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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.08.2023, RV/2101255/2018

Mietvertrag: 1. Unbestimmte oder bestimmte Vertragsdauer 2. Nebenleistungen 3. Gesamtschuldner

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Auxiliaris Steuerberatung GmbH, Goritz bei Radkersburg 58, 8490 Bad Radkersburg, über die Beschwerde vom gegen den vorläufigen Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Rechtsgeschäftsgebühr, ErfNr. ***Bf-ErfNr***, StNr. ***Bf-StNr***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die Gebühr wird gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG 1957 iVm § 200 Abs. 2 BAO bei einer Bemessungsgrundlage von 2,319.600 Euro endgültig mit 1% dh mit 23.196 Euro festgesetzt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Kontrollmitteilung des Finanzamtes Oststeiermark vom wurde der zwischen dem Beschwerdeführer, im Folgenden kurz Bf. genannt, als Vermieter und der ***1*** GmbH, vertreten durch den Bf. als deren Geschäftsführer, als Mieterin am abgeschlossene Mietvertrag dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zur Kenntnis gebracht.

Mietobjekt ist die Liegenschaft EZ ***2*** KG ***3*** mit dem darauf vom Bf. neu errichteten Gebäude für ein Seniorenzentrum.

Mit Ergänzungsersuchen vom ersuchte das Finanzamt den Bf. um Bekanntgabe der unter Punkt III des Vertrages angeführten Betriebskosten inkl. USt (Grundsteuer, Wasser, Strom etc.). Nachdem keinerlei Reaktion erfolgte, erging am ein neuerliches Ergänzungsersuchen, das ebenso erfolglos blieb.

Mit vorläufigen Bescheid vom wurde für das Rechtsgeschäft eine Gebühr von 24.380,80 Euro festgesetzt. Die Begründung lautete: "Da nach dem Ermittlungsverfahren der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss ist, erfolgt die Vorschreibung vorläufig. Da der auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Bestandvertrag während einer bestimmten Dauer für beide Vertragsteile unkündbar ist, sind der Bemessung gemäß § 33 TP 5 GebG die bestimmte und die unbestimmte Dauer zu Grunde zu legen. Da die Bezahlung der Umsatzsteuer beurkundet wurde, ist sie dem Entgelt hinzuzurechnen. Mangels Vorhaltsbeantwortung wurden die Betriebskosten mit € 2.760,-- monatlich geschätzt."

Gegen die Vorschreibung wurde mit Schriftsatz vom rechtzeitig Beschwerde eingelegt und die Einbeziehung der geschätzten Betriebskosten in die Bemessungsgrundlage, die Beurteilung der Vertragsdauer und der Bescheidadressat als unrichtig bemängelt. Beantragt wurde der Nichtansatz der Betriebskosten, die Vergebührung als Vertrag mit unbestimmter Vertragsdauer und die Gebührenvorschreibung an die Mieterin.

Wörtlich heißt es in der Beschwerde:
"Dieses Einbeziehen der Betriebskosten in die Bemessungsgrundlage ist falsch. Die Ausführungen in dem Bestandsvertrag auf den die Gebührenbemessung vorzunehmen ist lauten hinsichtlich der Betriebskosten wie folgt:
,Ausdrücklich nicht in diesem Mietzins enthalten sind folgende Kosten des Mietgegenstands: Kosten für die Grundsteuer, die Prämien zur Feuerversicherung, die Betriebskosten für die Müllabfuhr, die Kaminfegergebühren, die Kosten für das Wasser und den Wasserbezug, die Kosten für den Strom und den Strombezug, sowie die Kosten für die Fäkalienbeseitigung. Diese Kosten werden der Mieterin vom Vermieter direkt verrechnet und sind diese Kosten zusätzlich zum Mietzins zu entrichten.'
Entgegen den Ausführungen im Mietvertrag wurden der gegenständlichen Gebührenbemessung im bekämpften Bescheid offensichtlich unter dem Ansatz ,Betriebskosten' der Betrag von Euro 2.760,00 je Monat hochgerechnet dem Wert für die im Vertrag genannten Kosten hinzugerechnet. In der Begründung zum Bescheid sind keine weiteren Ausführungen hinsichtlich der gesetzlichen Grundlagen für diese Hinzurechnung dargelegt.

Bei den Kosten für die Grundsteuer, die Prämien zur Feuerversicherung, die Betriebskosten für die Müllabfuhr, die Kaminfegergebühren, die Kosten für das Wasser und den Wasserbezug, die Kosten für den Strom und den Strombezug, sowie die Kosten für die Fäkalienbeseitigung handelt es sich um keine Leistungen, welche für die Überlassung des Gebrauchs vereinbart wurden.
Bei den gegenständlichen Formulierungen im Mietvertrag handelt es sich lediglich um formelle Klarstellungen, dass eben genau diese Kosten nicht Bestandteil des Mietzinses, somit nicht Teil der Leistungen, welche für die Überlassung des Gebrauchs vereinbart wurden, sind.
Weiters wurde bei der Gebührenbemessung unter anderem von einem befristeten Mietvertrag ausgegangen. Dies ist falsch, der gesamte Mietvertrag ist unbefristet und wäre somit nur mit 1 von Hundert zu vergebühren.
Zudem ist der Adressat des Bescheids nicht richtig. Aus Punkt VIII des gegenständlichen Mietvertrags geht hervor, dass die Kosten für Gebühren die Mieterin, somit die ***1*** GmbH zu tragen hat. Dem entsprechend hat der Bescheid an die ***1*** GmbH adressiert zu sein."

Daraufhin erging am ein neuerliches Ergänzungsersuchen an den Bf., die mtl. Betriebskosten bekanntzugeben. Am erfolgte ein Erinnerungsschreiben. Am ging beim Finanzamt ein Schreiben, datiert mit (!) ein, das sich auf das Ergänzungsersuchen vom (!) bezog. Darin wurde mitgeteilt, dass der Bf. lt. Punkt III. des Vertrags (Grundsteuer, Feuerversicherung, Müllabfuhr, Kaminfeger, Wasser, Strom und Fäkalienbeseitigung) keine monatlichen Kosten hat.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde endgültig mit 24.684,40 Euro festgesetzt. Die Nachforderung ergab sich aufgrund eines Rechenfehlers im Erstbescheid. Die Beschwerdevorentscheidung wurde wie folgt begründet:
"In Absatz 1 des § 17 GebG ist das Urkundenprinzip festgelegt, dass für die Beurteilung der Gebührenschuld der schriftlich festgelegte Inhalt der Urkunde maßgebend ist. Das Rechtsgeschäft unterliegt also so der Gebühr, wir es beurkundet ist. Betriebskosten sind in die Bemessungsgrundlage der Gebühr einzubeziehen, wenn sie beurkundet sind. Laut Punkt II und III der Urkunde sind Betriebskosten zu entrichten. Bei Bestandverträgen, bei welchen die Betriebskosten ziffernmäßig nicht feststehen, können die Betriebskosten mit 10 % des Mietzinses geschätzt werden.
Durch beidseitigem Kündigungsverzicht wird der Vertrag auf die Dauer dieses Verzichtes unkündbar und damit zu einem Vertrag von bestimmter Dauer auch dann, wenn er auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wurde. Der Gebührenbemessung ist dabei nicht nur die bestimmte Dauer (73 Monate), sondern auch die unbestimmte Dauer (36 Monate), insgesamt 109 Monate zu Grunde zu legen.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
bis = 33 Monate
70.000,00 Entgelt
27.600 x 40 Monate
1,104.000,00
27.600 x 36 Monate
993.600,00 (unbestimmte Zeit)
Betriebskosten geschätzt
300.840,00 (2.760 x 109 Monate)
Bemessungsgrundlage gesamt
2,468.440,00


Gegen diese Beschwerdevorentscheidung wurde der Vorlageantrag gestellt und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung begehrt. Im Schriftsatz wurde ausgeführt:
"Die belangte Behörde führt in ihrer Begründung zum bekämpften Bescheid unter anderem aus, dass das Rechtsgeschäft so der Gebühr unterliegt, wie es beurkundet ist.
Das Rechtsgeschäft im gegenständlichen Mietvertrag besteht darin, dass Herr ***Bf*** als Bestandsgeber das Mietobjekt der ***1*** GmbH als Bestandsnehmerin gegen Entrichtung eines Mietzinses überlässt. Die belangte Behörde geht offensichtlich von einer falschen Auslegung des tatsächlich beurkundeten Rechtsgeschäfts aus, indem sie Betriebskosten als Teil des beurkundeten Rechtsgeschäfts zum Ansatz bringt.
Lediglich zur näheren Definition des Rechtsgeschäfts, gleichsam als negative Abgrenzung, was nicht zum Mietzins gehört, wurde die Formulierung ,Ausdrücklich nicht in diesem Mietzins enthalten sind folgende Kosten des Mietgegenstands: Kosten für die Grundsteuer, die Prämien zur Feuerversicherung, die Betriebskosten für die Müllabfuhr, die Kaminfegergebühren, die Kosten für das Wasser und den Wasserbezug, die Kosten für den Strom und den Strombezug, sowie die Kosten für die Fäkalienbeseitigung. Diese Kosten werden der Mieterin vom Vermieter direkt verrechnet und sind diese Kosten zusätzlich zum Mietzins zu entrichten' gewählt.
Damit wurde informativ klargestellt, dass die Betriebskosten nicht zum Mietzins gehören, ja sogar ein gesondertes, noch erst festzulegendes Rechtsgeschäft wären. Somit sind sie nicht Bestandteil des Rechtsgeschäfts und gehören nicht in die Bemessungsgrundlage für die Gebührenbemessung. Durch den dennoch vorgenommenen Ansatz der Betriebskosten bei der
Gebührenbemessung durch die belangte Behörde ist der bekämpfte Bescheid inhaltlich rechtswidrig.
Von der belangten Behörde wird in der Begründung zum bekämpften Bescheid hinsichtlich des im Mietvertrag ausgeführten unbefristeten Mietverhältnisses ausgeführt, dass durch beidseitigem Kündigungsverzicht der Vertrag auf die Dauer des Verzichts unkündbar wird. Damit werde der Vertrag zu einem Vertrag auf bestimmte Dauer, auch, wenn er auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wurde. Diese Begründung des bekämpften Bescheids, welche offensichtlich aus der Rechtsprechung abgeleitet wurde, ist insofern nicht geeignet den gegenständlichen Mietvertrag als befristeten Vertrag anzusehen, als diese Rechtsprechung auf Verträge, welche dem Mietrechtsgesetz unterliegen, anzuwenden ist. Der gegenständliche Vertrag unterliegt jedoch nicht dem Mietrechtsgesetz. Daher ist die zitierte Rechtsprechung nicht auf den gegenständlichen Mietvertrag anzuwenden, sodass für die Gebührenbemessung von einem unbefristeten Vertrag auszugehen ist.
Da die Gebührenbemessung für den gegenständlichen Mietvertrag für einen befristeten Vertrag vorgenommen wurde, ist der bekämpfte Bescheid inhaltlich rechtswidrig."

In seiner Stellungnahme im Vorlagebericht vom begehrte das Finanzamt die Abweisung der Beschwerde und führte dazu ua. aus, dass sich der Bf. im Vertrag zur Leistung dieser bestimmten Betriebskosten verpflichtet habe und diese nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen seien. Zur Frage der bestimmten oder unbestimmten Dauer des Mietvertrages wurde vorgebracht, dass die Mieterin berechtigt sei, das Mietverhältnis erstmals mit Wirkung zum unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Kalenderjahr zu kündigen und der Vermieter, der Bf., erstmals mit Wirkung zum unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Kalenderjahr, zu kündigen berechtigt sei. Für den Vermieter seien 4 einzelne Kündigungsgründe vereinbart worden, die alle ein Fehlverhalten der Mieterin voraussetzen würden. Die der Vermieterin zuzuordnenden Kündigungsgründe seien also nicht von so umfassender Natur, dass die Wahrscheinlichkeit einer frühzeitigen Auflösung des Mietvertrages gegeben sei, weshalb die grundsätzlich vereinbarte Bindung beider Vertragsparteien für die Dauer von 6 Jahren durch die im Vertrag bezeichneten Kündigungsmöglichkeiten des Vermieters nicht aufgehoben werden könne. Es sei daher von einer zunächst auf 6 Jahre bestimmten samt daran anschließender unbestimmter Dauer auszugehen. Bezüglich der Adressierung des Bescheides an den Bf. wurde angemerkt, dass nach dem Gebührengesetz der Bestandgeber, also der Bf., die Gebühr selbst zu berechnen und sodann zu entrichten habe. Dieser Verpflichtung sei der Bf. nicht nachgekommen, weshalb im Rahmen des Ermessens die Gebühr dem Bestandgeber vorgeschrieben worden sei.

Mit Schreiben vom stellte die Richterin des BFG die Rechtslage bzgl. der Einbeziehung der Betriebskosten in die Bemessungsgrundlage und der Beurteilung der Vertragsdauer unter Heranziehung der VwGH-Judikatur dar und wurde dem Bf. nochmals Gelegenheit geboten, die mtl. Betriebskosten der Jahre 2017 bis 2020 glaubhaft darzustellen und eine Stellungnahme abzugeben. Gleichzeitig wurde um Bekanntgabe ersucht, ob der Antrag auf mündliche Verhandlung noch aufrechterhalten werde.

Mit Schriftsatz vom wurde der Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgezogen und die Beschwerde bzgl. des Ansatzes der Betriebskosten bei der Steuerberechnung folgendermaßen ergänzt: "Dem Vermieter fallen jedoch keine Betriebskosten an. Sämtliche Betriebskosten bestreitet die Mieterin, die ***4*** GmbH selbst. Sie hat dazu selbst eigene Verträge mit Stromlieferanten, Kanal, Wasser- und Müllgebühren etc. werden ihr direkt vorgeschrieben. Sämtliche Betriebskosten werden von der ***4*** GmbH selbst bezahlt und in deren Rechnungswesen erfasst. Lediglich die Höhe des Mietzinses ist Vertragsgegenstand."

Als Beweis wurden 8 Rechnungen der Energie Steiermark, der Marktgemeinde ***5*** und des Landringes ***6*** übermittelt.

Dem Finanzamt wurden die Ermittlungsergebnisse am vom Bundesfinanzgericht zur Kenntnis gebracht und erging die Einladung zu einer Stellungnahme.

In seiner Stellungnahme führte das Finanzamt im Wesentlichen aus, dass aus der Vereinbarung hervorgehe, dass die Mieterin neben dem Mietzins zusätzlich auch die monatlichen Betriebskosten zu entrichten habe. Dass diese nicht wie im Vertrag vom Vermieter an die Mieterin verrechnet werden, sondern dass die Mieterin diese direkt an die jeweiligen Stellen bezahle, ändere nichts an der Tatsache, dass die Mieterin sich zur Tragung dieser Kosten im Vertrag verpflichtet habe. Eine Säumigkeit bei der Bezahlung der Betriebskosten sei auch als wichtiger Grund für eine sofortige Kündigung vereinbart worden, was die Verpflichtung der Mieterin zur Zahlung der Betriebskosten unterstreiche.

Aufgrund der vom Vermieter bekannt gegebenen Kosten würde sich ein Betrag von mtl. 1.397,02 Euro ergeben, wobei die Prämien zur Feuerversicherung, die Kaminfegergebühren und die Kosten für die Fäkalienbeseitigung weiterhin zu schätzen wären.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Am wurde zwischen dem Bf. als Vermieter und der ***1*** GmbH als Mieterin - deren Geschäftsführer der Bf. ist - ein schriftlicher Mietvertrag abgeschlossen. Der Mietvertrag wurde mittels Kontrollmitteilung vom Finanzamt Oststeiermark am dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zur Kenntnis gebracht. Eine Selbstberechnung der Gebühr war nicht vorgenommen worden.

Der Vertragstext lautet auszugsweise:

"II. Willenseinigung, Beginn und Dauer

Der Vermieter vermietet und die Mieterin mietet den vorbezeichneten Mietgegenstand mit dem Nutzungszweck zur Führung des Betriebs als Pflege-, Wohn- und Betreuungszentrum mit der namentlichen Bezeichnung …. zu den für die Mieterin erforderlichen beruflichen Zwecken. Das Mietverhältnis hat laut mündlichem Mietvertrag bereits am begonnen und ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.

II. Beendigung des Mietverhältnisses

Die Mieterin ist berechtigt das gegenständliche Mietverhältnis erstmals mit Wirkung zum unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Kalenderjahr zu kündigen. Danach ist die Mieterin berechtigt das Mietverhältnis unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Kalenderjahr jeweils zum 31.12. eines Kalenderjahres zu kündigen.

Der Vermieter ist berechtigt das gegenständliche Mietverhältnis erstmals mit Wirkung zum unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Kalenderjahr zu kündigen. Danach ist der Vermieter berechtigt das Mietverhältnis unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Kalenderjahr jeweils zum 31.12. eines Kalenderjahrs zu kündigen.

Der Vermieter kann das Mietverhältnis aus wichtigen Gründen sofort kündigen. Die Vertragsparteien vereinbaren ausdrücklich als derart wichtige Kündigungsgründe wie folgt:

  1. Die Verletzung des oben vereinbarten Nutzungszwecks;

  2. Die Verletzung des unten vereinbarten Untermiet- bzw. Weitergabeverbots;

  3. Die erheblich nachteilige Inanspruchnahme des Mietobjekts;

  4. Die Säumigkeit der Mieterin bei der Bezahlung des Mietzinses oder der Betriebskosten, wobei ein Rückstand in der Höhe von mehr als drei Monatsmietzinsen den Auflösungsgrund verwirklicht.

Die Mieterin verpflichtet sich, …

III. Mietzins

Der monatliche Mietzins beträgt Euro 23.000,00 (dreiundzwanzigtausend Euro) zuzüglich 20% Umsatzsteuer in Höhe von Euro 4.600,00 (viertausendsechshundert Euro). Insgesamt somit Euro 27.600,00 (siebenundzwanzigtausendsechshundert Euro).
Für die Dauer vom bis einschließlich gilt als Mietzins ausdrücklich der Pauschalbetrag von Euro 70.000,00 (siebzigtausend Euro) inklusive 20% Umsatzsteuer als vereinbart. Dieser Betrag kann von der Mieterin in Teilbeträgen, je nach deren wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit bezahlt werden.
Ab ist die volle Höhe des festgelegten Mietzinses, somit Euro 27.600,00 (siebenundzwanzigtausendsechshundert Euro) inklusive Umsatzsteuer zu zahlen.
Ausdrücklich nicht in diesem Mietzins enthalten sind folgende Kosten des Mietgegenstands: Kosten der Grundsteuer, die Prämien zur Feuerversicherung, die Betriebskosten für die Müllabfuhr, die Kaminfegergebühren, die Kosten für das Wasser und den Wasserbezug, die Kosten für den Strom und den Strombezug sowie die Kosten der Fäkalienbeseitigung enthalten. Diese Kosten werden der Mieterin vom Vermieter direkt verrechnet und sind diese Kosten zusätzlich zum monatlichen Mietzins zu entrichten.

VI. Untervermietung

Eine gänzliche oder teilweise Untervermietung des Mietgegenstands durch die Mieterin ist nur mit schriftlicher Zustimmung des Vermieters zulässig.
Ebenso ist eine Überlassung des Mietgegenstands bzw. die Überlassung der Ausübung der Mietrechte an Dritte ohne gesonderte Vereinbarung der Vertragsparteien unzulässig.

VIII. Kosten und Gebühren, Allgemeines

Die mit der Errichtung dieses Vertrages verbundenen Kosten und Gebühren trägt die Mieterin.
…"

Die Mieterin wurde am in die ***4*** GmbH umbenannt.

Die erst im Verfahren vor dem Bundefinanzgericht vorgelegten Rechnungen belegen folgende monatliche Zahlungen (inkl. USt) der ***4*** GmbH:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zeitraum
Aufwendungen
Mtl. Betrag in Euro
1.1.-
Grundsteuer
310,47
1.1.-
Müllabfuhr
205,85
-
Wasserbezug
280,70
-
Strom
600,00
Summe
1.397,02

Aufwendungen für die Feuerversicherung, die Fäkalienbeseitigung und die Kaminfegergebühren wurden nicht bekanntgegeben.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ErfNr. ***Bf-ErfNr***, aus einer Einsicht in das Firmenbuch und aus den vorgelegten Rechnungen, gegen deren Richtigkeit keine Bedenken bestehen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Teilweise Stattgabe)

Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, dass zwischen den Vertragsparteien ein Bestandvertrag iSd §§ 1090 ff ABGB abgeschlossen worden ist, welcher nach § 33 TP 5 Abs. 1 GebG 1957 der Gebühr unterliegt.
Strittig sind die Höhe der wiederkehrend zu erbringenden Leistungen (der Ansatz von Neben- und Betriebskosten), die Frage, ob das Mietverhältnis auf bestimmte oder unbestimmte Dauer abgeschlossen wurde und die Frage der Inanspruchnahme des Bf. als Gemeinschuldner.

Für die Festsetzung der Gebühren ist der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend (§ 17 Abs. 1 GebG 1957). Dieses Urkundenprinzip besagt, dass für die Beurteilung der Gebührenschuld der schriftlich festgelegte Inhalt der Urkunde maßgeblich ist (vgl. zB ; ).

Unter dem Titel "Bestandverträge" lautet § 33 TP 5 GebG 1957 in der zum Zeitpunkt gültigen Fassung auszugsweise:

"(1) Bestandverträge (§§ 1090 ff. ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, nach dem Wert
1. im allgemeinen 1 v.H.;
2. beim Jagdpachtvertrag 2 v.H.

(2) Einmalige oder wiederkehrende Leistungen, die für die Überlassung des Gebrauches vereinbart werden, zählen auch dann zum Wert, wenn sie unter vertraglich bestimmten Voraussetzungen auf andere Leistungen angerechnet werden können.

(3) Bei unbestimmter Vertragsdauer sind die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht. Abweichend vom ersten Satz sind bei Bestandverträgen über Gebäude oder Gebäudeteile, die überwiegend Wohnzwecken dienen, einschließlich sonstiger selbständiger Räume und anderer Teile der Liegenschaft (wie Keller- und Dachbodenräume, Abstellplätze und Hausgärten, die typischerweise Wohnräumen zugeordnet sind) die wiederkehrenden Leistungen höchstens mit dem Dreifachen des Jahreswertes anzusetzen.

…"

3.1.1. Bestimmte oder unbestimmte Vertragsdauer

Der Mietvertrag wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, wobei die Mieterin erstmals mit Wirkung zum und der Vermieter erstmals mit Wirkung zum berechtigt ist, das Mietverhältnis unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Kalenderjahr zu kündigen. Darüber hinaus ist vereinbart, dass der Vermieter aus 4 wichtigen Gründen sofort kündigen kann:

  1. Bei Verletzung des vereinbarten Nutzungszwecks

  2. Bei Verletzung des Untermiet- bzw. Weitergabeverbots

  3. Bei erheblich nachteiliger Inanspruchnahme des Mietobjekts

  4. Bei Säumigkeit bei der Bezahlung des Mietzinses oder der Betriebskosten.

Daraus ergibt sich eindeutig, dass das Mietverhältnis, das seit bestand, nach dem Willen beider Parteien jedenfalls bis zum bestehen sollte und nur vier sogenannte wichtige Gründe den Vermieter zu einer Vertragsauflösung berechtigen sollten. Darüber hinaus standen den Vertragsparteien bis zu diesem Zeitpunkt keine anderen Gründe für eine Vertragsauflösung zu.

Der Bf. als Vermieter ist daher nur aus einigen wenigen im Vertrag angeführten Gründen zur vorzeitigen Auflösung berechtigt, die überdies sämtlich in der Person der Mieterin gelegen (ds "Vertragsverletzungen") und jeglichem Einfluss des Vermieters entzogen sind. Nach dem Gewicht und der Wahrscheinlichkeit einer Realisierung sprechen die vereinbarten einzelnen Kündigungsmöglichkeiten nicht dagegen, dass entsprechend dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile jedenfalls bis zum an den Vertrag gebunden sein wollten.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nicht die von den Parteien gewählte Bezeichnung des Vertrages (etwa als auf unbestimmte Dauer abgeschlossen), sondern der gesamte Vertragsinhalt maßgeblich ().

Ob die Vertragsdauer bestimmt oder unbestimmt ist, wird somit nicht nach der Form, sondern nach dem Inhalt des Vertrages beurteilt und hängt einerseits davon ab, wie umfassend die Kündigungsrechte sind, andererseits aber auch davon, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Kündigungsrecht ausgeübt werden kann (vgl. , mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in umfangreicher Rechtsprechung zu § 33 TP 5 GebG 1957 dargelegt, dass ein seinem Wortlaut nach auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Bestandvertrag gebührenrechtlich als ein Vertrag auf bestimmte Dauer anzusehen ist, wenn sich aus seinem Inhalt ergibt, dass das Vertragsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Zeit von keinem der Vertragsteile einseitig beendet werden kann oder diese Möglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle beschränkt ist (vgl ; ; 82/15/ 0019; ; ; ; ; ; ; ).

Den 4 vereinbarten Kündigungsgründen des Vermieters kommt aufgrund der ausdrücklichen Anordnung im § 33 TP 5 Abs. 3 Satz 2 GebG keinerlei Bedeutung zu, weil es sich dabei auch um kein schrankenloses Kündigungsrecht des Vermieters handelt, sondern diese Kündigungsgründe sämtlich in der Person der Mieterin gelegen und jeglichem Einfluss des Vermieters entzogen waren (vgl. ).

Die gegenständliche Vertragsbestimmung des Punktes II "Beendigung des Mietverhältnisses" kann nur so verstanden werden, dass beide Vertragsparteien jedenfalls bis auf ein Kündigungsrecht verzichteten, weshalb diese erste Phase des Vertrages vom bis zum gebührenrechtlich so zu beurteilen ist, dass der Vertrag zunächst auf die bestimmte Dauer von 73 Monaten abgeschlossen wurde. Daran schließt sich die zweite Phase der Vertragszeit mit einer unbestimmten Dauer an.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu dieser Thematik bereits in ausgesprochen: "Verpflichtete sich der Bestandgeber, innerhalb der ersten neun Jahre auf sein Kündigungsrecht zu verzichten und gab die Bestandnehmerin die verpflichtende Erklärung ab, innerhalb der ersten drei Jahre auf ihr Kündigungsrecht zu verzichten, so war der Bestandvertrag gebührenrechtlich so zu beurteilen, als wäre er zunächst auf die bestimmte Dauer von drei Jahren abgeschlossen und verlängerte sich danach auf unbestimmte Zeit."

Dem Beschwerdepunkt, dass lediglich ein Vertrag von unbestimmter Dauer vorliege, kommt keine Berechtigung zu.

3.1.2. Einbeziehung von Nebenleistungen in die Bemessungsgrundlage

Die Rechtsgebühr ist nach § 33 TP 5 GebG 1957 "nach dem Wert" des Bestandvertrages zu bemessen. Diese Bestimmung bedeutet nach der ständigen Rechtsprechung sowohl des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zB und weitere in Fellner, Gebühren u. Verkehrsteuern, Band I, § 33 TP 5 Rz 75 zitierte Judikate) als auch des Verfassungsgerichtshofes (vgl. ; ), dass darunter der Preis, das heißt alle Leistungen zu verstehen sind, die der Bestandnehmer für die Überlassung der Sache zum Gebrauch zu erbringen hat.

Alle Leistungen, die im Austauschverhältnis zur Einräumung des Benutzungsrechtes stehen, sind in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen (). Dabei ist es nicht entscheidend, ob die Verpflichtung dem Bestandgeber oder einer von ihm verschiedenen Person zu erbringen ist (vgl. ).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zählen zum "Wert", von dem die Gebühr für Bestandverträge zu berechnen ist, alle Leistungen, zu deren Erbringung sich der Bestandnehmer verpflichtet hat, um in den Genuss des Gebrauchsrechtes an der Bestandsache zu gelangen. Dazu zählt auch ein Entgelt des Bestandnehmers an den Bestandgeber für die Übernahme anderstypischer Verpflichtungen des Bestandgebers zur Sicherung der Erhaltung der Bestandsache bzw. ihres besseren störungsfreien Gebrauches. Wesentlich für die Einbeziehung einer Leistung in die Bemessungsgrundlage ist, dass ein wirtschaftlicher Zusammenhang zur Überlassung der Bestandsache besteht (vgl. ).

In der Urkunde ist unter III. "Mietzins" festgehalten, dass folgende Kosten zusätzlich zum monatlichen Mietzins zu entrichten sind: Kosten der Grundsteuer, Prämien zur Feuerversicherung, Betriebskosten für die Müllabfuhr, die Kaminfegergebühren, die Kosten für Wasser und den Wasserbezug und die Kosten für den Strom und den Strombezug sowie die Kosten der Fäkalienbeseitigung. Ausgeführt wurde im Vertragstext auch, dass diese Kosten vom Vermieter der Mieterin direkt verrechnet werden.

Dabei handelt es sich insgesamt um Nebenleistungen, die eindeutig im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Vermietung stehen und der Sicherung und Erhaltung oder der bestimmungsgemäßen Benützung der Bestandsache dienen.

Auch aus dem Argument des Bf., dass diese "Betriebskosten" nicht zum Mietzins gehören und daher bei der Bemessungsgrundlage außer Ansatz zu lassen seien, kann nichts gewonnen werden. Die Bemessungsgrundlage bei der Bestandvertragsgebühr umfasst - wie oben ausgeführt - nicht nur den Mietzins, sondern auch allfällige Nebenleistungen, so solche im schriftlichen Vertrag enthalten sind (siehe "Urkundenprinzip" des § 17 GebG 1957).

So sind Betriebskosten in die Bemessungsgrundlage der Bestandvertragsgebühr einzubeziehen (Fellner, w.o., § 33 TP 5 Rz 99). Verpflichtet sich die Bf. im Vertrag für weitere Kosten zusätzlich zur Miete aufzukommen, so zählt diese Verpflichtung der Kostenübernahme als weitere Gegenleistung für die Nutzung der Bestandsache und zwar auch dann, wenn die Zahlung tatsächlich nicht - wie im Vertrag unter Punkt III. "Mietzins" vereinbart ("Diese Kosten werden der Mieterin vom Vermieter direkt verrechnet und sind diese Kosten zusätzlich zum monatlichen Mietzins zu entrichten.") - an den Vertragspartner erfolgt ist, sondern direkt an die Versorgungsbetriebe geleistet wurde (siehe auch ; ). Unerheblich ist, ob die Verpflichtung an den Bestandgeber oder an eine dritte Person zu erbringen ist (vgl. ).

Die Verpflichtung zur Bezahlung der genannten Betriebskosten wird im Vertrag auch dadurch unterstrichen, dass eine Säumigkeit bei deren Bezahlung einen wichtigen Grund für eine sofortige Kündigung darstellt.

Insofern kann dem Beschwerdevorbringen nicht gefolgt werden.

Die Höhe der Betriebskosten oder Nebenleistungen muss für ihre Einbeziehung nicht ziffernmäßig in der Urkunde festgelegt sein. In einem solchen Fall ist die Abgabenbehörde im Rahmen ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht berechtigt, die Höhe der Betriebskosten festzustellen und diese als Teil der Bemessungsgrundlage zu behandeln ().

Das Finanzamt hat mehrmals erfolglos Ermittlungsschritte (siehe I. Verfahrensgang) gesetzt, um die Höhe der Nebenleistungen festzustellen. Erst im Zuge des Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht wurden für einige, aber nicht für alle vertraglich übernommenen monatlichen Nebenleistungen durch Vorlage von Rechnungen bzgl. eines Jahres ein Betrag in Höhe von 1.397,02 Euro bekanntgegeben. Die Kosten für die Feuerversicherung, die Kaminfegergebühren und die Aufwendungen für die Fäkalienbeseitigung wurden nicht angegeben. Damit blieb die Beantwortung unvollständig und ist eine Schätzungsbefugnis nach § 184 BAO nach wie vor gegeben. Die gesamten, verpflichtend zu erbringenden monatlichen Nebenleistungen werden aufgrund der Ermittlungsergebnisse nur mehr mit 2.000 Euro eingeschätzt.

Da im Vertrag wohl ein Mietentgelt für den Zeitraum bis vereinbart wurde, eine Verpflichtung zur Übernahme von Betriebskosten bzw. Nebenleistungen für diesen Zeitraum im Vertragstext allerdings nicht enthalten ist, sieht das Bundesfinanzgericht aufgrund des Urkundenprinzips des § 17 GebG 1957 für diesen Zeitraum den Ansatz von geschätzten Betriebs- bzw. Nebenkosten nicht als gerechtfertigt an und war der Beschwerde daher teilweise stattzugeben.

Gemäß § 279 Abs. 1 BAO kann das Bundesfinanzgericht sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle der Abgabenbehörde setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung hin abändern, aufheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abweisen.

Die Abgabenberechnung ergibt:

Bestimmte Dauer: 73 Monate
Unbestimmte Dauer: 36 Monate
Gesamt: 109 Monate


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zeitraum
Euro
- (pauschaler Mietzins; 33 Monate)
70.000,00
- (Mietzins 27.600 x 40 Monate)
1,104.000,00
Ab (Mietzins 27.600 x 36 Monate;
unbestimmte Dauer)
993.600,00
2.000 x 76 Monate (= geschätzte Nebenleistungen; 40 Monate
bestimmte, 36 unbestimmte Dauer)
152.000,00
Gesamte Bemessungsgrundlage
2.319.600,00
Abgabe: 1% von 2,319.600,00
23.196,00

Eine Ungewissheit hinsichtlich des Umfanges der Abgabepflicht liegt nicht mehr vor, weshalb die Festsetzung der Abgabe gemäß § 200 Abs. 2 BAO endgültig erfolgt.

3.1.3. Gebührenschuldner

Bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften - wie hier vorliegend - sind beide Vertragsparteien als Unterzeichner der Urkunde zur Entrichtung der Gebühren verpflichtet (§ 28 Abs. 1 Z 1 lit. a GebG 1957). Nach § 28 Abs. 6 GebG 1957 schulden sie die Gebühr als Gesamtschuldner.

Wenn ein Gesamtschuldverhältnis wie hier nach § 28 GebG bereits unmittelbar kraft Gesetzes entstanden ist, ist es ohne Bedeutung an welchen der Gesamtschuldner die Abgabenbehörde das Leistungsgebot richtet. Die im Vertrag getroffene Vereinbarung, wer von den Parteien die Gebühr zu entrichten hat, berührt nur das Innenverhältnis der Vertragsteile, kann aber nicht gegenüber dem Abgabengläubiger geltend gemacht werden ().

Es liegt im Ermessen der Behörde - im Sinne des § 20 BAO -, ob sie das Leistungsgebot nur an einen der Gesamtschuldner richtet und an welchen Gesamtschuldner oder an mehrere oder alle Gesamtschuldner richten will (vgl. ). Die Entscheidung im Sinne des § 20 BAO ist nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände zu treffen.

Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist die Bedeutung von "Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei" beizumessen; der Begriff "Zweckmäßigkeit" umschreibt das "öffentliche Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben" (; ; ; ), wobei dabei auch auf Sinn und Zweck gesetzlicher Vorschriften und ferner - ableitbar aus Art. 126b Abs. 5 B-VG - auch auf die Verwaltungsökonomie (Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Vollziehung) Bedacht zu nehmen ist (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 20 Rz 9).

Bei der Ermessensübung kann der Zweckmäßigkeit vor der objektiven (allgemeinen) Billigkeit und dieser wieder vor der subjektiven (für den Steuerpflichtigen bestimmenden) Billigkeit der Vorzug gegeben werden (vgl. ).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf sich die Abgabenbehörde bei Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung nicht ohne sachgerechten Grund an jene Partei halten, die nach dem vertraglichen Innenverhältnis die Steuerschuld nicht entrichten soll (vgl. ; ).

Der angefochtene Bescheid- und auch die Beschwerdevorentscheidung lassen eine Begründung vermissen, warum der Bf. als Bestandgeber zur Entrichtung der Gebühr herangezogen wurde. Insofern liegt ein Mangel vor, der allerdings im Rechtsmittelverfahren behoben werden kann (Ritz, Kommentar zur BAO7, § 93 Rz 16). Das Bundesfinanzgericht kann im Zuge der Beschwerdeerledigung ungeachtet der Entscheidung der Abgabenbehörde selbst Ermessen üben und ist - im Gegensatz zu den anderen Verwaltungsgerichten - nicht daran gebunden, bloß zu beurteilen, ob bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides ein Ermessensfehler unterlaufen ist (siehe Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 279 Rz 5). Dies ergibt sich aus der Bestimmung des § 279 Abs. 1 BAO, wonach das Bundesfinanzgericht immer in der Sache selbst zu entscheiden hat und daher seine Entscheidung an die Stelle jener der Abgabenbehörde tritt.

Die Beschwerde moniert auch, dass als Bescheidadressat nicht der Bf. als Vermieter, sondern die Mieterin, die ***1*** GmbH, anzusprechen gewesen wäre und begründet dies ausschließlich damit, dass nach dem Vertrag die Mieterin die Kosten für die Gebühren zu tragen hätte. Ein weiteres Vorbringen erfolgte auch im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht nicht.

§ 33 TP 5 Abs. 5 Z 1 GebG 1957 verpflichtete im Beschwerdefall den Bestandgeber, dessen Wohnsitz im Inland gelegen war, zur Selbstberechnung und Entrichtung der Gebühr bis zum 15. Tag des dem Entstehen der Gebührenschuld zweitfolgenden Monats. Die Bestandnehmerin traf diese Pflicht nicht. Allerdings lässt die oben genannte Bestimmung die Eigenschaft der Bestandnehmerin als Gebührenschuldnerin iSd § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a GebG 1957 unberührt. Wenn die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung der Abgabe zulassen bzw. anordnen, ist gemäß § 201 BAO ein Abgabenbescheid nur zu erlassen, wenn der Abgabepflichtige die Einreichung einer Erklärung, zu der er verpflichtet ist, unterlässt oder wenn sich die Erklärung als unvollständig oder die Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

Der gegenständliche Mietvertrag wäre nicht mehr wie vor dem beim Finanzamt anzuzeigen gewesen, sondern lag sowohl die Berechnung als auch die Entrichtung der Gebühren in der Verantwortung des Bestandgebers. Bei Einhaltung der Bestimmung des § 33 TP 5 Abs. 5 GebG 1957 wäre es somit von vornherein Sache des Vermieters gewesen, für die Entrichtung der Gebühren zu sorgen und hätte dieser die Rechtsgeschäftsgebühr einbehalten und sodann an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern abführen müssen.

Insofern gibt bereits das Abgabengesetz vor, dass der Bestandgeber die Gebühr zu entrichten hat und ist in der Verletzung der Verpflichtungen durch den Bestandgeber ein sachgerechter Grund zu sehen, die Gebührenvorschreibung an den Vermieter zu richten. Im Hinblick auf diese rechtliche Ausgestaltung der Selbstberechnung ist bei einer Verletzung dieser Abgabenvorschriften eine Gebührenvorschreibung an den Bestandgeber als zweckmäßig und sachgerecht anzusehen und kommt den Billigkeitsüberlegungen bezüglich der Gebührentragung im Innenverhältnis der Vertragsparteien keine entscheidende Bedeutung zu.

Die Vorschreibung der Abgabe an den Vermieter ist sachlich gerechtfertigt.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die vorliegende Entscheidung stützt sich auf die im Erkenntnis zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung, weshalb eine (ordentliche) Revision nicht zuzulassen war.

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 33 TP 5 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 17 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 33 TP 5 Abs. 3 Satz 2 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 28 Abs. 1 Z 1 lit. a GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
Verweise











ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.2101255.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at