zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.08.2023, RV/7100799/2023

Nichtgewährung des Alleinerzieherabsetzbetrages bei aufrechter Ehe, wenn die Ehegattin in einem Pflegeheim untergebracht ist.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 Steuernummer ***BFStNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Das Finanzamt erließ am den Einkommensteuerbescheid 2021 ua mit der Begründung, dass der Alleinerzieherabsetzbetrag nicht berücksichtigt worden sei, weil der Beschwerdeführer (Bf.) im Veranlagungsjahr mehr als 6 Monate in einer Gemeinschaft mit seiner Ehepartnerin gelebt habe.

Ausgaben für ergonomisch geeignetes Mobiliar für Homeoffice konnte nur in Höhe des für die Veranlagung 2021 geltenden Höchstbetrages von 150,00 Euro berücksichtigt werden. Der Höchstbetrag für 2021 beträgt 300 Euro. Wurden bereits bei der Veranlagung 2020 derartige Werbungskosten berücksichtigt, reduziert sich der Höchstbetrag für 2021 auf die Differenz zwischen 300 Euro und dem bei Ihnen bei der Veranlagung 2020 berücksichtigten Betrag. Der Überschreitungsbetrag bleibt in den Veranlagungen 2022 bis 2023 innerhalb des Höchstbetrages von 300 Euro weiter abzugsfähig, wenn zumindest für 26 Tage im Homeoffice gearbeitet wird.

Die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen haben wir nicht berücksichtigt.

Der Grund: Die Aufwendungen sind niedriger als der für Sie gültige Selbstbehalt in Höhe von 6.433,37 Euro.

Die von Ihnen beantragten Werbungskosten von 92,88 Euro sind niedriger als der Pauschbetrag von 132 Euro. Wir haben daher den höheren Betrag berücksichtigt.

Dagegen brachte der Bf. rechtzeitig Beschwerde - elektronisch über Finanzonline - am ein mit der Begründung, dass der Alleinerzieherabsetzbetrag nicht berücksichtigt worden sei. Meine Frau hatte 2019 zwei Gehirnblutungen und ist seitdem ein schwerer Pflegefall. Sie könne leider zur Erziehung unserer Tochter aufgrund ihres Zustandes keinen Beitrag mehr leisten. Ich bin ihr gewählter Erwachsenenvertreter. Sie befindet sich seit ununterbrochen im Pflegewohnheim ***D***. Sie ist mit Pflegestufe 7 eingestuft! Ich habe die Ummeldung des Pflegewohnhauses ***D*** als ihren Hauptwohnsitz mit durchgeführt, bisher war dies als Nebenwohnsitz gemeldet.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen mit folgender Begründung

"Gem. § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 steht einem Alleinerzieher, ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu.

Alleinerzieher ist eine Person, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs 1 EStG 1988) mehr als sechs Monate nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner lebt (z.B. ledig, verwitwet, geschieden oder von seinem Ehegatten dauernd getrennt lebend).

Ist der (Ehe)Partner infolge einer Krankheit oder einer Behinderung in einem Pflegeheim nicht nur vorübergehend untergebracht, steht der Alleinerzieherabsetzbetrag unter den allgemeinen Voraussetzungen nicht zu, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Ehegatten oder die eingetragenen Partner dauernd getrennt leben. Vielmehr liegt diesfalls nur eine räumliche Trennung infolge der Krankheit vor, wirtschaftlich gesehen bleibt der gemeinsame Haushalt bestehen. Der Alleinerzieherabsetzbetrag konnte daher nicht anerkannt werden und die Beschwerde war abzuweisen".

Aus dem über Finanzonline vom Bf. eingebrachten Vorlageantrag vom geht im Wesentlichen hervor:
"… Die Ablehnung des Alleinerzieherabsetzbetrages erfolgte mit der Begründung, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Ehegatten dauernd getrennt leben. Dies trifft in unserem Fall aber nicht zu. Meine Frau … ist aufgrund ihrer Krankheit auf umfangreiche Pflege im Pflegeheim angewiesen. Sie hatte zwei schwere Gehirnblutungen und ist mit der höchsten Pflegestufe 7 eingestuft. Ihr Gesundheitszustand wird sich nicht mehr so verbessern, dass sie selbstständig wohnen und sich versorgen kann. Daher werden meine Frau und ich auf Dauer getrennt leben müssen. Im Anhang 1 sende ich dazu das ärztliche Schreiben und Begründung vom Pflegewohnhaus ***D*** vom . Dort wird meine Frau seit ununterbrochen gepflegt. Aus diesem Grund sollte mir der Alleinerzieherabsetzbetrag zugestanden werden".

Mit Schreiben vom wurde folgende Äußerung von der belangten Behörde übermittelt:
"Vorweg möchte das Finanzamt festhalten, dass die vom BFG in dem oben genannten Vorhalt angeführte Berufungsentscheidung (BE) vom , GZ RV 1224-W 11, dem Finanzamt sehr wohl bekannt ist bzw. war.

Das Finanzamt erlaubt sich aber, an dieser Stelle festzuhalten, dass es sich bei dieser Entscheidung - soweit ersichtlich - bislang um eine Einzelentscheidung handelt, dass eine Bindung des Finanzamtes an Entscheidungen des UFS bzw. des BFG nicht besteht und dass diese Entscheidung den Richtlinien widerspricht.

In der Sache selbst erlaubt sich das Finanzamt Stellung zu nehmen wie folgt:

Im Regelfall ist die Absicht der beiden (Ehe-)Partner maßgeblich, vorübergehend oder dauernd getrennt zu leben. Erklärt ein Ehegatte, die eheliche Gemeinschaft als beendet anzusehen, da der andere Ehegatte seit einem schweren Unfall (so der Sachverhalt der damaligen BE) oder krankheitsbedingt als Pflegefall dauerhaft in stationärer Betreuung ist, kann - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - der Alleinerzieherabsetzbetrag zustehen.

Im vorliegenden Fall ist die Beendigung der ehelichen Gemeinschaft aber nicht so ohne weiteres als gegeben anzusehen, weil der Bf. im vorliegenden Fall höchstwahrscheinlich für seine (Ehe-) Partnerin - soweit aus der BE vom , GZ RV 1224-W 11 ersichtlich, im Gegensatz zu dem Fall, der durch diese BE entschieden worden ist - entsprechende außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht hat. Auch hat der Bf. zwar eine Unterbringung der (Ehe-) partnerin in einer Pflegeeinrichtung, jedoch nicht die Beendigung der (gänzliche) ehelichen Gemeinschaft vorgebracht.

Laut der (zugegebener Maßen für das BFG nicht maßgeblichen) LStR Rz 780 kann grundsätzlich nicht davon ausgegangen werden, dass die Ehegatten dauernd getrennt leben, wenn ein Ehegatte ständig in einem Pflegeheim untergebracht ist.

Die DS08 hat daher auch weiterhin die LStR Rz 780 anzuwenden. Ausschließlich in dem Fall, dass der Bf. tatsächlich argumentiert, dass die Ehegatten dauernd getrennt leben würden wäre bei Vorliegen der anderen Voraussetzungen ein AEAB möglich (die o.a. BE ist zur Rechtslage 2009 ergangen; damals gab es z.B. den AVAB noch ohne Kind; der Bf. dürfte z.B. zwischenzeitig auch nicht in einer neuen Partnerschaft leben). Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des AEAB hätte der Bf. nachzuweisen.".

Mit Schreiben vom folgte vom Bf. folgende Gegenstellungnahme:

"Durch eine schwere Gehirnblutung meiner Frau bin ich alleinerziehender Vater einer 10-jährigen Tochter.
Alleinerzieherinnen und Alleinerzieher steht ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu, wenn sie mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einer/einem (Ehe)Partner/in leben und mehr als sechs Monate Familienbeihilfe beziehen.
All dies trifft auf meinen Fall zu.

Die Ablehnung des Alleinerzieherabsetzbetrages durch das Finanzamt erfolgte mit der Begründung, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Ehegatten dauernd getrennt leben.Dies trifft in unserem Fall aber nicht zu.

Meine Frau ist aufgrund ihrer Krankheit auf umfangreiche Pflege im Pflegeheim angewiesen. Sie hatte zwei schwere Gehirnblutungen und ist aktuell mit der höchsten Pflegestufe 7 eingestuft. Ihr Gesundheitszustand wird sich nicht mehr so verbessern, dass sie selbstständig wohnen und sich versorgen kann. Daher werden meine Frau und ich auf Dauer getrennt leben.

Im Anhang sende ich dazu das ärztliche Schreiben und Begründung vom Pflegewohnhaus ***D*** vom . Dort wird meine Frau seit ununterbrochen gepflegt. Sie hat dort auch ihren Hauptwohnsitz.

Für den Platz im Pflegewohnheim musste ich im Jahr 2021 pro Monat 324,65 EUR bezahlen, also gesamt 3.895,80 EUR. Diesen Betrag habe ich als außergewöhnliche Belastung angeführt.

Das Einkommen meiner Frau aus ihrer Pension geht an den Fonds Soziales Wien, ihr verbleiben lediglich 353,23 EUR pro Monat.

Im Anhang sende ich dazu die Kostenbeitragsrechnung des Fonds Soziales Wien".

In einem zwischen der Richterin und dem Bf. am stattgefundenen Telefonat - festgehalten in einem Aktenvermerk vom - teilte der Bf. zum Sachverhalt ergänzend mit, dass er zusammen mit seiner im Pflegewohnheim wohnenden Ehefrau eine Doppelhaushälfte besitze, welche im gemeinsamen Eigentum stehe (gehört je zur Hälfte der Ehegattin bzw. dem Bf.). Die Kosten würden sich aus der beigelegten Kosteninformation bzw. Kostenbeitragsrechnung ergeben. Der Bf. zahle monatlich von seinem Gehalt 324,65 € an das Pflegewohnheim. Die Tochter bekomme von der Mutter 153,27 € an Unterhalt. Den Kredit dafür bediene der Bf. Der Bf. wohnt mit seiner Tochter im Haus. Der Bf. sei der gewählte Erwachsenenvertreter seiner Ehegattin. Das Pflegewohnheim befinde sich in der Nähe des Hauses (Entfernung ca. 5-6 km).

Der Bf. wurde ersucht, die fehlenden Unterlagen (zB Regelung mit Haus, den Grundbuchsauszug, die Kostenaufstellung/Kosteninformation, Pflegegeldbescheid, Bescheid Erwachsenenvertreter) per Mail zu übermitteln.

Mit E-Mail vom übermittelte der Bf. die Unterlagen und gab ergänzend an:
" Sehr geehrte Frau Richterin,
bezugnehmend auf unser Telefonat heute, sende ich Ihnen folgenden ergänzenden Unterlagen im Anhang:
1. PVA Bescheid Pflegestufe 7
Die Pflegestufe wurde von 6 auf 7 ab bemessen. Dies ist auch ihre aktuelle Pflegestufe.
2. Kosteninformation Fonds Soziales Wien für das Jahr 2021
3. Kosteninformation Fonds Soziales Wien für das Jahr 2023
4. Grundbuch-Auszug für die Doppelhaushälfte
***Adresse***, diese Doppelhaushälfte steht zu je 50% im Eigentum von mir bzw. von meiner Frau …".

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. ist verheiratet und hat eine 10 jährige Tochter, für die er Familienbeihilfe bezieht.

Seine Ehefrau erlitt 2019 zwei schwere Gehirnblutungen und ist seitdem ein schwerer Pflegefall. Neben einer Pension bezieht die Ehegattin Pflegegeld (Aktuell Pflegestufe 7). Laut Bf. und Grundbuchsauszug steht die Doppelhaushälfte ***Adresse***, zu je 50% im Eigentum des Bf. und seiner Gattin.

Seit 2020 ist die Ehefrau in einem Pflegewohnheim in der Nähe untergebracht. (Seit ist die Ehegattin mit Hauptwohnsitz im Pflegewohnheim gemeldet).

Der Bf. wurde zum Erwachsenenvertreter seiner Ehegattin bestellt.

Für den Platz seiner Ehegattin im Pflegewohnheim bezahlt der Bf. im Jahr 2021 pro Monat 324,65 EUR.

Der Ehegattin verbleibt aus ihrer Pension und Pflegegeld monatlich ein Betrag von 353,23 € pro Monat. Der überwiegende Teil geht an den Fonds Soziales Wien.

Der Bf. beantragt den Alleinerzieherabsetzbetrag.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus den von der belangten Behörde übermittelten Aktenteilen, den Schreiben vom , und , sowie dem Aktenvermerk vom und den mit E-Mail vom übermittelten Unterlagen und Angaben des Bfs.
Auf die Kostenbeitragsrechnungen/Kosteninformationen des Fonds Soziales Wien wird verwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

A)Rechtsgrundlagen und rechtliche Ausführungen:

Nach § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 steht Alleinerziehenden ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro. (…)
Alleinerziehende sind Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben.

Für die Zuerkennung des Alleinerzieherabsetzbetrages muss ein Kind im Sinn des § 106 Abs. 1 EStG vorhanden und die Sechsmonatsfrist erfüllt sein. Als negative Anspruchsvoraussetzung ist normiert, dass der Alleinerzieher nicht in einer Ehe oder eheähnlichen Lebensgemeinschaft leben darf.

Laut Herzog in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18, § 33 Tz 41 leben (Ehe)Partner nicht schon deshalb dauernd getrennt, weil einer durch Krankheit oder Behinderung in einem Pflegeheim (nicht nur vorübergehend, also auf Dauer) untergebracht ist. Es liegt nur eine räumliche Trennung vor. Wirtschaftlich gesehen besteht der gemeinsame Haushalt weiter (). Umgekehrt kann dem zu Hause mit Kind lebenden Ehepartner der Alleinerzieherabsetzbetrag nicht zustehen.

Die Auffassung von LStR 2002 Rz 780 und erscheint zutreffend, solange die (Ehe-)Partner ungeachtet der räumlichen Trennung weiter eine Gemeinschaft führen.

Eine aufrechte Ehe spricht grundsätzlich gegen eine dauernd getrennte Lebensführung; es ist den Ehegatten allerdings möglich, diese Vermutung zu widerlegen ( bis 0164, Herzog in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18, § 33 Tz 42; Kanduth-Kristen in Jakom, EStG 2021, § 33, TZ 53).

Mehrere Wohnsitze bewirken keine dauernde Trennung.

Maßgebend für das Tatbestandsmerkmal, nicht dauernd getrennt zu leben, ist nicht die Anzahl der Wohnsitze oder die polizeiliche Meldung, sondern ausschließlich die Sachverhaltsfrage, ob der Steuerpflichtige, der den Alleinerzieherabsetzbetrag beantragt, bei an sich aufrechter Ehe tatsächlich in Gemeinschaft mit seinem Ehegatten lebt oder nicht (). Die für ein Leben in Gemeinschaft zu fordernde "Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft" kann durchaus unterschiedlich ausgeprägt sein (nochmals ; ähnlich ).
Bei aufrechter Ehe und Leben in zwei getrennten nur vier Gehminuten voneinander entfernten Wohnungen, ist eine "Gemeinschaft" anzunehmen (daher kein Alleinerzieherabsetzbetrag, ).

Im Regelfall ist die Absicht der (Ehe-)Partner maßgeblich, ob sie nur vorübergehend oder dauernd getrennt leben (Herzog in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG 18 § 33 Tz 42; ).

Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 93/13/0109 unterscheidet der Gesetzgeber bei Ehegatten zwischen zwei Gruppen: Jenen, die nicht dauernd getrennt leben und jenen, die dauernd getrennt leben. Mit diesem Unterscheidungsmerkmal soll offensichtlich zum Ausdruck gebracht werden, dass die wirtschaftliche Leistungskraft bei der ersten Gruppe durch die beiderseits erzielten Einkünfte bestimmt wird, während dies bei der zweiten Gruppe nicht der Fall ist. Mit anderen Worten: Ist das Zusammenleben von Ehegatten davon gekennzeichnet, dass beide zur Finanzierung ihrer gemeinsamen Bedürfnisse beitragen, so ist davon auszugehen, dass sie nicht dauernd getrennt leben; anderenfalls spricht der Gesetzgeber von dauernd getrenntlebenden Ehegatten. Bei den letztgenannten müssen sohin Umstände vorliegen, die darauf schließen lassen, dass das einer Ehe eigentümliche gemeinsame Wirtschaften mit gemeinsamen finanziellen Mitteln (vgl. die §§ 90 ff ABGB) nicht gegeben ist, weil der Wille zur gemeinsamen Lebensführung nicht mehr besteht, woraus folgt, dass die Einkünfte des anderen Ehegatten unerheblich sind. Durch die Eheschließung haben sich die Ehegatten zur umfassenden wechselseitigen Beistandspflicht bereit erklärt. Dass diese, auch die finanziellen Belange umfassende Beistandspflicht, grundsätzlich geeignet ist, die wirtschaftliche Leistungskraft des Berufungswerbers zu beeinflussen, kann wohl kaum in Abrede gestellt werden. Dem Umstand allein, dass Ehegatten (z.B. auch aus beruflichen Gründen) getrennte Wohnungen benützen müssen und dadurch einer finanziellen Mehrbelastung ausgesetzt sind, misst der Gesetzgeber im Rahmen der Vorschriften betreffend die Zuerkennung des Alleinverdienerabsetzbetrages keine tatbestandsmäßige Bedeutung zu.

Wie oben schon angeführt, spricht eine aufrechte Ehe grundsätzlich gegen eine dauernd getrennte Lebensführung; es leben (Ehe)Partner nicht schon deshalb dauernd getrennt, weil einer durch Krankheit oder Behinderung in einem Pflegeheim (nicht nur vorübergehend, also auf Dauer) untergebracht ist. Wirtschaftlich gesehen besteht der gemeinsame Haushalt weiter.

B) Erwägungen:

Im vorliegenden Fall ist strittig, ob der Bf. von seiner Ehegattin, mit der er verheiratet ist, dauernd getrennt lebt. Bejaht man, dass er von seiner Ehegattin dauernd getrennt lebt, so ist er als Alleinerzieher anzusehen, dem der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht. Verneint man das Vorliegen einer dauernden Trennung, so ist der Bf. weder als Alleinerzieher noch als Alleinverdiener anzusehen; letzteres deswegen nicht, weil seine Ehegattin im Kalenderjahr 2021 unbestritten Einkünfte erzielte, die über den im Gesetz genannten Grenzbetrag liegen.

Gegenständlich ist die wirtschaftliche wechselseitige Beistandspflicht weiter aufrecht. Dies wird auch vom Bf. selbst bestätigt und ergibt sich auch aus den vom Bf. vorgelegten Kosteninformationen/Kostenbeitragsverrechnungen. So kommt der Bf. für die aus dem Einkommen und Pflegegeld seiner Gattin nicht gedeckten Pflegeheimkosten auf, um die gemeinsame Liegenschaft nicht belasten zu müssen. Da somit der Bf. im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht dauernd von seiner Ehegattin getrennt lebt, steht ihm der Alleinerzieherabsetzbetrag nicht zu. Klarzustellen ist, dass durch den Alleinerzieherabsetzbetrag nicht etwa die Unterhaltsbelastung durch das Kind, sondern die besondere Belastung berücksichtigt wird, der allein stehende Personen mit Kindern ausgesetzt sind (Herzog in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18, § 33 Tz. 49).

Die Beschwerde war als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Von der Rechtsprechung des VwGH (siehe oben) wird nicht abgegangen. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100799.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at