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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.08.2023, RV/2100647/2022

§ 20 Abs 1 Z 2 lit d EStG 1988: Aufwendungen für ein Arbeitszimmer (ANV 2020)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri. in der Beschwerdesache Bf., Adr.Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom
betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020, Steuernummer xxx, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Beschwerdevorentscheidung vom
abgeändert.
Die Einkommensteuer wird für das Jahr 2020 mit -1.149,00 Euro (Gutschrift) festgesetzt.

Die Bemessungsgrundlage und die Berechnung der festgesetzten Einkommensteuer ergeben sich aus der Beschwerdevorentscheidung vom , die in diesem Umfang einen integrierenden Bestandteil dieses Spruches bildet.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.) erzielte im Beschwerdejahr 2020 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In ihrer am eingebrachten Einkommensteuererklärung 2020 machte die Bf. u.a. unter Werbungskosten in der Kz 719 (Arbeitsmittel) einen Betrag iHv. 931,48 Euro Euro geltend.

Die belangte Behörde erließ mit ein Ergänzungsersuchen, in welchem von der Bf. die Belege und eine Kostenaufstellung, wie sich die Gesamtsumme der Werbungskosten zusammensetze (Datum, Bezeichnung, Betrag), angefordert wurden.

Die belangte Behörde erließ in Folge am den Einkommensteuerbescheid 2020 (Arbeitnehmerveranlagung) und setzte die Einkommensteuer iHv. -1.077,00 Euro (Gutschrift) fest. In der Begründung wurde ausgeführt, dass der Fragevorhalt nicht beantwortet worden sei und das Finanzamt daher die in der Steuererklärung beantragten Werbungskosten nicht überprüfen könne, weshalb die in der Steuererklärung beantragten Werbungskosten nicht im Einkommensteuerbescheid anerkannt haben werden können.

Die Bf. erhob mit Schreiben vom Beschwerde und führte zur Begründung u.a. aus, dass sie die Werbungskosten [Anm. BFG, gemeint: die angeforderten Unterlagen] per Mail innerhalb der Frist an das Finanzamt übermittelt habe und sie sich telefonisch eine Bestätigung eingeholt habe, dass diese Unterlagen auch die richtige Stelle erreicht hätten. Heute sei ihr gesagt worden, dass das Mail nicht erfasst worden sei und normalerweise auch nicht gelten würde. Daher reiche sie nun Beschwerde gegen den Bescheid vom ein. Zudem sei für das Social Media Management/Media Management noch ein Videoschnittprogramm gekauft worden, das sie für den Bereich Social Media sowie Schaufenster- und Indoor Screens der Filialen international genutzt hätte. Die Details könnten in den angefügten Unterlagen gesehen werden.
Der Beschwerde waren als Unterlagen neben diversen Rechnungen auch ein E-Mail vom
an info@finanz.at beigefügt, in welchen die Bf. u. a. mitteilte, dass ihr beruflicher Aufgabenbereich, den sie auch im Homeoffice erfüllt hätte, in Produkt- und Content Marketing Management sowie in PR liege. Zudem habe sie im März 2020 interimistisch die Betreuung der Social Media Kanäle Facebook und Instagram für QQl übernommen und sie habe bei der Detailplanung der Kooperationen unterstützt. Zu diesem Zeitpunkt sei Homeoffice erforderlich geworden und habe sie die Wohnung dementsprechend nachrüsten und neu verplanen müssen. Ein Raum sei zum Arbeitsbereich geworden. Sie sei die Punkte zuvor mit der Arbeiterkammer durchgegangen, wo sie wie viel Prozent der Kosten angeben dürfe und habe somit die Aufstellung vorgenommen. Ihr Arbeitgeber oder Förderstellen hätten keine Kosten übernommen. Sie habe versucht, alles detailliert herauszurechnen und teils nur 60% der Beträge zur Sicherheit anzugeben, obwohl sie dies voll dafür genutzt hätte. Auf die Angabe weiterer Arbeitsmittel und Telefonkosten hätte sie gänzlich verzichtet.

Die belangte Behörde erließ mit die Beschwerdevorentscheidung und setzte die Einkommensteuer 2020 (Arbeitnehmerveranlagung) iHv. -1.149,00 Euro neu fest (bisher: -1.077,00 Euro). Begründend teilte die belangte Behörde mit, dass sie als Werbungskosten (Arbeitsmittel) die anteiligen Internetkosten von 119,62 Euro und die Kosten für das Videoschnittprogramm von 71,99 Euro berücksichtigt hätte. Weiters sei der Bürosessel mit 65,00 Euro als Werbungskosten für ergonomisches Büromobiliar ohne Anrechnung auf das Werbungskostenpauschale berücksichtigt worden. Die anteiligen Miet- und Betriebskosten für das Homeoffice hätten nicht berücksichtigen werden können. Damit ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer steuerlich anerkannt werden könne, müsse dort der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen liegen. Dies setze aber auch eine Zwangsläufigkeit voraus, etwa wenn vom Arbeitgeber kein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt werde (§ 20 Abs 1 Z 2 lit d EStG 1988). Ab dem Jahr 2021 könne - sofern keine Ausgaben für ein Arbeitszimmer gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 berücksichtigt würden - gemäß § 16 Abs 1 Z 7a EStG 1988 ein Homeoffice-Pauschale von maximal 300,00 Euro als Werbungskosten geltend gemacht werden, soweit dieses nicht vom Arbeitgeber übernommen worden sei.

Die Bf. brachte am den Antrag die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen ein (Vorlageantrag), da die anteiligen Miet- und Betriebskosten für das Homeoffice nicht berücksichtigt worden seien. Die Bf. gab an, dass sie die Sachlage mit der Arbeiterkammer durchgegangen sei und laut AK hätte sie Anspruch darauf zu diesen Teilen wie schriftlich übermittelt. Das Homeoffice sei ihr Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit im angegebenen Zeitraum gewesen. Aufgrund von Corona sei es nicht möglich gewesen in den Büroräumen die Tätigkeiten auszuüben. Der gesamte Mittelpunkt habe sich zu 100% auf das Homeoffice verlagert. Somit sei vom Arbeitgeber kein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt worden.

Die belangte Behörde legte am die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und ersuchte im Vorlagebericht unter Punkt "Stellungnahme", die Beschwerde im Sinne der Beschwerdevorentscheidung zu erledigen und die Ausgabe für das Homeoffice nicht anzuerkennen, da der Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit während Corona nicht im Homeoffice gelegen sei.

Die belangte Behörde richtete nach Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht am ein weiteres Ergänzungsersuchen an die Bf. in welchem um Vorlage des Dienstvertrags (betreffend Dienstort), der Vereinbarung mit dem Arbeitgeber über die Änderung des Tätigkeitsschwerpunktes (Homeoffice) bzw. eine Homeoffice-Empfehlung/eine interne Mitteilung für alle Arbeitnehmerinnen und der Bestätigung des Arbeitgebers über die Anzahl der Homeoffice-Tage ersucht wurde. Weiters wurde angefragt, ob der Bf. grundsätzlich ein jederzeit zugängliches Arbeitszimmer (Schreibtisch) an der Arbeitsstätte zur Verfügung gestanden sei (BFG-Akt OZ 13, Nachreichung der belangten Behörde).

Die Bf. beantwortete das Ergänzungsersuchen mit Schreiben vom (BFG-Akt OZ 13, Anhang zur Nachreichung der belangten Behörde). Sie habe ein offizielles Schreiben von ihrer Firma erhalten, da sie die internen Rundschreiben an die Mitarbeiterinnen von ihrer Seite aus nicht weiterreichen wollte, bzw. sie sich nicht sicher gewesen sei, ob sie dies dürfe. Mit dem Schreiben sei auch ihr Dienstort bestätigt. Sie sei zu dieser Zeit schwanger gewesen und sei per in den Mutterschutz gegangen aufgrund einer Frühkarenz.
Dem Schreiben war eine von der Dienstgeberin, der Z.Z.AG, ausgestellte "Bestätigung zum Home Office", datiert , mit folgendem Inhalt beigefügt: "Wir bestätigen, dass die Mitarbeiter der Zentrale der Z.Z.AG ab zur Gänze im Home Office tätig waren. Ein Betreten der Räumlichkeiten der Z.Z.AG in der Adr.QQ war nicht gestattet. Ab war es wieder möglich in A/B-Teams ,light' in die Zentrale zurückzukehren. Schwangeren Mitarbeiterinnen wurde nahe gelegt, weiterhin im Home Office zu bleiben."

Nach Aufforderung des Bundesfinanzgerichts vom reichte die belangte Behörde am das von der belangten Behörde an die Bf. gerichtete Ergänzungsersuchen vom und das diesbezügliche Antwortschreiben vom nach. Der Stellungnahme der belangten Behörde waren beigelegt:
- Ergänzungsersuchen vom ,
- Antwortschreiben der Bf. vom inkl. der "Bestätigung zum Home Office" der Dienstgeberin.

Mit Schreiben vom wurde die Bf. vom Bundesfinanzgericht aufgefordert das angesprochene interne Rundschreiben des Dienstgebers an die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen btr. Homeoffice und einen Nachweis der Homeoffice-Tage / entsprechende Zeitaufzeichnungen vorzulegen. Weiters ergingen die Fragen, ob es für die Zeit ab ein weiteres Rundschreiben des Dienstgebers und ob es im Jahr 2020 ein behördlich angeordnetes Betretungsverbot der Räumlichkeiten der Z.Z.AG Zentrale gab.

Die Bf. übermittelte in ihrer E-Mail-Eingabe vom das - dem Bundesfinanzgericht bereits vorliegende - Schreiben der Dienstgeberin vom und eine Zeitaufzeichnung für die Homeoffice-Tage 2020. Zudem führte die Bf. aus, dass sie in diesem Jahr auch schwanger gewesen sei. Daher sei die Empfehlung ausgesprochen worden während Corona nicht ins Office zu gehen. Ihre Tochter sei am auf die Welt gekommen. Die Rundschreiben selbst, die sie erhalten habe, würden ihr nicht mehr aufliegen, da sie wieder neu nach der Karenz in Teilzeit ins Arbeitsverhältnis eingetreten sei. Aber dasselbe sage auch das Schreiben von ihrem Dienstgeber aus. Behördliche Anordnungen traue sie sich nicht von ihrem Dienstgeber anzufordern. Mehr könne sie zu dieser Angelegenheit nicht sagen.
Aus der beigelegten Zeitaufzeichnung für das Jahr 2020 ist ersichtlich, dass die Bf. im Zeitraum März bis Oktober - ab 03. November war die Bf. im Mutterschutz -
im März 8 Tage (davon ein Tag vor Verfügung des ersten "harten Lockdowns"),
im April 5 Tage,
im Mai 13 Tage,
im Juni 17 Tage,
im Juli 16 Tage,
im August 17 Tage,
im September 11 Tage, und
im Oktober 19 Tage,
gesamt 96 Tage, im Homeoffice, davon 95 Tage ab Verhängung des ersten "harten Lockdowns", arbeitete.
Von den 95 Tagen entfielen auf den Zeitraum bis auf das Homeoffice 50 Tage (= März 7 Tage + April 5 Tage + Mai 13 Tage + Juni 17 Tage + Juli 8 Tage).

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf. war im Beschwerdejahr 2020 bei der Firma Z.Z.AG in Adr.QQ, in Vollzeit beschäftigt. Der Aufgabenbereich lag laut Angaben der Bf. hauptsächlich im Produkt- und Content Marketing sowie in PR-Tätigkeiten (BFG-Akt OZ 3, E-Mail an info@finanz.at). Dienstort war die Zentrale der Dienstgeberin in QQ. Die Bf. ging aufgrund einer Frühkarenz per in den Mutterschutz.

Auf Grundlage des § 4 Abs. 2 COVID-19-Maßnahmengesetzes (COVID-19-MG), Stammfassung BGBl. I Nr. 12/2020, wurden durch die Verordnungen des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, Stammfassung BGBl. II Nr. 96/2020 und BGBl. II Nr. 98/2020 (beide vom ), Betretungsverbote für gewisse Betriebe erlassen. Generell nicht erfasst von diesen Betretungsverboten waren produzierende Betriebe.
Ebenso wurde kein gesetzliches Verbot des Betretens von Arbeitsplätzen verhängt (vgl. Bräumann, Abzugsfähigkeit von Kosten eines "COVID-19-bedingten" Homeoffice, in SWK 13/2020, S. 706), sondern wurde mit Änderung der Verordnung gemäß § 2 Z 1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes, BGBl II 2020/108, vom in § 2 Abs. 4 letzter Satz geregelt, dass "eine berufliche Tätigkeit vorzugweise außerhalb der Arbeitsstätte erfolgen soll, sofern dies möglich ist und Arbeitgeber und Arbeitnehmer darüber ein Einvernehmen finden."

Im Beschwerdejahr 2020 gab es in Österreich drei sogenannte "harte Lockdowns" mit Betretungsverboten für gewisse Betriebe, sowie Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen:
"1. Lockdown": bis 30. April,
"2. Lockdown": 17. November bis 06. Dezember,
"3. Lockdown": (bis )
(vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/COVID-19-Pandemie_in_%C3%96sterreich).

Nach Inkrafttreten des COVID-19-MG am und des damit verfügten ersten "harten Lockdowns" hat die Dienstgeberin der Bf. das Homeoffice für die Mitarbeiter der Zentrale ab angeordnet. Ab war das Arbeiten in der Zentrale teamweise wieder möglich, Schwangeren wurde nahegelegt weiterhin im Homeoffice zu bleiben. Diese Anordnung der Dienstgeberin ist aus der am ausgestellten "Bestätigung zum Home Office" ableitbar (vgl. BFG-Akt OZ 13, Anhang zur Nachreichung der belangten Behörde).

Die in den Schreiben der Bf. erwähnten - zeitnah während der jeweiligen Covid-Pandemie-Phasen im Jahr 2020 ergangenen - internen Rundschreiben der Dienstgeberin wollte (BFG-Akt OZ 13, Anhang zur Nachreichung der belangten Behörde) bzw. konnte die Bf. nicht mehr (BFG-Akt OZ 20, E-Mail Bf. vom ) vorlegen. Eine eigene Homeoffice-Vereinbarung zwischen der Bf. und der Dienstgeberin wurde ebenfalls nicht vorgelegt.
Zur Frage, ob ein behördlich angeordnetes Betretungsverbot der dienstlichen Räumlichkeiten vorlag, wurde von der Bf. mitgeteilt, dass die Bf. eine diesbezügliche Nachfrage bei ihrem Dienstgeber nicht wage.

Laut der von der Bf. vorgelegten Zeitaufzeichnung (BFG-Akt OZ 22) arbeitete sie im Zeitraum vom (Beginn des ersten "harten Lockdowns") bis (Beginn des Mutterschutz-Zeitraums) an 95 Tage im Homeoffice.
Von diesen 95 Tagen arbeitete die Bf. im Zeitraum des ersten "harten Lockdowns" vom bis an 13 Tagen im Homeoffice.

Die Bf. beantragte die Berücksichtigung der auf ihr Arbeitszimmer (13,3 m2 von insgesamt
66 m2, BFG-Akt OZ 3, S. 4) entfallenden anteiligen Aufwendungen der Miet- und Betriebskosten iHv. gesamt 701,49 Euro als Werbungskosten.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Nach Zuerkennung der beantragten Werbungskosten für das Internet (119,62 Euro), den Bürosessel (65,00 Euro) und für das Videoschnittprogramm (71,99 Euro) in der Beschwerdevorentscheidung, sind im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht nur mehr die beantragten anteiligen Mietkosten (701,49 Euro) und Betriebskosten (45,37 Euro) für das Homeoffice strittig.

Die Bf. argumentiert, dass das Homeoffice der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit im angegebenen Zeitraum gewesen sei, da es aufgrund von Corona nicht möglich gewesen sei in den Büroräumen die Tätigkeiten auszuüben und somit vom Arbeitgeber kein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt worden sei.

Demgegenüber vertritt die belangte Behörde die Meinung, dass die beantragten Aufwendungen nicht zustünden, da für die steuerliche Anerkennung eines im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer dort der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen liegen müsse. Dies setze aber auch eine Zwangsläufigkeit voraus, etwa wenn vom Arbeitgeber kein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt werde (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit d EStG 1988).

§ 16 Abs. 1 EStG 1988 in der bis inkl. geltenden Fassung (siehe § 124b Z 374 EStG 1988) lautete auszugsweise:
"Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.[…] Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Werbungskosten sind auch:
[…]
7. Ausgaben für Arbeitsmittel (zB Werkzeug und Berufskleidung). Ist die Nutzungsdauer der Arbeitsmittel länger als ein Jahr, ist Z 8 anzuwenden.
7a. Ausgaben und Beträge eines Arbeitnehmers, der seine berufliche Tätigkeit in der Wohnung (im Homeoffice) erbringt und bei dem keine Ausgaben für ein Arbeitszimmer gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d berücksichtigt werden:
a) Ausgaben für ergonomisch geeignetes Mobiliar (insbesondere Schreibtisch, Drehstuhl, Beleuchtung) eines in der Wohnung eingerichteten Arbeitsplatzes bis zu insgesamt 300 Euro (Höchstbetrag pro Kalenderjahr), wenn der Arbeitnehmer zumindest 26 Homeoffice-Tage gemäß § 26 Z 9 lit. a im Kalenderjahr geleistet hat. Übersteigen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten insgesamt den Höchstbetrag, kann der Überschreitungsbetrag innerhalb des Höchstbetrages jeweils ab dem Folgejahr bis zum Kalenderjahr 2023 geltend gemacht werden. Z 8 ist nicht anzuwenden.
[…]"

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit d EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden: "Aufwendungen oder Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung sowie für Einrichtungsgegenstände der Wohnung. Bildet ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, sind die darauf entfallenden Aufwendungen und Ausgaben einschließlich der Kosten seiner Einrichtung abzugsfähig."

§ 20 EStG 1988 enthält Bestimmungen, durch die die Sphäre der Einkommenserzielung (Ermittlung der Einkünfte) von der Sphäre der Einkommensverwendung getrennt werden soll. Aufwendungen und Ausgaben wird die Abzugsfähigkeit bei den einzelnen Einkünften wegen ihres ausschließlich oder nahezu ausschließlich privaten Charakters oder im Hinblick auf das Zusammentreffen von betrieblicher oder beruflicher Veranlassung mit privater Veranlassung nach näherer Anordnung vom Gesetz versagt. § 20 gilt ohne Unterschied für alle Einkunftsarten ().

Die Aufwendungen für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer, ein sogenanntes häusliches Arbeitszimmer, sind - zusätzlich zu den in § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 normierten Voraussetzungen - nach den von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs entwickelten Kriterien weiters nur dann anzuerkennen, wenn ein Arbeitszimmer nach der Art der Tätigkeit des Steuerpflichtigen notwendig ist, der zum Arbeitszimmer bestimmte Raum tatsächlich ausschließlich oder nahezu ausschließlich beruflich genutzt und auch entsprechend eingerichtet ist (vgl. , mwN).

Zur Notwendigkeit müssen laut Verwaltungsgerichtshof zwei Kriterien erfüllt sein:
Erstens muss das Arbeitszimmer der Verkehrsauffassung entsprechend sowohl nach der Art der Tätigkeit als auch auslastungsbedingt notwendig sein (vgl. ).
Zweitens steht die Möglichkeit der Benutzung eines jederzeit zugänglichen Arbeitszimmers beim Arbeitgeber der Notwendigkeit eines häuslichen Arbeitszimmers entgegen (, mwN).
Die Bf. ist der Meinung die Aufwendungen stünden zu, da infolge der Corona-Pandemie von ihrer Dienstgeberin Homeoffice angeordnet worden und kein Arbeitsplatz in den Räumlichkeiten der Zentrale zur Verfügung gestanden sei.
Wie oben ausgeführt, wurde von der Bf. die internen Rundschreiben des Jahres 2020 der Dienstgeberin trotz Aufforderungen nicht vorgelegt. Aus der "Bestätigung zum Home Office" der Dienstgeberin vom ist aber ersichtlich, dass im Beschwerdefall von der Dienstgeberin lediglich für den Zeitraum bis ein Homeoffice angeordnet wurde. Wie ausgeführt wurde in dieser Phase weder ein gesetzliches noch ein verordnungsmäßiges Verbot des Betretens von Arbeitsplätzen verhängt. Auch der Nachweis eines behördlich angeordneten Betretungsverbots wurde nicht erbracht.
Ab stand der Bf. grundsätzlich der Arbeitsplatz am Dienstort teamweise wieder zur Verfügung und war entsprechend das Betreten der Arbeitsstelle wieder möglich.
Dazu ist festzuhalten, dass es von März bis zum Antritt des Mutterschutzes Anfang November 2020 nur eine "harte Lockdown"-Phase gegeben hat, welche sich vom 16. März bis erstreckte. In diesem Zeitraum entfielen auf den März 13 und auf den April 20 Arbeitstage. Von diesen 33 Tagen arbeitete die Bf. laut Zeitnachweis 12 Tage im Homeoffice.
Auch für den Zeitraum 01. Mai bis gab es keine auf Gesetz oder Verordnung gestützte Pflicht eine Beschäftigung im Homeoffice nachzugehen. Von den insgesamt 47 Arbeitstage arbeitete die Bf. an 38 Tagen im Homeoffice.
Im Übrigen widerspricht der Satz in der Bestätigung vom 22 Dezmeber 2022 "Ein Betreten der Räumlichkeiten der Z.Z.AG in der Adr.QQ war nicht gestattet" der vorgelegten Zeitaufzeichnung der Bf. für das Jahr 2020 (BFG-Akt OZ 22): Nach der Zeitaufzeichnung hat die Bf. vom 16. März bis gesamt 50 Tage im Homeoffice verbracht. Die Anzahl der in diesem Zeitraum tatsächlichen Arbeitstage betrug 80 Tage (s. zB "Kalender 2020 Österreich": https://www.omid.at/images/download/Kalender%202020% 20%C3%96sterreich.pdf). Das Bundesfinanzgericht geht unter Heranziehung der Daten im Zeitnachweis in freier Beweiswürdigung (§ 167 Abs. 2 BAO) davon aus, dass die Bf. im Zeitraum 16. März bis zumindest teilweise das Büro am Dienstort aufgesucht hat, darunter auch an Tagen an dem der erste "harte Lockdown" verhängt war. Ebenso verhält es ich für den Zeitraum vom bis zum Antritt des Mutterschutzes am : Homeoffice-Tage lt. Zeitaufzeichnung 95, Arbeitstage laut Kalender 159.
Da die Zeitaufzeichnungen zeitnah zu führen sind und mangels Vorliegens der im Beschwerdejahr ausgegebenen internen Rundschreiben, die Bestätigung der Dienstgeberin erst zwei Jahre nach dem Beschwerdejahr ausgestellt wurde und aufgrund des Fehlens eines gesetzlichen / verordnungsmäßigen / behördlich angeordneten Verbots des Betretens von Arbeitsplätzen im Beschwerdezeitraum, geht das Bundesfinanzgericht gemäß
§ 167 Abs. 2 BAO davon aus, dass auch im Zeitraum 16. März bis ein eingeschränkter Zutritt zum Büro-Arbeitsplatz möglich gewesen ist. Ab war ohnehin ein teamweises Arbeiten am Dienstort vorgesehen.
Vielmehr wurde - der Verordnung vom , BGBl. II Nr. 108/2020, folgend - die berufliche Tätigkeit im Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vorzugweise außerhalb der Arbeitsstätte ausgeübt.
Wenn die Bf. die Möglichkeit ihre nichtselbständige Tätigkeit im Homeoffice auszuüben ergriff, so tat sie dies zwar im Einvernehmen mit der Dienstgeberin, vor allem aber auch freiwillig im Interesse des Schutzes der eigenen Gesundheit und jener ihrer Angehörigen, insbes. auch dem Schutz ihrer noch ungeborenen Tochter.
Der allgemeine Schutz der eigenen Gesundheit und jener der Angehörigen, derentwegen Steuerpflichtige zu Hause bleiben, ist typischerweise ein (zumindest auch) der Lebenshaltung zuzurechnendes Motiv (vgl. Bräumann, a.a.O., S. 706 mit Verweis auf ) und unterliegen die damit zusammenhängenden Aufwendungen daher dem Abzugsverbot des § 20 EStG 1988.

Schließlich ist noch darauf zu verweisen, dass das Homeoffice vorerst nur als vorübergehende (nur für die Dauer der Pandemie dauernde) Maßnahme eingeschätzt werden musste. Eine mit Kosten und Aufwand verbundene bloß vorübergehende Umwidmung eines Wohnraumes in ein eigenes Arbeitszimmer wäre für einen Großteil der Betroffenen nicht zumutbar gewesen, weshalb nur die Einrichtung eines (vorübergehenden) Arbeitsplatzes in der Privatwohnung als notwendig zu erachten war.
Für die Ausstattung dieses (vorübergehend notwendigen) Arbeitsplatzes mit ergonomisch geeignetem Mobiliar wurde mit BGBl I 52/2021 der § 16 Abs. 1 Z 7a EStG 1988 eingeführt und sind gemäß § 124b Z 374 EStG 1988 entsprechende Ausgaben ab 2020 unter den dort angeführten Voraussetzungen als Werbungskosten abzugsfähig (vgl. ErläutRV 669 BlgNR 27. GP, S. 5).
Entsprechendes Mobiliar wurde von der Bf. im Jahr 2020 angeschafft und diese Aufwendungen (Bürosessel) von der belangten Behörde auch anerkannt.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Einrichtung eines eigenen Arbeitszimmers und die damit beantragten Aufwendungen für Miete und Betriebskosten nicht als notwendig zu beruteilen sind. Da nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sämtliche für die Anerkennung von Aufwendungen für ein Arbeitszimmer geforderten Kriterien erfüllt sein müssen (vgl. ), war auf die übrigen Voraussetzungen, v.a. auf den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit, nicht weiter einzugehen.

Daher wird lediglich ergänzend zum Argument der Bf. bzgl. "Mittelpunkt der Tätigkeit" ausgeführt:
Für die Bestimmung des Mittelpunktes einer Tätigkeit ist ihr materieller Schwerpunkt maßgebend; in Zweifelsfällen ist darauf abzustellen, ob das Arbeitszimmer in zeitlicher Hinsicht für mehr als die Hälfte der Tätigkeit im Rahmen der konkreten Einkunftsquelle benützt wird ().
Ob ein Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten (betrieblichen/beruflichen) Tätigkeit
iSd. § 20 Abs. 1 Z 2 lit d EStG 1988 darstellt, ist demgemäß nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs nach ihrem materiellen Schwerpunkt und somit nach "dem typischen Berufsbild" (vgl. ) zu beurteilen; nur in Zweifelsfällen ist darauf abzustellen, ob das Arbeitszimmer in zeitlicher Hinsicht für mehr als die Hälfte der Tätigkeit im Rahmen der konkreten Einkunftsquelle benützt wird (vgl. auch ).
Grundsätzlich wird bei Nichtselbständigen, denen in Einrichtungen des Arbeitgebers ein Arbeitsplatz zur Verfügung steht, das Arbeitszimmer idR nicht Tätigkeitsmittelpunkt sein, da die berufliche Tätigkeit schwerpunktmäßig außerhalb des Arbeitszimmers (zB am vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Arbeitsplatz) ausgeübt wird (vgl. Bräumann, a.a.O., S. 705 mwH; ErlRV 72 BlgNR XX. GP, S. 272f).
Selbst wenn man für den Zeitraum 16. März bis die Situationen annimmt, dass die Dienstgeberin die Zugänglichkeit der Arbeitsplätze derart beschränkt hat, dass die Erfüllung der Dienstpflichten ohne Homeoffice nicht möglich gewesen wäre ("Homeoffice-Zwang"), ist festzuhalten, dass es sich dabei nur um eine vorübergehende Maßnahme - bis - gehandelt hat und durch diese Maßnahme nicht eine Änderung des typischen Berufsbild ableitbar ist. Da die Tätigkeit weiterhin, wenn auch IT-gestützt aus der Distanz, für die Einrichtungen der Dienstgeberin erfolgte und letztlich auf die Aufnahme des gewohnten Tätigkeitsbetriebs ebendort abzielte, im Übrigen den Zeitaufzeichnungen nach zumindest auch gelegentliche Aufenthalte dort erfolgten, kann nicht von einem "neuen Mittelpunkt der Tätigkeit" gesprochen werden und stehen daher auch aus diesem Grund keine Werbungskosten zu.

Der beantragte anteilige Abzug von Ausgaben für Miete und Betriebskosten war daher gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit d EStG 1988 zu versagen.

Die erst im Zuge der Beschwerde geltend gemachten Aufwendungen für das Videoschnittprogramm (71,99 Euro) wurden von der belangten Behörde ebenso rechtsrichtig zuerkannt wie die Kosten für das Internet und für den Bürosessel. Die Werbungskosten waren daher im Ausmaß der Beschwerdevorentscheidung vom anzuerkennen.
Da sich sohin gegenüber der Beschwerdevorentscheidung keine Abweichungen ergeben, wird hinsichtlich der Bemessungsgrundlage und die Berechnung der Einkommensteuer 2020 auf die Beschwerdevorentscheidung verwiesen, die in diesem Umfang einen integrierenden Bestandteil dieses Spruches bildet.

2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen treffen im Beschwerdefall nicht zu. Das Erkenntnis folgt zur Frage der Anerkennung von Aufwendungen für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs. Die Fragen des Ausmaßes der Homeoffice-Tage und der Zutrittsmöglichkeit zum Dienstort waren nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung zu beantworten (§ 167 Abs. 2 BAO). Eine (ordentliche) Revision ist daher nicht zulässig.

Graz, am

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