Vollbeendigung einer Schweizer Aktiengesellschaft: Einstellung des Verfahrens
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri. in der Beschwerdesache N.N.AG, zuletzt CH-Adr.Bf., zuletzt vertreten durch StB 2, Adr.StB 2, und Kanzlei StB 3, Adr.StB 3, betreffend Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Umsatzsteuer 2004 bis 2008, Steuernummer xxx, beschlossen:
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt.
Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Die vormalige Beschwerdeführerin (Bf.) war eine zur Schweizerischen Mehrwertsteuernummer yyy - gültig von bis (BFG-Akt OZ 72) - mit Gründungsstatut vom errichtete (BFG-Akt OZ 73) und mit dem letzten Sitz in CH-Adr.Bf., erfasste Schweizer Aktiengesellschaft. Als Zweck scheint im beglaubigten Handelsregisterauszug des Kantons ZZ "Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von Nahrungsergänzungsmitteln sowie Grundstoffen für die Lebensmittelindustrie für den weltweiten Vertrieb. Die Gesellschaft kann Liegenschaften erwerben, belasten und veräussern sowie Rechte, Patente und Lizenzen erwerben bzw. solche erteilen" auf (BFG-Akt OZ 61 und 62).
Die Firma wurde nach einem Liquidationsverfahren in der Schweiz mit xyz 2020 gelöscht (BFG-Akt OZ 61 und 62, beglaubigter Handelsregisterauszug Kanton ZZ).
Die Bf. ist in Österreich gem. § 17 AVOG 2010 [nunmehr: § 60 Abs. 2 Z 2 BAO] als ausländisches Unternehmen, welches vom Ausland aus betrieben wird und im Inland keine Betriebsstätte hat, noch Umsätze aus der Nutzung eines im Inland gelegenen Grundbesitzes erzielen, beim Finanzamt Graz-Stadt [nunmehr: Finanzamt Österreich, Dienststelle Graz-Stadt] zu Steuernummer xxx erfasst, und verfügte für den Zeitraum bis über die UID-Nr ATUccc (BFG-Akt OZ 76).
Die steuerliche Vertretung im Beschwerdeverfahren wurde bis von der StB 1, Adr.StB 1, bis von der StB 2, Adr.StB 2 (BFG-Akt 68 und 69) und ab (zusätzlich) von der Kanzlei StB 3, Adr.StB 3 (BFG-Akt OZ 70 und 71, Aktenvermerke), übernommen.
Die Vollmacht der steuerlichen Vertretungen umfasste jeweils auch die Zustellvollmacht.
Bei der früheren Bf. fand eine die Jahre 2004 bis 2008 umfassenden Außenprüfung, Prüfungsgegenstand Umsatzsteuer und zusammenfassende Meldung 01/2004 bis 12/2008, sowie Nachschau Zeitraum 01/2009 bis 09/2009 - Prüfungsbeginn laut Prüfungsauftrag vom für den Zeitraum 1-12/2008 am , Prüfungsbeginn laut weiterem Prüfungsauftrag vom für den Zeitraum 1/2004-12/2007 und Nachschau-Zeitraum 01-09/2009 am -, statt.
Von Seiten des Außenprüfungsorgans wurden Vorsteuerkürzungen btr. Eingangsrechnungen einer österreichischen GmbH aufgrund nicht handelsüblichen Leistungsbeschreibungen vorgenommen, die Steuerfreiheit innergemeinschaftlicher Lieferungen an eine niederländische AG mangels Nachweis der materiell-rechtlichen Voraussetzung versagt und ein Sicherheitszuschlag mangels Ordnungsmäßigkeit der Buchhaltung verhängt.
Die belangte Behörde nahm unter Zugrundelegung der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung mit Bescheiden vom die Verfahren Umsatzsteuer 2004 bis 2008 wieder auf.
Mit den Sachbescheiden vom selben Tag wurde die Umsatzsteuer für die Jahre 2004 bis 2008 wie folgt neu festgesetzt:
Umsatzsteuer 2004: 328.997,21 Euro (bisher 8.916,57), Nachforderung 320.080,64 Euro,
Umsatzsteuer 2005: 1.266.136,96 Euro (bisher 902.254,64), Nachforderung 363.882,32 Euro,
Umsatzsteuer 2006: 1.482.725,82 Euro (bisher 1.093.732,57), Nachforderung 388.993,25 Euro,
Umsatzsteuer 2007: 1.808.749,37 Euro (bisher 1.427.265,81), Nachforderung 381.483,56 Euro,
Umsatzsteuer 2008: 2.182.511,38 Euro (bisher 1.194.924,17), Nachforderung 987.587,21 Euro.
Gesamt-Nachforderung: 2.442.026,98 Euro.
Gegend die Umsatzsteuerbescheide 2004 bis 2008 vom brachte die ehemaligen Bf. durch ihre damalige steuerliche Vertretung mit Eingabe vom Beschwerde ein und beantragte die Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO hinsichtlich der vorgeschriebenen Nachforderung für die Jahre 2004 - 2008 im Betrage von insgesamt 2.442.026,98 Euro.
Die Aussetzung der Einhebung wurde von der belangten Behörde in beantragter Höhe mit Bescheid vom bewilligt (BFG-Akt OZ 65).
Die belangte Behörde erließ mit abändernde Beschwerdevorentscheidungen und setzte die Umsatzsteuer wie folgt neu fest:
Umsatzsteuer 2004: 221.066,57 Euro (bisher 328.997,21, Gutschrift gegenüber Bescheid vom : 107.930,64 Euro),
Umsatzsteuer 2005: 1.199.314,64 Euro (bisher 1.266.136,96, Gutschrift gegenüber Bescheid vom : 66.822,32 Euro),
Umsatzsteuer 2006: 1.423.732,57 Euro (bisher 1.482.725,82, Gutschrift gegenüber Bescheid vom : 58.993,25 Euro),
Umsatzsteuer 2007: 1.744.363,81 Euro (bisher 1.808.749,37, Gutschrift gegenüber Bescheid vom : 64.385,56 Euro),
Umsatzsteuer 2008: 2.148.745,18 Euro (bisher 2.182.511,38, Gutschrift gegenüber Bescheid vom : 33.766,20 Euro).
Gesamt-Nachforderung: 2.110.128,93 Euro (Gesamt-Gutschrift gegenüber Bescheiden vom : 331.897,97 Euro).
Die ehemalige Bf. brachte durch ihre damalige steuerliche Vertretung am den Vorlageantrag gem. § 264 BAO ein und beantragte gleichzeitig die Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAO btr. Umsatzsteuer wie folgt:
Jahr 2004 iHv. 212.149,96 Euro (= 221.066,57 lt. BVE - 8.916,57 lt. Erstbescheid),
Jahr 2005 iHv. 297.060,00 Euro (= 1.199.314,64 lt. BVE - 902.254,64 lt. Erstbescheid),
Jahr 2006 iHv. 330.000,00 Euro (= 1.423.732,57 lt. BVE - 1.093.732,57 lt. Erstbescheid),
Jahr 2007 iHv. 317.098,00 Euro (= 1.744.363,81 lt. BVE - 1.427.265,81 lt. Erstbescheid), und
Jahr 2008 iHv. 953.821,01 Euro (= 2.148.745,18 lt. BVE - 1.194.924,17 lt. Erstbescheid),
beantragte Gesamtsumme für Umsatzsteuer 2004 bis 2008 damit 2.110.128,93 Euro.
Weiters wurde btr. Aussetzungszinsen iHv. 151.068,37 Euro ebenfalls die Aussetzung der Einhebung beantragt.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht am vor.
Die Aussetzung der Einhebung btr. Umsatzsteuer 2004 bis 2008 wurde von der belangten Behörde in beantragter Höhe mit Bescheid vom bewilligt (BFG-Akt OZ 66).
In Folge reichten die Verfahrensparteien mit (Bf.), 18. und (belangte Behörde), (Bf.), sowie mit (belangte Behörde) ergänzende Vorbringen und Stellungnahmen ein.
Mit Beschluss der Generalversammlung vom zzz wurde die bf. Gesellschaft in der Schweiz aufgelöst und führte sie ab diesem Zeitpunkt die Firma "N.N.AG in Liquidation" (BFG-Akt OZ 61 und 62, beglaubigter Handelsregisterauszug Kanton ZZ; BFG-Akt OZ 63, Schweizerisches Handelsamtsblatt SHAB vom xx. April 2019).
Nach Beendigung der Liquidation wurde die bf. Gesellschaft am xyz mit Bestätigung des zugelassenen Revisionsexperten vom qqq vor Ablauf des Sperrjahres gelöscht (BFG-Akt OZ 64, Schweizerisches Handelsamtsblatt SHAB vom xx. Jänner 2020; BFG-Akt OZ 61 und 62, beglaubigter Handelsregisterauszug Kanton ZZ).
Zur Frage der Rechts- und damit Parteifähigkeit der Bf.:
Gemäß § 79 BAO gelten für die Rechts- und Handlungsfähigkeit die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes; § 2 Zivilprozessordnung ist sinngemäß anzuwenden.
Rechtsfähigkeit ist die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein; bezogen auf Verfahrenshandlungen begründet die Rechtsfähigkeit die Parteifähigkeit, somit die abstrakte Fähigkeit, Träger von prozessualen Rechten und Pflichten zu sein. Handlungsfähigkeit ist die Fähigkeit, durch eigenes Verhalten Rechte und Pflichten zu begründen. Die sich in der Regel nach der Handlungsfähigkeit richtende Prozessfähigkeit ist die Fähigkeit, durch eigenes oder durch das Verhalten eines gewillkürten Vertreters prozessuale Rechte und Pflichten zu begründen. Rechts- und Handlungsfähigkeit richten sich nach dem bürgerlichen Recht; hiezu zählen auch die Bestimmungen des internationalen Privatrechts sowie das Insolvenzrecht (vgl. ).
Bei der Bf. handelte es sich, wie bereits dargestellt, um eine Schweizer Aktiengesellschaft. Die Bf. hatte in Österreich keine Betriebsstätte und keine Umsätze aus der Nutzung eines im Inland gelegenen Grundbesitzes, weshalb die sachliche Zuständigkeit nach § 17 AVOG 2010 beim Finanzamt Graz-Stadt gelegen war. Somit ist für die Frage der Rechts- und Parteifähigkeit der Bf. schweizerisches Recht heranzuziehen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, gilt in Bezug auf ausländisches Recht der Grundsatz "iura novit curia" nicht, sodass dieses in einem - im Rahmen der erhöhten Mitwirkungspflicht (vgl. § 115 Abs. 1 BAO) amtswegigen - Ermittlungsverfahren festzustellen ist (vgl. , mwN).
Auf Grundlage dieser Ermittlung sind in einem weiteren Schritt die Rechts- und Parteifähigkeit der Bf. für das anhängige Beschwerdeverfahren und damit die formalen Voraussetzungen für das Beschwerdeverfahren gegen die Umsatzsteuerbescheide 2004 bis 2008 zu beurteilen.
Gem. Art. 52 Abs. 1 Schweizerisches Zivilgesetzbuch (ZGB) erlangen körperschaftlich organisierten Personenverbindungen und die einem besondern Zwecke gewidmeten und selbständigen Anstalten das Recht der Persönlichkeit durch die Eintragung in das Handelsregister.
Zufolge Art. 53 ZGB sind die juristischen Personen aller Rechte und Pflichten fähig, die nicht die natürlichen Eigenschaften des Menschen, wie das Geschlecht, das Alter oder die Verwandtschaft zur notwendigen Voraussetzung haben.
Nach Art 54 ZGB sind die juristischen Personen handlungsfähig, sobald die nach Gesetz und Statuten hiefür unentbehrlichen Organe bestellt sind.
Die Bf. wurde mit Gründungsstatuten vom nach schweizerischem Recht gegründet und im Handelsregister des Kantons YY am eingetragen (BFG-Akt OZ 74). Mit der konstitutiv wirkenden Eintragung ins Handelsregister erlangte die Bf. Rechtsfähigkeit und Rechtspersönlichkeit (vgl. Büchler/Jakob, ZGB2, Art 52 N. 1 und BSK ZGB I-Huguenin/Reitze, Art 52 N 2). Da die Bf. im Handelsregister des Kantons YY eingetragen wurde, kam ihr die Eigenschaft einer juristischen Person nach schweizerischem Recht zu, womit sie diese Eigenschaft auch im österreichischen Rechtsbereich hatte (vgl. , zu einer Schweizer Stiftung).
Hinsichtlich der Auflösung einer Schweizer Aktiengesellschaft normiert das Schweizerische Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Schweizerisches Obligationenrecht, in der Folge: OR) unter dem sechsundzwanzigsten Titel im fünftem Abschnitt auszugsweise:
Art. 736 OR:
"1 Die Gesellschaft wird aufgelöst:
1. nach Massgabe der Statuten;
2. durch einen Beschluss der Generalversammlung, über den eine öffentliche Urkundezu errichten ist;
3. durch die Eröffnung des Konkurses;
4.durch Urteil des Gerichts, wenn Aktionäre, die zusammen mindestens 10 Prozent desAktienkapitals oder der Stimmen vertreten, aus wichtigen Gründen die Auflösung verlangen;
5. in den übrigen vom Gesetze vorgesehenen Fällen.
2 Bei der Klage auf Auflösung aus wichtigen Gründen kann das Gericht anstelle der Auflösung eine andere sachgemässe und den Beteiligten zumutbare Lösung anordnen."
Art. 737 OR:
"1 Die Auflösung einer Gesellschaft muss ins Handelsregister eingetragen werden ..."
Art. 739 OR:
"1 Tritt die Gesellschaft in Liquidation, so behält sie die juristische Persönlichkeit und führt ihre bisherige Firma, jedoch mit dem Zusatz ,in Liquidation', bis die Auseinandersetzung auch mit den Aktionären durchgeführt ist..."
Art. 745 OR:
"1 Das Vermögen der aufgelösten Gesellschaft wird nach Tilgung ihrer Schulden, soweit die Statuten nichts anderes bestimmen, unter die Aktionäre nach Massgabe der einbezahlten Beträge und unter Berücksichtigung der Vorrechte einzelner Aktienkategorien verteilt.
2 Die Verteilung darf frühestens nach Ablauf eines Jahres vollzogen werden, von dem Tag an gerechnet, an dem der Schuldenruf ergangen ist.
3 Eine Verteilung darf bereits nach Ablauf von drei Monaten erfolgen, wenn ein zugelassener Revisionsexperte bestätigt, dass die Schulden getilgt sind und nach den Umständen angenommen werden kann, dass keine Interessen Dritter gefährdet werden."
Art. 746 OR:
"Nach Beendigung der Liquidation ist das Erlöschen der Firma von den Liquidatoren beim Handelsregisteramt anzumelden."
Das Schweizer Bundesgericht (BGer) führt zur Beendigung einer Schweizer Aktiengesellschaft aus (BGer , 4A_527/2020 mwH):
"5.2. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung hört die rechtliche Existenz einer Aktiengesellschaft auf, wenn - nach Beendigung der Liquidation - ihre Firma im Handelsregister gelöscht wird (BGE 132 III 731 E. 3.1 mit Hinweis). Die Löschung im Handelsregister führt zum Verlust der Rechtspersönlichkeit ... Unbesehen der Frage, ob auch der Löschung im Handelsregister konstitutive Wirkung zukommt, was in der Lehre umstritten ist und das Bundesgericht bejaht (Urteil 4A_3/2002 vom E. 4.1), steht jedenfalls fest, dass eine gelöschte Gesellschaft gegenüber Dritten nicht mehr auftreten kann. Mit der Löschung im Register wird manifestiert, dass die Liquidation erfolgreich abgeschlossen werden konnte und die Rechtseinheit ihre Rechtspersönlichkeit verloren hat. Die Gesellschaft verliert mit der Löschung auch ihre Prozessfähigkeit (vgl. David Rüetschi, in Zeitschrift zur Rechtsetzung und Praxis im Gesellschafts- und Handelsregisterrecht [REPRAX], 4/2011 S. 23 f.). Partei- und Prozessfähigkeit sind die prozessualen Gegenstücke zur Rechts- und Handlungsfähigkeit. Nur wer rechtsfähig ist, kann nach Art. 66 ZPO vor Gericht auftreten. Die Prozessfähigkeit beinhaltet das Recht, als Partei selbständig oder durch einen Vertreter vor Gericht aufzutreten (vgl. Urteil 4A_43/2020 vom E. 3.1). Die Partei- und Prozessfähigkeit zählt zu den Prozessvoraussetzungen (Art. 59 Abs. 2 lit. c ZPO). Das Gericht prüft diese von Amtes wegen (Art. 60 ZPO), was auch für die Rechtsmittelinstanz gilt. Sind die Prozessvoraussetzungen nicht erfüllt, tritt das Gericht auf eine Klage oder ein Gesuch nicht ein (Art. 59 Abs. 1 ZPO im Umkehrschluss). Die Prozessvoraussetzungen müssen grundsätzlich im Zeitpunkt der Fällung des Sachurteils gegeben sein (vgl. zum Ganzen: Urteil 5A_469/2019 vom E. 3.2 mit Hinweisen) ...
5.3.1. ... war die Beschwerdegegnerin infolge Löschung im Handelsregister unbestrittenermassen nicht rechts- und damitauch nicht prozessfähig. Ebenso wenig konnte sie sich unter diesen Umständen vertreten lassen oder durch ihreOrgane handeln ..."
Entsprechend der Judikatur des Schweizer Höchstgerichts hört somit die rechtliche Existenz einer Schweizer Aktiengesellschaft auf, wenn nach Beendigung der Liquidation ihre Firma im Handelsregister gelöscht wird und führt die - konstitutiv wirkende - Löschung im Handelsregister zum Verlust der Rechtspersönlichkeit (vgl. auch CHK OR-G. Benedick, Art. 746 N 5 mwN: "Gemäß BGer entfaltet die Löschung im Handelsregister konstitutive Wirkung und führt zum Verlust der Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft ...").
Aufgrund der Löschung im Schweizer Handelsregister ist daher die Rechtspersönlichkeit und damit die Parteifähigkeit der Bf. mit xyz untergegangen.
Eine solche nicht mehr existente Gesellschaft kann sich weder durch ihre ehemaligen Organe noch durch gewillkürte Vertreter vertreten lassen.
Zur Frage des Vorliegens eines Abwicklungsbedarfs:
Die österreichische Rechtslage sieht bei Aktiengesellschaften im Anschluss an die Beendigung des Abwicklungsverfahrens ("Liquidationsverfahrens") zufolge § 214 Abs. 1 AktG 1965 vor, dass die Liquidatoren die Löschung der Gesellschaft beim Firmenbuchgericht zu beantragen haben.
Ob die Löschung mit Rücksicht auf die Möglichkeit einer Nachtragsliquidation deklarativ oder konstitutiv wirkt, ist umstritten; nach jüngerer Ansicht entfaltet die Löschung selbst im Fall, dass Abwicklungshandlungen (bewusst oder unbewusst) unterblieben sind und daher noch Vermögen vorhanden sein sollte oder weitere Abwicklungshandlungen vorzunehmen wären, konstitutive Wirkung für die Beendigung der Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft (vgl. Berger in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG3, § 214 Rz 11, mwH).
Nach Rechtsprechung des OGH führt die Löschung konstitutiv zum Wegfall der organschaftlichen Vertretungsbefugnisse (vgl. , RS0050186).
Nach der Judikatur des Veraltungsgerichtshofs zur BAO wirkt die Löschung einer Kapitalgesellschaft aus dem Firmenbuch lediglich deklarativ und führt nicht zum Verlust der Parteifähigkeit, solange noch Vermögen vorhanden ist (vgl. btr. einer GmbH, mwN). Die Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft besteht solange fort, als noch Abwicklungsbedarf vorhanden ist, was dann der Fall ist, wenn Abgabenverbindlichkeiten einer solchen Gesellschaft bescheidmäßig festzusetzen sind (, s. auch Ritz, BAO7, § 79, Tz 11), bzw. nachträglich ein abwickelbares Aktivvermögen hervorkommt, sodass die Rechtspersönlichkeit der Körperschaft insoweit als fortdauernd anzusehen ist (vgl. mwN; s. auch Rzeszut/Pirringer, Abgabenfestsetzung gegenüber gelöschten Kapitalgesellschaften, ZSS 2021, 27).
Nach Abschluss des Außenprüfungsverfahrens wurden die Abgaben Umsatzsteuer 2004 bis 2008 gegenüber der - im Zuge des laufenden Beschwerdeverfahrens liquidierten und aus dem Schweizer Handelsregister gelöschten - Bf. festgesetzt. Es ist daher zu prüfen, ob sich auf Grund des vorliegenden Rechtsstreits nachträglich ein abwickelbares Vermögen der Bf. ergeben könnte.
Folgende Abgabennachforderungen haben sich im Beschwerdeverfahren nach der Außenprüfung laut Umsatzsteuerbescheiden vom ergeben (BFG-Akt OZ 4-9):
Umsatzsteuer 2004: 328.997,21 Euro (bisher 8.916,57),
Umsatzsteuer 2005: 1.266.136,96 Euro (bisher 902.254,64),
Umsatzsteuer 2006: 1.482.725,82 Euro (bisher 1.093.732,57),
Umsatzsteuer 2007: 1.808.749,37 Euro (bisher 1.427.265,81),
Umsatzsteuer 2008: 2.182.511,38 Euro (bisher 1.194.924,17).
Gesamt-Nachforderung Umsatzsteuer: 2.442.026,98 Euro.
Aufgrund der abändernden Beschwerdevorentscheidungen vom wurden die Abgabennachforderung verringert (BFG-Akt OZ 10-14):
Umsatzsteuer 2004: 221.066,57 Euro (zuvor 328.997,21),
Umsatzsteuer 2005: 1.199.314,64 Euro (zuvor 1.266.136,96),
Umsatzsteuer 2006: 1.423.732,57 Euro (zuvor 1.482.725,82),
Umsatzsteuer 2007: 1.744.363,81 Euro (zuvor 1.808.749,37),
Umsatzsteuer 2008: 2.148.745,18 Euro (zuvor 2.182.511,38).
Gesamt-Nachforderung Umsatzsteuer: 2.110.128,97 Euro.
Auf die strittige Abgabenschuld, resultierend aus den nach der Außenprüfung ergangenen neuen Umsatzsteuerbescheiden 2004 bis 2008 bzw. aus den diesbezüglichen Beschwerdevorentscheidungen, erfolgte keine Zahlung (siehe BFG-Akt OZ 67, Daten Steuerkonto Zeitraum -).
Neben der Umsatzsteuer 2004 bis 2008 wurden auch folgende Nebengebühren iHv. gesamt 196.337,45 Euro vorgeschrieben und in Folge ebenfalls ausgesetzt (s. BFG-Akt OZ 77):
Säumniszuschlag 1 2005 bis 2009 (für die Jahre 2004 bis 2008) iHv. gesamt 42.202,58 Euro, sowie Aussetzungszinsen 2015 iHv. 151.068,37 Euro (btr. Umsatzsteuer 2004 bis 2008) und 3.066,50 Euro (btr. Säumniszuschlag 1), gesamt 154.134,87 Euro.
Wie sich aus dem Antrag auf Aussetzung der Einhebung im Vorlageantrag vom (BFG-Akt OZ 15, S. 1), den Bescheiden der belangten Behörde über die Bewilligung einer Aussetzung der Einhebung vom iHv. gesamt 196.337,45 Euro und iHv. gesamt 2.110.128,97 Euro (BFG-Akt OZ 66 und 77), sowie aus Abfragen im Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung und über Daten des Steuerkontos der Bf. in FinanzOnline ergibt (BFG-Akt OZ 67), wurde die Einhebung btr. Umsatzsteuer 2004 bis 2008 inkl. Nebengebühren (Säumniszuschläge und Anspruchszinsen) für den Betrag iHv. 2.306.466,42 Euro gem. § 212a BAO ausgesetzt.
Bezogen auf die Umsatzsteuer 2004 bis 2008 inkl. Nebengebühren ist aus dem Steuerkonto der Bf. folgende - in Tabellenform dargestellte - buchungstechnische Entwicklung für den Zeitraum bis ersichtlich (s. BFG-Akt OZ 67):
[Hinweise:
Dargestellt sind nur die beschwerdegegenständlichen Jahresumsatzsteuerbeträge 2004 bis 2008 und die damit zusammenhängenden Nebengebühren.
Entsprechend wurden die Umsatzsteuervoranmeldungen und Zahlungen für den Zeitraum 06/2011 bis einschließlich 01/2016, sowie die Jahresumsatzsteuer 2009 bis 2015 inkl. Nebengebühren aus der Tabelle ausgeschieden und sind solche Buchungen mit "..." unter der Rubrik "Buch.Tag" und "(Tages)Saldo" erkennbar.
Abkürzungen/Codes:
48: Buchung einer sonstigen (fallweisen) Abgabenfestsetzung
51: Buchung/Vormerkung aufgrund einer Abänderung, Zurücknahme oder Aufhebung eines Bescheides
53: Buchung/Vormerkung einer berichtigten Abgabenfestsetzung aufgrund einer Wiederaufnahme des Verfahrens
54: Buchung/Vormerkung einer berichtigten Abgabenfestsetzung aufgrund einer Berufungsvorentscheidung
83: Buchung aufgrund einer Aussetzung der Einhebung
84: Buchung aufgrund einer Verfügung des Ablaufes bzw. aufgrund des Widerrufes, der Änderung oder der Stornierung einer Aussetzung der Einhebung
EZ: Aussetzungszinsen
SZA: Säumniszuschlag 1]
Aus diesen Tabellen ist ersichtlich, dass für die streitgegenständliche Umsatzsteuer 2004 bis 2008 inkl. Nebengebühren im Zeitraum bis keine Zahlungen erfolgten, sondern der jeweils festgesetzte Betrag nach § 212a BAO ausgesetzt wurde. Zahlungen erfolgten für die nicht beschwerdegegenständlichen Jahre 2010 bis 2016 (s. BFG-Akt OZ 67); für das ebenfalls nicht beschwerdegegenständliche Jahr 2009 war aufgrund der vor geleisteten Vorauszahlungen keine Zahlungen mehr zu entrichten (s. BFG-Akt OZ 67, S. 3).
Am Konto der Bf. wird mit Stand (letzte Buchung) ein Rückstand von 0,01 Euro und die Aussetzung/§212a iHv. 2.306.466,42 Euro ausgewiesen.
Gemäß § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.
§ 212a BAO regelt die Aussetzung der Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt. Gemäß § 212a Abs. 5 BAO besteht die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung in einem Zahlungsaufschub.
Im konkreten Fall bestünde ein Abwicklungsbedarf nach Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs nur dann, wenn die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes in der verfahrensgegenständlichen Beschwerdesache direkt oder indirekt ein abwickelbares Aktivvermögen der gelöschten Gesellschaft betreffe. Dies trifft im Beschwerdefall Fall nicht zu. Der gesamte Abgabenrückstand beträgt 2.306.466,42 Euro. Im Beschwerdefall erfolgte keine Zahlungen auf die strittige Abgabenschuld Umsatzsteuer 2004 bis 2008 inkl. Nebengebühren durch die Bf. Da die streitgegenständlichen Abgabennachforderungen bislang nicht entrichtet, sondern gemäß § 212a BAO ausgesetzt wurden, würde selbst eine vollinhaltliche Stattgabe der Beschwerde zu keinem Aktivvermögen der gelöschten Aktiengesellschaft führen, da in diesem Fall eine Abgabenschuld iHv. 0,01 Euro verblieb. Es besteht somit keine Aussicht auf einen Rückzahlungsanspruch. Das Vorliegen eines anderweitigen Vermögens und eines sich daraus ergebenden Abwicklungsbedarfes kann im Hinblick auf das abgeschlossene Liquidationsverfahren ausgeschlossen werden.
Zusammenfassend ist festzustellen:
Indem die Rechtspersönlichkeit der Bf. durch die Löschung im Schweizer Handelsregister beendet worden ist (siehe BFG-Akt OZ 61 und 62, beglaubigter Handelsregisterauszug Kanton ZZ) und mangels Abwicklungsbedarfs in Österreich auch über die Auflösung und Löschung hinausgehend kein Fortbestand der Rechtssubjektivität gegeben war, liegt eine Vollbeendigung der vormals beschwerdeführenden Schweizer Aktiengesellschaft im Sinn der höchstgerichtlichen Judikatur vor. Da das Verfahren nach dem "Wegfall der Rechtspersönlichkeit" der Bf. nicht fortgeführt werden kann, ist es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG wegen Gegenstandslosigkeit der Beschwerde einzustellen (vgl. ).
Hinsichtlich der noch bestehenden Zustellvollmacht ist auszuführen:
Nach § 83 Abs. 1 BAO können sich Parteien durch natürliche oder juristische Personen vertreten lassen.
Gemäß § 83 Abs. 2 BAO richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten nach der Vollmacht für welche die Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beachten sin.
Laut § 1022 Satz 1 ABGB wird in der Regel die Vollmacht sowohl durch den Tod des Gewaltgebers als des Gewalthabers aufgehoben. § 1022 Satz 2 Fall 2 ABGB bestimmt aber, dass - so sich die Vollmacht selbst auf den Sterbefall des Gewaltgebers erstreckt - der Gewalthaber das Recht und die Pflicht hat, das Geschäft zu vollenden.
Zufolge § 1023 ABGB werden von einem Körper (Gemeinschaft) ausgestellten und übernommenen Vollmachten durch die Erlöschung der Gemeinschaft aufgehoben.
Nach Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs sind Vollmachten und Zustellungsbevollmächtigungen grundsätzlich so lange zu beachten, als der Behörde nicht der Widerruf, die Kündigung (vgl. ; ) bzw. die einvernehmliche Aufhebung (vgl. Raschauer/Riesz in Frauenberger-Pfeiler/Raschauer/Sander/Wessely, Österreichisches Zustellrecht2, § 9 Rz 6a) bekannt wird.
Das Erlöschen der Bevollmächtigung durch Tod oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§§ 1022 bis 1024 ABGB) wirkt aber auch der Abgabenbehörde gegenüber, selbst wenn sie hiervon nichts erfährt (vgl. Ritz/Koran, BAO7, ZustG, § 9 Rz 22).
Die Vollbeendigung einer juristischen Person hat in Bezug auf Vollmacht und Auftrag dieselbe Wirkung wie der Tod einer natürlichen Person (Apathy/Burtscher in Schwimann/Kodek, ABGB Praxiskommentar Band 652021, § 1023 Rz 1). Dies ergibt sich aus § 1023 ABGB, da bei Untergang einer juristischen Person deren Rechtsbeziehungen wegen Wegfalls des Zurechnungssubjekts zwangsläufig erlöschen (vgl. Rubin in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.03, § 1023 Rz 1). Dieses Erlöschen des Vollmachtsverhältnisses (einschließlich einer Zustellvollmacht) wirkt, wie bereits ausgeführt, gegenüber der Behörde unabhängig vom Kenntnisstand (Ritz/Koran, a.a.O., § 83 Rz 24).
Mit der Vollbeendigung der juristischen Person endet die Vertretungsbefugnis ihrer Organe, also der statutarischen Vertreter, aber auch der sonst bestellten Vertreter (vgl. Strasser in Rummel, ABGB3, § 1026 Rz. 29).
Wie aus der Grunddatenverwaltung der Finanzverwaltung ersichtlich, wurde die steuerliche Vertretung (inkl. Zustellvollmacht) der Bf. durch die StB 2, Adr.StB 2, mit beendet (BFG-Akt OZ 68 und 69).
Die im Beschwerdeverfahren ebenfalls als steuerliche Vertretung auftretende Kanzlei StB 3 legte der belangten Behörde eine Vollmachtsurkunde vom vor. Nach dieser Vollmachtsurkunde gilt die Vollmacht über den Tod hinaus (BFG-Akt OZ 75).
§ 1022 Satz 1 ABGB stellt dispositives Recht dar (vgl. Hartlieb/Zollner in Rummel/Lukas/Geroldinger, ABGB4, § 1022 Rz 1). Daher kann eine Vollmacht auch so gestaltet werden, dass sie über den Tod des Vollmachtgebers hinaus fortdauert (Ritz/Koran, a.a.O., § 83 Rz 21).
§ 1023 ABGB ist vom historischen Gesetzgeber als Parallelnorm zu § 1022 ABGB, der Regelung für den Tod natürlicher Personen, gedacht worden, deshalb wird die analoge Anwendung von
§ 1022 Satz 2 ABGB (Fortbestand von Auftrag/Vollmacht) auf juristische Personen bejaht. Dies setzt jedoch Gesamtrechtsnachfolge voraus, etwa durch Verschmelzung, Spaltung, Einbringung, oder Anwachsung gem. § 142 UGB (vgl. mit Verweis auf Rubin, a.a.O., Rz 3 und P. Bydlinski in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, Kurzkommentar zum ABGB6, § 1023 ABGB Rz 1; ebenso Hartlieb/Zollner, a.a.O., § 1023 Rz 9).
Im gegenständlichen Beschwerdefall liegt eine Gesamtrechtsnachfolge nicht vor, und ist durch die Vollbeendigung der ehemaligen Bf. infolge Löschung im Schweizer Handelsregister auch das Vollmachtsverhältnis (einschließlich der Zustellvollmacht) zwangsläufig erloschen.
Da das Verfahren nach dem Wegfall der Rechts- und damit der Parteifähigkeit der Bf. nicht fortgeführt werden kann, ist es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG wegen Gegenstandslosigkeit der Beschwerde mit Beschluss einzustellen (vgl. ).
Zur (im Vorlageantrag beantragten) Senatsentscheidung und der mündliche Verhandlung ist auszuführen:
Gemäß § 272 Abs. 2 Z 1 lit. b BAO obliegt die Entscheidung dem Senat, wenn dies im Vorlageantrag beantragt wird.
Obliegt die Entscheidung über Beschwerden dem Senat, so können gemäß § 272 Abs. 4 BAO die dem Verwaltungsgericht gemäß § 269 eingeräumten Rechte zunächst vom Berichterstatter ausgeübt werden. Diesem obliegen auch zunächst die Erlassung von Mängelbehebungsaufträgen (§ 85 Abs. 2) und von Aufträgen gemäß § 86a Abs. 1 sowie Zurückweisungen (§ 260), Zurücknahmeerklärungen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1), Gegenstandsloserklärungen (§ 256 Abs. 3, § 261), Verfügungen der Aussetzung der Entscheidung (§ 271 Abs. 1) und Beschlüsse gemäß § 300 Abs. 1 lit. b.
Nach § 274 Abs. 1 Z 1 lit. b BAO hat über die Beschwerde eine mündliche Verhandlung stattzufinden, wenn es im Vorlageantrag beantragt wird.
Gemäß § 274 Abs. 3 Z 1 und 2 BAO kann ungeachtet eines Antrages von einer mündlichen Verhandlung absehen werden, wenn die Beschwerde als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen ist (§ 260) bzw. als zurückgenommen (§ 85 Abs 2, § 86a Abs 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs 3, § 261) zu erklären ist.
Obliegt die Entscheidung über die Beschwerde dem Einzelrichter und hat nach Abs. 1 eine mündliche Verhandlung stattzufinden, so ist Abs. 3 sinngemäß anzuwenden (vgl. § 274 Abs. 5 BAO).
Eine Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung ist mangels vertretungsbefugter Personen der ehemaligen Bf. nicht denkbar. Im Übrigen hätte durch das Absehen von der beantragten mündlichen Verhandlung die ehemalige Bf. nicht in ihren Interessen beeinträchtigt sein können, weil die Bf. die strittige Abgabenschuld endgültig nicht entrichtet hat und somit kein Beschwer vorliegt. Ein Absehen von der mündlichen Verhandlung in Fällen einer Formalerledigung, in der die Sach- und Rechtslage klar ist, entspricht bereits aus Kostengründen den öffentlichen Interessen (Zweckmäßigkeit).
Da im Beschwerdefall eine Gegenstandsloserklärung auszusprechen war, obliegt diese gemäß
§ 272 Abs. 4 BAO dem Berichterstatter und war gemäß § 274 Abs. 3 Z 2 iVm Abs. 5 BAO von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abzusehen.
Eine Zustellung dieses Beschlusses an die Bf. hat im Hinblick auf den Wegfall der Rechtspersönlichkeit der Bf. zu unterbleiben. Zur Bestellung eines Kurators gemäß § 82 Abs. 2 BAO besteht in einem solchen Fall kein Anlass ().
Die Einstellung erfolgt daher mit an die Amtspartei zu richtendem und zuzustellendem Beschluss gem. § 278 BAO (vgl. Ritz/Koran, a.a.O., § 278 Rz 1a).
Bzgl. der Amtspartei ist auszuführen: Die beschwerdegegenständlichen Bescheide wurden vom Finanzamt Graz-Stadt erlassen; das Finanzamt Graz-Stadt war am - zu welchem Zeitpunkt die Beschwerde bereits dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt waren - zuständig. In einem nächsten Schritt ist zu prüfen, in wessen Zuständigkeitsbereich die Beschwerdesache ab dem fällt. Dabei ist § 61 Abs. 2 letzter Satz BAO idF BGBl I 2020/99 einschlägig, wonach nicht in die Zuständigkeit des Finanzamtes für Großbetriebe jene Aufgaben fallen, die gemäß § 60 Abs 2 BAO dem Finanzamt Österreich obliegen.
Nach § 60 Abs 2 Z 2 BAO ist das Finanzamt Österreich jedenfalls zuständig für die Erhebung der Umsatzsteuer von Unternehmern, die ihr Unternehmen vom Ausland aus betreiben und im Inland weder eine Betriebsstätte haben noch Umsätze aus der Nutzung eines im Inland gelegenen Grundbesitzes erzielen.
Der Beschluss war daher dem Finanzamt Österreich (Dienststelle Graz Stadt) als Amtspartei zuzustellen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da das Bundesfinanzgericht in der gegenständlichen Entscheidung der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt, war auszusprechen, dass die (ordentliche) Revision nicht zuzulassen ist.
Graz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 61 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 79 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 83 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 83 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 212a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 60 Abs. 2 Z 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 212a Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 214 Abs. 1 AktG, Aktiengesetz 1965, BGBl. Nr. 98/1965 § 272 Abs. 2 Z 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 274 Abs. 3 Z 1 und 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 1022 Satz 1 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 § 1022 Satz 2 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 § 1023 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100487.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at