Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.07.2023, RV/7103333/2010

Überlassung der Räumlichkeiten einer GmbH an ihren Geschäftsführer für dessen private Wohnzwecke als weitere Entlohnung seiner Geschäftsführertätigkeit - betrieblich veranlasst sofern Gesamtentlohnung angemessen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Maria Daniel in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerde (vormals Berufung) vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg (nunmehr Finanzamt Österreich) betreffend Umsatzsteuer 2006 bis 2009 und Körperschaftsteuer 2006 bis 2008 sowie über die Beschwerde (vormals Berufung) vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg (nunmehr Finanzamt Österreich) betreffend Körperschaftsteuer 2009 zu Recht:

Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer der Jahre 2006 bis 2009 sind den als Beilagen angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Bei der Veranlagung der Körperschaftsteuer der Jahre 2006 bis 2009 wurden die Feststellungen der Betriebsprüfung der Zeiträume 2003 bis 2005 berücksichtigt und dabei folgende Gewinnhinzurechnungen abweichend von den Erklärungen hinsichtlich des Gebäudes und des PKW vorgenommen:

Hinzurechnung 2006: 21.206,95 (Gebäude) + 1.009,20 (PKW Privatanteil)

Hinzurechnung 2007: 22.604,44 (Gebäude) + 1.494,43 (PKW Privatanteil)

Hinzurechnung 2008: 19.999,35 (Gebäude)

Hinzurechnung 2009: 20.234,07 (Gebäude)

Die Gewinnhinzurechnung der Wirtschaftsjahre 2006 und 2007 betreffend PKW ergeben sich durch Ansatz eines Privatanteiles iHv 20%.

Bei der Veranlagung der Umsatzsteuer der Jahre 2006 bis 2009 wurden aufgrund der getroffenen Feststellungen der Betriebsprüfung für die Jahre 2003 bis 2005 folgende Vorsteuerkürzungen abweichend von den ursprünglichen Erklärungen vorgenommen:

Vorsteuerkürzung 2006: 777,43

Vorsteuerkürzung 2007: 1.068,22

Vorsteuerkürzung 2008: 585,63

Vorsteuerkürzung 2009: 630,85

Die Vorsteuerkürzungen erfolgten laut Bescheidbegründungen in Verbindung mit den "Hinzurechnungen hinsichtlich des Hauses in Klosterneuburg, Ubald Kostersitzg."

Es wurden keine Haftungsbescheide erlassen.

Gegen die Bescheide betreffend Umsatzsteuer 2006 bis 2009 sowie Körperschaftsteuer 2006 bis 2009 brachte die Beschwerdeführerin rechtzeitig das Rechtsmittel der (nunmehr) Beschwerde ein und führt dabei aus:

"Die Korrekturen des Finanzamtes wurden auf Grund der BP 2003 - 2005 durchgeführt, welche nach einer fristgerechten Berufung von uns beim UFS anhängig ist.

Da es noch keinen Entscheid des UFS gibt und wir weiterhin nicht die Auffassung des Finanzamtes teilen, berufen wir gegen die nunmehr ergangenen vorläufigen Bescheide und beantragen eine vorläufige Veranlagung, wie wir sie der Finanzbehörde übermittelt haben."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Im vorliegenden Fall ist strittig ob Aufwendungen hinsichtlich des Gebäudes als Betriebsausgaben und die damit im Zusammenhang stehenden Vorsteuern zu berücksichtigen sind.

Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung und in der Unternehmensberatung tätig.

Die Beteiligungsverhältnisse stellen sich im maßgeblichen Zeitraum (2006-2009) wie folgt dar:

***A*** (Vater des Geschäftsführers) - Stammeinlage 28.000 Euro

***B*** (Ehefrau des Geschäftsführers) - Stammeinlage 7.000 Euro

Das Wirtschaftsjahr der Beschwerdeführerin endet jeweils am 30. September.

Anlässlich einer für die Abgabenzeiträume 2003 bis 2005 durchgeführten Betriebsprüfung bei der Beschwerdeführerin wurde für die private Nutzung des Firmen-PKW ein Privatanteil iHv 20% angesetzt und der im Erd- und Obergeschoß als Dienstwohnung für den Geschäftsführer genutzte Teil des durch die Beschwerdeführerin im Jahr 2002 erworbenen und in den Folgejahren umgebauten Gebäudes der außerbetrieblichen Sphäre der GmbH zugeordnet. Das ausgebaute Dachgeschoß, welches der Beschwerdeführerin als Firmensitz diente, wurde als betrieblich veranlasst anerkannt.

Für den Streitzeitraum lag kein schriftlicher Mietvertrag vor. Die Nutzungsrechte an der Liegenschaft wurden dem Geschäftsführer mittels Dienstvertrag zugesprochen.

Das Beschwerdeverfahren betreffend die Wirtschaftsjahre 2003 bis 2005 wurde mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom zu GZ RV/7102088 abgeschlossen. Das Bundesfinanzgericht stellte dabei fest, dass es sich beim verfahrensgegenständlichen Gebäude weder um eine Luxusimmobilie handelte, noch, dass das Wohngebäude speziell auf die Wohnbedürfnisse eines Gesellschafters ausgestattet war und kam zum Ergebnis, dass unter Berücksichtigung des Barlohns und eines fremdüblichen Mietentgelts iHv 900 Euro der Vorteil aus der Nutzung der Räumlichkeiten als Dienstwohnung für den Geschäftsführer zu keiner unangemessenen Gesamtentlohnung geführt hat.

Der anlässlich der Außenprüfung angesetzte Privatanteil für den PKW im Ausmaß von 20% wurde lediglich hinsichtlich der Bemessungsgrundlage im Rahmen des Beschwerdeverfahrens für die Zeiträume 2003-2005 bekämpft, da die Außenprüfung als Teil der Kosten des PKW eine Abschreibung für Abnutzung angesetzt hatte, obwohl der PKW bereits auf den Restbuchwert iHv 1 Euro abgeschrieben war und folglich kein Aufwand aus dem Titel Abschreibung für Abnutzung verbucht worden war.

Im Wirtschaftsjahr 2006 wurde einer neuer PKW angeschafft. Ab dem Wirtschaftsjahr 2008 wurde bereits von der Beschwerdeführerin ein Privatanteil iHv 20% iZm der Privatnutzung des PKW bei der Körperschaftsteuererklärung berücksichtigt.

Der Geschäftsführergehalt stellt sich in den Wirtschaftsjahren 2006 bis 2009 (im Zeitraum Oktober 2005 bis September 2009) wie folgt dar:


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Gehalt
Sachbezug für Dienstwohnung
Oktober bis Dezember 2005
3.500 €
477,40 €
ab Jänner 2006 bis Dezember 2008
3.600 €
477,40 €
ab Jänner 2009
3.800 €
477,40 €

Beweiswürdigung:

Die Feststellungen gründen sich auf die im Veranlagungsakt und Arbeitsbogen der Betriebsprüfung ersichtlichen Unterlagen (insb Gewinn- und Verlustrechnung, Anlageverzeichnisse der betreffenden Veranlagungsjahre) sowie auf die zu GZ RV/7102088/2008 genannten Beweismittel (wie insb historische Recherchen zu fremdüblichen Mieterlösen).

Wie im Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom zu GZ RV/7102088/2088 ausgeführt, ist die verfahrensgegenständliche Liegenschaft weder im Luxusimmobilienbereich angesiedelt, noch beinhaltet die konkrete Ausgestaltung des Objektes extravagante Einrichtungen, Böden, Tapeten oder dergleichen. Auch wenn die Büroräumlichkeiten über eine allgemeine Fläche zu erreichen sind, kann nach oa Erkenntnis nicht daraus abgeleitet werden, dass das Wohngebäude speziell auf die Bedürfnisse des Gesellschafter-Geschäftsführers abgestellt ist und für den privat genutzten Teil des Gebäudes kein funktionierender Mietenmarkt vorliege.

Im Übrigen ist der Sachverhalt unstrittig.

Rechtlich folgt daraus:

Gem § 4 Abs 4 EStG 1988 sind Betriebsausgaben Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind.

Nach § 8 Abs 2 KStG 1988 ist es für die Ermittlung des Einkommens ohne Bedeutung, ob das Einkommen im Wege offener oder verdeckter Ausschüttungen verteilt oder entnommen oder in anderer Weise verwendet wird.

§ 2 Abs 1 UStG 1994 bestimmt:

"Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfaßt die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird."

Gem § 12 Abs 1 Z 1 lit a UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind abziehen.

Überlässt eine GmbH die Nutzung ihr gehörender Räumlichkeiten dem Geschäftsführer für dessen private Wohnzwecke als weitere Entlohnung seiner Geschäftsführertätigkeit und erbringt damit insgesamt ein angemessenes Entgelt für ihr gegenüber erbrachte Leistungen, ist dieses Entgelt auf Seiten der GmbH betrieblich veranlasst (vgl ).

Erweist sich hingegen die Gesamtentlohnung als überhöht, so stellt die Nutzungsüberlassung ertragsteuerlich insoweit eine verdeckte Ausschüttung dar, als sie nicht mehr in einer fremdüblichen Gesamtentlohnung Deckung findet.

Das Bundesfinanzgericht gelangte im Erkenntnis vom () zum Ergebnis, dass der Vorteil aus der Nutzung der Räumlichkeiten als Dienstwohnung des Geschäftsführers (Sohn des Gesellschafters bzw Ehemann der Gesellschafterin) für den Zeitraum 2003 bis 2005 zu keiner unangemessenen Gesamtentlohnung geführt hat. Die monatliche Gesamtentlohnung ergab sich dabei unter Berücksichtigung des Barlohns iHv 3.500 Euro (ohne Sachbezug für die "Dienstwohnung") und dem Ansatz eines fremdüblichen Mietentgelts iHv 900 Euro.

Im Zeitraum Oktober 2005 bis September 2009 wurde der Sachbezug iHv 477,40 Euro unverändert fortgeführt. Der monatliche Barlohn des Geschäftsführers (ohne Sachbezug) betrug ab Jänner 2006 3.600 Euro und ab Jänner 2009 3.800 Euro.

Unter Berücksichtigung eines angemessenen Mietentgelts iHv 900 Euro ergibt sich somit eine monatliche Gesamtentlohnung des Geschäftsführers bis Dezember 2005 iHv 4.400 Euro, ab Jänner 2006 iHv 4.500 Euro, bzw ab Jänner 2009 iHv 4.700 Euro, die nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts nicht als fremdunüblich zu beurteilen ist.

Die Überlassung der Räumlichkeiten an den Geschäftsführer für dessen private Wohnzwecke ist daher als weitere Entlohnung der Geschäftsführertätigkeit auf Seiten der GmbH betrieblich veranlasst.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, da die zu lösenden Rechtsfragen bereits durch die bisherige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet wurden. Es wird dabei auf die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Beilagen: 8 Berechnungsblätter

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103333.2010

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at