Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.07.2023, RV/6100100/2022

§ 212a Abs 2 lit a BAO, Beschwerde offenkundig nicht erfolgsversprechend

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Susanne Zankl in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Antrag vom auf Bewilligung der Aussetzung § 212a BAO 2021 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

Nach einer Verurteilung durch das Landesgericht Salzburg als Strafgericht am Datum zu Zahl wurde der Beschwerdeführer (Bf) mit Bescheid vom gem. § 11 Bundesabgabenordnung (BAO) zur Haftung betreffend die hinterzogenen Abgaben herangezogen. Die gegen diesen Haftungsbescheid erhobene Beschwerde wurde vom Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom zu RV/6100529/2020 abgewiesen.
Im Zuge der Erlassung des Haftungsbescheides vom wurden die entsprechenden Abgabenbescheide betreffend die im Spruch des Haftungsbescheides angeführten Abgaben dem Bf ebenso zugestellt.
Gegen diese Abgabenbescheide betreffend GmbH brachte der Beschwerdeführer am Beschwerde beim Bundesfinanzgericht ein und wird in dieser Beschwerde zusammengefasst vorgebracht, dass die mit diesen Bescheiden vorgenommenen Abgabenfestsetzungen nicht den tatsächlichen Betriebsergebnissen entsprechen würden. Ebenso stellte der Bf den Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.
Gleichzeitig brachte der Bf im Rahmen dieser Beschwerde den streitgegenständlichen Antrag auf Bewilligung der Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAO des in den Abgabenbescheiden ausgewiesenen Gesamtbetrages von € 483.735,19 ein.
Dieser Antrag wurde seitens der Abgabenbehörde infolge als "offenkundig nicht erfolgsversprechend" am abgewiesen.

Dagegen wurde am Beschwerde eingebracht, die die Finanzbehörde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abwies.

Am stellte der Bf den Antrag die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht (BFG) zur Entscheidung vorzulegen. Die Beschwerden wären berechtigt und nicht aussichtslos. Gleichzeitig stellte der Bf den Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor dem gesamten Senat.

Der Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor dem gesamten Senat wurde mit Schriftsatz (Fax) vom zurückgezogen.

II. Beweiswürdigung

Der vorstehend geschilderte Sachverhalt ist in dem vom Finanzamt vorgelegten Akt abgebildet und unbestritten. Vom Bf wird jedoch bestritten, dass die mit den obgenannten Abgabenbescheiden vorgenommenen Abgabenfestsetzungen den tatsächlichen Betriebsergebnissen entsprechen würden, die Beschwerde deshalb nicht aussichtslos wäre.

III. Rechtliche Würdigung

Gem. § 212a Abs 2 BAO ist die Aussetzung der Einhebung nicht zu bewilligen,
a) soweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint, oder
b) soweit mit der Bescheidbeschwerde ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht, oder
c) wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist.

Eine Aussetzung ist nach § 212a Abs 2 lit a BAO nicht zu bewilligen, soweit die Bescheidbeschwerde nach Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint. Dies ist nicht mit offenkundiger Erfolglosigkeit oder offenbarer Mutwilligkeit der Bescheidbeschwerde gleichzusetzten. Anders jedoch wonach eine Abweisung nur dann in Betracht kommt, wenn die Erfolglosigkeit eines Rechtsmittels offenkundig ist, wenn also die Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels für jede mit der Sache vertraut gemachte urteilsfähige und objektiv urteilende Person erkennbar ist.

Nach § 248 BAO kann der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid, § 224 BAO) innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Beschwerde erheben.

IV. Erwägungen

Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voran, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an diesen Abgabenbescheid zu halten. Diese in § 248 BAO ausgedrückte Bindungswirkung fordert lediglich wirksame, nicht jedoch rechtskräftige Abgabenbescheide. Somit eröffnet diese Bestimmung dem Haftungspflichtigen einen eigenständigen Rechtszug gegen den seiner Haftungsinanspruchnahme zugrundeliegenden Abgabenbescheid. Damit ist der Rechtschutz des zur Haftung Herangezogenen gewahrt.
Die Haftung gemäß § 11 BAO basiert jedoch nicht auf einem eine Bindungswirkung auslösenden Abgabenbescheid, sondern vielmehr auf der rechtskräftigen Verurteilung wegen eines vorsätzlichen Finanzvergehens wie etwa Abgabenhinterziehung. Die Bindungswirkung besteht in diesem Fall gegenüber dem Strafurteil.

Im vorliegenden Fall steht außer Streit, dass der Bf mit Urteil des Landesgerichtes vom Datum zu Zahl der Hinterziehung gemäß § 33 FinStrG hinsichtlich der Umsatzsteuer 2001 bis 2007, Körperschaftsteuer 2003 bis 2009 sowie Kapitalertragsteuer für die Jahre 2001 bis 2010 schuldig erkannt wurde.

Diese Verurteilung und nicht die Abgabenbescheide bildet die Grundlage für die Haftungsinanspruchnahme nach § 11 BAO. Die Abgabenbehörde ist im Haftungsverfahren daher nicht an die Abgabenbescheide, sondern an den Urteilsspruch des Landesgerichtes gebunden. Dies hat zur Folge, dass dem Bf gemäß § 248 BAO kein Beschwerderecht gegen die obgenannten Abgabenbescheide zukommt, weil diese keine Bindungswirkung in Bezug auf das Haftungsverfahren nach § 11 BAO entfalten (siehe dazu die Beschwerdevorentscheidung vom und deren ausführliche Begründung). In diesem Zusammenhang darf auch auf die Entscheidung des verwiesen werden, womit die Beschwerde des Bf gegen den Haftungsbescheid gem. § 11 BAO, im Rahmen dessen die Abgabenbescheide dem Bf zugestellt wurden, als unbegründet abgewiesen wurde.

Mangels Beschwerdelegitimation des Bf ist die Beschwerde gegen die obgenannten Abgabenbescheide jedenfalls wenig erfolgsversprechend.

In diesem Zusammenhang darf weiters auf die diesbezüglichen Ausführungen der Beschwerdevorentscheidung vom verwiesen werden:
"…Aber selbst wenn dem Beschwerdeführer ein Beschwerderecht nach § 248 BAO zukommen würde, würde dies keine geänderte Beurteilung in Bezug auf die Erfolgsaussichten der Beschwerde zur Auswirkung haben, da die Abgabenbehörde nach der ständigen Rechtsprechung des Veraltungsgerichtshofs in den dann allenfalls zu führenden Beschwerdeverfahren wieder an die rechtskräftige Verurteilung durch das Landesgericht Salzburg als Strafgericht gebunden wäre (Ritz, BAO6, § 116, Rz. 14). Infolgedessen wäre es der Abgabenbehörde in den allenfalls zu führenden Verfahren verwehrt, Feststellungen hinsichtlich des Entstehens des Abgabenanspruchs sowie dessen Höhe zu treffen, die nicht in Einklang mit dem Strafurteil stehen würden. Angesichts dieses Umstandes tritt die Erfolglosigkeit des Beschwerdevorbringens, das auf eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Abgabenfestsetzung dem Grunde und der Höhe nach abzielt, abermals klar hervor und erweist sich das Vorbringen in der verfahrensgegenständlichen Beschwerde, in einem durchgeführten Abgabeverfahren wären keine nennenswerten Abgabenrückstände festzustellen, als in Widerspruch mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs stehend…".

Die Beschwerde war als unbegründet abzuweisen.

V. Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art 133 Bas 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Lösung der gegenständlichen Rechtsfrage ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Aus diesem Grund ist die Revision nicht zuzulassen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.6100100.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at