vorlage des Überlassungsvertrages (aktenkundig ist nur ein Nachtrag dazu).

(6)Liste der in ***Bf1-Adr***, verbliebenen Möbel, Einbaumöbel, begehbare Möbel (insbes eheliches Schlafzimmer, Küche, Badezimmer, Eingang, Vorraum) und Gegenstände des Hausrats (Waschmaschine, Geschirrspüler, Herd, Trockner, Kühl- Gefriergerät) sowie Angabe der Gründe, weshalb diese nicht in die Schweiz mitgenommen wurden. Warum befinden sich im Übersiedlungsgut nur drei Betten bei vier Schlafzimmern und fünf Personen? Warum wurde aus Schlafzimmer 3 (offenbar ein Kinderzimmer) kein Kleiderschrank mitgenommen? Die übersiedelte Ausstattung für Computer/Drucker erscheint bei Kindern im Alter von 16, 14 und 9 Jahren zu gering, zumal jedes Kind einen Schreibtisch mitgenommen hat. Um Aufklärung wird ersucht.

(7)War die Schweizer Wohnung teilmöbliert? Wenn ja, in welchem Umfang?

(8)Wurde die Einmalzahlung des Arbeitgebers von max EUR 17.500,00 lt Pkt 4 der Vereinbarung zur Ausstattung der Wohnung in der Schweiz in Anspruch genommen? Wenn ja, in welchem Ausmaß und für welche Anschaffungen (bitte auflisten)? Um Vorlage der Belege wird ersucht.

(9)Wurde das Ehepaar ***9*** für die durch fast drei Jahre hindurch erbrachte Beaufsichtigung des Wohnsitzes in Wien entlohnt? Allfällige Nachweise wären vorzulegen.

(10)[…]"

Niederschrift über die Zeugeneinvernahme des Ehepaars ***9*** vom

Das Ehepaar ***9*** wurde am gemeinsam vernommen, da auch die Beaufsichtigung des Einfamilienhauses des Bf durch die Eheleute gemeinsam erfolgt war.

Die Zeugin berichtete: "In der Küche war eine Einbauküche, die ist natürlich hiergeblieben. Ansonsten befanden sich im Haus - mit Ausnahme des Vorzimmers - lauter Möbel, die leicht mitgenommen werden konnten. Auch im Schlafzimmer befand sich kein Einbauschrank oder ein begehbarer Schrank.

Post ist nicht eingelangt, ich vermute, dass das Ehepaar ***11*** einen Nachsendeauftrag eingerichtet hat. Werbematerial haben ich und mein Mann weggeschmissen.

Hauspflege (Staub wischen, etc.) war nicht erforderlich. Mein Mann und ich haben die Familie ***11*** wiederholt in Zug besucht."

Die Zeugin überreicht zwei Beilagen (Beilage ./A und Beilage ./B), die zum Akt genommen werden. Dabei handelt es sich um in Worddokumente kopierte Fotos anlässlich von Besuchen der Zeugin mit ihrem Ehemann bei der Familie des Bf in der Schweiz. Die Fotos zeigen zB den mitgenommenen Bauernschrank, der im Übersiedlungsgut genannt wurde.

Der Zeuge gab an: "Die Heizung war mit einem Frostwächter ausgestattet. Damit war garantiert, dass keine Frostschäden entstehen können und das Haus minimal beheizt wird.

Zum Einfamilienhaus gehörte ein Garten, wenn es notwendig war, habe ich den Rasen gemäht. Erinnerlich war das aber nicht häufig erforderlich. Ich bin mir nicht sicher, ob mit der Rasenpflege möglicherweise noch eine andere Person betraut war. Der Garten war mit einer automatischen Rasensprenganlage ausgestattet.

Die Abmachung mit [dem Bf] hat nicht umfasst, dass ich und meine Frau den Familienwohnsitz hätten vermieten dürfen."

Niederschrift Erörterungsgespräch am (auszugsweise)

Es wurde der Schriftsatz vom überreicht, mit dem die Anträge auf Senat und mündliche Verhandlung zurückgenommen wurden. Aus der Niederschrift:

"[…].

Überreicht wird ein Schreiben über die Bestätigung der vorzeitigen Beendigung der Entsendung des Bf. vom des Arbeitgebers (***12***).

[…]

Überreicht wird eine Kopie des Überlassungsvertrages samt Nachtrag.

Überreicht werden Fotos in einem Word-Dokument, über die am Schweizer Wohnsitz vorhandenen Wohnmöbel, und ein Übergabeprotokoll. Unsere Tochter war damals 7 Jahre alt und das kleinere Kinderbett, aus dem sie fast schon herausgewachsen war, wurde nicht mitgenommen, sondern in der Schweiz ein altersadäquates Bett erworben. Die 2. Tochter hatte ein eingebautes Hochbett, das nicht abgebaut wurde.

Die 1x Zahlung wurde aufgebraucht für Möbelkäufe und die Belege wurden nach 10 Jahren entsorgt.

[…]"

Telefonat mit Amtsvertreter am

Anlässlich des Telefonats mit dem Amtsvertreter teilte dieser mit, dass gegen eine Stattgabe wegen Ansässigkeit in der Schweiz keine Bedenken bestünden.

unrichtige Steuerberechnung in der Berufung, Telefonat mit steuerlicher Vertretung am

Am langte die Steuerberechnung durch die belangte Behörde beim BFG ein, die unter jener laut Berufungsantrag (EUR 17.713,04) lag (ON 32. 33). Das Auseinanderklaffen der Beträge wurde dem Bf vorgehalten dieser ersucht, die Berechnung nachzureichen. Mit E-Mail vom übermittelte die steuerliche Vertretung ohne Kommentar die Berechnung des Betrages EUR 17.713,04 (ON 33). Am besprach die Richterin telefonisch mit Herrn Mag Nazim, dass die Berechnung nicht nach den Rechtsgrundlagen für die beschränkte Steuerpflicht erfolgt ist, sondern wie bei einer unbeschränkten Steuerpflicht.

hg Beschluss vom (ON 37, auszugsweise)

Der Beschluss erging an beide Parteien. Der Beschluss diente § 183 Abs 4 BAO, enthielt Ausführungen zur Berechnung der Einkommensteuer bei beschränkter Steuerpflicht sowie Ermittlungshandlungen zur Übernachtung in Österreich iVm der Ausübung von Aufsichtsratsfunktionen und zum auf Österreich entfallenden Anteil der Bonuszahlung. Aus dem Beschluss:

"[…]

Bei Annahme einer beschränkten Steuerpflicht, die weder in der Berufung noch im Vorlageantrag ausdrücklich erwähnt ist, stünden verschiedene Absetzbeträge nicht zu, ebenso nicht das Werbungskostenpauschale, das Sonderausgabenpauschale und es wäre eine Hinzurechnung von EUR 9.000,00 vorzunehmen. Aus der Steuerberechnung laut Berufungsantrag iVm dem Folgejahr 2011 ergibt sich, dass die unbeschränkte Steuerpflicht in Österreich nicht bekämpft wurde. Unter Berücksichtigung nur dieser rechtlichen Korrekturen würde sich die ESt von EUR 17.713,04 auf EUR 22.733,36 erhöhen.

Der dem angef Bescheid zu Grunde liegende Lohnzettel enthält weder eine anrechenbare Lohnsteuer (KZ 260) noch steuerpflichtige Bezüge (KZ 245). Eine Abzugssteuer für beschränkt nichtselbständig Tätige nach § 70 EStG 1988 wurde demnach nicht einbehalten (und bei verständiger Würdigung auch nicht abgeführt).

[…]

Wegen umfassender Übersiedlung, der Bewilligung des zweiten E101 für vier Jahre bis August 2014, Mitnahme der Familie, Schulbesuchs der Kinder in der Schweiz und plötzlicher und vom Bf nicht gewollter Abberufung ist der Schweizer Wohnsitz als Wohnstätte iSd DBA anzusehen, wo auch der MdL lag. Die kurze Dauer kann dem Bf wegen der nicht an ihm gelegenen Abberufung nicht vorgeworfen werden.

Im April 2010 erfolgte laut Berufung eine Bonuszahlung über EUR 110.048,77, von der EUR 48.126,27 auf die Arbeitsleistung in Österreich entfallen sollen. Laut vorgelegtem Lohnkonto beträgt der Bonus in der Monatsspalte April 2010 nur EUR 10.048,77, in der Jahressummenspalte jedoch EUR 110.048,77.

1. Zur Aufklärung sind sämtliche Unterlagen zur Bonuszahlung (Vertrag und Auszahlungs- bzw Überweisungsbelege) vorzulegen und die Gründe für die Aufteilung auf Ö und CH darzutun.

Das BFG geht davon aus, dass die Bonuszahlung das Jahr 2009 betrifft, wovon der Bf bis Ende August in Österreich tätig war, das sind acht Monate. Ein nach Kalendermonaten ermittelter Anteil ergäbe für Österreich EUR 73.365,85.

Es wird um Bekanntgabe ersucht,

2. ob auf die Bonuszahlung eine SV entfällt und wenn ja, wie hoch diese war.

3. wo der Bf genächtigt hat, wenn nicht am Wiener Wohnsitz, wenn er sich im Inland wegen Aufsichtsratssitzungen oder anderen Geschäften (zB beruflich oder private Grundstückskäufe) oder Besuchen befunden hat. Es ist die Anzahl sämtlicher im Jahr 2010 besuchter AR-Sitzungen bekanntzugeben und Belege über die Nächtigungen in Wien/Österreich sind vorzulegen.

Es ergibt sich derzeit somit folgende Steuerberechnung:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Berufung
BFG
Bonuszahlung Zufluss April 2010
48.126,27
73.365,85
Werbungskostenpauschale
-132,00
-132,00
47.994,27
73.233,85
EasA
8.294,97
8.294,97
VuV
-424,53
-424,53
Gesamtbetrag Einkünfte
55.864,71
81.104,29
Sonderausgabenpauschale
-60,00
-60,00
Einkommen
55.804,71
81.044,29
Steuer nach Tarif:
1. Stufe
0,00
0,00
2. Stufe
5.110,00
5.110,00
3. Stufe
13.312,04
15.125,00
4. Stufe
entfällt
10.522,15
ESt vor Absetzbeträgen
18.422,04
30.757,15
AVAB
-364,00
-889,00
VAB
-291,00
0,00
ANAB
-54,00
0,00
ESt 2010
17.713,04
29.868,15
ESt 2010 gerundet
17.713,00
29.868,00
anrechenbare LSt, Abzugssteuer
0,00
0,00

[…]"

Beantwortung mit zwei E-Mails

E-Mail vom samt vier Anhängen (Anhang 1: Steuerschätzung 2010, Anhang 2 und 3: Einreichung Steuererklärung 2011 und 2012, Anhang 4: Ersuchen um Ergänzung 2011 und 2012 mitsamt Antwortschriftsatz)

Soweit die E-Mail rechtliche Ausführungen enthält unterbleibt eine Wiedergabe aus den unter Punkt 4.1 dargestellten rechtlichen Gründen.

"Beschränkte Steuerpflicht

… Wir erlauben uns daher, Ihnen anbei eine korrigierte Steuerschätzung mit einer errechneten Einkommensteuer (= Nachforderungsbetrag) iHv EUR 19.346,00 zu übermitteln.

"Einreichung der Steuererklärung bei beschränkter Steuerpflicht - 2011 und 2012

Der in Ihrem mittels separatem Email übermittelten Begründungsentwurf enthaltenen Aussage des Finanzamtes, dass Erklärungen zur beschränkten Steuerpflicht für 2011 und 2012 für unseren Mandanten nicht eingereicht wurden, erlauben wir uns hiermit die Fakten entgegenzuhalten: Die Steuererklärung bei beschränkter Steuerpflicht für das Jahr 2011 wurde am und die Steuererklärung bei beschränkter Steuerpflicht für das Jahr 2012 am jeweils in ausgefertigter Form (Hardcopy) per Einschreiben eingereicht, da mangels Vorliegen der von uns beantragten Steuernummer bei beschränkter Steuerpflicht eine elektronische Einreichung nicht möglich war. Zusätzlich wurde für das Jahr 2012 eine Steuererklärung bei unbeschränkter Steuerpflicht auf elektronischem Wege eingereicht, da zwei Veranlagungszeiträume vorlagen (Jahr der Rückkehr, i.e. Wiedereintritt unseres Mandanten in die österreichische unbeschränkte Steuerpflicht).

Des weiteren wurde im Zuge der Beantwortung des Ersuchen um Ergänzung vom betreffend die Einkommensteuererklärungen 2011 und 2012 am von uns angemerkt, dass die Ansässigkeit unseres Mandanten im Zuge des Vorlageantrags noch in Klärung steht und das Ergebnis diesen Verfahrens, das durchaus Auswirkungen auf die in Frage stehenden Folgejahre hat, abzuwarten ist.

Daher gehen wir davon aus, dass die Bescheide zwar vorläufig erlassen wurden, jedoch die Veranlagungen 2011 und 2012 nach Erledigung des laufenden Verfahrens wieder aufgenommen werden. Wir ersuchen dies nach Möglichkeit auch in der Urteilsausfertigung entsprechend anzumerken.

Aufteilung der Bonuszahlung auf das In- und Ausland

In diesem Punkt wird sich unsere Beantwortung der Fragen der Aufteilung und Sozialversicherung leider noch ein wenig verzögern. Die Klärung dieses Bezugs befindet sich aktuell beim Dienstgeber unseres Mandanten, und wir werden uns nach Klärung unverzüglich mit Ihnen in Verbindung setzen. Aufgrund der vormals von Ihnen genannten zweiwöchigen Frist zur Beantwortung und der aktuellen Urlaubssituation bitten wir um Ihr Verständnis."

Frage 3 des Beschlusses nach der Nächtigung des Bf in Wien, wenn nicht am Wiener Wohnsitz, wenn er sich im Inland wegen Aufsichtsratssitzungen oder anderen Geschäften (zB beruflich oder private Grundstückskäufe) oder Besuchen befunden hat, wurde weder beantwortet noch wurden die angeforderten Unterlagen übermittelt.

E-Mail vom mit einem Anhang bestehend aus 3 Beilagen (Beilage 1: Lohnkonto 2010, Beilage 2: Bonusbrief, Variable Bonus for the commercial year 2009/2010, Beilage 3: Excel-Tabelle über Aufteilung des Bonus AUT-CH). In der E-Mail wird erläutert, dass der Bonus EUR 110.048,77 und der darauf entfallende österreichische SV-Beitrag EUR 1.403,15 ausgemacht haben. Infolge des abweichenden Wirtschaftsjahres der Arbeitgeberin (28.02.) entfielen auf Österreich und die Schweiz gleichermaßen sechs Monate. Die Bonus-Berechnung ließe sich wie folgt zusammenzufassen:

1. "Der maximale jährliche Bonus beträgt 60% des jährlichen Grundgehaltes.

2. Der Österreich zuzurechnende Bonus für 2009/10 in Höhe von EUR 48.126,77 ergibt sich dem jährlichen Grundgehalt von EUR 167.980,00, für den sechsmonatigen Zeitraum vom 1.3. - , mit einer Zielerreichung von 28,65%.

3. Der der Schweiz zuzurechnende Bonus 2009/10 von umgerechnet EUR 61.922,95 ergibt sich aus dem durch den Wechsel in die Schweiz bedingten höheren Grundgehalt (es erfolgte eine Gehaltsanpassung, die sowohl dem neuen Verantwortungsbereich als auch dem höheren Preisniveau in der Schweiz Rechnung trug), für eine Zielerreichung von 30% für das zweite Halbjahr ( - ).

4. Der Österreich zuzurechnende Bonus (Punkt 2.) und der der Schweiz zuzurechnende Bonus (Punkt 3.) ergeben zusammen den für den Monat April am Lohnkonto angeführten Betrag in Höhe von EUR 110.048,77."

Die obigen Zahlen und Daten stimmen mit dem Bonusbrief überein. Die mit hg Beschluss zur Bonuszahlung ausdrücklich angeforderten Unterlagen (Vertrag und Auszahlungs- bzw Überweisungsbelege) wurden nicht vorgelegt.

Frage 3 des Beschlusses nach der Nächtigung des Bf in Wien wurde auch mit dieser E-Mail weder beantwortet noch wurden die angeforderten Unterlagen übermittelt.

Ermittlungen des BFG zum Anspruch auf Familienleistungen, hg Beschluss vom (ON 37, 41 bis 44)

Mit Schriftsatz vom legte die belangte Behörde auf den hg Beschluss vom (ON 41) die Mitteilung vom über den Bezug von FB und KAB für alle drei Kinder u.a. für das Streitjahr 2010 sowie die Auszahlungsnachweise vor (ON 42 bis 44).

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Rechtsgrundlagen

Zwischenstaatliches Steuerrecht

Art 4 Abs 1 und 2 Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen idF vom BGBl III 22/2007 (im Folgenden "DBA)" bezeichnet) lauten:

"(1) Im Sinne dieses Abkommens bedeutet der Ausdruck "eine in einem Vertragstaat ansässige Person" eine Person, die nach dem in diesem Staat geltenden Recht dort unbeschränkt steuerpflichtig ist.

(2) Ist nach Absatz 1 eine natürliche Person in beiden Vertragstaaten ansässig, so gilt folgendes:

a) Die Person gilt als in dem Vertragstaat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfügt. Verfügt sie in beiden Vertragstaaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als in dem Vertragstaat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen).

b) Kann nicht bestimmt werden, in welchem Vertragstaat die Person den Mittelpunkt der Lebensinteressen hat, oder verfügt sie in keinem der Vertragstaaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als in dem Vertragstaat ansässig, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.

c) Hat die Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in beiden Vertragstaaten oder in keinem der Vertragstaaten, so gilt sie als in dem Vertragstaat ansässig, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt.

d) Besitzt die Person die Staatsangehörigkeit beider Vertragstaaten oder keines Vertragstaates, so verständigen sich die zuständigen Behörden der Vertragstaaten gemäß Artikel 25."

Artikel 15 Z 1 DBA lautet:

"Vorbehaltlich der Artikel 16, 18 und 19 dürfen Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, sei denn, daß die Arbeit in dem anderen Vertragstaat ausgeübt wird. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so dürfen die dafür bezogenen Vergütungen in dem anderen Staat besteuert werden."

Artikel 16 DBA lautet:

"Aufsichtsrats- oder Verwaltungsratsvergütungen und ähnliche Zahlungen, die eine in einem Vertragstaat ansässige Person in ihrer Eigenschaft als Mitglied des Aufsichts- oder Verwaltungsrates einer Gesellschaft bezieht, die in dem anderen Vertragstaat ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, dürfen in dem anderen Staat besteuert werden."

Artikel 23 Z 1 und 2 DBA lauten:

"1. Bezieht eine in einem Vertragstaat ansässige Person Einkünfte oder hat sie Vermögen und dürfen diese Einkünfte oder dieses Vermögen nach diesem Abkommen in dem anderen Vertragstaat besteuert werden, so nimmt der erstgenannte Staat, vorbehaltlich der nachfolgenden Absätze, diese Einkünfte oder dieses Vermögen von der Besteuerung aus; dieser Staat darf aber bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen oder das übrige Vermögen dieser Person den Steuersatz anwenden, der anzuwenden wäre, wenn die betreffenden Einkünfte oder das betreffende Vermögen nicht von der Besteuerung ausgenommen wären.

2. Ungeachtet des Absatzes 1 darf Österreich Einkünfte im Sinne des Artikels 15 Absatz 1 sowie Einkünfte im Sinne des Artikels 19 (ausgenommen Ruhegehälter), die eine in Österreich ansässige Person aus ihrer in der Schweiz ausgeübten Arbeit aus öffentlichen Kassen der Schweiz bezieht, besteuern. Bezieht eine in Österreich ansässige Person unter Artikel 10, 15 und 19 fallende Einkünfte, die nach diesem Abkommen in der Schweiz und in Österreich besteuert werden dürfen, so rechnet Österreich auf die vom Einkommen dieser Person zu erhebende Steuer den Betrag an, der der in der Schweiz gezahlten Steuer entspricht; der anzurechnende Betrag darf jedoch den Teil der vor der Anrechnung ermittelten Steuer nicht übersteigen, der auf die aus der Schweiz bezogenen Einkünfte entfällt."

Unionsrecht

Verordnung (EWG) Nr 1612/68 des Rates vom über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (kurz VO 1612/68)

Gemäß Artikel 7 Abs 2 VO 1612/68 genießt ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen wie die inländischen Arbeitnehmer.

Nationales Recht

Gemäß § 1 Abs 2 EStG 1988 sind unbeschränkt steuerpflichtig jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.

Gemäß § 26 Abs 1 BAO hat jemand einen Wohnsitz im Sinn der Abgabenvorschriften dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

§ 4 Abs 1 Bundesgesetz betreffend ergänzende Regelungen zur Durchführung des Zollrechts der Europäischen Gemeinschaften (Zollrechts-Durchführungsgesetz - ZollR-DG) lautet:

"Die im Art. 5 des Zollkodex oder anderen zollrechtlichen Vorschriften der Europäischen Union enthaltenen Begriffsbestimmungen gelten auch in den nicht unmittelbar den Zollkodex betreffenden Bestimmungen des Zollrechts."

Gemäß § 4 Abs 2 Z 8 ZollR-DG meint der Begriff "normaler Wohnsitz" oder "gewöhnlicher Wohnsitz" jenen Wohnsitz (§ 26 der Bundesabgabenordnung) einer natürlichen Person, an dem diese wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder - im Falle einer Person ohne berufliche Bindungen - wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen der Person und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, das heißt während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr, wohnt. Jedoch gilt als gewöhnlicher Wohnsitz einer Person, deren berufliche Bindungen an einem anderen Ort als dem ihrer persönlichen Bindungen liegen und die daher veranlaßt ist, sich abwechselnd an verschiedenen Orten innerhalb und außerhalb des Zollgebiets der Union aufzuhalten, der Ort ihrer persönlichen Bindungen, sofern sie regelmäßig dorthin zurückkehrt. Die letztere Voraussetzung entfällt, wenn sich die Person im Zollgebiet der Union zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer aufhält. Der Universitäts- und Schulbesuch hat keine Verlegung des gewöhnlichen Wohnsitzes zur Folge;

2. Sachverhalt

Aufgrund des Ergebnisses des vom BFG ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

Der Bf, seine Ehefrau und die drei gemeinsamen Kinder besitzen die deutsche Staatsbürgerschaft. Der Bf ist seit 1990 in Österreich bei einem international tätigen Konzern beschäftigt und in der Wiener Gebietskrankenkasse sozialversichert. Das Einfamilienhaus mitsamt Garten ist im Grundbuch erfasst unter KG …, EZ …, BG …, (***Bf1-Adr***) und wurde vom Bf und seiner Ehefrau mit Kaufvertrag vom im Ehegatteneigentum erworben. Das Liegenschaftsobjekt stand im grundbücherlichen Eigentum der Eheleute. Das Einfamilienhaus verfügte über sieben Zimmer und die üblichen Nebenräume und bildete den Familienwohnsitz in Wien bis zur Entsendung. Laut Vorlageantrag handelt es sich dabei um ein Haus mit historisch wertvoller Architektur.

Der Bf war als Director of Country (DOC) in Österreich beschäftigt. Beginnend mit wurde der Bf plötzlich konzernintern von seiner österreichischen Arbeitgeberin (konkret: ***12*** Mode Gesellschaft mbH & Co KG mit Sitz in Wien) an eine Schweizer Konzerngesellschaft überlassen, wodurch das Arbeitsverhältnis zur österreichischen Überlasserin unberührt blieb. Entsendevereinbarung und Überlassungsvertrag vom traten am in Kraft.

Beweiswürdigend ist davon auszugehen, dass die Auslandsentsendung des Bf von Anbeginn für die Dauer von zumindest fünf Jahren von beiden Vertragsseiten beabsichtigt und geplant war.

Am hat der Bf in Wien den Veranlagungsantrag für den Hausrat als Übersiedlungsgut unterfertigt. In den Zollunterlagen ist für sämtliche Personen angegeben worden, dass in Österreich ein Wohnsitz nicht bestehen bleibt. Aus dem Umfang des übersiedelten Hausrates, der mit einem Wert von EUR 125.440,00 angeben wurde, ist beweiswürdigend davon auszugehen, dass der Familie und seine Familie geplant hatten, den Mittelpunkt der Lebensinteressen in die Schweiz für die Dauer von fünf Jahren zu verlegen. Das Übersiedlungsgut reicht vom Rasenmäher und den Außenpflanzen bis zum Pianoklavier, vom Geschirrspüler bis zu Büchern, vom Bauernschrank bis zur Bettwäsche und Porzellan.

In der Liste des Übersiedlungsgutes sind zB nicht enthalten: Schlafzimmerschrank, Küchenmöbel und typische Einbaugeräte wie Kühlschrank, Gefrierschrank, Geschirrspülgerät, Herd, Badezimmermöbel, Waschmaschine, das Kinderbett der damals siebenjährigen Tochter, das Hochbett der älteren Tochter (da eingebaut), Garderobe (da im Vorraum eingebaut). In Wien wurde ein Nachsendeauftrag eingerichtet. Telefon und UPC wurden abgemeldet. Energie (Strom- und Gas) und Wasser sind nicht abgemeldet worden. Das Haus wurde geringfügig beheizt. Als Einbruchschutz sind die Lampen mit Zeitschaltuhren versehen worden. Es wurde nachgewiesen, dass der Verbrauch an Energie während der Dauer der Entsendung nachweislich erheblich gesunken ist.

Die Heizung war mit einem Frostwächter ausgestattet. Damit war garantiert, dass keine Frostschäden entstehen können und das Haus minimal beheizt wird. Der Garten war mit einer automatischen Rasensprenganlage ausgestattet. Mit der Rasenpflege möglicherweise noch eine andere Person betraut (Zeuge ***9***). Die Küche war eine Einbauküche, die natürlich hiergeblieben ist. Ansonsten befanden sich im Haus - mit Ausnahme des Vorzimmers - lauter Möbel, die leicht mitgenommen werden konnten. Auch im Schlafzimmer befand sich kein Einbauschrank oder ein begehbarer Schrank (Zeugin ***9***).

Beweiswürdigend ist während des Auslandsaufenthaltes davon auszugehen, dass Schränke zur Aufbewahrung persönlicher Gegenstände für den Bf weiterhin vorhanden waren.

Der Bf mietete in der Schweiz in der Zeit vom 28.8. bis zunächst eine 1½-Zimmer-Wohnung, deren Kosten die Arbeitgeberin getragen hat. In der Schweiz verfügte der Bf ab dem Jahr 2010 über eine 7½ Zimmer-Wohnung, zzgl Keller, Garage, Abstellplatz. Der Mietvertrag über die Schweizer Wohnung begann am zu laufen. Die Wohnsitzverhältnisse des Bf und seiner Familie waren in Österreich und in der Schweiz gleichwertig. Die Mietkosten wurden von der Schweizer Konzerntochter getragen.

Die Kinder besuchten in der Schweiz Privatschulen. Die in Aussicht gestellte Übernahme des Schuldgeldes durch die Arbeitgeberin wurde im Dezember 2009 realisiert,

Mit Datum vom wurde dem Bf ausgehend von seiner Einreise am vom Amt für Migration Zug die Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz für fünf Jahre bis zum Zweck der Ausübung einer Erwerbstätigkeit, den Angehörigen als Familiennachzug jeweils durchgehend bis erteilt. Laut Wohnsitzbescheinigungen der Stadt Zug vom sind der Bf vom bis und die übrigen Familienmitglieder vom bis als Ausländer/Jahresaufhalter in Zug gemeldet gewesen. Gemäß der Bescheinigung der Steuerverwaltung des Kantons Zug, unterlag der Bf im Zeitraum bis hinsichtlich Kantons- und Gemeindesteuern sowie der direkten Bundessteuer der unbeschränkten Schweizer Steuerpflicht. Gemäß Erledigungen der Schweizer Steuerbehörde vom wurden der Bf und seine Ehefrau definitiv als Ehepaar unbeschränkt zur Einkommensteuer 2010 und Vermögensteuer veranlagt.

Die Beendigung der Entsendung und Rückkehr des Bf und seiner Familien nach Österreich erfolgte durch ebenfalls unerwartet und plötzlich notwendig gewordene konzerninterne Personaldispositionen. Der Eintritt des die Rückkehr notwendig machenden Ereignisses ist weder für den Bf noch seine Arbeitgeberin vorhersehbar noch die vorzeitige Rückkehr von beiden Vertragsparteien gewollt gewesen. Aus unternehmerischen Gründen der Arbeitgeberin war die vorzeitige Abberufung des Bf aus der Schweiz notwendig.

Nach erfolgter Wohnsitznahme des Bf mitsamt seiner Familie in der Schweiz bezog er ein höheres Entgelt (Nachtrag I zur Überlassungsvereinbarung vom ). Ohne Mitzug der Familie wäre der Bezug niedriger gewesen.

3. Beweismittel und Beweiswürdigung

Obige Sachverhaltsfeststellung ergab sich schlüssig aufgrund der im Verfahrenshergang dargestellten Beweismittel und des Ergebnisses des vom BFG ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahrens aus nachfolgenden Überlegungen.

Die Sachverhaltsfeststellung wurde der belangten Behörde mit Gelegenheit zu einer Stellungnahme bekanntgegeben. Die belangte Behörde äußerste sich telefonisch dahin, gegen eine Stattgabe im Punkt der Ansässigkeit in der Schweiz keine Bedenken zu haben. Ihre Rechtsansicht, dass der Wohnsitz in Wien aufrecht geblieben sei, hielt sie aufrecht und verwies auf die auch während der Auslandsentsendung in Wien ausgeübte Aufsichtsratsfunktion, für die der Bf in Wien hatte übernachten müssen.

Beiderseitige Absicht einer längeren Dauer der Entsendung

Über die Entsendung wurden zwischen der österreichischen Arbeitgeberin und dem Bf als Arbeitnehmer am eine Entsendevereinbarung (im Folgenden kurz "Vereinbarung" bezeichnet) und zwischen der österreichischen Arbeitgeberin als Überlasserin und der Schweizer Gesellschaft (konkret: ***12*** Mode ***13*** & Co) als Beschäftiger ein Überlassungsvertrag (im Folgenden kurz als "Vertrag" bezeichnet) geschlossen. In beiden Verträgen ist bestimmt, dass dadurch das Arbeitsverhältnis zur österreichischen Überlasserin unberührt bleibt. Aus folgenden Punkten des Vertrages geht klar hervor, dass die Arbeitgeberin ein großes Interesse an der Entsendung des Bf für eine längere Zeit in die Schweiz hatte und dass beide Vertragsseiten das Entstehen von Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung vermeiden wollten:

Punkt 4 der Vereinbarung regelt Aufwandsersatz und Zusatzleistungen und lautet:

"4.1. Der Arbeitgeber übernimmt sämtliche Kosten, die mit dem Wohnungswechsel des Arbeitnehmers in die Schweiz im Zusammenhang stehen, wie insbesondere Umzugskosten, Maklerkosten, Mietkautionen, etc.

4.2. Der Arbeitgeber leistet dem Arbeitnehmer eine einmalige Zahlung in Höhe von maximal CHF 17.750,00 (netto) für die Ausstattung einer Mietwohnung. Diese Zahlung wird nach Abschluss eines Mietvertrages sowie Vorlage von Belegen über Anschaffungen in entsprechender Höhe fällig.

4.3. Der Arbeitgeber übernimmt nach Umzug der Familie des Arbeitsnehmers in die Schweiz die Mietkosten für eine Mietwohnung bis zu einem durch gesonderte Vereinbarung zu definierenden Maximalbetrag. Die Parteien gehen davon aus, dass die Mietkosten CHF 3.750,00 (netto) pro Monat nicht wesentlich übersteigen werden. Bis zum Umzug der Familie des Arbeitnehmers in die Schweiz trägt der Arbeitgeber die Hotelkosten für die Unterbringung des Arbeitnehmers in der Schweiz oder alternativ die Kosten für ein Appartement. Die Übernahme der monatlichen Appartementkosten ist auf CHF 3.000,00 netto limitiert. Alternativ können auch Mietverträge durch die [***12*** Mode ***13*** & Co] Schweiz abgeschlossen werden, wobei auch in diesem Fall, die in den Sätzen 1 und 2 genannten Kosten nicht überschritten werden dürfen.

4.4. Über eine eventuelle Übernahme von Schulgeld durch den Arbeitgeber werden die Parteien gegebenenfalls ebenfalls noch eine gesonderte Vereinbarung treffen.

4.5. Der Arbeitnehmer verbleibt im österreichischen Sozial- und beruflichen Vorsorgesystem, solange dies gesetzlich möglich ist und wird nicht zur schweizerischen Sozialversicherung angemeldet.

4.6. Der Arbeitnehmer verbleibt in der betrieblichen Altersversorgung des Arbeitgebers."

Punkt 5.1. der Vereinbarung regelt die Dauer und lautet:

"Die vorliegende Vereinbarung tritt am in Kraft und wird vorerst auf ein Jahr befristet abgeschlossen. Wird die Vereinbarung nicht unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten vor Ablauf des Vertragsjahres durch eine Partei gekündigt, verlängert sie sich automatisch jeweils um ein weiteres Jahr.

Diese Vereinbarung endet aber jedenfalls nach Ablauf von fünf Jahren, ohne dass es einer Kündigung bedarf."

Die Überlassung wurde für mindestens ein Jahr und für höchstens fünf Jahre vereinbart. Die Entsendung wurde vorerst auf ein Jahr befristet abgeschlossen. Vorgesehen war eine automatische Verlängerung um jeweils ein weiteres Jahr, sofern die Vereinbarung nicht unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten vor Ablauf des Vertragsjahres durch eine Partei gekündigt wird. Dennoch wurde unionsrechtlich nach dem ersten Jahr das weitere Bestehen der Sozialversicherungspflicht in Österreich von der Wiener Gebietskrankenkasse sodann für vier Jahre am Stück ( bis ) bei der Wiener Gebietskrankenkasse eingerichtet (ON 8, Seite 13ff, Vorlageantrag).

Sind schulpflichtige Kinder betroffen, zeigen auch Arbeitgeber in aller Regel Verständnis dafür, den Beginn der Entsendung mit dem Schulbeginn in Einklang zu bringen. Für einen Wechsel zu Schulbeginn September 2009 kam die Abberufung Ende August 2009 allerdings zu spät. Der Beginn der Entsendung Ende August 2009 kam unerwartet für den Bf und seine Familie, sodass der Bf vorausreisen musste und der Familiennachzug wegen der Schulpflicht erst organisiert werden musste. Der Familiennachzug iVm dem Schulwechsel konnte mit Jänner 2010 organisiert werden, sodass vom Schuljahr 2009/10 kaum mehr als das Sommersemester 2010 offen war. Ein Schulwechsel nur für ein Semester wäre für die Kinder unzumutbar, was aber der Fall gewesen wäre, wäre die Entsendung nur für ein Jahr angelegt gewesen.

Das Übersiedlungsgut hat einen Versicherungswert von EUR 125.440,00 und nach der für Versicherungszwecke erstellten Liste (ON 17, Seite 16, 17) ist davon auszugehen, dass der Bf und seine Familie vom Wiener Wohnsitz alles in die Schweiz mitgenommen haben, um dort so leben zu können, wie sie es in Wien getan haben. In der Zollerklärung wird die Verlegung des Wohnsitzes vom Ausland nach dem schweizerischen Zollgebiet erklärt und die Ehefrau als mitübersiedelnde Person genannt. Die Wortfolge "Beibehaltung des Wohnsitzes im Ausland" wurde nicht angekreuzt. Die Wohnsitzverlegung wurde mit erklärt. Am wurde die abgabenfreie Erklärung für 334 Kolli und 5,5 Tonnen laut Liste im Gesamtwert des übersiedelten Hausrates von CHF 75.000,00 bzw EUR 125.440,00 gestellt. Nach der Liste befanden sind darunter: ein Pianoklavier im Wert von EUR 18.000,00 (weitere Instrumente im Wert von EUR 4.000,00), Bilder im Wert von EUR 13.000,00 und Teppiche im Wert von EUR 8.000,00 aus dem Wohnzimmer, Bücherregale und Bücher aus dem Wohnzimmer, Gegenstände aus jedem Bereich des Hausrats (Weihnachtsdekoration, Werkzeug, Vespa, Porzellan, Esszimmermöbel, 1 Bett aus dem Schlafzimmer und zwei weitere Betten aus anderen Zimmern, Einrichtungen der Kinderzimmer einschließlich Spielsachen, Bekleidung sämtlicher Personen, Küchenmaschine, Töpfe, Pfannen, Besteck/Zubehör, Glas, Bügeleisen, Bügelbrett, Nähmaschine, Staubsauger, Schiausrüstungen, Fahrräder, Gartenmöbel, Werkzeug, Schmuck, Tischtücher, Bettwäsche, Bettdecken, Lampen, TV, Pflanzen vom Innen- UND Außenbereich). Das Klavier wurde von den Töchtern zum Üben benötigt. Der PKW wurde gesondert in die Schweiz überführt und verzollt.

Die Unterlagen zum Übersiedlungsgut belegen als Beweismittel aus der damaligen Zeit, dass eine umfassende Verlegung des Familienwohnsitzes von Wien in die Schweiz geplant war. Dass der Bf erst im Dezember 2012, also nach Rückkehr, die Zuteilung einer Steuernummer für die beschränkte Steuerpflicht betreffend Einkommensteuer 2010 begehrte, änderst nichts an der Beweiskraft der Übersiedlungsgutliste.

Die drei Aspekte zusammen betrachtet (Sozialversicherungspflicht in Österreich nach der unionsrechtlichen sozialen Koordinierung en bloc ab dem 2. Jahr, Schulgeld für Kinder durch die Arbeitgeberin, Umfang des übersiedelten Hausrates) sprechen dafür, dass die Entsendung von Anbeginn an für die Dauer von fünf Jahren ausgelegt war.

Die belangte Behörde ist sachverhaltsbezogen davon ausgegangen, dass die Entsendung zunächst auf ein Jahr befristet abgeschlossen wurde, die sich jedoch automatisch verlängert, wenn sie nicht ordnungsgemäß durch eine Partei gekündigt wird. Die Entsendevereinbarung ist Anlage zum Überlassungsvertrag. Der belangten Behörde lag im Zeitpunkt der Entscheidung der Überlassungsvertrag nicht vor. Überlassungsvertrag und Entsendevereinbarung bilden eine rechtliche Einheit und sind gemeinsam auszulegen. In der Zusammenschau ergibt sich, dass die Entsendung für fünf Jahre geplant war und ein entsprechendes Expatriates-Paket für einen längeren Auslandsaufenthalt geschnürt wurde.

Die BelBeh hat zum Übersiedlungsgut gewürdigt, dass 334 Kolli nicht aussagekräftig seien. Nach Ansicht des BFG lässt das Übersiedlungsgut sowohl hinsichtlich seines Werte als auch hinsichtlich seines Umfanges keinen Zweifel offen, dass das Wiener Einfamilienhaus ab Mitte Dezember 2009 soweit leer stand, dass es nicht mehr als Familienwohnsitz gedient hat.

Unerwartete und plötzliche Rückberufung

Ebenfalls im August 2009 wurde der DOC ***15*** der Schweizer ***12*** Mode AG, ***14***, zum DOC für die CEE Region bestellt und für fünf Jahre nach Österreich zur Überlasserin des Bf entsandt und bekleidete die Funktion als Geschäftsführer, die zuvor der Bf ausgeübt hatte. Im Jahr 2012 wurde im Konzern ein neuer CEO für die im Aufbau befindliche ***12***-Niederlassung in China gesucht, der kurzfristig dorthin übersiedeln sollte. Der aus der Schweiz entsandte ***15*** war mit einer Asiatin verheiratet, verfügte über das dringend benötigte Asien-Know how und war kurzfristig und ungeplant zur Übernahme dieser Tätigkeit in China bereit, wodurch in Wien eine Kompetenzlücke entstand. Dem Bf wurde konzernintern nahegelegt, per Mitte 2012 wieder nach Wien zurückzukehren. Der Zeitpunkt deckte sich dieses Mal mit dem Ende des Schuljahres. Der Bf und seine Familie kehrten daher Mitte 2012 nach Österreich zurück, wo der Bf wiederum seine Tätigkeit als DOC CEE aufnahm.

Gründe, weshalb eine derart gravierende und abrupte Vertragsbeendigung gegenüber dem Bf nicht schriftlich erfolgt ist, konnten vom Vertreter der österreichischen Konzerntochter anlässlich des Erörterungsgesprächs nicht genannt werden. Der österreichische Arbeitgeber hat den Umstand der überraschenden und unerwarteten Rückberufung mit Schriftsatz vom ausdrücklich bestätigt. Die Rückberufung nach Österreich erfolgte überraschend und unerwartet.

Ausstattung Einfamilienhaus in Wien während Auslandsentsendung

Nach der Übersiedlungsgutliste anlässlich der Ausreise aus Österreich wurde aus dem Schlafzimmer nur das Bett (EUR 500,00) mitgenommen. Lediglich aus Schlafzimmer 2 und Schlafzimmer 4 wurde je ein Schrank verbracht. Bei fünf Personen wurden zwei Schränke aus Kinderzimmern und drei Betten übersiedelt. Da aus dem Schlafzimmer kein Schrank übersiedelt wurde, wurde die Zeugin ***9*** gefragt, ob es im Schlafzimmer einen Einbauschrank oder begehbaren Schrank gegeben habe. Das verneinte die Zeugin unter Wahrheitspflicht. Die Zeugin sagte aus, im Einfamilienhaus habe es nur in der Küche und im Vorzimmer Einbauschränke gegeben.

Nach dem Übergabeprotokoll an den Schweizer Vermieter waren unter den dort vorhandenen und zurückgegebenen Möbeln Wandschränke im Korridor/Essdiele und aus den anlässlich des Erörterungsgesprächs vorgelegten Fotos zeigen sechs Fotos Schränke, die bei zumindest acht Schränken sieben Meter Breite ausmachen.

Die Übersiedlungsgutliste iZm der Rückführung nach Österreich wurde von der belangten Behörde mit Vorhalt vom (Frage 5) abverlangt, jedoch mit Vorhaltsbeantwortung vom nicht vorgelegt. Die Frage 5 wurde im Antwortkatalog der Vorhaltsbeantwortung ausgelassen (kein "ad 5"). Die von der Arbeitgeberin geleistete Einmalzahlung wurde für Möbelkäufe aufgebraucht und die Belege wurden nach 10 Jahren entsorgt.

Es lässt sich daher auch nicht feststellen, welche Möbel der Bf für sich erworben hat. Eine objektive Überprüfung, ob die in die Schweiz mitgenommenen Schränke identisch sind mit den aus der Schweiz zurückgebrachten Schränken, ist folglich ebenso nicht möglich.

Die vom Schweizer Vermieter mitvermieteten Schränken sind nach den vorgelegten Fotos jedoch so viele Schränke, dass kein Bedarf bestanden hat, (sämtliche) Schränke von Wien in die Schweiz zu verbringen. Trotz unter Wahrheitspflicht getätigter Aussage wird aufgrund dieser Ausführungen zu Schränken am Wiener Wohnsitz davon ausgegangen, dass während des Auslandsaufenthaltes Schränke zur Aufbewahrung persönlicher Gegenstände weiterhin vorhanden waren. Diese Annahme wird dadurch erhärtet, dass die Fragen nach einer Übernachtung anlässlich der Teilnahme an Aufsichtsratssitzungen (ON 37, hg Beschluss , Frage 3) nicht beantwortet und die erbetenen Unterlagen nicht vorgelegt wurden.

4. Rechtliche Beurteilung

4.1. Zu Spruchpunkt I.

Die zulässige und als Bescheidbeschwerde zu erledigende Berufung ist teilweise begründet.

Die Abhaltung einer mündlichen Senatsverhandlung war ordnungsgemäß beantragt. Beide Anträge wurden mit Schriftsatz vom rechtswirksam zurückgenommen.

Mit Berufungsantrag wurde die Steuerfestsetzung von EUR 17.713,04 begehrt, die nach den Regeln der unbeschränkten Steuerpflicht berechnet wurde. Die "Steuerschätzung 2010" unter Zugrundelegung der beschränkten Steuerpflicht wurde lediglich mit an die Richterin persönlich gerichteter E-Mail vorgelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschlüssen , , ausgeführt, dass einem E-Mail im Anwendungsbereich der BAO nicht die Eigenschaft einer Eingabe zukommt, wobei es sich nicht einmal um eine einem Formgebrechen unterliegende, der Mängelbehebung gemäß § 85 BAO zugängliche Eingabe handelt. Ein mit E-Mail eingebrachtes Anbringen löst weder eine Entscheidungspflicht der Behörde aus, noch berechtigt es die Behörde, eine bescheidmäßige Entscheidung zu fällen, die von einem Anbringen abhängig ist, etwa eine Entscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zu fällen, die von einem Rechtsmittel abhängig ist. Die Abgabenbehörde ist nicht einmal befugt, das "Anbringen" als unzulässig zurückzuweisen, weil es sich bei einem solchen E-Mail eben nicht um eine Eingabe an die Behörde handelt.

Die an das BFG gerichteten E-Mails sind daher keine Eingaben und keine Ergänzungsschriftsätze zum Beschwerdeschriftsatz und können den Beschwerdeschriftsatz weder ergänzen noch abändern. Bereits anlässlich der Zurücknahme der Anträge auf Senat und Mündlichkeit wurde darauf hingewiesen, dass EINGABEN nach der BAO rechtswirksam ausschließlich schriftlich (Post oder Fax) eingebracht werden können. Die E-Mails waren daher nur soweit zu beachten, als damit Beweismittel vorgelegt wurden oder Sachverhaltsvorbringen erstattet wurde.

Ob die Bescheide, betreffend Einkommensteuer 2011 und 2012, vorläufig erlassen wurden, hängt ausschließlich von deren Spruch ab, ob also im Spruch eine Abgabenfestsetzung nach § 200 Abs 1 BAO erfolgt ist. Ein "davon ausgehen" ist rechtlich nicht vorgesehen. Das BFG kann in der "Urteilsausfertigung" solches weder formalrechtlich (da in der BAO nicht vorgesehen) ausführen noch ist das BFG für über die Beschwerdesache hinausgehende Rechtssachen sachlich zuständig.

Umfang der Steuerpflicht in Österreich

Die Frage, ob in Österreich die Voraussetzungen für eine unbeschränkte oder beschränkte Steuerpflicht erfüllt sind, ist allein nach § 26 Abs 1 und 2 BAO zu beurteilen. Auf die (subjektiven) Begriffe des zwischenstaatlichen Steuerrechts kommt es dabei nicht an. Gemäß § 26 Abs 1 BAO hat jemand einen Wohnsitz im Sinn der Abgabenvorschriften dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Davon zu unterscheiden ist die Frage der Ansässigkeit in einem Vertragsstaat, die ausschließlich nach zwischenstaatlichem Steuerrecht zu beantworten ist.

Eine Wohnung iSd § 26 Abs 1 BAO sind Räumlichkeiten, die nach der Verkehrsauffassung zum Wohnen geeignet sind, also ohne wesentliche Änderung jederzeit zum Wohnen benützt werden können und ihrem Inhaber nach Größe und Ausstattung ein dessen Verhältnissen entsprechendes Heim bieten (zB 91/14/0041; Ra 2021/13/0080). Die Wohnung muss nicht "standesgemäß" sein ( 1356/72; , 2002/15/0102). Damit Räumlichkeiten nach der Verkehrsauffassung als Wohnung geeignet sind, müssen sie so ausgestattet sein, dass sie es erlauben, sich nicht nur ganz kurzfristig dort aufzuhalten: Die Möglichkeiten zum Schlafen, zur Körperpflege, zur Zubereitung von Essen und zur Aufbewahrung persönlicher Gegenstände muss gewährleistet sein ( RV/2100743/2014; Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), Lindeverlag, § 26, Rz 1 mwN).

Laut Sachverhalt und Beweiswürdigung hatte der Bf die Möglichkeiten zum Schlafen im nicht abgebauten Hochbett der zweiten Tochter, das Badezimmer war zur Körperpflege geeignet, weil das Wasser nicht abgedreht war, Strom und Gas waren ebenfalls nicht abgeschaltet, sodass auch die Zubereitung von Essen möglich war und es lagen die Voraussetzungen für die Aufbewahrung persönlicher Gegenstände vor.

Maßgebend ist die tatsächliche Gestaltung der Dinge ( 95/13/0150; , 2005/15/0127). Auf die subjektive Absicht und Einstellung kommt es nicht an ( 89/15/0115; , Ra 2021/13/0080). Entscheidend ist das objektive Moment der Innehabung unter den in § 26 Abs 1 genannten Umständen ( 89/16/0020, Ritz/Koran, aaO, Rz 4 mwN). Die Wohnung muss nicht den Mittelpunkt der Lebensinteressen bilden ( 89/15/0115). Man kann gleichzeitig mehrere Wohnsitze haben (zB 95/16/0228, Ra 2019/15/0145, Ritz/Koran, aaO, Rz 8 mwN).

Das BFG ist davon überzeugt, dass der Bf in Wien während der Dauer der Entsendung den Mittelpunkt der Lebensinteressen nicht hatte. Als subjektives Element kommt es bei der Beurteilung, ob ein Wohnsitz vorliegt, auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen nicht an.

Innehaben bedeutet, über eine Wohnung tatsächlich oder rechtlich verfügen zu können, sie also jederzeit für den eigenen Wohnbedarf benützen zu können. Als Rechtsgründe für die Innehabung kommt vor allem Eigentum (zB am Einfamilienhaus) in Betracht (Ritz/Koran, aaO, Rz 5,6 mwN). Als Anhaltspunkt für eine Mindestfrist für die Innehabung der Wohnung unter Umständen, die auf die Beibehaltung und Nutzung schließen lassen, wird in der Literatur auf die Sechsmonatsfrist des § 26 Abs 2 BAO abgestellt (Ritz/Koran, aaO, Rz 9 mwN).

Im Beschwerdefall hat der Bf gemeinsam mit seiner Ehefrau grundbücherliches Ehegatteneigentum an dem als Familienwohnsitz dienenden Einfamilienhaus durch Intabulierung im Jahr 2002 begründet und das Einfamilienhaus während seiner Abwesenheit von Österreich nicht in Bestand gegeben, sodass die rechtliche Verfügungsmöglichkeit und damit die Innehabung gegeben waren. Das Einfamilienhaus sollte nach Beendigung der Entsendung wieder als Familienwohnsitz für sämtliche Familienangehörigen dienen und war während der Dauer der Entsendung für den Bf als Wohnsitz geeignet.

Nach jüngerer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ( Ra 2019/15/0145; Ra 2021/13/0080), ist es nicht entscheidend, in welchem zeitlichen Ausmaß eine Wohnung tatsächlich genutzt wird. Insbesondere treffe es nicht zu, dass nach der Rechtsprechung des VwGH eine bestimmte Mindestanzahl von jährlichen Nächtigungen Voraussetzung dafür ist, eine Wohnung als Wohnsitz iSd § 26 zu qualifizieren (vgl Ritz/Koran, aaO, Rz 9 mwN).

In dieselbe Richtung weist die jüngere Rechtsprechung des BFH , I R 15/01, DStRE 2003, 346, wonach für die Annahme eines Wohnsitzes (und damit für die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht) nicht erforderlich ist, dass "der Steuerpflichtige sich während einer Mindestzahl von Tagen oder Wochen im Jahr in der Wohnung aufhält. Entscheidend ist allein, ob objektiv erkennbare Umstände dafür sprechen, dass der Steuerpflichtige die Wohnung für Zwecke des eigenen Wohnens beibehält (….). Die Ausstattung und tatsächliche Nutzung sind geeignete Umstände, um wiederzugeben, zu welchem Zweck" der Steuerpflichtige die Wohnung hält (vgl Ritz/Koran, aaO, Rz 9 mwN).

Der Bf und seine Ehefrau als Eigentümer haben das Einfamilienhaus zur Nutzung für eigene Wohnzwecke beibehalten. Die jüngere Rechtsprechung von VwGH und BFG gehen dahin, dass es im Beschwerdefall gar nicht darauf amkäme, dass es das Einfamilienhaus während der Dauer der Entsendung tatsächlich für eigene Wohnzwecke genutzt wurde, was aber aufgrund der Tätigkeit in Österreich als Aufsichtsratsmitglied laut Beweiswürdigung angenommen werden kann.

Die polizeiliche Ab- und Anmeldung (§ 1 Abs 1 MeldeG) ist nicht entscheidend (VwGH, 91/14/0041; Ra 2015/15/0066), kann aber in Zweifelsfällen einen Begründungsanhalt bieten ( 89/16/0020; , 2004/16/0001). Ebenso Indizwirkung haben etwa die Abmeldung des Telefons und die Tatsache, dass die Wohnung außer einigen Einbaumöbeln leer ist (; Hebenstreit/Lenneis/Reinalter in Lenneis/Wanke, FLAG2, § 2 Rz 7, Ritz/Koran, aaO, Rz 7 mwN).

Das vom stammende VwGH-Erkenntnis ist zur Abmeldung des Telefons durch die technische Entwicklung in seiner Indizwirkung nach Ansicht des BFG eingeschränkt worden. In Zeiten der Mobiltelefonie und Internet am Handy ist die Abmeldung des Festnetzanschlusses kein Nachweis für Ortsabwesenheit mehr.

Nach Stapperford (in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz 21, § 1 Tz 63) ist es unerheblich, ob die Räumlichkeiten möbliert sind; jedoch sei erforderlich, dass sie beheizbar sind (vgl Ritz/Koran, aaO, Rz 7 mwN).

Das Einfamilienhaus war während der Dauer der Auslandsentsendung beheizbar und wurde zum Frostschutz auch tatsächlich beheizt.

Somit hatte der Bf in Wien und in der Schweiz einen Wohnsitz, wodurch Doppelbesteuerung potentiell denkbar wird, und anhand des Art 4 DBA der Ansässigkeitsstaat zu bestimmen ist.

Bemerkt wird, dass der Wohnsitzbegriff des Einkommensteuerrechts verschieden ist vom zollrechtlichen Wohnsitzbegriff. Die zollrechtliche Freistellung als Übersiedlungsgut ist unabhängig von einer Wohnsitzannahme in Österreich für Zwecke der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht und daher durch diese Entscheidung nicht gefährdet.

Bei der Ermittlung des Ansässigkeitsstaates hat die belangte Behörde die Prüfung der Wohnstätte übersprungen, worauf der Vorlageantrag zu Recht hinweist.

Wohnstätte, Mittelpunkt der Lebensinteressen

Im Fall einer Doppelansässigkeit nach Art 4 Abs 1 DBA-CH ist nach dem ersten Satz des Art 4 Abs 2 lit a DBA-CH zu prüfen, ob das Einfamilienhaus als eine ständige Wohnstätte anzusehen ist (;

Die ständige Wohnstätte ist ein Terminus des zwischenstaatlichen Steuerrechts und nach diesem auszulegen.Für eine Wohnstätte ist die subjektive Bestimmung der in ihr wohnenden natürlichen Person maßgeblich, an ihr ständig, und nicht nur gelegentlich zu wohnen oder sie bei sich bietender Gelegenheit zu nutzen. Dafür hat der Bf mit seiner Familie in der Schweiz Vorkehrungen getroffen (Arbeit, Schule, Klavierspielen, PKW in der Schweiz). Die Auslegungsregel ist, dass das Zentrum des eigenen häuslichen Lebens nur bei einem Wohnsitz liegt. Es wird häufig durch den Ort bestimmt, an dem die Familie lebt, was in concreto in der Schweiz der Fall ist (Wassermeyer in Wassermeyer/Lang/Schuch, Doppelbesteuerung, Linde, 2010, 286 Rz 55, 56).

Im Beschwerdefall erfüllt der Wohnsitz in der Schweiz die Voraussetzungen als Wohnstätte, sodass die Schweiz Ansässigkeitsstaat ist und in Österreich unbeschränkte Steuerpflicht besteht.

Erst an dritter Stelle wäre im Fall einer weiterbestehenden Doppelansässigkeit nach dem zweiten Satz des Art 4 Abs 2 lit a DBA-CH der Mittelpunkt der Lebensinteressen zu ermitteln. Zum Mittelpunkt der Lebensinteressen führte die belangte Behörde ins Treffen, dass dieser erst nach einer gewissen Dauer verlegt werde und im konkreten Fall der Zeitraum von 2¾ Jahren beim Bf sowie von bloß 2½ Jahren bei den übrigen Familienangehörigen zu kurz sei, um eine Verlegung des Lebensmittelpunktes anzunehmen.

Das BFG teilt diese Bedenken ausnahmsweise nicht, weil der Bf anlässlich des Erörterungsgesprächs am durch die Bestätigung seiner Arbeitgeberin nachgewiesen hat, dass er unerwartet und völlig überraschend aufgrund eines Wechsels auf der Managerebene in Wien nach Österreich abberufen wurde. Die Abberufung lag somit gänzlich außerhalb seiner Gestaltungsmöglichkeiten. Die unerwartete und überraschend erfolgte Abberufung entkräftet nicht den Umstand, dass die Entsendung ernsthaft auf fünf Jahre geplant und beabsichtigt war.

§ 115 Abs 3 BAO verpflichtet die Abgabenbehörden Angaben der Abgabepflichtigen und amtsbekannte Umstände auch zugunsten der Abgabepflichtigen zu prüfen und zu würdigen. Leg.cit. verpflichtet die Abgabenbehörde auch dazu, jene rechtlichen Überlegungen in ihre Entscheidung aufzunehmen, aufgrund derer sie ein Beweismittel nicht für relevant hält. Konkret trifft dies im Beschwerdefall auf die Übersiedlungsgutliste anlässlich der Ausreise die vom Abgabepflichten zu.

Veranlagung nach § 39 EStG 1988 iVm DBA-CH

Neben den auf Österreich entfallenden nichtselbstständigen Managerbezügen iHv EUR 48.126,27 (nach Abzug SV) erwirtschaftete der Bf im Jahr 2010 inländische Einkünfte aus selbständiger Arbeit gemäß §§ 22 Z 2 erster Teilstrich von EUR 8.294,97 und einen inländischen Verlust aus Vermietung und Verpachtung iHv EUR 424,53. Im Lohnzettel wurde keine anrechenbare Lohnsteuer ausgewiesen. Da die selbständigen Einkünfte über EUR 730,00 liegen, sind die Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung erfüllt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist ein Kind iSd § 106 Abs 1 EStG 1988 ein solches, das dem Steuerpflichtigen oder dessen (Ehe)Partner den Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 4 Z 3 lit a EStG 1988 vermittelt. Der Kinderabsetzbetrag steht demjenigen zu, dem nach den Bestimmungen des FLAG 1967 Familienbeihilfe gewährt wird. Aus den genannten Regelungen ergibt sich, dass beim Beschwerdeführer ein Kind iSd § 106 Abs. 1 EStG 1988 nur im Falle eines Familienbeihilfenbezuges durch den Beschwerdeführer selbst oder seinen (Ehe)Partner gegeben wäre. Der unzweifelhafte Wortlaut der Regelungen stellt auf die Familienbeihilfe ab (; ).

Der tatsächliche Bezug der Familienbeihilfe mitsamt Kinderabsetzbetrag ist materiell-rechtliche Tatbestandsvoraussetzung für den Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag (; ). Am wurde die Mitteilung über den Bezug der FB für den streitgegenständlichen Zeitraum vorgelegt, sodass die Voraussetzungen für den Alleinverdienerabsetzbetrag 2010 erfüllt werden.

Der Alleinverdienerabsetzbetrag ist eine steuerliche Vergünstigung iSd Artikel 7 Abs 2 VO 1612/68 bzw Art 7 Abs 2 VO 492/2011 (, Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich wegen Indexierung). Die Schweiz ist Drittstaat, partizipiert aber an der Arbeitnehmerfreizügigkeit und die dazu ergangenen EU-Verordnungen der sozialen Koordinierung. Es ist folglich nicht Voraussetzung, dass der Bf, die Ehefrau und Kinder in Österreich einen Wohnsitz oder den Mittelpunkt des Lebensinteresses haben. Da der Bf von der unionsrechtlich eingerichteten Möglichkeit der Beibehaltung des Sozialversicherungssystems im Fall einer Entsendung Gebrauch gemacht hat, war Österreich als Beschäftigungsstaat qua Unionsrecht vorrangig zur Leistung der Familienbeihilfe verpflichtet (Art 14, 73, 76 VO 1408/71), weil die Schweiz, wo die Familie tatsächlich gelebt hat, nach ihren eigenen Rechtsvorschriften den Kindergeldanspruch nicht an die Ausübung einer Beschäftigung angeknüpft hat.

4.2. Zu Spruchpunkt II. (Anspruchszinsen)

Nach § 205 Abs 1 BAO sind jeweils Differenzbeträge zu verzinsen, insbesondere jene, die sich aus einer Gegenüberstellung einer neuerlichen Abgabenfestsetzung mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben. Bei Abänderungen von Abgabenfestsetzungen ergibt sich der zinsenrelevante Differenzbetrag also aus der nunmehr vorgeschriebenen Abgabe abzüglich der bisher vorgeschriebenen Abgabe. Jeweils nach Abänderung der zugrunde liegenden Abgabe sind neue (weitere) Anspruchszinsenbescheide zu erlassen, die insoweit eine eigene "Sache" bilden (vgl , mwN).

Aufgrund dieses Erkenntnisses hat die belangte Behörde einen neuen Anspruchszinsenbescheid 2010 zu erlassen. Eine Abänderung des Anspruchszinsenbescheides ist nicht vorgesehen.

4.2. Zu Spruchpunkt III. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur Auslegung des Wohnsitzbegriffes (§ 26 Abs 1 BAO) liegt eine ausreichende und beständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vor, auf die sich das Erkenntnis stützt und von der abzuweichen die Beschwerde keinen Anlass bot. Auch zum Wohnstättenbegriff des Art 4 DBA-CH exisitert Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, sodass die ordentliche Revision nicht zuzulassen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 7 Abs. 2 VO 1612/68, ABl. Nr. L 257 vom S. 2
Art. 7 Abs. 2 VO 492/2011, ABl. Nr. L 141 vom S. 1
Art. 4 Abs. 1 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
§ 115 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 33 Abs. 4 Z 3 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 26 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 4 Abs. 1 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
Art. 4 Abs. 2 lit. a DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
§ 4 Abs. 2 Z 8 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
§ 106 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise











VwGH, 90/16/0176





BFH , I R 15/01


ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102669.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at