Keine Haushaltsgemeinschaft und keine überwiegende Kostentragung bei Unterbringung des Kindes in einer sozialpädagogischen Einrichtung
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/7101369/2023-RS1 | Mangels eines Leidens oder Gebrechens des Kindes i. S. v. § 2 Abs. 5 lit. c FLAG 1967 begründet ein Beitrag der Mutter zu den Unterhaltskosten zumindest in Höhe der Familienbeihilfe keine Beibehaltung der Haushaltszugehörigkeit zur Mutter. |
RV/7101369/2023-RS2 | Der Anspruch auf Familienbeihilfe ist – abgesehen von den Fällen des § 2a FLAG 1967 oder des Art. 60 VO 987/2009 - nicht disponierbar. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Rudolf Wanke über die Beschwerde der ***1*** ***2***-***3***, ***4***, ***5***, vom , Postaufgabe , gegen den Bescheid des Finanzamts Österreich vom , OB 16 ***6***, mit welchem zu Unrecht bezogene Beträge an Familienbeihilfe (1.170,50 €) und Kinderabsetzbetrag (408,80 €), insgesamt 1.579,30 €, für die im September 2005 geborene ***7*** ***2*** für den Zeitraum Februar 2022 bis August 2022gemäß § 26 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 zurückgefordert werden, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der Spruch des angefochtenen Bescheids bleibt unverändert.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Rückforderungsbescheid vom
Mit Rückforderungsbescheid Einzahlung vom forderte das Finanzamt von der Beschwerdeführerin (Bf) ***1*** ***2***-***3*** zu Unrecht bezogene Beträge an Familienbeihilfe (1.170,50 €) und Kinderabsetzbetrag (408,80 €), insgesamt 1.579,30 €, für die im September 2005 geborene ***7*** ***2*** für den Zeitraum Februar 2022 bis August 2022 gemäß § 26 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 zurück und begründete dies folgendermaßen:
Die Obsorge im Bereich der Pflege und Erziehung für ***7*** wurde mit der Stadt Wien übertragen.
Ihre Tochter ist seitdem fremduntergebracht und lebt nicht mehr in Ihrem Haushalt.
Die Familienbeihilfe war daher für den oben angeführten Zeitraum zurückzufordern.
Mitteilungen über den Bezug der Familienbeihilfe
Gleichzeitig erließ das Finanzamt eine Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe an die Bf, wonach für ***7*** ***2*** Familienbeihilfe für den Zeitraum Jänner 2014 bis Jänner 2022 habe und daher die Auszahlung eingestellt werde.
Mit Datum teilte das Finanzamt ***7*** ***2*** zu Handen des Magistrats der Stadt Wien mit, dass diese von Februar 2022 bis September 2023 Anspruch auf Familienbeihilfe für sich selbst habe.
Auskunftsersuchen vom
Dem Rückforderungsbescheid ging laut dem elektronisch vorgelegten Finanzamtsakt ein Auskunftsersuchen vom an die Bf voran (OZ 11):
***7*** lebt nicht mehr mit Ihnen im gemeinsamen Haushalt.
Bei wem bzw. in wessen Haushalt lebt ***7***?
Leisten Sie überwiegend Unterhalt? Wenn ja, in welcher Höhe? Nachweis
Dieses wurde von der Bf am dahingehend beantwortet, dass die Tochter ***7*** ***2*** als Hauptwohnsitz derzeit in einer betreuten Wohngemeinschaft der Stadt Wien wohne, aber weiterhin ein Nebenwohnsitz bei der Mutter bestehe. Die Tochter komme regelmäßig zu der Mutter zum Essen, Duschen, manchmal Schlafen, wie in den letzten beiden Wochen, wo sie Urlaub gehabt habe. Die Tochter habe eine Lehrstelle als Konditorin in einer näher genannten Bäckerei und finanziere sich ihr Leben teilweise selbst.
"Mit der Familienbeihilfe unterstütze ich Sie mit Essen, Klamotten, usw. was sie sonst braucht, wenn Sie täglich anruft.
Derzeit leiste ich keinen überwiegenden Unterhalt. Ich bezahlte die 50 € an die WG/Stadt Wien. Alles weitere Geld geht an meine Tochter."
Antrag vom
Dem Rückforderungsbescheid ging laut dem elektronisch vorgelegten Finanzamtsakt ferner ein Eigenantrag der Tochter voran (OZ 1):
Die Stadt Wien, Kinder- und Jugendhilfe, Rechtsvertretung Bezirke 12, 13, teilte mit Schreiben vom dem Finanzamt mit, "***7*** ***2*** stellt, vertreten durch die Wiener Kinder- und Jugendhilfe - Rechtsvertretung Bezirke 12, 23 den Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe gemäß § 6 Abs 5 FLAG (BGBI.I Nr. 77/2018) ab ". Dazu wurde unter anderem ausgeführt, dass die Antragstellerin am ***8*** geboren sei, österreichische Staatsbürgerin, männlich, ledig, wohnhaft in einer näher bezeichneten Wohngemeinschaft in Wien. Die Wiener Kinder- und Jugendhilfe habe die Obsorge im Bereich Pflege und Erziehung. Eltern des antragstellenden Kindes seien ***1*** ***2***-***3*** und ***9*** ***10***, jeweils mit näheren Daten.
Zur Begründung wurde ausgeführt:
Nach Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes 6 Ob 62/20s; 6 Ob 50/20a und 8 Ob 99/12k und des Bundesfinanzgerichtes RV/7100110/2021 fällt die-auch rückwirkende-Antragstellung auf Zuerkennung der Familienbeihilfe nach § 6 Abs 5 FLAG in den Obsorgebereich der Pflege und Erziehung.
Das antragstellende Kind befindet sich seit in einer sozialpädagogischen Einrichtung im Rahmen der vollen Erziehung. Der Stadt Wien entstehen dadurch Kosten von mindestens EUR 80,- täglich.
Das antragstellende Kind hat folgendes Einkommen: derzeit kein Einkommen.
Davor im Zeitraum - Lehrling (Lehrlingsentschädigung im 1. Lehrjahr: € 438,60; von bis Bezug von Arbeitslosengeld; seit kein Einkommen)
Von den Eltern des Kindes langen seit Antragsbegehren übergegangene Unterhalts- bzw. Kostenersatzbeträge (siehe Beilage) ein.
Folgende Nachweise sind diesem Antrag angeschlossen:
gesetzte Maßnahme der WKJH gem. § 211 Abs. 1 Satz 2 ABGB
schriftliche Vereinbarung über die Unterbringung des Kindes
Unterhalts- bzw. Kostenersatztitel
Übergangsanzeigen
Auflistung der eingelangten Unterhalts- bzw. Kostenersatzbeträge
Nachweis über Eigeneinkommen des Kindes
Die angeführten Beilagen waren angeschlossen.
Aus diesen ergibt sich unter anderem, dass sich die Bf am gegenüber der Wiener Kinder- und Jugendhilfe verpflichtet hat, auf Grund einer Bemessungsgrundlage von 687,00 € (Notstandshilfe) ab einen Unterhaltsbeitrag von monatlich 50,00 € zu zahlen.
Laut AJ-WEB Auskunftsverfahren (Sozialversicherungsdaten) lernte ***7*** ***2*** von bis das Bäckerhandwerk und bezog von bis Arbeitslosengeld.
Einer Mitteilung des AMS vom zufolge besteht ein Anspruch von ***7*** ***2*** auf Arbeitslosengeld von bis .
Laut Information vom zufolge wurde das Lehrverhältnis mit einvernehmlich gekündigt, entsprechende Unterlagen waren beigeschlossen.
Eine Zahlungsübersicht betreffend Überweisungen der Bf wurde für das Jahr 2022 vorgelegt (monatlich ab März 50,00 €, Jahresverpflichtung 512,90 €).
Beschwerde vom
Mit am zur Post gegebenem Schreiben vom erhob die Bf Beschwerde gegen den Bescheid vom und führte dazu unter anderem aus:
Meine Tochter, ***7*** ***2*** geb. ***12***, ist auf eigenen Wunsch im Februar 2022 in eine betreute WG der Stadt Wien gezogen, unter der Obsorge des Jugendamtes. Bis Mai 2022 war sie trotzdem (It. Jugendamt notwendig) in meiner Wohnung in ***4***, ***5*** Hauptgemeldet.
Die Familienbeihilfe und das Kindergeld in Höhe von € 1579,630 wurden weiterhin auf mein Gehaltskonto bei der BAWAG überwiesen, da die Betreuungseinrichtung KEINEN Antrag auf diese Leistungen gestellt hat. Mit dem Jugendamt wurde vereinbart, dass mit diesem Geld zum einem die regelmäßigen Zahlungen der Tochter (Handyvertrag bei DREI It. auf ***1*** ***2***-***3***, Abos für Playstation, Abo für Netflix, etc.) weiter geleistet werden und der Differenzbetrag an die Tochter in Bar ausbezahlt wird.
Ich habe meiner Tochter regelmäßig pro Monat Beträge zwischen € 80 und € 150 für Ihre Ausgaben zur Verfügung gestellt.
Somit wurde der von Ihnen geforderte Betrag nicht zu unrecht von mir bezogen, sondern laut Vereinbarung mit dem Jugendamt an meine Tochter abgegeben. Ich sehe die Forderung daher als unbegründet an.
BEWEISMITTEL
Anbei übermittle ich Ihnen eine Aufstellung der Ausgaben sowie die Handyrechnungen, und meine Tochter bestätigt Ihnen in diesem Schreiben den Erhalt der Differenzbeträge.
Ich, ***7*** ***2***, geb. am ***12*** in Wien, bestätige hiermit die Angaben meiner Mutter, ***1*** ***2***-***3***, geb. ***11*** in Wien. Sie hat meine Rechnungen mit der Familienbeihilfe bezahlt und mir die Differenzbeträge und mehr, monatlich in Bar ausbezahlt.
[Unterschrift Tochter]
Ich hoffe, die Sache damit als erledigt betrachten zu können. Bei weiteren Fragen wenden Sie sich bitte jederzeit an mich.
Mit freundlichen Grüßen
[Unterschrift Mutter]
Beigefügt war eine Übersicht über Zahlungen (Handy Rechnung, zwischen 32,60 € und 57,60 €, Playstation Abo, 8,89 €, Netflix Abo 7,99 €, jeweils monatlich), zusammen 642,46 €. Die Differenz zu FB/KG für 2022 von 1.579,30 €, 936,84 €, sei bar an die Tochter gezahlt worden, "monatlicher Betrag durchschnittlich 78,07 €".
Beigefügt waren Rechnungen eines Mobilfunkbetreibers an die Bf über zwei Mobiltelefonanschlüsse (insgesamt durchschnittlich +/- 100 € im Monat, aufgeschlüsselt nach Anschlüssen).
Beschwerdevorentscheidung vom
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab:
Das Kind lebt nicht in Ihrem Haushalt und Sie leisten auch nicht überwiegend die Unterhaltskosten für das Kind (§ 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967).
Ihr Kind ***7*** befindet sich ab nicht mehr in Ihrem Haushalt.
***7*** befindet sich ab in einer sozialpädagogischen Einrichtung im Rahmen der vollen Erziehung und Pflege der Stadt Wien - Krisenunterbringung.
Die Obsorge im Bereich der Pflege und Erziehung liegt ab ebenfalls bei der Stadt Wien.
Die Stadt Wien entstehen Kosten von mindestens 80,- € täglich.
Die Haushaltszugehörigkeit von ***7*** bei Ihnen endet somit mit .
Der Anspruch auf die Familienbeihilfe endet bei Ihnen daher mit .
Das Weiterbestehen des Hauptwohnsitzes von ***7*** bis ist lediglich ein Indiz und kein Beweis für einen gemeinsamen Haushalt bei Ihnen.
Die Fremdunterbringung über den Kinder- und Jugendhilfeträger der Stadt Wien spricht dem entgegen.
Bei Ihnen ist eine überwiegende Kostentragung im Vergleich zu den geleisteten Kosten über den Kinder- und Jugendhilfeträger der Stadt Wien (mtl. mindestens € 2.400,-) nicht gegeben.
Die Weitergabe der Familienbeihilfe an andere Personen ist im Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) nicht vorgesehen. Daher hat dies einen privaten Charakter einer Mittelverwendung.
Im Streitfall müsste dies über den Zivilrechtsweg geklärt werden.
Gemäß § 26 (1) FLAG 1967: Wer eine Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
Da die Familienbeihilfe an Sie ausbezahlt wurde, der Anspruch auf die Familienbeihilfe bei Ihnen mit endet, ist die zu Unrecht bezogene Familienbeihilfe auch wieder zurückzuzahlen.
Der Kinder- und Jugendhilfeträger der Stadt Wien hat für ***7*** bereits rückwirkend ab 02/2022 einen Antrag auf die Familienbeihilfe gestellt. Dieser wurde auf Grund der gegebenen Ansprüche auch gewährt.
Aus den oben angeführten Gründen war Ihre Beschwerde daher abzuweisen.
Die Zustellung erfolgte nachweislich am .
Vorlageantrag vom
Die Bf stellte am im Wege von FinanzOnline Vorlageantrag, ohne weiters auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidung einzugehen.
Vorlage
Mit Bericht vom legte das Finanzamt Österreich, Dienststelle Steiermark Mitte, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte unter anderem aus:
Bezughabende Normen
§ 2 Abs. 2 FLAG 1967, § 26 Abs. 1 FLAG 1967, § 6 Abs. 5 1. Satz FLAG 1967, § 55 Abs. 39 FLAG 1967 § 6 Abs. 2, 5, 6 FLAG 1967
Sachverhalt und Anträge
Sachverhalt:
Die Tochter (***7*** ***2***) der Beschwerdeführerin Frau ***1*** ***2***-***3*** (Bf) ist fremduntergebracht und befindet sich seit in Pflege und Erziehung der Stadt Wien.
Im Vorfeld wurde ***7*** in einer regionalen Kriseneinrichtung untergebracht und ab (GDV-Meldung) befindet sich ***7*** in der Wohngemeinschaft ***14***, ***13*** ***14*** ***15***.
Die Obsorge im Bereich der Pflege und Erziehung liegt beim KJH-Träger der Stadt Wien.
Die Kindesmutter = Bf leistet aufgrund der Unterhaltsverpflichtung einen Kostenersatz an den KJH-Träger der Stadt Wien ab von mtl. € 50,- .
Aufgrund einer Systemmeldung im FABIAN - GDV vom wurde bekannt, dass sich die Adresse des Kindes ***7*** geändert hat, und kein gemeinsamer Haushalt mehr zur Bf besteht.
Nach der Setzung eines Zahlungsstopps am und der Vorhalts Beantwortung vom wurde der Bezug der Familienbeihilfe bei der Bf vorläufig mit 08/2022 eingestellt.
Am wurde über den KJH-Träger der Stadt Wien für das Kind ***7*** ein Eigenantrag auf die Familienbeihilfe ab gestellt.
Am erging für die Bf ein Arbeitsauftrag: Einstellung bei der Bf nach Wegfall des Anspruches auf die Familienbeihilfe mit und Rückforderung von 02-08/2022.
Am erging der Rückforderungsbescheid für ***7*** von 02-08/2022.
Am wurde auch der Eigenanspruch für ***7*** ab 02/2022 gewährt.
Gegen den Rückforderungsbescheid wurde am eine Beschwerde eingebracht. Die Ausführungen sind bitte der Beschwerde zu entnehmen.
Am wurde die BVE abgewiesen, Begründung siehe BVE
Gemeinsam mit der Beschwerde wurde auch ein AEH-Antrag (Aussetzungsantrag eingebracht.) Mit Erledigung der Beschwerde am wurde auch der Ablauf der AEH verfügt.
Gegen diese BVE wurde eine Beschwerde erhoben und die Vorlage kommentarlos beantragt.
Beweismittel:
Vorhaltsbeantwortung vom
Eigenantrag des Kindes über den KJH-Träger vom
Vorgelegte Unterlagen im Zuge der Beschwerde vom (Telefonabrechnungen)
Stellungnahme:
Die Abweisung der Beschwerde wird beantragt.
Die Haushaltszugehörigkeit endet bei der Kindesmutter mit Beginn der Fremdunterbringung der Tochter ***7*** über die Kinder und Jugendhilfe der Stadt Wien ab .
Bei der Bf ist keine überwiegende Kostentragung für ***7*** gegeben. Es wird von der Bf mtl. ein Kostenersatz von € 50,- an den KJH-Träger Stadt Wien geleistet und fallweise "Klamotten" der Tochter bezahlt.
Die Bf gibt in der Vorhaltsbeantwortung vom selbst an, dass sie den Unterhalt für ihre Tochter nicht überwiegend trägt. Dem gegenüber stehen die geleisteten Kosten der Kinder- und Jugendhilfeträger der Stadt Wien (mtl. mindestens € 2.400,-).
Somit endet der Anspruch auf die Familienbeihilfe bei der Bf mit .
Ein Eigenanspruch seitens der Tochter ***7*** ist gegeben und wurde auch gewährt.
Da die Bf die Familienbeihilfe von 02-08/2022 zu unrecht bezogen hatte, war diese zurück zu fordern.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Die im September 2005 geborene ***7*** ***2*** ist die Tochter der Bf ***1*** ***2***-***3***.
***7*** ***2*** wohnte zunächst mit ihrer Mutter ***1*** ***2***-***3*** im gemeinsamen Haushalt in ***4***, ***5***.
Am wurde die Obsorge im Bereich Pflege und Erziehung der Stadt Wien (Wiener Kinder- und Jugendhilfe) übertragen. Seither ist ***7*** ***2*** in einer sozialpädagogischen Einrichtung im Rahmen der vollen Erziehung untergebracht, zunächst in einer regionalen Kriseneinrichtung, dann in einer Wohngemeinschaft. Dessen ungeachtet bestand bis Mai 2022 weiterhin eine Hauptmeldung in der Wohnung der Mutter, die dann in eine Nebenwohnsitzmeldung umgewandelt wurde.
Die Unterbringung in der sozialpädagogischen Einrichtung ist mit Kosten von zumindest 2.400 € monatlich verbunden, die im Wesentlichen von der öffentlichen Hand, und zwar aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe, bestritten werden.
Die Tochter war von September 2021 bis November 2022 Lehrling bei einer Bäckerei. Danach bezog sie Arbeitslosengeld. Sie finanzierte sich einen (kleinen) Teil ihres Unterhalts selbst.
Die Tochter kam regelmäßig zur Mutter zum Essen, manchmal auch zum Duschen und zum Schlafen, im Urlaub auch länger.
Die Mutter leistete der Tochter im Rückforderungszeitraum nicht den überwiegenden Unterhalt, sondern einen Betrag, der etwa den monatlichen Zahlungen an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag entspricht. Die Mutter bezog Notstandshilfe von 687,00 €. Sie bezahlte ab der Unterbringung ihrer Tochter in einer Kriseneinrichtung bzw. einer Wohngemeinschaft 50 € monatlich an die Wiener Kinder- und Jugendhilfe als Unterhaltsbeitrag. Ihrer Tochter bezahlte sie die Kosten deren Mobiltelefonanschlusses sowie Abonnements für die Playstation, für Netflix und ähnliches. Darüber hinaus erhielt die Tochter von der Mutter monatlich zwischen 80 € und 150 € in bar.
Die Bf bezog für den Zeitraum Februar 2022 bis August 2022 weiterhin Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für ***7*** ***2***.
Ab Februar 2022 ging das Finanzamt von einem Eigenanspruch der Tochter aus und gewährte dieser ab diesem Monat Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für sich selbst.
Ein Leiden oder Gebrechen des Kindes i. S. v. § 2 Abs. 5 lit. c FLAG 1967 liegt nicht vor.
Beweiswürdigung
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus der dargestellten Aktenlage. Sie sind nicht strittig.
Rechtsgrundlagen
§ 2 FLAG 1967 lautet:
§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
a) für minderjährige Kinder,
b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,
c) für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen,
d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5) und die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für vier Monate nach Abschluss der Schulausbildung; im Anschluss daran für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5) und die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bis zum Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird,
e) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd begonnen oder fortgesetzt wird,
(Anm.: lit. f aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)
g) für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer. Diese Regelung findet in Bezug auf jene Kinder keine Anwendung, für die vor Vollendung des 24. Lebensjahres Familienbeihilfe nach lit. l gewährt wurde und die nach § 12c des Zivildienstgesetzes nicht zum Antritt des ordentlichen Zivildienstes herangezogen werden,
h) für volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25 Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden,
i) für volljährige Kinder, die sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,
j) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie
aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und
bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und
cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,
k) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, und die sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig in der Dauer von acht bis zwölf Monaten eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland ausgeübt haben; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,
l) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die teilnehmen am
aa) Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,
bb) Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,
cc) Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,
dd) Europäischen Solidaritätskorps nach der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014.
(2) Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
(3) Im Sinne dieses Abschnittes sind Kinder einer Person
a) deren Nachkommen,
b) deren Wahlkinder und deren Nachkommen,
c) deren Stiefkinder,
d) deren Pflegekinder (§§ 186 und 186a des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches).
(3a) Kinder im Sinne dieses Abschnittes sind auch Kinder, die aufgrund einer akut gefährdenden Lebenssituation kurzfristig von Krisenpflegepersonen betreut werden (Krisenpflegekinder). Krisenpflegepersonen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Personen, die im Auftrag des zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträgers ausgebildet und von diesem mit der vorübergehenden Pflege und Erziehung eines Kindes für die Dauer der Gefährdungsabklärung betraut wurden.
(4) Die Kosten des Unterhalts umfassen bei minderjährigen Kindern auch die Kosten der Erziehung und bei volljährigen Kindern, die für einen Beruf ausgebildet oder in ihrem Beruf fortgebildet werden, auch die Kosten der Berufsausbildung oder der Berufsfortbildung.
(5) Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn
a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,
b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,
c) sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4).
Ein Kind gilt bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört.
(6) Bezieht ein Kind Einkünfte, die durch Gesetz als einkommensteuerfrei erklärt sind, ist bei Beurteilung der Frage, ob ein Kind auf Kosten einer Person unterhalten wird, von dem um jene Einkünfte geminderten Betrag der Kosten des Unterhalts auszugehen; in diesen Fällen trägt eine Person die Kosten des Unterhalts jedoch nur dann überwiegend, wenn sie hiezu monatlich mindestens in einem Ausmaß beiträgt, das betragsmäßig der Familienbeihilfe für ein Kind (§ 8 Abs. 2) oder, wenn es sich um ein erheblich behindertes Kind handelt, der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 2 und 4) entspricht.
(7) Unterhaltsleistungen auf Grund eines Ausgedinges gelten als auf Kosten des Unterhaltsleistenden erbracht, wenn der Unterhaltsleistende mit dem Empfänger der Unterhaltsleistungen verwandt oder verschwägert ist; solche Unterhaltsleistungen zählen für den Anspruch auf Familienbeihilfe auch nicht als eigene Einkünfte des Kindes.
(8) Personen haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.
(9) Die Anspruchsdauer nach Abs. 1 lit. b und lit. d bis j verlängert sich im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, nach Maßgabe folgender Bestimmungen:
a) für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung absolvieren, über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, bei einer vor Erreichung der Altersgrenze begonnenen Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise,
b) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen, abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr, bei einem vor Erreichung der Altersgrenze begonnenem Studium infolge der COVID-19-Krise,
c) für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung beginnen oder fortsetzen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung der Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist,
d) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein Semester oder um ein Ausbildungsjahr, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung des Studiums infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist.
§ 2a FLAG 1967 lautet:
§ 2a. (1) Gehört ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern, so geht der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteiles vor. Bis zum Nachweis des Gegenteils wird vermutet, daß die Mutter den Haushalt überwiegend führt.
(2) In den Fällen des Abs. 1 kann der Elternteil, der einen vorrangigen Anspruch hat, zugunsten des anderen Elternteiles verzichten. Der Verzicht kann auch rückwirkend abgegeben werden, allerdings nur für Zeiträume, für die die Familienbeihilfe noch nicht bezogen wurde. Der Verzicht kann widerrufen werden.
§ 6 FLAG 1967 lautet:
§ 6. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben auch minderjährige Vollwaisen, wenn
a) sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
b) ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und
c) für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist.
(2) Volljährige Vollwaisen haben Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a bis c zutreffen und wenn sie
a) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet werden oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind anzuwenden; oder
b) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, oder erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5) und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für vier Monate nach Abschluss der Schulausbildung; im Anschluss daran, wenn sie das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, oder erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5) und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bis zum Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird, oder
c) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § 6 Abs. 2 lit. k sublit. aa bis dd und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes nach § 6 Abs. 2 lit. k sublit. aa bis dd begonnen oder fortgesetzt wird, oder
d) wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, sofern die Vollwaise nicht einen eigenständigen Haushalt führt; dies gilt nicht für Vollwaisen, die Personen im Sinne des § 1 Z 3 und Z 4 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, sind, sofern die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, auf sie Anwendung finden, oder
(Anm.: lit. e aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)
f) In dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; Vollwaisen die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer. Diese Regelung findet in Bezug auf jene Vollwaisen keine Anwendung, für die vor Vollendung des 24. Lebensjahres Familienbeihilfe nach lit. k gewährt wurde und die nach § 12c des Zivildienstgesetzes nicht zum Antritt des ordentlichen Zivildienstes herangezogen werden,
g) erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden,
h) sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,
i) das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie
aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und
bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und
cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,
j) das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, und sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig in der Dauer von acht bis zwölf Monaten eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland ausgeübt haben; Vollwaisen, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,
k) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und teilnehmen am
aa) Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,
bb) Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,
cc) Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,
dd) Europäischen Solidaritätskorps nach der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014.
(3) Ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) einer Vollwaise führt bis zu einem Betrag von 15.000 € in einem Kalenderjahr nicht zum Wegfall der Familienbeihilfe. Übersteigt das zu versteuernde Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) der Vollwaise in einem Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem die Vollwaise das 19. Lebensjahr vollendet hat, den Betrag von 15.000 €, so verringert sich die Familienbeihilfe, die der Vollwaise nach § 8 Abs. 2 einschließlich § 8 Abs. 4 gewährt wird, für dieses Kalenderjahr um den 15.000 € übersteigenden Betrag. § 10 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) der Vollwaise bleiben außer Betracht:
a) das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht,
b) Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis,
c) Waisenpensionen und Waisenversorgungsgenüsse,
d) Ausgleichszulagen und Ergänzungszulagen, die aufgrund sozialversicherungs- oder pensionsrechtlicher Vorschriften gewährt werden.
e) Pauschalentschädigungen gemäß § 36 Abs. 1 des Heeresgebührengesetzes 2001, die für den außerordentlichen Zivildienst gemäß § 34b in Verbindung mit § 21 Abs. 1 des Zivildienstgesetzes 1986 oder den Einsatzpräsenzdienst gemäß § 19 Abs. 1 Z 5 des Wehrgesetzes 2001 gewährt werden.
(4) Als Vollwaisen gelten Personen, deren Vater verstorben, verschollen oder nicht festgestellt und deren Mutter verstorben, verschollen oder unbekannt ist.
(5) Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3). Erheblich behinderte Kinder im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. c, deren Eltern ihnen nicht überwiegend den Unterhalt leisten und die einen eigenständigen Haushalt führen, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 und 3).
(6) § 6 Abs. 5 gilt nicht für Personen im Sinne des § 1 Z 3 und Z 4 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, sofern die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, auf sie Anwendung finden.
(7) Die Anspruchsdauer nach Abs. 2 lit. a bis c und lit. f bis i verlängert sich im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, nach Maßgabe folgender Bestimmungen:
a) für volljährige Vollwaisen, die eine Berufsausbildung absolvieren, über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, bei einer vor Erreichung der Altersgrenze begonnenen Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise,
b) für volljährige Vollwaisen, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen, abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr, bei einem vor Erreichung der Altersgrenze begonnenem Studium infolge der COVID-19-Krise,
c) für volljährige Vollwaisen, die eine Berufsausbildung beginnen oder fortsetzen möchten (Abs. 1 lit. c bis f), über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung der Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist,
d) für volljährige Vollwaisen, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen möchten (Abs. 1 lit. c bis f), abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein Semester oder um ein Ausbildungsjahr, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung des Studiums infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist.
§ 7 FLAG 1967 lautet:
§ 7. Für ein Kind wird Familienbeihilfe nur einer Person gewährt.
§ 10 FLAG 1967 lautet:
§ 10. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) ist besonders zu beantragen.
(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.
(3) Die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) werden höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt. In bezug auf geltend gemachte Ansprüche ist § 209 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, anzuwenden.
(4) Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal.
(5) Minderjährige, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, bedürfen zur Geltendmachung des Anspruches auf die Familienbeihilfe und zur Empfangnahme der Familienbeihilfe nicht der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters.
§ 11 FLAG 1967 lautet:
§ 11. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 4, monatlich durch das Finanzamt Österreich automationsunterstützt ausgezahlt.
(2) Die Auszahlung erfolgt durch Überweisung auf ein Girokonto bei einer inländischen oder ausländischen Kreditunternehmung. Bei berücksichtigungswürdigen Umständen erfolgt die Auszahlung mit Baranweisung.
(3) Die Gebühren für die Auszahlung der Familienbeihilfe im Inland sind aus allgemeinen Haushaltsmitteln zu tragen.
§ 12 FLAG 1967 lautet:
§ 12. (1) Das Finanzamt Österreich hat bei Entstehen oder Wegfall eines Anspruches auf Familienbeihilfe eine Mitteilung auszustellen. Eine Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe ist auch über begründetes Ersuchen der die Familienbeihilfe beziehenden Person auszustellen.
(2) Wird die Auszahlung der Familienbeihilfe eingestellt, ist die Person, die bislang die Familienbeihilfe bezogen hat, zu verständigen.
§ 13 FLAG 1967 lautet:
§ 13. Über Anträge auf Gewährung der Familienbeihilfe hat das Finanzamt Österreich zu entscheiden. Insoweit einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist, ist ein Bescheid zu erlassen.
§ 25 FLAG 1967 lautet:
§ 25. Personen, denen Familienbeihilfe gewährt oder an Stelle der anspruchsberechtigten Person ausgezahlt (§ 12) wird, sind verpflichtet, Tatsachen, die bewirken, daß der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt, sowie Änderungen des Namens oder der Anschrift ihrer Person oder der Kinder, für die ihnen Familienbeihilfe gewährt wird, zu melden. Die Meldung hat innerhalb eines Monats, gerechnet vom Tag des Bekanntwerdens der zu meldenden Tatsache, beim Finanzamt Österreich zu erfolgen.
§ 26 FLAG 1967 lautet:
§ 26. (1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
(2) Zurückzuzahlende Beträge nach Abs. 1 können auf fällige oder fällig werdende Familienbeihilfen angerechnet werden.
(3) Für die Rückzahlung eines zu Unrecht bezogenen Betrages an Familienbeihilfe haftet auch derjenige Elternteil des Kindes, der mit dem Rückzahlungspflichtigen in der Zeit, in der die Familienbeihilfe für das Kind zu Unrecht bezogen worden ist, im gemeinsamen Haushalt gelebt hat.
(4) Die Oberbehörde ist ermächtigt, in Ausübung des Aufsichtsrechtes das zuständige Finanzamt anzuweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, wenn die Rückforderung unbillig wäre.
§ 33 Abs. 3 EStG 1988 lautet:
(3)
1. Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro (Anm. 1) für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.
2. Der Kinderabsetzbetrag ist mit Wirksamkeit ab 1. Jänner eines jeden Kalenderjahres mit dem Anpassungsfaktor des § 108f ASVG zu vervielfachen. Der Vervielfachung ist der im vorangegangenen Kalenderjahr geltende Betrag zugrunde zu legen. Der vervielfachte Betrag ist kaufmännisch auf eine Dezimalstelle zu runden. Der Bundesminister für Finanzen hat den für das folgende Kalenderjahr geltenden Betrag bis spätestens 15. November jeden Jahres zu ermitteln und mit Verordnung kundzumachen.
Rückzahlung zu Unrecht bezogener Familienleistungen
Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 ergibt sich eine objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe (allenfalls in Form einer Ausgleichszahlung / Differenzzahlung) und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. § 26 Rz 12 zitierte Rechtsprechung).
Fehlt es an einem Anspruch auf Familienbeihilfe (Ausgleichszahlung / Differenzzahlung), ist auch der Kinderabsetzbetrag zurückzufordern.
Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs der Familienleistungen an (vgl. etwa ; ), also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug (vgl. ; ). Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienleistungen (etwa durch unrichtige Angaben im Antrag gemäß § 10 FLAG 1967 oder Verstoß gegen die Meldepflicht gemäß § 25 FLAG 1967), Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags oder die Verwendung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Gleiches gilt für den gutgläubigen Verbrauch der Beträge (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. § 26 Rz 13 zitierte Rechtsprechung). Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. etwa oder ).
Diese objektive Erstattungspflicht hat zur Folge, dass der Behörde, sobald die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht mehr gegeben sind, hinsichtlich der Rückforderung von bereits bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag kein Ermessensspielraum bleibt (vgl. ).
Zur Rückzahlung eines unrechtmäßigen Bezuges an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag ist nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 derjenige verpflichtet, der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. ). Die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag müssen demjenigen, von dem sie zurückgefordert wird, tatsächlich ausbezahlt worden sein.
Einer Rückforderung steht auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch das Finanzamt verursacht worden ist (vgl. ; ; ; ; ; ; ; ; ; ).
Es ist daher zu prüfen, ob die Bf im Beschwerdezeitraum zu Unrecht Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag erhalten hat.
Anspruch auf Familienbeihilfe
Nach der österreichischen Rechtslage besteht Anspruch auf Familienbeihilfe grundsätzlich für ein minderjähriges Kind und unter bestimmten Voraussetzungen für ein volljähriges Kind.
Österreich verfolgt mit der Familienbeihilfe einen doppelten Zweck: Den Mindestunterhalt des Kindes zu gewährleisten und gleichzeitig die Eltern von ihrer Unterhaltspflicht zu entlasten (vgl. Lenneis/Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. 2020 § 1 Rz 302 m. w. N.).
Nach österreichischem Recht hat grundsätzlich nicht das Kind selbst Anspruch auf Familienbeihilfe, sondern gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 und § 2 Abs. 3 FLAG 1967 ein Elternteil, also Vater oder Mutter, bei Haushaltszugehörigkeit gemäß § 2a FLAG 1967 vorrangig die Mutter. Kommt ein Elternteil als Anspruchsberechtigter nicht in Betracht, können ein Großelternteil, ein Wahlelternteil, ein Stiefelternteil oder ein Pflegekindelternteil (Elternteile i. w. S.) Familienbeihilfe beanspruchen.
Das Kind selbst hat nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn entweder beide Elternteile verstorben sind, es also Vollwaise ist (§ 6 Abs. 1 FLAG 1967 und § 6 Abs. 2 FLAG 1967), oder ausnahmsweise, wenn die Eltern i. S. d. § 2 Abs. 3 FLAG 1967 ihm nicht überwiegend Unterhalt leisten und der Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird (sogenannte "Sozialwaisen", § 6 Abs. 5 FLAG 1967).
Für ein Kind wird Familienbeihilfe nur einer Person für das jeweilige Monat gewährt (siehe § 7 FLAG 1967 i. V. m. § 10 FLAG 1967).
Nach der nunmehr anzuwendenden Fassung des § 6 Abs. 5 FLAG 1967 haben Kinder,
deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und
deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird,
unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. 2020 § 6 Rz 20).
Gemäß § 6 Abs. 1 FLAG 1967 haben minderjährige Vollwaisen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie
im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und
für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist.
Ob die Eltern einem Kind überwiegend Unterhalt leisten (§ 6 Abs. 5 FLAG 1967), hängt einerseits von der Höhe des gesamten Unterhaltsaufwandes für das Kind in einem bestimmten Zeitraum und andererseits von den tatsächlich von den Eltern geleisteten Unterhaltsbeiträgen ab. Dabei sind die Unterhaltszahlungen der Eltern nicht den vom Kind selbst aufgewendeten Beträgen gegenüberzustellen, sondern es ist zu prüfen, ob die Eltern dem Kind mehr als die Hälfte der Unterhaltskosten durch ihre Unterhaltsbeiträge abgedeckt haben (vgl. ).
Für die Frage des Überwiegens ist maßgeblich, welche Beträge tatsächlich zur Bestreitung der Unterhaltskosten des Kindes geleistet worden sind; hierbei sind nicht nur eigene Einkünfte des Kindes zu berücksichtigen, sondern auch zB Beiträge von dritter Seite und die Familienbeihilfe selbst (vgl. ). Ob eine Person die Unterhaltskosten für ein Kind überwiegend getragen hat, hängt einerseits von der Höhe der gesamten Unterhaltskosten für ein den Anspruch auf Familienbeihilfe vermittelndes Kind in einem bestimmten Zeitraum und andererseits von der Höhe der im selben Zeitraum von dieser Person tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeträge ab (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. 2020 § 6 Rz 21).
Keine Haushaltszugehörigkeit
Im Rückforderungszeitraum Februar 2022 bis August 2022 gehörte ***7*** ***2*** nicht dem Haushalt der Bf ***1*** ***2***-***3*** an, da sie in einem Krisenzentrum bzw. einer Wohngemeinschaft wohnte und dort auch nächtigte. Daran ändern Besuche der Tochter bei ihrer Mutter, auch wenn diese gelegentlich mit Nächtigungen verbunden sind, nichts (vgl. ).
im Rückforderungszeitraum lag keiner der Fälle des § 2 Abs. 5 FLAG 1967 vor, da die Tochter nicht bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit ihrer Mutter geteilt hat (§ 2 Abs. 5 FLAG 1967 Satz 1) und der Aufenthalt in einer sozialpädagogischen Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe im Rahmen der vollen Erziehung nicht bloß vorübergehend (§ 2 Abs. 5 lit. a FLAG 1967) war, auch nicht zum Zwecke der Berufsausübung (§ 2 Abs. 5 lit. b FLAG 1967) erfolgte und der Aufenthalt in einer sozialpädagogischen Einrichtung nicht durch ein Leiden oder Gebrechen des Kindes i. S. v. § 2 Abs. 5 lit. c FLAG 1967 begründet war.
Mangels eines Leidens oder Gebrechens der Tochter i. S. v. § 2 Abs. 5 lit. c FLAG 1967 begründet ein Beitrag der Mutter zu den Unterhaltskosten zumindest in Höhe der Familienbeihilfe keine Beibehaltung der Haushaltszugehörigkeit zur Mutter.
Keine überwiegende Unterhaltskostentragung
Die monatlichen Unterhaltskosten der Tochter betrugen einerseits die Kosten von wenigstens 2.400 €, die der öffentlichen Hand durch die Unterbringung in einem Krisenzentrum bzw. einer Wohngemeinschaft erwachsen sind, und anderseits die Kosten etwa für Mobiltelefon, diverse Abonnements, Bekleidung usw.
Zu diesen Kosten hat die Mutter im Rückforderungszeitraum lediglich im Umfang der erhaltenen Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag (direkt an oder für die Tochter) und von 50 € monatlich (an den Kinder- und Jugendhilfeträger) beigetragen.
Damit hat die Bf im Rückforderungszeitraum nicht die überwiegenden Unterhaltskosten ihrer Tochter ***7*** ***2*** getragen.
Objektiver Anspruch
Der Anspruch auf Familienbeihilfe ist - abgesehen von den hier nicht gegebenen Fällen des § 2a FLAG 1967 oder des Art. 60 VO 987/2009 - nicht disponierbar. Das heißt, es können nicht Mutter und Tochter entscheiden, wer von ihnen einen Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag hat, sondern ergibt sich der Anspruch ausschließlich aus der Verwirklichung der jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 FLAG 1967 oder des § 6 FLAG 1967.
Der Rückforderung steht daher nicht entgegen, dass Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für die Tochter verwendet wurden und dass die Tochter laut Beschwerde - ungeachtet ihres Eigenantrags - offenbar damit die Sache als erledigt ansieht. Gleiches gilt für eine behauptete Übereinkunft mit dem Jugendwohlfahrtsträger (vgl. ), wobei anzumerken ist, dass dieser trotz dieser behaupteten Übereinkunft für die Tochter einen Eigenantrag gestellt hat.
Keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids
Da im Beschwerdezeitraum von der Bf kein Tatbestand, der den Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nach sich zieht, verwirklicht wurde, die Bf aber Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag bezogen hat, erfolgte die Rückforderung zu Recht.
Der Spruch des angefochtenen Bescheids ist daher nicht mit Rechtswidrigkeit (Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG) behaftet, die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde ist gemäß § 279 BAO als unbegründet abzuweisen.
Revisionsnichtzulassung
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Voraussetzungen, unter denen Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge gewährt werden bzw. bei zu Unrecht erfolgtem Bezug zurückzufordern sind, waren bereits Gegenstand der höchstgerichtlichen Rechtsprechung und lassen sich zudem in klarer Weise aus dem Gesetz ableiten. Es liegt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.
Wien, am
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