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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.07.2023, RV/7101193/2023

Familienbeihilfe - Ausbildung "Lehre mit Matura"

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Pavlik über die Beschwerde des Bf., Adresse, vom , gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , betreffend Abweisung des Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe ab März 2022, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf) beantragte am die Zuerkennung der Familienbeihilfe für seinen Sohn A., geb. am 2001, ohne Angabe eines Zuerkennungsdatums und ohne Vorlage von Unterlagen und brachte am einen ergänzenden Antrag auf Familienbeihilfe betreffend den Zeitraum bis aufgrund Beginn bzw. Fortsetzung der Berufsausbildung nach Präsenz-/Ausbildungs-/Zivildienst ein.

Der Antrag wurde vom Finanzamt (FA) mit Bescheid vom ab März 2022 mit der Begründung abgewiesen, dass während des Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienstes keine Familienbeihilfe zustehe.

Am brachte der Bf mittels Finanz Online ein Anbringen ein, mit dem Familienbeihilfe für seinen Sohn ab (Antrag ab) bis (Antrag bis) beantragt wurde, welches vom FA als Beschwerde gewertet wurde. Als Art der Tätigkeit wurde "Schüler Berufsreifeprüfung", als Name der Einrichtung "Berufsmatura Wien" und als Art des Ausbildungsabschlusses "Reifeprüfung" angeführt. Als Beginn wurde "" und als voraussichtliches Ende "" angegeben.

Ferner wurden

- eine Verzichtserklärung der Kindesmutter betreffend Familienbeihilfe

- der Bescheid des Militärkommandos Wien vom , demnach A. aG von Dienstunfähigkeit in Folge einer Epilepsie am aus dem Präsenzdienst entlassen wurde

- ein Schreiben der Programmdirektion der Berufsmatura Wien vom , wonach A. die Teilprüfung in Deutsch positiv absolviert habe und voraussichtlich im Jänner 2022 bzw. Februar 2022 zu den Teilprüfungen Mathematik bzw. Englisch antreten werde. A. könne aG der Teilnahmebedingungen bis am Programm teilnehmen.

Über Ergänzungsersuchen des FA vom , alle im Rahmen der Berufsmatura von A. abgelegten Prüfungen sowie den Nachweis der Termine für die ausstehenden Prüfungen vorzulegen, gab der Bf mit Schreiben vom bekannt, dass die letzte Maturaprüfung (4. Maturaprüfung - "Mediendesign") des Sohnes erst im Mai oder Juni 2023 stattfinden werde. Leider stehe das genaue Datum noch nicht fest. Die vorbereitende Ausbildung solle Ende September 2022 beginnen.

Dem Schreiben waren die (erfolgreichen) Prüfungsnachweise vom (Deutsch) und vom (Mathematik, Englisch) beigefügt.

Am erging an den Bf, da die Beschwerde nach Auffassung des FA nicht den in § 250 Abs 1 BAO erforderlichen Inhaltserfordernissen entsprach, ein Mängelbehebungsauftrag mit dem dem Bf zur Behebung der Mängel eine Frist bis gesetzt wurde. Der Mängelbehebungsauftrag enthielt den Hinweis, dass bei Versäumung der Frist das Anbringen als zurückgenommen gelte.

Die Zustellung des Mängelbehebungsauftrages erfolgte am um 08:41 Uhr in die FON Nachrichten von SID 13664819 (Databox) und scheint am um 08:36 Uhr als gelesen auf.

(SID = Die Abkürzung SID steht für Security Identifier, eine einzigartige Zeichenfolge, die Windows Server automatisch jedem Computer, jedem Benutzer und jeder Gruppe zuweist, um das jeweilige Objekt eindeutig zu identifizieren).

Der Mängelbehebungsauftrag wurde vom Bf nicht beantwortet.

In der Folge erklärte das FA die Beschwerde des Bf mit Beschwerdevorentscheidung vom als zurückgenommen, da der Mängelbehebungsauftrag vom nicht beantwortet worden sei.

Informativ wurde dem Bf mitgeteilt, dass ab April 2022 keine Berufsausbildung nachgewiesen worden sei, weswegen kein Anspruch auf Gewährung der Familienbeihilfe bestehe. Wenn die vierte Teilprüfung zur Berufsreifeprüfung abgelegt werde, könne bei Vorliegen aller sonstigen Anspruchsvoraussetzungen ein Antrag auf Familienbeihilfe gestellt werden.

Der Bf stellte fristgerecht einen Vorlageantrag (eingelangt über Finanzonline am ) und brachte vor, dass er keinen Mängelbehebungsauftrag mit diesem Datum erhalten habe. Er sei weder in Finanz Online dokumentiert, noch sei dieser Antrag per Videotermin am oder im Telefonat mit dem FA erwähnt worden. Es sei daher für ihn nicht möglich gewesen etwas zu beantworten, was er nicht bekomme habe.

Das Bundesfinanzgericht hob mit Erkenntnis vom , RV/7103546/2022, die Beschwerdevorentscheidung vom , mit welcher die Beschwerde als zurückgenommen erklärt wurde, sowie den Mängelbehebungsauftrag vom gemäß § 279 Abs 1 BAO auf.

Der Vorlageantrag vom wurde gemäß § 264 Abs 4 lit. e BAO als unzulässig (geworden) zurückgewiesen.

Damit war die Beschwerde des Bf vom gegen den Bescheid vom betreffend Abweisung des Antrags auf Familienbeihilfe ab März 2022 wieder unerledigt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde für den Monat März 2022 mit der Begründung ab, dass während des Präsenz- oder Zivildienstes keine Familienbeihilfe zustehe.

Für die Zeit ab April 2022 wurde die Beschwerde mit der Begründung abgewiesen, dass Familienbeihilfe zustehe, wenn das Kind die Ausbildung ernsthaft und zielstrebig betreibe. Das Kind müsse für die Ausbildung die volle Zeit aufwenden und in angemessener Zeit zu Prüfungen antreten, was beim Sohn des Bf nicht zutreffe. Im Fall der Berufsreifeprüfung könne der Bf Familienbeihilfe für maximal vier Monate je Teilprüfung erhalten. Der Sohn habe die Lehre mit beendet. Ab März 2021 bis Februar 2022 sei bereits für drei damals noch ausstehende Prüfungen die Familienbeihilfe gewährt worden. Aus dem Titel Berufsreifeprüfung liege daher keine weitere Berufsausbildung vor und bestehe kein weiterer Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Familienbeihilfe sei der Kindesmutter bis einschließlich Februar ausbezahlt worden.

Der Bf brachte am beim FA folgenden Vorlageantrag ein.

"Aus meiner Sicht beinhaltet die neue Begründung der neuen Beschwerdevorentscheidung wieder eine inkorrekte Auslegung der Fakten, die auf Annahmen und auf der Interpretation und Vorurteilen basiert. Daher ersuche ich auch diese Entscheidung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 § 2 erneut aufzuarbeiten und eine angemessene positive Entscheidung zu treffen.

Unten finden Sie meine ausführliche Erklärung und eine dokumentierte Vorgeschichte.

Mein Sohn A., geb. 2001, macht seit eine berufliche Ausbildung (Berufsmatura - Lehre mit Reifeprüfung). Im Rahmen dieser Ausbildung ist er berechtigt dieses Programm bis zu besuchen.

Im Februar 2022 wurde mein Sohn ins Österreichische Bundesheer einberufen und hat seine Ausbildung für die Zeit des Präsenzdiensts unterbrechen müssen. Die Auszahlung der Familienbeihilfe für ihn wurde dementsprechend auch unterbrochen.

Am wurde mein Sohn wegen eines epileptischen Anfalls aus dem Bundesheer entlassen und hat sich entschieden seine Ausbildung fortzusetzen.

Am habe ich einen Antrag auf die Familienbeihilfe für meinen Sohn gestellt, im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967.

Am habe ich einen Abweisungsbescheid erhalten, mit Begründung: "Während des Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienstes erhalten Sie keine Familienbeihilfe", wobei seit der Entlassung meines Sohnes aus dem Präsenzdienst bereits über 2 Monate vergangen waren. Ich habe bei Finanzamt angerufen, um diese Entscheidung zu klären und habe die Antwort bekommen, dass das Finanzamt über die Entlassung meines Sohnes nicht informiert wurde und dass ich den Antrag erneut stellen muss, wobei ich neben der Bestätigung der Entlassung meines Sohnes aus dem Bundesheer noch eine Bestätigung seiner Berufsausbildung sowie die Verzichtserklärung seiner Mutter Fr. B. C. beifügen muss.

Ich habe am den Antrag erneut gestellt und die angeforderten Unterlagen dem Antrag angehängt.

Am wurde ich vom Finanzamt per Post ersucht weitere Unterlagen an das Finanzamt bis spätestens zu schicken, u. z. alle im Rahmen der Berufsmatura von A. abgelegten Prüfungen und Nachweis der Termine für die ausstehenden Prüfungen.

Ich habe diesem Ersuchen gefolgt und die Unterlagen per Post am geschickt. Den Beleg kann vorgelegt werden. Es war und noch immer für mich nicht möglich einen konkreten Termin für die letzte 4. Prüfung zu nennen, weil das Datum noch nicht feststeht. Darüber habe ich aber in einem beigefügten Schreiben informiert.

Da ich lange Zeit danach keine Bestätigung und keine Nachfragen vom Finanzamt bekommen habe, habe ich einen Videotermin mit Finanzamt am angesucht, um zu klären, ob irgendwelche Unterlagen noch fehlen, die verhindern, eine Entscheidung über den Antrag auf die Familienbeihilfe zu treffen. Während des Videotermins wurde meine Akte geprüft und mir wurde gesagt, es sei alles da und ich nur abwarten muss.

Da ich auch Mitte Oktober 2022 noch immer keine Information über die Entscheidung erhalten habe, habe ich erneut bei Finanzamt angerufen und gefragt, ob noch welche Unterlagen fehlen oder es Fragen gibt. Mir wurde gesagt, dass es nur in der Bearbeitung der Anträge angestaut hat, es sei alles in der Akte da und die Frist für die Behandlung meines Antrags grundsätzlich bis sei, ich solle aber die Entscheidung schon bald bekommen.

Am 08. November habe ich dann die erste Beschwerdevorentscheidung bekommen.

Die Begründung in dieser Beschwerdevorentscheidung sagte, dass von mir der Mängelbehebungsauftrag vom nicht beantwortet wurde. Ich habe aber keinen Auftrag von diesem Datum je erhalten. Er ist weder in FinanzOnline noch in meinem Postkorb dokumentiert. Dieser Auftrag wurde auch weder im Videotermin am oder im Telefonat erwähnt. Also, es war für mich nicht möglich was zu beantworten, was ich nicht bekommen habe.

Weiter besagte die Begründung, dass es bei meinem Sohn keine Berufsausbildung ab April 2022 nachgewiesen wurde. Ich habe aber bereits im Antrag vom die Bestätigung seiner Ausbildung beigefügt. Mein Sohn studiert auch in diesem Studienjahr noch und besucht regelmäßig und konsequent den Kurs sowie übt jeden Tag zu Hause, um für die Maturaprüfung zu vorbereiten.

Ich habe am 14. November ein Telefonat mit Finanzamt gehabt, wo mir gesagt wurde, dass mein Antrag deswegen abgewiesen wurde, weil der Prüfungstermin für Matura erst nächstes Jahr stattfindet und er 4 Monate davor den Antrag stellen soll. Das stand lediglich nicht in der referenzierten Begründung der ersten Beschwerdevorentscheidung, sondern ganz umgekehrt. Mein Sohn hätte erst nach der 4. Prüfung den Antrag stellen können. Auf meine Frage über die Gesetzgrundlage, nach welcher diese Entscheidung getroffen wurde, wurde mir nur das Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 § 2 genannt.

Ende November habe ich eine Beschwerde Antrag auf die Beschwerdevorentscheidung vom gestellt.

Am hat das Bundesfinanzgericht durch den Richter Dr. … in der Beschwerdesache über meine Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes vom betreffend der Abweisung des Antrags auf die Familienbeihilfe Definition gefunden. Ich habe aber mit den im Antrag gestellten Unterlagen alle Beweise vorgelegt, dass mein Sohn ordentlich die Prüfungen angetreten und abgelegt hat und den Zeitraum für die weitere vierte Prüfung hat.

Der gesamte Bearbeitungsablauf sowie die eindeutig falsche und unbegründete Information, ich in den Beschwerdevorentscheidungen als Gründe für die Abweisung meines Antrags verwendet wird, führt mich leider zur Schlussfolgerung, dass es vom Finanzamt nicht nach der Gesetzlage gehandelt wird. sondern willkürlich irgendwelcher Grund gesucht wird um meinen Antrag abzulehnen. Als österreichische Staatsbürger und Steuerzahler empfinde ich das als eine absichtliche und unbegründete Diskriminierung.

Ich ersuche Sie daher die Beschwerdevorentscheidung vom zurückzunehmen und den Antrag auf die Familienbeihilfe für meinen Sohn A. rückwirkend ab März 2022 zu genehmigen."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen

Feststellungen

Der Sohn des Bf, geb. am 2001, begann am mit der Berufsmatura - Lehre mit Reifeprüfung (Glasbautechniker).

Laut Sozialversicherungsauszug wurde die Lehre am beendet. Vom 27.01. bis war A. Arbeiter. Danach liegen keine Beschäftigungszeiten vor.

A. legte die Teilprüfung Deutsch am und die Teilprüfungen Mathematik und Englisch am positiv ab.

Ab März 2021 bis Februar 2022 (12 Monate) wurde zur Vorbereitung für die drei genannten, damals noch ausstehenden Prüfungen die Familienbeihilfe gewährt.

Am trat A. den Präsenzdienst an. Er wurde am vorzeitig aus dem Dienst entlassen.

Die vorbereitende Ausbildung für die letzte Maturaprüfung ("Mediendesign") sollte Ende September 2022 beginnen und die Prüfung im Mai oder Juni 2023 stattfinden. Ein Prüfungstermin steht noch nicht fest.

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Familienbeihilfenakt, insbesondere aus dem Bescheid des Militärkommando Wien vom , dem Zeugnis des WIFI vom (Abschlussprüfung aus Deutsch) und dem Externistenprüfungszeugnis vom über die positive Ablegung der Teilprüfungen Mathematik und Englisch sowie dem Sozialversicherungsauszug.

Rechtliche Beurteilung

§ 2 FLAG 1967 lautet:

"(1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

c) ...

d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird; ...

e) ..."

Monat März 2023 - Ableistung Präsenzdienst

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Ableistung des Präsenz(Zivil)dienstes nicht als Ausbildung für einen Beruf iSd § 2 Abs 1 lit. b FLAG 1967 anzusehen und es besteht daher während der Leistung dieses Dienstes kein Anspruch auf Familienbeihilfe (vgl. , ).

Demnach stellt die Ableistung dieses Dienstes eine Unterbrechung der Ausbildung eines volljährigen Kindes dar. Während der Dauer dieses Dienstes besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Nach der ständigen Judikatur beseitigt die Leistung des Präsenz(Zivil)dienstes bei gleichzeitiger Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen der Berufsausbildung nach § 2 Abs 1 lit. b FLAG 1967 diesen Anspruch.

Ob der Präsenz(Zivil)diener auf Grund einer besonders gelagerten Situation oder durch besonderen Fleiß während der Ableistung seines Dienstes seine Ausbildung durch Ablegung von Prüfungen weiterführt, ist für den Anspruch auf Familienbeihilfe (und Kinderabsetzbetrag) nicht entscheidend.

Im Erkenntnis vom , 2011/16/0173, stellte der Verwaltungsgerichtshof fest, dass die Deckung der typischen Unterhaltsansprüche durch die öffentliche Hand den Anspruch auf Familienbeihilfe ausschließt. In diesen rechtlichen Rahmen fällt auch die hg. Rechtsprechung zum Ausschluss der Familienbeihilfe für Kinder, die den Präsenzdienst, Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten (vgl. im Zusammenhang mit dem Grundwehrdienst, im Zusammenhang mit dem Zivildienst)(vgl. auch ).

Ab April 2022 - Berufsausbildung Allgemeines

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) ist die Frage, ob für einen bestimmten Zeitraum Familienbeihilfe zusteht, an Hand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten. Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum für die Familienbeihilfe ist, wie sich den Regelungen des § 10 Abs 2 und 4 FLAG 1967 entnehmen lässt, der Monat. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruches für ein Kind kann somit je nach Eintritt von Änderungen der Sach- und/oder Rechtslage von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (vgl. etwa ).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter den im Gesetz nicht definierten Begriff der Berufsausbildung im Sinn des § 2 Abs 1 lit. b FLAG 1967 jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. Zur Qualifikation als Berufsausbildung im Sinn des § 2 Abs 1 lit. b FLAG 1967 kommt es überdies nicht nur auf das (ernstliche und zielstrebige) Bemühen um den Studienfortgang an, sondern die Berufsausbildung muss auch in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen (vgl. etwa , ).

Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essenzieller Bestandteil der Berufsausbildung. Berufsausbildung liegt daher nur dann vor, wenn die Absicht zur erfolgreichen Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen gegeben ist. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich die erfolgreiche Ablegung der Prüfungen gelingt. Die bloße Anmeldung zu Prüfungen reicht für die Annahme einer zielstrebigen Berufsausbildung aber nicht aus.

Ob die schulische oder kursmäßige Ausbildung berufsbegleitend organisiert ist, und ob sie in Form von Blockveranstaltungen oder in laufenden Vorträgen organisiert ist, ist vor dem dargestellten rechtlichen Hintergrund nicht entscheidend. Wesentlich ist vielmehr, dass durch den lehrgangsmäßigen Kurs die tatsächliche Ausbildung für einen Beruf erfolgt.

Nach , trifft diese Definition der Berufsausbildung nur auf die Fälle zu, welche außerhalb des in § 2 Abs 1 lit. b FLAG besonders geregelten Bereichs des Besuchs einer Einrichtung iSd § 3 des Studienförderungsgesetzes (StudFG) liegen (vgl. , mwN).

Die genannten Voraussetzungen müssen auch im hier vorliegenden Fall der Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung vorliegen (vgl. zur Externistenreifeprüfung ). Somit kommt es nicht nur auf das ernstliche und zielstrebige Bemühen um den Fortgang der Berufsausbildung an, diese Ausbildung muss vielmehr auch in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen (vgl. ).

Lehre mit Matura

Das Modell "Lehre mit Matura" startete im Herbst 2008 und soll Lehrlingen die Möglichkeit einer Berufsausbildung mit den Vorteilen einer Berufsreifeprüfung bieten. Mit der Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung wird bereits während der Lehre gestartet und können Lehrlinge kostenlos Vorbereitungskurse dazu besuchen und bis zu drei Teilprüfungen während aufrechter Lehrzeit absolvieren; mindestens eine Teilprüfung muss vor der Lehrabschlussprüfung absolviert werden, um weiterhin die Kurse und Prüfungen kostenfrei absolvieren zu können.

Jedes Hauptmodul dauert ca. drei Semester und findet an einem Wochentag vormittags oder abends an Standorten der Wiener Berufsschulen statt. Eine Unterrichtseinheit (UE) entspricht 50 Minuten. Für einen erfolgreichen Abschluss ist ein regelmäßiger Kursbesuch unbedingt notwendig. Das angegebene Ende versteht sich als voraussichtliches Kursende, da dieses Datum von einzubringenden Ersatzterminen abhängig ist. Ebenso ist das Prüfungsmodul anschließend an das Hauptmodul zur Vorbereitung auf die jeweilige Prüfung verpflichtend (https://www.berufsmatura-wien.at/de//programmaufbau ).

Vorbereitungszeit

Die Vorbereitungszeit für die Berufsreifeprüfung bzw. Gewährung der Familienbeihilfe ist im Erlass des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie vom , FB 100, GZ 51 0104/4-VI/1/98 wie folgt geregelt:

"Bei Beantragung der Familienbeihilfe sind vom Finanzamt daher neben der Zulassung zur Berufsreifeprüfung jedenfalls auch die Angabe der (des) jeweiligen Prüfungstermine(s) sowie der Beleg (zB Kursbestätigung) oder die Glaubhaftmachung (bei Selbststudium) des tatsächlichen Vorbereitungsbeginns abzuverlangen. Die Familienbeihilfe ist immer zurück gerechnet vom Prüfungstermin zu gewähren, und zwar für längstens 16 Monate, wenn in diesem Zeitraum Teilprüfungen in vier Gegenständen vorgesehen sind, für längstens zwölf Monate, wenn in diesem Zeitraum Teilprüfungen in drei Gegenständen vorgesehen sind, für längstens acht Monate, wenn in diesem Zeitraum Teilprüfungen in zwei Gegenständen vorgesehen sind, und für längstens vier Monate, wenn in diesem Zeitraum eine Teilprüfung in einem Gegenstand vorgesehen ist.

Voraussetzung ist aber, dass im jeweiligen Zeitraum tatsächlich eine Prüfungsvorbereitung vorliegt, denn eine Familienbeihilfengewährung über den tatsächlichen Vorbereitungsbeginn hinaus ist nicht möglich. Kann andererseits wegen Überschreitung der zur Verfügung stehenden Zeit Familienbeihilfe nicht für den gesamten Vorbereitungszeitraum gewährt werden, sind nur solche Monate zu zählen, die überwiegend in die Vorbereitungszeit fallen.

Die Aufteilung des Bezugszeitraumes hängt vom zeitlichen Abstand der einzelnen Teilprüfungen ab, eine Verlängerung wegen erforderlicher Wiederholungsprüfungen über die vier Monate pro Prüfung ist nicht möglich."

In diesem Erlass führt das Bundesministerium aus, in Kontaktnahme mit dem zuständigen Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten sei unter Berücksichtigung des zu bewältigenden Lehrstoffs erhoben worden, eine ernsthafte und zielstrebige Berufsausbildung im Sinne des FLAG sei für höchstens vier Vorbereitungsmonate bis zur jeweiligen Teilprüfung anzunehmen.

Nach Lehre und Judikatur wird angenommen, dass die Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung dann die volle Zeit in Anspruch nimmt, wenn ein wöchentlicher Zeitaufwand von mindestens 30 Stunden auf Kurse und Vorbereitungen auf eine Prüfung entfällt (vgl. Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 2, III. Einzelne Tatbestände für volljährige Kinder (Abs 1 lit b-l) [Rz 28 - 139], s auch -F/07; ; ; ).

Der Bf hat keine Unterlagen über einen Kursbesuch seines Sohnes ab April 2022 beigebracht. Auch wurde kein Termin für die letzte Teilprüfung bekanntgegeben.

Es wird darauf hingewiesen, dass der Bf von der belangten Behörde aufgefordert wurde, einen Nachweis der Termine für die ausstehenden Prüfungen vorzulegen, woraufhin er mit Schreiben vom bekannt gab, dass die letzte Maturaprüfung (4. Maturaprüfung - "Mediendesign") des Sohnes erst im Mai oder Juni 2023 (mehr als 1 Jahr nach April 2022) stattfinden werde, wobei das genaue Datum noch nicht feststehe.

Weiters gab der Bf bekannt, dass die vorbereitende Ausbildung Ende September 2022 beginnen solle.
Weitere Belege oder Nachweise wurden nicht vorgelegt. Auf die Vorhaltswirkung der Beschwerdevorentscheidung und des Vorlageberichts wird hingewiesen.

Schon aus dem Vorbringen des Bf - geplanter Ausbildungsbeginn Ende September 2022 - ist ersichtlich, dass ab April 2022 mangels Ausbildung die Familienbeihilfe jedenfalls nicht zusteht.

Dass eine ernsthafte und zielstrebige Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 ab September 2022 vorliegt, wurde weder in qualitativer noch in quantitativer Hinsicht nachgewiesen oder glaubhaft gemacht. Das Vorbringen des Bf, sein Sohn studiere fleißig, sowohl im Unterricht als auch zu Hause, zielstrebig und orientiert, verblieb auf der Behauptungsebene.

Bemerkt wird, dass es dem Bf freisteht, bei Änderung der tatsächlichen Verhältnisse (Aufnahme einer ernsthaften und zielstrebigen Berufsausbildung des Sohnes iSd FLAG 1967) die Familienbeihilfe erneut zu beantragen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag im vorliegenden Fall nicht vor, da zur Frage, ob während des Präsenzdienstes Familienbeihilfe zusteht bzw. unter welchen Voraussetzungen eine Berufsausbildung vorliegt, hinreichende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt.

Wien, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at