Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.08.2023, RV/7101468/2022

Im vorangegangenen Studienjahr erreichte ECTS-Punkte maßgebend

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7101468/2022-RS1
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 12. Satz ist nicht nur für das zweite Studienjahr, sondern für jedes Studienjahr nach dem ersten Studienjahr ein Erfolgsnachweis von (grundsätzlich) wenigstens 16 ECTS-Punkten zu erbringen.
RV/7101468/2022-RS2
Für die Beurteilung des Anspruchs auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag kommt es ab dem zweiten Studienjahr auf die ECTS-Punkte im jeweils vorangegangenen Studienjahr an.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Elisabeth Wanke über die Beschwerde des ***1*** ***2***, ***3***, ***4***, Ungarn, vom gegen den Bescheid des Finanzamts Österreich vom , mit welchen zu Unrecht bezogene Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für den im August 2000 geborenen ***5*** ***2*** und für die im August 1997 geborene ***6*** ***2*** jeweils für die Zeiträume Oktober 2018 bis September 2019 und April 2021 bis August 2021 (Familienbeihilfe: € 1.960,28, Kinderabsetzbetrag: € 638,48, Gesamtbetrag € 2.598,76), gemäß § 26 FLAG 1967 und § 33 EStG 1988 zurückgefordert werden, Ordnungsbegriff ***7***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Bescheid

Mit Bescheid Einzahlung vom forderte das Finanzamt vom Beschwerdeführer (Bf) ***1*** ***2*** zu Unrecht bezogene Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für den im August 2000 geborenen ***5*** ***2*** und für die im August 1997 geborene ***6*** ***2*** für die Zeiträume April 2021 bis August 2021 und Oktober 2018 bis September 2019 (Familienbeihilfe: € 1.960,28, Kinderabsetzbetrag: € 638,48, Gesamtbetrag € 2.598,76), gemäß § 26 FLAG 1967 und § 33 EStG 1988 zurück und führte dazu aus:

Zu ***2*** ***5***:

Sie haben für mehr als ein Kind Familienbeihilfe bezogen. Im Rückforderungsbetrag ist die anteilige Geschwisterstaffel für sämtliche Kinder enthalten, für die Sie im Rückforderungszeitraum zu Unrecht Familienbeihilfe erhalten haben (§ 8 Abs. 3 Familienlastenausgleichsgesetz 1967).

Zu ***2*** ***6***:

Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Studenten besteht dann, wenn ein Studium ordnungsgemäß und zielstrebig betrieben wird. Ordnungsgemäß und zielstrebig wird ein Studium dann betrieben, wenn Prüfungen von mindestens 16 ECTS pro Jahr positiv abgelegt werden. Ihre Tochter hat im Studienjahr 2018/2019 nur Prüfungen im Ausmaß von 10 ECTS absolviert. Es besteht daher für dieses Jahr kein Anspruch auf die Familienbeihilfe.

Im Sommersemester 2021 hat ihre Tochter überhaupt keine Prüfung abgelegt. Die letzte Prüfung in ihrem Studium wurde am bestanden (§ 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967).

Sie hat in den 8 Semestern, in denen sie studiert hat insgesamt 56 ECTS Prüfungen positiv abgelegt. Ein Bakkalaureatsstudium beinhaltet in 8 Semestern 180 ECTS.

Studienerfolg

In den elektronisch vorgelegten Akten findet sich eine Bestätigung der Universität Graz vom betreffend den Studienerfolg von ***6*** ***2*** im Bachelorstudium Pharmazeutische Wissenschaften.

Vorhalt vom

Mit Ersuchen um Auskunft bzw. Vorlage von Unterlagen vom teilte das Finanzamt dem Bf mit:

Fragen bzw. vorzulegende Unterlagen

(Unterlagen bitte in Kopie, da wir Ihnen die Unterlagen nicht zurücksenden!)

Ihre Tochter ***6*** hat in 8 Semester anstatt 180 ECTS nur 56 ECTS positiv bestanden Warum? Sie hat nicht ordnungsgemäß und zielstrebig studiert. Nehmen Sie dazu Stellung!

Zeugnisse von Juni 2019, Juni 2020 und Juni 2021 von ***5***.

Welche Berufsausbildung betreibt ihr Sohn derzeit? Nachweise sind vorzulegen.

Der Bf antwortete dazu am wie folgt:

Ihre Aussage, dass meine Tochter - ***6*** ***2*** nicht ordnungsgemäß und zielstrebig studiert hat, kann ich nicht bestätigen. Im Folgenden würde ich dazu Stellung nehmen. Sie befindet sich im Studium der Pharmazeutischen Wissenschaften, das von dem Aufbau und Schwierigkeitsgrad her pauschal mit anderen Studien nicht vergleichbar ist. Die Studiendauer im Durchschnitt beträgt 11-12 Semester. Es ist wichtig zu erwähnen, dass sie während des Studiums geringfügig angestellt war (derzeit Teilzeit 25 Std/Woche). Darüber hinaus sind außergewöhnliche persönliche Ereignisse geschehen (Todesfall ihrer Oma). Infolge der Corona Pandemie wurde Online Lehre eingeführt, die den Lernerfolg meiner Tochter erschwert hat. Trotz der genannten Umständen hat sie an der Universität regelmäßig Kurse besucht und Prüfungen erfolgreich abgelegt. Es war nie der Fall, dass sie 0 ECTS in einem Studienjahr erreicht hat.

Anbei finden Sie die Studienerfolgsnachweise von den 4 Studienjahren...

Folgende Studienerfolgsbestätigungen betreffend ***6*** ***2*** wurden vorgelegt:

Beschwerde

Der Bf erhob gegen den Bescheid mit am zur Post gegebenen Schreiben Beschwerde wie folgt:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurden die Familienbeihilfe und das Kindergeld für meine Tochter ***6*** ***2*** für die Zeiträume April 21 -August 21 sowie Oktober 2018 - September 2019. Begründet wurde die Rückforderung damit, dass meine Tochter in den entsprechenden Zeiträumen ihr Studium nicht ordnungsgemäß und zielstrebig betrieben hätte.

Das FLAG sowie dessen Durchführungsrichtlinien sehen vor, dass nach dem ersten Studienjahr ein Mindeststudienerfolg von 16 ECTS nachzuweisen ist. Im weiteren Studienverlauf ist dann nur noch ein "ernsthaftes und zielstrebiges Studium" nachzuweisen.

Was genau darunter zu verstehen ist, wurde nicht in einer je Semester oder Studienjahr zu erbringenden Anzahl an ECTS-Punkten festgelegt. Der Gesetzgeber entspricht damit dem Umstand, dass sich Studienverläufe in der Realität individuell und nicht linear vollziehen, wodurch auf eine im Durchschnitt der studierten Semester erbrachte Mindeststudienleistung abgestellt wird. So kann zielstrebig auch sein, wenn pro inskribiertem Semester eine Prüfung abgelegt wird und wohl sind auch nicht erfolgreiche Prüfungsantritte darunter zu subsumieren, da auch dann von einer ernsthaften Studienaktivität auszugehen ist. In der Gesamtschau eines typischen Studienverlaufs ergeben sich dadurch erfolgreichere Semester mit mehr ECTS und weniger erfolgreiche Semester, in denen nur eine geringere Anzahl an ECTS erbracht werden kann. Es kommt demnach vielmehr auf eine zielstrebige Studienaktivität, denn auf ein Mindestmaß an ECTS-Punkten an.

Die im angefochtenen Bescheid erhobene Forderung, wonach ein "ordnungsgemäß und zielstrebig" betriebenes Studium dann vorliegt, "wenn Prüfungen von mindestens 16 ECTS pro Jahr positiv abgelegt werden", findet in dieser Form keine Deckung im Gesetzes- bzw. Verordnungstext, sodass eine Rückforderung des Studienjahres 2018/19 trotz Prüfungen im Ausmaß von 10 ECTS nicht gerechtfertigt erscheint. Die Tatsache, dass im vergangenen Semester nur negativ absolvierte Prüfungsantritte vorliegen, relativiert sich insofern, als meine Tochter sich auch in diesem Zeitraum intensiv mit Studieninhalten auseinandergesetzt hat. Aufgrund des Pandemiegeschehens fanden Lehrveranstaltungen im SS 2021 fast ausschließlich online statt, wodurch Lehre und Lernerfolg wesentlich erschwert waren.

Als naturwissenschaftliches Grundlagenstudium ist das Bachelorstudium Pharmazie hinsichtlich seiner Inhalte sowie der formalen Struktur, insbesondere aufgrund der bestehenden Voraussetzungsketten als zeitintensives Studium zu werten, das hohe Ansprüche an die Studierenden stellt. Die Kapazitätsengpässe bei den Laborübungen sind diesem Studium immanent und sind kausal für teilweise erhebliche Studienverzögerungen, die von den Studierenden nicht schuldhaft zu vertreten sind, sondern vielmehr in der universitären Organisation begründet sind.

Ich stelle daher den Antrag, der Beschwerde stattzugeben und von der Rückzahlung Abstand zu nehmen. Gleichzeitig stelle ich den Antrag auf Aussetzung von der Einhebung nach § 212 a BAO.

Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab:

Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, besteht dann, wenn sie für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden und ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienforderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester überschreiten. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung von Prüfungen im Ausmaß von 16 ECTS nachgewiesen wird (§ 2 Abs. 1 lit b Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967).

Anspruch auf Familienbeihilfe für Studenten besteht dann, wenn sie ihr Studium ordnungsgemäß und zielstrebig betreiben. Ordnungsgemäß und zielstrebig wird ein Studium dann betrieben, wenn die Vorlesungen und Übungen laufend und regelmäßig besucht werden und die dazugehörigen Prüfungen zeitnah und positiv abgelegt werden.

Ihre Tochter ***6*** hat das BAKKStudium Pharmazeutische Wissenschaften im Oktober 2018 begonnen. Im ersten Studienjahr hat sie Prüfungen im Ausmaß von 19 ECTS abgelegt. Somit bestand ab dem zweiten Studienjahr Anspruch auf die Familienbeihilfe. Im zweiten Studienjahr wurden nur Prüfungen im Ausmaß von 11,5 ECTS, im dritten Studienjahr 18 ECTS und im 4. Studienjahr 7,5 ECTS positiv absolviert. Die letzte Prüfung wurde am bestanden. Sie hat in 8 Semestern anstatt der vorgegebenen 180 ECTS nur 56 ECTS positiv abgelegt.

Maßstab für die Bemessung des Studienerfolges sind die ECTS-Punkte, die den durchschnittlichen Gesamtaufwand für Studierende pro Studienjahr angeben. Das Arbeitspensum für ein Studienjahr umfasst generell Studienleistungen von 60 ECTS-Punkten.

Bei dem laut FLAG erforderlichen Leistungsnachweis von (nur) 16 ECTS -Punkten handelt es sich um lediglich etwas mehr als die Hälfte des für ein Semester festgelegten Aufwandes, der bei der Familienbeihilfe in Bezug auf ein ganzes Studienjahr gilt.

Da die Familienbeihilfe eine Familienleistung im klassischen Sinne und keine unmittelbare Form der Studienförderung darstellt, wird das niedrig angesetzte Anforderungsniveau als vertretbar erachtet (vgl. Romana Wimmer in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG § 2 RZ 70).

Werden im Nachweiszeitraum keine Prüfungen oder Prüfungen in einem Umfang von weniger als 16 ECTS-Punkten abgelegt, so liegt keine Berufsausbildung vor, die zum Bezug der Familienbeihilfe berechtigt.

Die bloße Meldung zur Fortsetzung des Studiums etwa, ist als reiner Formalakt nicht geeignet, eine Berufsausbildung nachzuweisen und damit den Anspruch auf Familienbeihilfe zu begründen.

Für Personen, die im Zeitraum von einschließlich März 2020 bis einschließlich Februar 2021 für zumindest einen Monat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind haben, finden die während dieses Zeitraumes vorliegenden Anspruchsvoraussetzungen im unmittelbaren Anschluss an den Anspruchszeitraum bis März 2021 in Bezug auf dieses Kind weiter Anwendung, solange während dieses Zeitraumes keine andere Person anspruchsberechtigt wird (§ 15 FLAG 1967).

Daher muss die Familienbeihilfe für die Monate Oktober 2020 bis März 2021 nicht rückgefordert werden.

Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge wurden daher für den Streitzeitraum zu Unrecht bezogen und sind gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 zurückzuerstatten.

Die Verpflichtung zur Rückzahlung gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 ist von subjektiven Momenten unabhängig und allein an die Voraussetzung des Fehlens der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug geknüpft.

Vorlageantrag

Mit Schreiben vom , Postaufgabe , stellte der Bf Vorlageantrag, in welchem er die Ausführungen in der Beschwerde wiederholte. Auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidung ging der Bf dabei nicht ein.

Vorlage

Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte unter anderem aus:

Bezughabende Normen

§ 2 Abs.1 lit. b FLAG 1967, § 8 Abs.3 FLAG 1967, § 26 Abs.1 FLAG 1967

Sachverhalt und Anträge

Sachverhalt:

Im Studienjahr Oktober 2018-September 2019 wurden von ***2*** ***6*** nur 10 ECTS erreicht, daher für diesen Zeitraum kein Anspruch auf FBH.

Im Sommersemester 2021 wurden gar keine Prüfungen abgelegt, daher April 2021- August 2021 keine FBH.

Diese Zeiträume wurden rückgefordert!

Beweismittel:

Siehe beigefügte Unterlagen.

Auf die ausführliche Begründung in der BVE wird verwiesen.

Stellungnahme:

Unbeschadet dessen besteht der Anspruch auf Weitergewährung der Familienbeihilfe ab jedem weiteren Studienjahr zufolge § 2 Abs. 1 lit. b FLAG nur dann, wenn das vorhergehende Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten

Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächerndes betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird, womit für jedes Studienjahr - innerhalb der Fristen des § 61 UG - ein quantitativ genau definierter Studienerfolg zu erbringen ist."

Das Finanzamt Österreich beantragt die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

FABIAN

Aus dem elektronischen Beihilfeprogramm FABIAN ergibt sich, dass das Studium der Tochter - im Einklang mit den Bestätigungen der Universität im Oktober 2017 begonnen hat.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die im August 1997 geborene ***6*** ***2*** ist die Tochter des Bf ***1*** ***2***. Sie begann im Oktober 2017 das Bachelorstudium Pharmazeutische Wissenschaften an der Universität Graz.

Im ersten Studienjahr ( bis ) wurden Prüfungen im Umfang von 20,50 ECTS-Punkten erfolgreich abgelegt (abzüglich 1,5 ECTS am : 19 ECTS bis ), im zweiten Studienjahr ( bis ) von 11,50 ECTS-Punkten (abzüglich 3 ECTS am und 1,5 ECTS am 7 ECTS bis ), im dritten Studienjahr ( bis ) von 28,50 ECTS-Punkten (abzüglich 1,5 ECTS am und 4,5 ECTS am 22,5 ECTS bis ), im vierten Studienjahr ( bis ) von 7,50 ECTS-Punkten.

Die Tochter arbeitete während des Studium Teilzeit (25 Wochenstunden), während des Studiums verstarb auch ihre Großmutter. Wegen der COVID 19-Pandemie wurden ab dem März 2020 Lehrveranstaltungen online abgehalten. Insbesondere im Sommersemester 2021 kam es dadurch zu Studienverzögerungen. Der Bf bezog für seine Tochter im Rückforderungszeitraum Oktober 2018 bis September 2019 und April 2021 bis August 2021 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag wie im Spruch ersichtlich.

Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage und den Angaben des Bf. Sie sind unstrittig. Zum E-Learning an österreichischen Universitäten zufolge der COVID 19-Pandemie siehe etwa . Die in den einzelnen Studienjahren erreichten ECTS-Punkte ergeben sich aus den unbedenklichen Bescheinigungen der Universität Graz, wobei Doppelnennungen (z.B. Mathematik in ausgewählten Kapiteln am , sowohl im Zeitraum bis als auch im Zeitraum bis angeführt) zu bereinigen waren. Aus den Daten des Beihilfeprogramms FABIAN ergibt sich, dass im Gegensatz zu den Angaben in der Beschwerdevorentscheidung das Studium nicht im Oktober 2018, sondern im Oktober 2017 begonnen wurde.

Rechtsgrundlagen

§ 2 FLAG 1967 lautet:

§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

a) für minderjährige Kinder,

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,

c) für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen,

d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5) und die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für vier Monate nach Abschluss der Schulausbildung; im Anschluss daran für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5) und die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bis zum Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird,

e) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd begonnen oder fortgesetzt wird,

(Anm.: lit. f aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)

g) für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer. Diese Regelung findet in Bezug auf jene Kinder keine Anwendung, für die vor Vollendung des 24. Lebensjahres Familienbeihilfe nach lit. l gewährt wurde und die nach § 12c des Zivildienstgesetzes nicht zum Antritt des ordentlichen Zivildienstes herangezogen werden,

h) für volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25 Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden,

i) für volljährige Kinder, die sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

j) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie

aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und

bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und

cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,

k) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, und die sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig in der Dauer von acht bis zwölf Monaten eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland ausgeübt haben; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

l) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die teilnehmen am

aa) Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

bb) Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

cc) Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

dd) Europäischen Solidaritätskorps nach der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014.

(2) Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

(3) Im Sinne dieses Abschnittes sind Kinder einer Person

a) deren Nachkommen,

b) deren Wahlkinder und deren Nachkommen,

c) deren Stiefkinder,

d) deren Pflegekinder (§§ 186 und 186a des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches).

(3a) Kinder im Sinne dieses Abschnittes sind auch Kinder, die aufgrund einer akut gefährdenden Lebenssituation kurzfristig von Krisenpflegepersonen betreut werden (Krisenpflegekinder). Krisenpflegepersonen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Personen, die im Auftrag des zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträgers ausgebildet und von diesem mit der vorübergehenden Pflege und Erziehung eines Kindes für die Dauer der Gefährdungsabklärung betraut wurden.

(4) Die Kosten des Unterhalts umfassen bei minderjährigen Kindern auch die Kosten der Erziehung und bei volljährigen Kindern, die für einen Beruf ausgebildet oder in ihrem Beruf fortgebildet werden, auch die Kosten der Berufsausbildung oder der Berufsfortbildung.

(5) Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn

a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,

b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,

c) sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4).

Ein Kind gilt bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört.

(6) Bezieht ein Kind Einkünfte, die durch Gesetz als einkommensteuerfrei erklärt sind, ist bei Beurteilung der Frage, ob ein Kind auf Kosten einer Person unterhalten wird, von dem um jene Einkünfte geminderten Betrag der Kosten des Unterhalts auszugehen; in diesen Fällen trägt eine Person die Kosten des Unterhalts jedoch nur dann überwiegend, wenn sie hiezu monatlich mindestens in einem Ausmaß beiträgt, das betragsmäßig der Familienbeihilfe für ein Kind (§ 8 Abs. 2) oder, wenn es sich um ein erheblich behindertes Kind handelt, der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 2 und 4) entspricht.

(7) Unterhaltsleistungen auf Grund eines Ausgedinges gelten als auf Kosten des Unterhaltsleistenden erbracht, wenn der Unterhaltsleistende mit dem Empfänger der Unterhaltsleistungen verwandt oder verschwägert ist; solche Unterhaltsleistungen zählen für den Anspruch auf Familienbeihilfe auch nicht als eigene Einkünfte des Kindes.

(8) Personen haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

(9) Die Anspruchsdauer nach Abs. 1 lit. b und lit. d bis j verlängert sich im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, nach Maßgabe folgender Bestimmungen:

a) für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung absolvieren, über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, bei einer vor Erreichung der Altersgrenze begonnenen Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise,

b) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen, abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr, bei einem vor Erreichung der Altersgrenze begonnenem Studium infolge der COVID-19-Krise,

c) für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung beginnen oder fortsetzen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung der Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist,

d) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein Semester oder um ein Ausbildungsjahr, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung des Studiums infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist.

§ 10 FLAG 1967 lautet:

§ 10. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) ist besonders zu beantragen.

(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

(3) Die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) werden höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt. In bezug auf geltend gemachte Ansprüche ist § 209 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, anzuwenden.

(4) Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal.

(5) Minderjährige, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, bedürfen zur Geltendmachung des Anspruches auf die Familienbeihilfe und zur Empfangnahme der Familienbeihilfe nicht der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters.

§ 15 FLAG 1967 lautet:

§ 15. (1) Für Personen, die im Zeitraum von einschließlich März 2020 bis einschließlich Februar 2021 für zumindest einen Monat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind haben, finden die während dieses Zeitraumes vorliegenden Anspruchsvoraussetzungen im unmittelbaren Anschluss an den Anspruchszeitraum bis März 2021 in Bezug auf dieses Kind weiter Anwendung, solange während dieses Zeitraumes keine andere Person anspruchsberechtigt wird.

(2) Für die Maßnahme nach Abs. 1 ist ein Betrag von höchstens 102 Mio. Euro aus Mitteln des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds bereitzustellen.

§ 26 FLAG 1967 lautet:

§ 26. (1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

(2) Zurückzuzahlende Beträge nach Abs. 1 können auf fällige oder fällig werdende Familienbeihilfen angerechnet werden.

(3) Für die Rückzahlung eines zu Unrecht bezogenen Betrages an Familienbeihilfe haftet auch derjenige Elternteil des Kindes, der mit dem Rückzahlungspflichtigen in der Zeit, in der die Familienbeihilfe für das Kind zu Unrecht bezogen worden ist, im gemeinsamen Haushalt gelebt hat.

(4) Die Oberbehörde ist ermächtigt, in Ausübung des Aufsichtsrechtes das zuständige Finanzamt anzuweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, wenn die Rückforderung unbillig wäre.

§ 33 EStG 1988 lautet:

(3)

1. Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro (Anm. 1) für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

2. Der Kinderabsetzbetrag ist mit Wirksamkeit ab 1. Jänner eines jeden Kalenderjahres mit dem Anpassungsfaktor des § 108f ASVG zu vervielfachen. Der Vervielfachung ist der im vorangegangenen Kalenderjahr geltende Betrag zugrunde zu legen. Der vervielfachte Betrag ist kaufmännisch auf eine Dezimalstelle zu runden. Der Bundesminister für Finanzen hat den für das folgende Kalenderjahr geltenden Betrag bis spätestens 15. November jeden Jahres zu ermitteln und mit Verordnung kundzumachen.

Rückzahlung zu Unrecht bezogener Familienleistungen

Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 ergibt sich eine objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe (allenfalls in Form einer Ausgleichszahlung / Differenzzahlung) und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 12 zitierte Rechtsprechung). Fehlt es an einem Anspruch auf Familienbeihilfe (Ausgleichszahlung / Differenzzahlung), ist auch der Kinderabsetzbetrag zurückzufordern.

Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs der Familienleistungen an (vgl. etwa ; ), also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug (vgl. ; ). Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienleistungen (etwa durch unrichtige Angaben im Antrag gemäß § 10 FLAG 1967 oder Verstoß gegen die Meldepflicht gemäß § 25 FLAG 1967), Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags oder die Verwendung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Gleiches gilt für den gutgläubigen Verbrauch der Beträge (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 13 zitierte Rechtsprechung). Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. etwa oder ). Einer Rückforderung steht auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch das Finanzamt verursacht worden ist (die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 16 zitierte Rechtsprechung). Allerdings kann ein Grund für eine Nachsicht nach § 236 BAO vorliegen (vgl. ; ).

Diese objektive Erstattungspflicht hat zur Folge, dass der Behörde, sobald die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht mehr gegeben sind, hinsichtlich der Rückforderung von bereits bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag kein Ermessensspielraum bleibt (vgl. ). Zur Rückzahlung eines unrechtmäßigen Bezuges an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag ist nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 derjenige verpflichtet, der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. ). Die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag müssen demjenigen, von dem sie zurückgefordert wird, tatsächlich ausbezahlt worden sein.

Es ist somit zu prüfen, ob der Bf im Rückforderungszeitraum Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag hatte.

Studium

Während im FLAG 1967 keine nähere Definition enthalten ist, was allgemein unter Berufs­ausbildung zu verstehen ist, gibt § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 (zweiter bis letzter Satz) genau vor, unter welchen Voraussetzungen sich ein studierendes Kind in Berufs­ausbildung befindet (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 2 Rz 34):

§ 2 Abs. 1 FLAG 1967: "Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, …" lit b

1. Satz: "… für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr (ab das 24. Lebensjahr) noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet … werden."

2. Satz: Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 BGBl 305 genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten.

3. Satz: Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden.

4. Satz: Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert.

5. Satz: Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester.

6. Satz: Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998 BGBl I 1999/22 sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen.

7. Satz: Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheim­gesetz BGBl 1986/291.

8. Satz: Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen.

9. Satz: Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit.

10. Satz: Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungs­gesetz 1992 BGBl 305 angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe.

11. Satz: Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr.

12. Satz: Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 UG 2002 erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden.

13. Satz: Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen.

14. Satz: Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß. §

Studienerfolgsnachweis

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 11. Satz gilt die Aufnahme als ordentlicher Hörer als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Es bestand daher für das erste Studienjahr ( bis ) Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag, da auch tatsächlich studiert wurde.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 12. Satz besteht Anspruch AB DEM zweiten Studienjahr nur dann, wenn FÜR EIN VORHERGEHENDES Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird.

Es bestand daher auch für das zweite Studienjahr ( bis ) Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag, da im vorangegangenen Studienjahr zumindest 16 ECTS-Punkte (tatsächlich 19 ECTS-Punkte) nachgewiesen wurden.

Dass die Tochter im zweiten Studienjahr nur 7 ECTS-Punkte (laut Beschwerdevorentscheidung 11,5) erreicht hat, ist entgegen der Auffassung des Finanzamts für den Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht von Bedeutung, da es bei der Beurteilung des Anspruchs auf die ECTS-Punkte im vorangegangenen Studienjahr ankommt. Der Nachweiszeitraum für den Studienerfolg ist das vorhergehende Studienjahr. Alle abgelegten Prüfungen, vom Beginn des ersten Semesters bis zum Ende der Zulassungsfrist für das den zwei Semestern folgende Semester sind zu berücksichtigen (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 2 Rz 71). Tatsächlich hat die Tochter auch im zweiten Studienjahr studiert.

Dem Bf stand daher für seine Tochter für das zweite Studienjahr ( bis ) Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu. Die Rückforderung für den Zeitraum Oktober 2018 bis September 2019 erfolgte daher zu Unrecht. Entgegen der Auffassung des Bf ist gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 12. Satz nicht nur für das zweite Studienjahr, sondern für jedes Studienjahr nach dem ersten Studienjahr ein Erfolgsnachweis von (grundsätzlich) wenigstens 16 ECTS-Punkten zu erbringen. Eine Ausnahme für das Pharmaziestudium sieht das Gesetz nicht vor. Der Tod der Großmutter ist im Allgemeinen kein Ereignis, dass ein Enkelkind für wenigstens drei Monate (§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 5. Satz) am Studieren hindert.

Da im zweiten Studienjahr nur 7 ECTS-Punkte erzielt wurden, bestand für das dritte Studienjahr ( bis ) kein Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag. Eine Rückforderung für diesen Zeitraum ist nicht verfahrensgegenständlich.

Im dritten Studienjahr wurden 22,5 ECTS-Punkte (laut Beschwerdevorentscheidung 18), also mehr als 16 ECTS-Punkte, erzielt. Damit bestand für das vierte Studienjahr ( bis ) wiederum Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag. Auch in diesem Studienjahr wurde tatsächlich studiert, auch wenn insgesamt nur 7,5 EC TS-Punkte erreicht wurden. Es ist glaubhaft, dass es durch die pandemiebedingte Online-Lehre durch Verzögerungen beim Studium, auch beim Antritt zu Prüfungen, gekommen ist. § 2 Abs. 9 FLAG 1967 trägt derartigen Verzögerungen Rechnung. Die Rückforderung für den Zeitraum April 2021 bis August 2021 erfolgte daher ebenfalls zu Unrecht.

"Sache" des Beschwerdeverfahrens

"Sache" des Beschwerdeverfahrens ist nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs des Bescheids der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (vgl. ; , Ra 2017/06/0210).

Das Finanzamt kann gemäß § 263 Abs 1 BAO im Beschwerdeverfahren den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abändern, diesen aufheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abweisen. Es ist aber dabei stets an die Sache des Beschwerde­verfahrens gebunden. Es ist dem Finanzamt daher verwehrt, in der Beschwerdevorentscheidung erstmals eine Rückforderung für einen Zeitraum auszusprechen, der vom angefochtenen Rückforderungsbescheid nicht umfasst war. Gleiches gilt für das diesbezügliche Erkenntnis des BFG (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020, § 26 Rz 35).

Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids

Der Bescheid erweist sich daher sowohl hinsichtlich des Zeitraums Oktober 2018 bis September 2019 als auch hinsichtlich des Zeitraums April 2021 bis August 2021 als rechtswidrig (Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG), er ist gemäß § 279 BAO ersatzlos aufzuheben.

Revisionszulassung

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Entscheidung folgt hinsichtlich der strittigen Frage des Nachweises des Erfolgs eines Studiums der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, sodass eine grundsätzliche Rechtsfrage nicht vorliegt und die Revision nicht zuzulassen ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7101468.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at