TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.08.2023, RV/3100646/2022

Einräumung Baurecht an bebautem Grundstück: Steuerbemessung vom Grundstückswert (Grund + Gebäude, § 2 GrWV) unter Anwendung Stufentarif § 7 Abs. 1 Z 2 lit a GrEStG idF BGBl I Nr. 118/2015, weil teilentgeltlicher Erwerb

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der
Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Marsoner + Partner GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Andreas-Hofer-Straße 43, 6020 Innsbruck, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel, nunmehr Finanzamt Österreich-Sonderzuständigkeiten, vom ,
ErfNr, betreffend 1. Aufhebung gemäß § 299 Abs. 1 BAO und 2. Festsetzung der Grunderwerbsteuer, im fortgesetzten Verfahren zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom betreffend Aufhebung des
Grunderwerbsteuerbescheides vom gemäß § 299 Abs. 1 BAO wird als
unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen den Bescheid vom betreffend (Neu)Festsetzung
der Grunderwerbsteuer wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Grunderwerbsteuer wird gemäß
§ 7 Abs. 1 Z 1 lit a iVm Abs. 1 Z 2 lit a Grunderwerbsteuergesetz 1987 (GrEStG),
BGBl 1987/309 idgF., im Betrag von € 34.117,18 festgesetzt.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof
nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Mit Baurechtsvertrag vom hat die Marktgemeinde Ort1 als Baurechtsbestellerin an den ihr gehörigen Gst1 und Gst2 in EZ1, bebautes Grundstück mit einer Gesamtfläche von 1.094 m², an die ***Bf1*** (= Beschwerdeführerin, Bf) ein Baurecht auf die Dauer von 50 Jahren eingeräumt (Punkte III. und IV.).
Als Gegenleistungen wurden ein jährlicher Baurechtszins von (wertgesichert) € 7.581 (Punkt V.) und ein Abgeltungsbetrag für den Wert des bestehenden Gebäudes (= altes Altersheim) von netto € 355.500 (Punkt VI.) vereinbart.
Vertragszweck ist der umfassende Umbau und die Sanierung des Bestandsgebäudes zur Schaffung von ca. 17 barrierefreien, betreuten Mietwohnungen (Punkt VIII. 1.).
Der Besitzübergang an die Bf war bereits zum erfolgt (Punkt VII.).
Alle mit der Vertragserrichtung verbundenen Kosten, Abgaben etc. trägt die Bf (Punkt XII.).

2. Vom vertragserrichtenden Notar war in der Abgabenerklärung die für die Einräumung des Baurechtes vereinbarte Gegenleistung, dh. der mit dem 18fachen kapitalisierte Baurechtszins (= € 136.458) zuzüglich der Gebäudeabgeltung (netto € 355.500), in Höhe von sohin gesamt € 491.958 als Grunderwerbsteuer-Bemessungsgrundlage angeführt worden (laut im Akt erliegender Mailnachricht vom ).

3. Das Finanzamt hat daraufhin zum Baurechtsvertrag der Bf mit Bescheid vom ausgehend von der Gegenleistung von € 491.958 die 3,5%ige Grunderwerbsteuer im Betrag von € 17.218,53 vorgeschrieben.

4. Ende April 2017 wurden dem Finanzamt vom Notariat erbetene Unterlagen (Berechnungsblatt, Abfrage Bodenwert) zur Berechnung des Grundstückswertes iSd § 4 Abs. 1 GrEStG auf Grundlage des Pauschalwertmodells nach § 2 Grundstückswertverordnung (GrWV) übermittelt. Demnach wurde ausgehend vom aktuellen Bodenwert € 14,5346/m² der "Grundwert" mit € 143.107,67 und der "Gebäudewert" ausgehend von den Prämissen ua. Baujahr 1981, Nutzfläche Gebäude 961,16 m², Nutzfläche Keller, Garage pauschal 418,95 m² etc. mit € 1.110.240,29 und sohin der Grundstückswert insgesamt mit € 1.253.347,97 berechnet.

5. In der Folge hat das Finanzamt mit Bescheiden vom , StrNr,
1. gemäß § 299 Abs. 1 BAO den Grunderwerbsteuerbescheid vom wegen
inhaltlicher Rechtswidrigkeit mit nicht bloß geringfügiger Auswirkung aufgehoben, und
2. die 3,5%ige Grunderwerbsteuer ausgehend vom Grundstückswert € 1.253.347,97 im
Betrag von € 43.867,18 neu festgesetzt, da dieser nach § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 als
Mindestbemessungsgrundlage heranzuziehen sei.

6. In der gegen diese beiden Bescheide rechtzeitig erhobenen Beschwerde wird vorgebracht, die Grunderwerbsteuer sei von der Gegenleistung in Höhe von € 563.058, di. der kapitalisierte Baurechtszins + der Gebäudeabgeltungsbetrag von brutto € 426.600, zu bemessen.
Der mit beiliegendem Sachverständigengutachten nachgewiesene gemeine Wert des Gebäudes betrage € 488.372 (= 70 % vom gesamten gemeinen Wert der Liegenschaft € 697.675) und liege damit unter der Gegenleistung. Der Grundanteil (= 30 % vom gesamten gemeinen Wert) sei nicht Erwerbsgegenstand, da der Grund und Boden weiterhin dem Grundstückseigentümer zuzurechnen sei. Der Bauberechtigte erhalte daran nach § 6 Baurechtsgesetz lediglich "die Rechte eines Nutznießers", welche Belastung dem Grundeigentümer durch den Baurechtszins abgegolten werde. Die Tangente des "Bodenwertes" bei Ermittlung des "Grundstückswertes" nach § 4 Abs. 1 GrEStG sei daher ebenso dem Grundeigentümer zuzurechnen und sei nicht Erwerbsgegenstand des Baurechtes.

7. Laut beigebrachtem Liegenschaftsbewertungsgutachten des Sachverständigen Bmst. Ing. X vom wird der gemeine Wert der Liegenschaft EZ1 mit € 697.675 festgestellt, der im Verhältnis von 30:70 auf Grund und Gebäude entfalle.
Zu dem zunächst ua. im Rahmen des Sachwertverfahrens ermittelten Gebäudewert von € 1.496.258,38 wurde eine 60%ige Wertanpassung (Abwertung) auf € 598.503,35 vorgenommen, da es sich lt. Sachverständigem beim Gebäude um eine Spezialimmobilie handle, die ausschließlich für den Betrieb eines Wohn- und Pflegeheimes ausgelegt sei und für die ohne umfangreiche Korrektur (Umbaumaßnahmen) im gewöhnlichen Geschäftsverkehr keine Nachfrage bestehe (S. 16 des Gutachtens).

8. Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurde
1. die Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid als unbegründet abgewiesen, da
Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer der höhere Grundstückswert sei
und sich aus diesem Grund der Spruch des Bescheides vom als nicht richtig
erwiesen habe;
2. der Beschwerde gegen den Grunderwerbsteuerbescheid vom teilweise
stattgegeben und die Grunderwerbsteuer ausgehend vom gemeinen Wert laut
Gutachten in Höhe von € 697.675 mit 3,5 %, sohin im Betrag von € 24.418,62,
festgesetzt. Dazu wurde begründend ausgeführt:
Maßgebend sei die Gegenleistung, zumindest aber der Grundstückswert. Werde iSd § 4 GrEStG nachgewiesen, dass der gemeine Wert des Grundstückes, der dem gemeinen Wert des Baurechtes entspreche (bei einer Dauer des Baurechtes von zumindest 50 Jahren), niedriger sei als der nach GrWV ermittelte Grundstückswert, so gelte dieser gemeine Wert als Grundstückswert. Mittels vorgelegtem Schätzungsgutachten sei der niedrigere gemeine Wert erwiesen.

9. Im Vorlageantrag zu beiden angefochtenen Bescheiden wurde wiederum beantragt, die Grunderwerbsteuer von der Gegenleistung von € 563.058 vorzuschreiben.

10. Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat mit Vorhalt vom der Bf die Rechtslage zur Frage der Steuerbemessung ua. mit Verweis auf das VwGH-Erkenntnis vom , Ra 2017/16/0005, dargelegt, demnach der "gemeine Wert des Baurechtes" eigenständig nach § 10 BewG zu bewerten sei, weshalb es der Bf nach vorläufigem Ergebnis freigestellt wurde, ein Verkehrswertgutachten eines Immobilien-Sachverständigen zum gemeinen Wert des Baurechtes - nicht wie bisher der Liegenschaft - beizubringen. Andernfalls wäre, im Hinblick auf die geringere Gegenleistung, der vorliegend ermittelte Grundstückswert nach Pauschalwertmodell (€ 1.253.347,97) der Bemessung der Grunderwerbsteuer zugrunde zu legen.

11. Im Schreiben vom wurde dazu seitens der Bf zusammengefaßt wie folgt Stellung genommen:
Nach der ab geltenden Rechtslage sei die Gegenleistung gem. § 5 GrEStG die Regel-Bemessungsgrundlage; der Grundstückswert diene als Ersatz- bzw. Mindestbemessungs-grundlage und könne nach § 4 Abs. 1 GrEStG auf drei Arten berechnet werden, ua. vom nachgewiesenen geringeren gemeinen Wert. Da Baurechte nach § 2 Abs. 2 GrEStG eigenständige, von Grund und Boden verschiedene "Grundstücke" sind, seien sie nach der VwGH-Judikatur (Erk. v. , Ra 2017/16/0005 u.a.) eigenständig und nicht mit dem gemeinen Wert des mit dem Baurecht belasteten Grundstückes zu bewerten. Dieses (Grund und Boden) verbleibe im zivilrechtlichen Eigentum des Grundstückseigentümers. Der gemeine Wert ebenso wie der Grundstückswert am Grund und Boden (= Grundwert) sei daher dem Grundeigentümer zuzurechnen und sei nicht Erwerbsgegenstand der Baurechtseinräumung (mit Verweis auf Artikel von Beiser).
Der nach Pauschalwertmodell errechnete Gebäudewert betrage € 1.110.240,29. Zufolge des Sachverständigengutachtens sei jedoch der niedrigere gemeine Wert der erworbenen Altsubstanz (= Spezialimmobilie) bzw. der Gebäudewert in Höhe von € 488.372 nachgewiesen worden. Dieser Wert lt. Gutachten habe gem. § 4 Abs. 1 GrEStG "die Vermutung der Richtigkeit für sich". Da die Gegenleistung (€ 563.058) diesen nachgewiesenen gemeinen Wert übersteige, sei die Grunderwerbsteuer von der Gegenleistung zu bemessen.

Festgehalten wird, dass von der Bf kein Sachverständigengutachten zur (eigenständigen) Bewertung des Baurechtes beigebracht wurde.

12. Das Bundesfinanzgericht hatte mit Erkenntnis vom , RV/3100681/2017, die Beschwerde
1. gegen den Bescheid v. betr. Aufhebung des GrESt-Bescheides v.
gem. § 299 Abs. 1 BAO und
2. gegen den Bescheid v. betr. die (Neu)Festsetzung der Grunderwerbsteuer
je als unbegründet abgewiesen und in der Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Die Steuerschuld sei mit Abschluss des Baurechtsvertrags am entstanden, sodass das Grunderwerbsteuergesetz 1987 (GrEStG), BGBl. I Nr. 309/1987 idF BGBl. I Nr. 118/2015, in Geltung ab , anzuwenden sei.
Nach § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 sei die Grunderwerbsteuer für die Einräumung eines Baurechts grundsätzlich von der Gegenleistung, mindestens jedoch vom Grundstückswert zu bemessen. Letzterer könne entweder nach dem Pauschalwertmodell (§ 2 GrWV) ermittelt oder von einem geeigneten Immobilienpreisspiegel (§ 3 GrWV) abgeleitet werden. Weise der Steuerschuldner einen geringeren gemeinen Wert des Baurechts nach, so gelte dieser Wert als Grundstücks-wert. Mit dem beigebrachten Sachverständigengutachten sei der gemeine Wert der bebauten Liegenschaft, nicht jedoch der gemeine Wert des Baurechts festgestellt worden. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Ra 2017/16/0005, ausgeführt habe, entspreche der gemeine Wert des belasteten Grundstücks nicht dem gemeinen Wert des Baurechts. Letzterer sei ausschließlich und eigenständig nach § 10 BewG 1955 zu ermitteln. Daher sei die Ansicht der Bf verfehlt, dass mit dem vorgelegten Sachverständigengutachten der niedrigere gemeine Wert iSd § 4 Abs. 1 dritter UAbs. GrEStG 1987, konkret der "Gebäudewert des Baurechtes", nachgewiesen worden sei. Auch die vom Finanzamt in der Beschwerdevor-entscheidung vorgenommene Steuerbemessung ausgehend vom nachgewiesenen gemeinen Wert der Liegenschaft widerspreche dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes.
Als der der Gegenleistung gegenüberzustellende Wertmaßstab verbleibe im Beschwerdefall - mangels nachgewiesenem geringeren gemeinen Wert des Baurechts - nur der Grundstückswert iSd § 4 Abs. 1 GrEStG 1987. Für die Ermittlung des Grundstückswerts eines Baurechts komme nur jenes bebaute oder unbebaute Grundstück in Betracht, an dem das Baurecht eingeräumt worden sei. Anderweitige pauschalierte oder statistische Bewertungs-grundlagen stünden für die Bewertung von Baurechten (derzeit) nicht zur Verfügung. Nach § 2 Abs. 1 GrWV sei der Grundstückswert - je nachdem, ob es sich um ein unbebautes oder ein bebautes Grundstück handle - entweder nur vom Grundwert, vom Gebäudewert oder vom Grund- und Gebäudewert zu berechnen. Der Grundwert ergebe sich aus dem dreifachen (anteiligen) zuletzt festgestellten Bodenwert pro m², multipliziert mit der Grundfläche und dem in der Anlage der GrWV für die betreffende Gemeinde festgelegten Hochrechnungsfaktor (§ 2 Abs. 2 GrWV). Ausgehend von der von der Bf vorgelegten Bodenwertabfrage (14,5346 €/m²), einer Fläche von 1.094 m² und dem Hochrechnungsfaktor 3 für die Gemeinde Ort1 ergebe sich hier ein Grundwert von € 143.107,67.
Der Gebäudewert sei nach § 2 Abs. 3 GrWV im Wesentlichen ausgehend von der Gebäudenutzfläche multipliziert mit dem Baukostenfaktor je Bundesland zu ermitteln, wobei je nach Baujahr, Art des Gebäudes und eventuellen Sanierungen dieser Wert bzw. auch der Baukostenfaktor entweder mit 100% oder in einem geringeren Umfang anzusetzen sei. Gegenständlich betrage der Gebäudewert - dessen Berechnung unbestritten geblieben sei - € 1,110.240,49, sodass insgesamt von einem Grundstückswert von € 1,253.347,97 auszugehen sei.
Da die Berechnung des Grundstückswerts nach einem "geeigneten Immobilienpreisspiegel" gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 nicht möglich sei und die Bf einen geringeren gemeinen Wert des Baurechts nicht nachgewiesen habe, komme als Steuerbemessungsgrundlage ausschließlich der (die Gegenleistung weit übersteigende) Grundstückswert des Baurechts in Betracht.

Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde zugelassen, da zur Frage, wie der "Grundstückswert" gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 idF BGBl. I Nr. 118/2015 beim Baurecht zu bemessen ist, keine hg. Rechtsprechung vorliege.
(zur weiteren ausführlichen Begründung: siehe BFG-Erk. v. , RV/3100681/2017)

13. Dagegen wurde fristgerecht die ordentliche Revision eingebracht.

14. Der Verwaltungsgerichtshof hat - nach Erstattung einer Revisionsbeantwortung durch die belangte Behörde - mit Erkenntnis vom , Ro 2019/16/0006, das angefochtene BFG-Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, weshalb in gegenständlich fortgesetztem Verfahren vom BFG neuerlich über die von der Bf erhobene Beschwerde abzusprechen ist.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1.) Zu Spruchpunkt I. "Bescheidaufhebung gemäß § 299 Abs. 1 BAO":

Zufolge der Aufhebung des (gesamt) angefochtenen BFG-Erkenntnisses v. , RV/3100681/2017, durch den VwGH hat das BFG zunächst nochmals über die Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid v. zu erkennen wie folgt:

Gemäß § 299 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl 1961/194 idgF., kann die Abgabenbehörde ua. von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung ist mit dem aufhebenden Bescheid der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden.

Der Inhalt des Bescheides ist nicht richtig, wenn der Spruch nicht dem Gesetz entspricht. Weshalb diese Rechtswidrigkeit vorliegt (zB bei unrichtiger Auslegung einer Bestimmung, bei mangelnder Kenntnis des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes), ist für die Anwendbarkeit des § 299 Abs. 1 BAO nicht ausschlaggebend. Ebensowenig ist ein Verschulden der Abgabenbehörde oder des Bescheidadressaten vorausgesetzt.

Die Aufhebung nach § 299 Abs. 1 BAO liegt im Ermessen. Im Rahmen der Ermessensübung kommt dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung zentrale Bedeutung zu (vgl. zB ; VwGH 96/15/0174). Grundsätzlich kommt dem Prinzip der Rechtmäßigkeit (Rechtsrichtigkeit) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtssicherheit (Rechtsbeständigkeit) zu (vgl. zB u.a.). In Ausübung des Ermessens käme die Unterlassung der Aufhebung idR nur dann in Betracht, wenn die Rechtswidrigkeit bloß geringfügig ist (vgl. zB ) bzw. wenn sie keine wesentlichen Folgen nach sich gezogen hat (vgl. zB ; siehe zu vor in: Ritz, BAO-Kommentar, 6. Aufl., Rzn. 9 f. und 52 f. zu § 299).

Da sich im Gegenstandsfall die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer mit Bescheid vom ausgehend von der in Höhe von € 491.958 zunächst erklärten Gegenleistung (jedenfalls) als rechtswidrig und damit der Bescheidspruch sich als nicht richtig erwiesen hatte (siehe ua. oben dargelegte VwGH-Erk. v. , Ro 2019/16/0005 und 0006), ist die Bescheidaufhebung gemäß § 299 Abs. 1 BAO vom zu Recht erfolgt. Dies insbesondere im Hinblick auf das vorrangig zu beachtende Prinzip der Rechtmäßigkeit wie auch der Gleichmäßigkeit der Besteuerung sowie darauf, dass die steuerlichen Auswirkungen nicht bloß geringfügig sind.

Die Beschwerde gegen den Bescheid vom , mit dem der Grunderwerbsteuerbescheid vom gem. § 299 Abs. 1 BAO aufgehoben wurde, ist daher abzuweisen.

2.) Zu Spruchpunkt II. "(Neu)Festsetzung der Grunderwerbsteuer":

A) Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , Ro 2019/16/0006, begründend ausgeführt wie folgt:

" … Rz 16 In der Revision wird zu deren Zulässigkeit vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob der Grundstückswert des mit einem Baurecht belasteten Grund und Bodens als Ersatz- oder Mindestbemessungsgrundlage heranzuziehen sei, obwohl der Grund und Boden nicht Erwerbsgegenstand sei, sondern (zivilrechtlich und wirtschaftlich) Eigentum des Grundeigentümers bleibe.

17 § 4 Grunderwerbsteuergesetz 1987 (GrEStG), BGBl I Nr. 309/1987 idF BGBl. I Nr. 118/2015 (StRefG 2015/2016) und BGBl. I Nr. 163/2015, lautet auszugsweise wie folgt:

"Art der Berechnung
§ 4. (1) Die Steuer ist zu berechnen vom Wert der Gegenleistung (§ 5), mindestens vom Grundstückswert. [...] Der Grundstückswert ist entweder
- als Summe des hochgerechneten (anteiligen) dreifachen Bodenwertes gemäß
§ 53 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes 1955 BewG. 1955, BGBl. Nr. 148/1955 in der
jeweils geltenden Fassung, und des (anteiligen) Wertes des Gebäudes oder
- in Höhe eines von einem geeigneten Immobilienpreisspiegel abgeleiteten Wertes
zu berechnen.
Der Bundesminister für Finanzen hat im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler unter Berücksichtigung der Grundsätze einer einfachen und sparsamen Verwaltung durch Verordnung sowohl die näheren Umstände und Modalitäten für die Hochrechnung des Bodenwertes und die Ermittlung des Gebäudewertes als auch den anzuwendenden Immobilienpreisspiegel samt Höhe eines Abschlages festzulegen.
Weist ein Steuerschuldner nach, dass der gemeine Wert des Grundstückes im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld geringer ist als der nach der Verordnung ermittelte Grundstückswert, gilt der geringere gemeine Wert als Grundstückswert. Erfolgt dieser Nachweis durch Vorlage eines Schätzungsgutachtens, das von einem allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Immobiliensachverständigen erstellt wurde, hat der von diesem festgestellte Wert die Vermutung der Richtigkeit für sich. [...]"

18 Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom heutigen Tag, Ro 2019/16/0005, mit näherer Begründung - auf welche gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird - ausgesprochen hat, gilt die in § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 idF BGBl. I Nr. 163/2015 normierte Mindestbemessungs-grundlage (Grundstückswert oder niedrigerer gemeiner Wert) für alle Kategorien von vom GrEStG 1987 erfassten Grundstücken, somit auch für Baurechte gemäß § 2 Abs. 2 Z 1 GrEStG 1987.

19 Der in § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 mit dem StRefG 2015/2016, BGBl. I Nr. 118/2015, eingeführte Grundstückswert ist ein "Hilfswert", der einer vereinfachten pauschalen Wertermittlung dient. Diese knüpft (gemäß § 4 Abs. 1 erster Teilstrich GrEStG 1987) als Ausgangspunkt an den Bodenwert der Grundstücksparzelle an, auf welche sich das Baurecht bezieht. Hinzu kommt ein allfälliger Gebäudewert, wenn - wie im revisionsgegenständlichen Fall - im Rahmen der Baurechtseinräumung auch ein auf dem Grundstück befindliches Gebäude auf den Bauberechtigten übergeht. Da der auf diesem Weg ermittelte Grundstückswert des Baurechts nicht mit dem gemeinen Wert des Baurechts (dessen Zugehör das erworbene Gebäude bildet) übereinstimmen muss, steht es dem Steuerschuldner nach § 4 Abs. 1 dritter UAbs. GrEStG 1987 frei, einen niedrigeren gemeinen Wert des Baurechts nachzuweisen.

20 Im revisionsgegenständlichen Fall hat das Bundesfinanzgericht den Nachweis des gemeinen Werts des Baurechts durch das von der Revisionswerberin vorgelegte Sachverständigengut-achten zum gemeinen Wert der (bebauten) - mit dem Baurecht belasteten - Liegenschaft als nicht erbracht angesehen. Dagegen wird in der Revision u.a. vorgebracht, der im Sachver-ständigengutachten festgestellte gemeine Wert des erworbenen Gebäudes sei niedriger als der Gebäudewert nach § 4 Abs. 1 erster Teilstrich GrEStG 1987, sodass dieser der Gegenleistung gegenüber zu stellen sei.

21 Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Ra 2017/16/0005, ausgesprochen hat, ist der gemeine Wert des Grundstücks nicht mit dem gemeinen Wert des Baurechts gleichzusetzen. Das gilt nicht nur für den mit dem Baurecht belasteten Grund und Boden, sondern auch für ein als Zugehör des Baurechts geltendes, miterworbenes Gebäude (§ 6 Abs. 1 BauRG), das nach Erlöschen des Baurechts an den Grundeigentümer zurückfällt (§ 9 BauRG). Der gemeine Wert des Baurechts ist eigenständig nach § 10 BewG 1955 zu ermitteln. Damit kommt es auf den Preis an, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr (am freien Markt) - unter zueinander fremden Personen - für die Einräumung eines solchen Baurechts einschließlich eines mitübertragenen Gebäudes (z.B. bei Einmalerlag) gezahlt würde, wobei ungewöhnliche und persönliche Verhältnisse auszublenden sind.

22 Dem Bundesfinanzgericht ist daher nicht entgegen zu treten, wenn es das von der Revisionswerberin vorgelegte Gutachten zum gemeinen Wert der (bebauten) Liegenschaft nicht als Nachweis des gemeinen Werts des Baurechts anerkannt und die Grunderwerbsteuer vom Grundstückswert des Baurechts bemessen hat.

23 Jedoch hat das Bundesfinanzgericht die Grunderwerbsteuer mit 3,5% des Grundstückswerts berechnet, ohne auf das Verhältnis der Gegenleistung zum Grundstückswert einzugehen und die Anwendbarkeit des Stufentarifs nach § 7 Abs. 1 Z 2 lit. a GrEStG 1987 zu prüfen (vgl. dazu nochmals VwGH vom heutigen Tag, Ro 2019/16/0005).

24 Damit hat es das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, sodass dieses gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war. …"

B) Im VwGH-Erkenntnis vom , Ro 2019/16/0005, worauf der VwGH Bezug nimmt, wird dargelegt:

" … 19 Die aufgrund des § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ergangene "Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Festlegung der Ermittlung des Grundstückswertes (Grundstücks-wertverordnung - GrWV)", BGBl. II Nr. 442/2015, lautete auszugsweise wie folgt:

"Methoden der Grundstückswertermittlung
§ 1. Wird der Grundstückswert als Summe des hochgerechneten (anteiligen) dreifachen Bodenwertes gemäß § 53 Abs. 2 erster und zweiter Satz des Bewertungsgesetzes 1955 - BewG. 1955, BGBl. Nr. 148/1955, in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 34/2015 (Grundwert) und des (anteiligen) Wertes des Gebäudes (Gebäudewert) ermittelt, ist nach § 2 vorzugehen. Wird der Grundstückswert in Höhe eines von einem geeigneten Immobilienpreisspiegel abgeleiteten Wertes ermittelt, ist nach § 3 vorzugehen. Für jede wirtschaftliche Einheit gemäß § 2 BewG. 1955 kann die Ermittlungsmethode frei gewählt werden.

Pauschalwertmodell
§ 2. Je nach Beschaffenheit der wirtschaftlichen Einheit, für die der Grundstückwert zu ermitteln ist, ist entweder nur der Grundwert (Abs. 2), nur der Gebäudewert (Abs. 3) oder beides zu berechnen.
(2) Berechnung des Grundwertes:
1. Für den (anteiligen) dreifachen Bodenwert ist die Grundfläche mit dem dreifachen Bodenwert pro Quadratmeter zu multiplizieren. Für den Bodenwert pro Quadratmeter ist jener Wert maßgebend, der auf den dem Erwerbsvorgang unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt festgestellt wurde; § 6 Abs. 3 GrEStG 1987 ist anzuwenden. Anfragen an das Finanzamt um Bekanntgabe des Bodenwertes müssen elektronisch im Wege von FinanzOnline erfolgen. Dies gilt nicht, wenn die elektronische Anfrage mangels technischer Voraussetzungen unzumutbar ist.
2. Der (anteilige) dreifache Bodenwert ist mit den Faktoren hochzurechnen, die in der Anlage je Gemeinde, in Gemeinden über 100 000 Einwohnern (Stichtag ) für einen oder mehrere Bezirke bzw. Stadtteile festgelegt werden.
3. Erstreckt sich eine wirtschaftliche Einheit über zwei oder mehr Gemeinden, sind für die auf die einzelne Gemeinde entfallenden Grundflächenanteile die jeweiligen Hochrechnungsfaktoren heranzuziehen.
(3) Berechnung des Gebäudewertes: [...]"

20 Aus § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 idF BGBl. I Nr. 163/2015 folgt mangels einer spezielleren Regelung, dass die Grunderwerbsteuer für die Einräumung eines Baurechts grundsätzlich von der Gegenleistung, mindestens jedoch vom Grundstückswert zu bemessen ist. Weist der Steuerschuldner einen geringeren gemeinen Wert des Baurechts nach, so bildet dieser die Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage (vgl. bereits zur Anwendbarkeit der Vorgängerregelung des § 4 GrEStG 1987 idF BGBl. I Nr. 36/2014 auf die Einräumung von Baurechten Ra 2017/16/0005).

21 § 4 GrEStG 1987 kennt seit der Fassung BGBl. I Nr. 85/2008 eine Mindestbemessungs-grundlage, wonach die Steuer vom Wert des Grundstücks zu berechnen ist, wenn die Gegenleistung geringer ist als dieser Wert.

22 Während § 4 GrEStG 1987 idF BGBl. I Nr. 36/2014 als Mindestbemessungsgrundlage ausdrücklich den gemeinen Wert benennt, ist es in § 4 GrEStG 1987 idF ab StRefG 2015/2016, BGBl Nr. 118/2015, ein für Grunderwerbsteuerzwecke eingeführter, eigenständiger Wert, der "Grundstückswert". Zugleich mit Einführung des "Grundstückswerts" wurde dem Steuerschuldner aber die Möglichkeit eingeräumt, den gemeinen Wert des Grundstücks als Mindestbemessungsgrundlage heranzuziehen, falls (im Einzelfall) nachgewiesen wird, dass der gemeine Wert geringer ist als der "Grundstückswert". Letztlich ist damit der gemeine Wert - sofern dieser die Gegenleistung überschreitet - die endgültige Mindestbemessungsgrundlage geblieben.

23 Die ErlRV zum StRefG 2015/2016 (684 BlgNR 25. GP) führen auf Seite 36 aus, der Grundstückswert solle als Bemessungsgrundlage herangezogen werden, wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder "die Gegenleistung geringer ist als der Grundstückswert". Aus Gründen der Vorhersehbarkeit der Grunderwerbsteuerbelastung und somit der Erleichterung der Selbstberechnung, aber auch der Verwaltungsökonomie soll mit dem Grundstückswert eine für Zwecke der Grunderwerbsteuer vereinfachte pauschale Wertermittlung ermöglicht werden. Dem Steuerschuldner soll es allerdings unbenommen bleiben, den Nachweis zu führen, dass der tatsächliche gemeine Wert im Einzelfall unter dem Grundstückswert liegt. Auf Seite 4 der ErlRV wird ausgeführt: "Dieser Grundstückswert ist ein nur für Zwecke der Grunderwerbsteuer zu ermittelnder Wert".

24 Die Grunderwerbsteuer erfasst gemäß § 2 Abs. 1 GrEStG 1987 Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechts. Gemäß § 2 Abs. 2 Z 1 leg. cit. stehen im Bereich der Grunderwerbsteuer Baurechte den Grundstücken (im Sinne des bürgerlichen Rechts) gleich. Wie den ErlRV zum StRefG 2015/2016 zu entnehmen ist, sollte durch die Neufassung des § 4 GrEStG 1987 nicht eine bestimmte Kategorie von Grundstücken - etwa Baurechte - von der Anwendbarkeit einer Mindestbemessungsgrundlage ausgenommen werden. Vielmehr zeigen die ErlRV die Absicht des Gesetzgebers auf, ganz allgemein auf den Grundstückswert (oder den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert) als Mindestbemessungsgrundlage abzustellen, falls die für den Erwerb des Grundstücks zu erbringende Gegenleistung geringer sein sollte.

25 Der Gesetzgeber begründet die Einführung eines Grundstückswerts vor allem damit, dass zwecks Erleichterung der Selbstberechnung, aber auch aus Gründen der Verwaltungsökonomie für Zwecke der Grunderwerbsteuer eine vereinfachte pauschale Wertermittlung ermöglicht werden soll. Der Grundstückswert ist sohin das Ergebnis einer vereinfachten pauschalen Wertermittlung. Die Erhebung der Grunderwerbsteuer im Wege der Selbstberechnung durch Parteienvertreter erfordert eine leicht ermittelbare (Mindest-) Bemessungsgrundlage.

26 Der Grundstückswert wird u.U. nicht mit dem gemeinen Wert übereinstimmen, weder bei Grundstücken im Sinne des bürgerlichen Rechts (§ 2 Abs. 1 GrEStG 1987) noch bei Baurechten (§ 2 Abs. 2 Z 1 GrEStG 1987). Die pauschale Wertermittlung und damit die Abweichung des Ermittlungsergebnisses vom tatsächlichen gemeinen Wert eines Grundstücks iSd § 2 Abs. 1 und 2 GrEStG 1987 ist der Verwaltungsvereinfachung und dem Umstand, dass der Gesetzgeber die Selbstberechnung durch Parteienvertreter ermöglichen will, geschuldet. Die vom Gesetzgeber - einheitlich für alle Kategorien von vom GrEStG 1987 erfassten Grundstücken - vorgegebene pauschale Wertermittlung erweist sich aber schon deshalb nicht als unsachlich, weil dem Steuerschuldner stets die Möglichkeit des Nachweises des tatsächlichen (gegebenenfalls niedrigeren) gemeinen Werts offensteht.

27 In der Revision wird vorgebracht, der Grundstückswert eines Baurechts an einem unbebauten Grundstück betrage 0 €, weil der Bodenwert dem Grundeigentümer zuzurechnen sei und ein Gebäude nicht den Erwerbsgegenstand bilde. Der mit dem Baurecht belastete Grund und Boden bleibe Eigentum des Grundeigentümers und sei nicht Erwerbsgegenstand. Bei der Einräumung eines Baurechts an einem unbebauten Grundstück sei daher stets die Gegenleistung die Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage.

28 Damit verkennt die Revision - im Hinblick auf die Gleichstellung der Baurechte mit den Grundstücken gemäß § 2 Abs. 2 Z 1 GrEStG 1987 -, dass der Grundstückswert ein vom Gesetzgeber zwecks Vereinfachung der Erhebung der Grunderwerbsteuer eingeführter "Hilfswert" ist, der nicht mit dem gemeinen Wert des konkreten Grundstücks iSd § 2 Abs. 1 oder 2 GrEStG 1987 übereinstimmen muss. Die vereinfachte pauschale Wertermittlung kann (gemäß § 4 Abs. 1 erster Teilstrich GrEStG 1987) als Ausgangspunkt an den Bodenwert der Grundstücksparzelle anknüpfen, auf welche sich das Baurecht bezieht. Wie bei jeder vereinfachten pauschalen Wertermittlung kann das Ermittlungsergebnis vom gemeinen Wert (hier: des Baurechts) abweichen. Im Hinblick darauf hat der Gesetzgeber dem Steuerschuldner die Möglichkeit des Nachweises des tatsächlichen gemeinen Werts eingeräumt.

29 Würde man der - aus dem Gesetz nicht ableitbaren - Ansicht der Revisionswerberin folgen, wonach der Grundstückswert eines Baurechts an einem unbebauten Grundstück stets 0 € betrage, wäre die Grunderwerbsteuer für die Einräumung eines Baurechts immer von der Gegenleistung zu berechnen. Nicht nur die Anordnung des Grundstückswerts als Mindestbemessungsgrundlage wäre in diesem Fall hinfällig, sondern es käme auch der gemeine Wert des Baurechts niemals als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer in Betracht, ist doch ein Unterschreiten eines Grundstückswerts von 0 € von vornherein ausgeschlossen (vgl. zum gemeinen Wert des Baurechts als Mindestbemessungsgrundlage nach der Vorgängerregelung des § 4 GrEStG 1987 idF BGBl. I Nr. 36/2014 ).

30 Dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 durch das StRefG 2015/2016 eine solche Änderung für die Besteuerung von Baurechten (Beseitigung der Mindestbemessungsgrundlage) herbeiführen wollte, ist - insbesondere im Hinblick auf die Ausführungen in den ErlRV - auszuschließen. Eine sachliche Begründung dafür, gerade für eine einzige Kategorie von Grundstücken die Maßgeblichkeit einer Mindestbemessungsgrundlage auszuschließen, ist nicht erkennbar.

31 Das Bundesfinanzgericht hat daher zu Recht den Grundstückswert, wie er sich aus § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ergibt, als Mindestbemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer herangezogen.

32 Das angefochtene Erkenntnis erweist sich aber aus einem anderen Grund als mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet:

33 Mit dem StRefG 2015/2016 wurde in § 7 GrEStG 1987 ein Stufentarif eingeführt, der unentgeltliche und teilentgeltliche Erwerbe gegenüber entgeltlichen Erwerben begünstigt und eine eigenständige Definition dieser Begriffe enthält.

34 § 7 Grunderwerbsteuergesetz 1987 (GrEStG), BGBl I Nr. 309/1987 idF BGBl. I Nr. 163/2015, lautete auszugsweise wie folgt:
"(1) 1. a) Ein Erwerb gilt als
- unentgeltlich, wenn die Gegenleistung nicht mehr als 30%,
- teilentgeltlich, wenn die Gegenleistung mehr als 30%, aber nicht mehr als 70%,
- entgeltlich, wenn die Gegenleistung mehr als 70%,
des Grundstückswertes beträgt. [...]
2. a) Die Steuer beträgt beim unentgeltlichen Erwerb von Grundstücken
- für die ersten 250 000 Euro ........................................ 0,5%
- für die nächsten 150 000 Euro .................................... 2%
- darüber hinaus .......................................................... 3,5%
des Grundstückswertes.
Dies gilt auch bei teilentgeltlichen Erwerben, insoweit keine Gegenleistung zu erbringen ist; insoweit eine Gegenleistung zu erbringen ist, gilt Z 3. [...]
3. In allen übrigen Fällen beträgt die Steuer ................... 3,5 %. [...]"

35 Das Bundesfinanzgericht hat die Grunderwerbsteuer mit 3,5% des Grundstückswerts berechnet, ohne auf das Verhältnis der Gegenleistung (einschließlich Umsatzsteuer, vgl. etwa 2004/16/0278; , 2001/16/0018) zum Grundstückswert einzugehen und die Anwendbarkeit des Stufentarifs nach § 7 Abs. 1 Z 2 lit. a GrEStG 1987 zu prüfen.

36 Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben. …"

C) Steuerbemessung:

Festzuhalten gilt zunächst, dass der VwGH mit Erkenntnis v. , Ro 2019/16/0006, die rechtliche Beurteilung des BFG dem Grunde nach bestätigt und lediglich hinsichtlich der Höhe der vorgeschriebenen Grunderwerbsteuer das angefochtene BFG-Erkenntnis aufgehoben hat.
Das BFG hat dem entsprechend nunmehr zu prüfen, ob iSd § 7 Abs. 1 Z 1 lit a GrEStG 1987 idF BGBl I Nr. 118/2015, in Geltung ab , entweder ein unentgeltlicher, ein teilentgeltlicher oder entgeltlicher Erwerb vorgelegen war:

Die gegenständlich für die Einräumung des Baurechtes zu zahlende Gegenleistung (Bauzinsverpflichtung = 18fach kapitalisierter jährl. Baurechtszins + Bruttoabgeltung für das Gebäude) beträgt unbestritten € 563.058.
Der gesamte Grundstückswert (Grundwert + Gebäudewert) beträgt lt. eigener Berechnung seitens der Bf (e-mail v. ) nach § 2 GrWV (Pauschalwertmodell) und nach Überprüfung durch das BFG zutreffend € 1.253.347,97.

In Gegenüberstellung von Gegenleistung und Grundstückswert des Baurechtes, wonach die Gegenleistung nur rund 45 % des Grundstückswertes (dh. > 30 %, < 70 %) beträgt, gilt der Erwerb nach § 7 Abs. 1 Z 1 lit a GrEStG 1967 als teilentgeltlich.

Nach § 7 Abs. 1 Z 2 lit a GrEStG 1987 beträgt die Steuer beim unentgeltlichen Erwerb von Grundstücken für die ersten 250.000 Euro des Grundstückswertes 0,5 %, für die nächsten 150.000 Euro des Grundstückswertes 2 % und darüber hinaus 3,5 % (= Stufentarif).
Dies gilt auch bei teilentgeltlichen Erwerben, insoweit keine Gegenleistung zu erbringen ist; insoweit eine Gegenleistung zu erbringen ist, gilt Z. 3.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 GrEStG 1987 beträgt die Steuer in allen übrigen Fällen: 3,5 %.

Erwerbsvorgänge, bei denen die Gegenleistung mehr als 30 % (und zugleich maximal 70 %) des Grundstückswertes beträgt (= teilentgeltliche Erwerbe), sind sohin in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil aufzuspalten. Soweit Unentgeltlichkeit vorliegt, ist der Stufentarif anzuwenden, soweit Entgeltlichkeit vorliegt der Normal-Steuersatz von 3,5 % (vgl. in Fellner, Kommentar Gebühren und Verkehrsteuern, Band II Grunderwerbsteuer, Stand September 2016, Rzn 4 und 9 zu § 7 GrEStG).

Die Grunderwerbsteuer ermittelt sich nach Obigem wie folgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Vom Grundstückswert
€ 1.253.347,97:
Steuersatz in %
Steuer
a) vom entgeltlichen Teil = Gegenleistung € 563.058

3,5

€ 19.707,03
b) vom unentgeltlichen Teil, ds. restl. € 690.289,97: - für die ersten € 250.000 - für die nä. € 150.000 - darüber hinaus =
restl. € 290.289,97
0,5 2 3,5

€ 1.250,00 € 3.000,00 € 10.160,15
Grunderwerbsteuer gesamt
€ 34.117,18

In Anbetracht obiger Sach- und Rechtslage war daher im fortgesetzten Beschwerdeverfahren wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zu gegenständlich strittigen Rechtsfragen hat der VwGH mit Erk. v. , Ro 2019/16/0006 (iVm ) abschließend abgesprochen. Die Aufhebung des angefochtenen BFG-Erk. v. ist ausschließlich wegen unzutreffender Steuerbemessung erfolgt, weshalb in gegenständlich fortgesetztem Beschwerdeverfahren lediglich die Höhe der Steuerfestsetzung richtigzustellen war. Insofern ist mangels einer zu lösenden "Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung" eine Revision nicht zulässig.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise




ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.3100646.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at