zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.03.2023, RV/3100536/2022

Haftung für Kapitalertragsteuer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, gegen den zu Steuernummer ***BF1StNr1*** von der belangten Behörde Finanzamt Österreich am ausgefertigten Haftungsbescheid betreffend Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 2012 zu Recht erkannt:

I. Die Bescheidbeschwerde wird gemäß § 279 Abs. 1 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Die belangte Behörde hat mit dem am ausgefertigten Bescheid aufgrund des Zuflusses von Kapitalerträgen gemäß § 93 EStG 1988 die Haftung der Beschwerdeführerin für Kapitalertragsteuer in Höhe von € 17.555,80 geltend gemacht. In der Bescheidbegründung führt sie dazu aus (kursive Schreibweise im Original):

Forderung gegenüber Gesellschafter:

Frau ***Name1*** war zum Zeitpunkt der Darlehensvereinbarung vom Gesellschafterin. Verliert ein Anteilsinhaber seine Stellung als Anteilsinhaber, hat dies auf die verdeckte Ausschüttung, die ihre Wurzel in der bisherigen Stellung haben, keinen Einfluss. Die verdeckten Ausschüttungen haben ihre Wurzel in der Darlehensvereinbarung vom . Die Korrektur einer verdeckten Ausschüttung ist in jenem Gewinnermittlungszeitraum vorzunehmen, indem der Vermögensvorteil zu fließt. Die Vermögensvorteile sind über das Verr.Kto ***Name1*** in den Jahren 2012 - 2014 zugeflossen. Die Vermögensvorteile hätte sie auch nicht bekommen, wenn Sie zum Zeitpunkt des Zuflusses nicht im Naheverhältnis zum Gesellschafter ***Name2*** gestanden hätte.

Vertragsgestaltung, Bonität und Sicherheiten ***Name1***

Vertragsgestaltung

Mit wurde eine Darlehensvereinbarung zwischen der ***Bf1*** und der zudiesem Zeitpunkt alleinigen Gesellschafterin ***Name1*** über ein Darlehen über dasbestehende Verrechnungskonto bis zu einem max. Betrag von Euro 150.000,--abgeschlossen. Rückzahlung bis spätestens zum , Verzinsung 6% p.a. fälligeinmalig zum Ende der Laufzeit, Sicherheit zukünftige Erbschaften.

Beurteilung der Bonität

Bei der Beurteilung der Bonität sind das laufende aktuelle und zukünftige Einkommen und dieStabilität der Einkommenssituation zu berücksichtigen.Frau ***Name1*** war vom bis und vom bis bei der ***Bf1*** als Angestellte beschäftigt. Ab bis laufend wurde Krankengeldbezogen.Laut Lohnzettel betragen die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für 2012 Euro 1.844,30,2013 10.126,16, 2014 Euro 9.161,89, 2015 Euro 6.145,48 und 2016 2.783,29. Auf Grund desverhältnismäßig geringen Einkommens (weitere Einkünfte liegen nicht vor) kann eine Bonitätnicht angenommen werden, da aus diesen Mitteln nach Abzug allfälliger Lebenshaltungskostendie Bedienung eines Kredits in Höhe von bis zu € 150.000,00 nicht angenommen werden kann.Weiters hat sich die Stabilität der Einkommenssituation verschlechtert, weil ab 2017 nur mehrKrankengeld bezogen wird.

Sicherheit

Sicherheiten sollen die Gesellschaft gegen das Ausfallrisiko aus der Geldmittelüberlassungabsichern, weil die Bonität des Gesellschafters gerade bei einer längerfristigen Überlassungaufgrund künftiger Entwicklungen nicht vorhersehbar ist. Die Sicherheiten müssen dabei derartausgestaltet sein, dass die Gesellschaft in der Lage ist, ihre Forderung durch entsprechenden -ungehindert von anderen Gläubigern - Zugriff bzw. Verwertung zu befriedigen.Es wurden als Sicherheit im Darlehensvertrag zukünftige Erbschaften angeführt.Nach Ansicht des Finanzamtes Innsbruck stellt dies keine Sicherheit dar, weil der Zeitpunkt desEintritts und die Höhe der Erbschaft ungewiss sind.

Der Zufluss einer verdeckten Ausschüttung ist in jenem Gewinnermittlungszeitraumvorzunehmen, indem der Vermögensvorteil zu fließt. Die Vermögensvorteile sind über dasVerr.Kto ***Name1*** in den Jahren 2012 -2014 zugeflossen, wobei sich der Stand desVerr.Ktos zugunsten der Gesellschafterin im Jahr 2012 vom (€ 38.596,06) zum (€ 93.215,73) um € 54.619,67 verändert hat. Darin enthalten sind Zinsen iHv € 1.947,00.

Die Vermögensvorteile bzw. das Darlehen werden nicht anerkannt, weil aufgrund des obigenSachverhaltes die Vertragsbedingungen der zugrundliegenden Darlehenshingabe nichtfremdüblich sind und eine Rückzahlung aufgrund der schlechten Bonität von Frau ***Name1*** und der fehlenden Sicherheit unmöglich ist.

Die Auszahlungen der Gesellschaft an die ehemalige Gesellschafterin stellen daher verdeckteGewinnausschüttungen in den Jahren 2012 bis 2014 dar.

Die Kapitalertragssteuer wird mit 33,33% angesetzt, weil die ***Bf1*** It. Schreiben vom die Kapitalertragssteuer trägt.

Nach Ansicht des Finanzamtes Innsbruck ist für die Festsetzung der Kapitalertragsteuer für2012 die Verjährung noch nicht eingetreten, weil neben dem Körperschaftsteuerbescheid(erlassen im Jahr 2013) und der Betriebsprüfung (durchgeführt im Jahr 2016) dieBeschwerdevorentscheidung vom eine Verlängerungshandlung darstellt. Mit dem Körperschaftsteuerbescheid oder der Betriebsprüfung wird die fünfjährige Verjährungsfrist des § 207 Abs 2 BAO um ein weiteres Jahr bis Ende 2018 verlängert (vgl. § 209 BAO). Durch die Erlassung der Beschwerdevorentscheidung verlängert sich die Verjährungsfrist um ein weiteres Jahr bis Ende 2019. Somit ist die Erlassung gegenständlichen Haftungsbescheides noch rechtzeitig.

2. Die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin hat mit Schreiben vom gegen den angefochtenen Bescheid das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde eingebracht und diese wie folgt begründet (kursive Schreibweise im Original):

Zunächst wird festgehalten, daß hinsichtlich genau dieser Angelegenheit bereits ein Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht stattfindet - hierzu wurden wir ebenfalls am unter Angabe der Aktenzahl ***1*** über die erfolgte Vorlage benachrichtigt.

Bereits unter diesem Gesichtspunkt dürfte der in der identen Angelegenheit erlassene Haftungsbescheid vom rechtswidrig sein, weil aktuell gar keine Zuständigkeit der ersten Instanz mehr gegeben ist.

In der Sache selber weisen wir wie im Vorlageantrag darauf hin, daß unserer Ansicht nach nicht eindeutig geklärt ist, ob im Zeitpunkt des Zuflusses 2012 an Frau ***Name1*** tatsächlich mit keiner Einbringlichkeit dieses Betrages gerechnet werden musste, zumal sich ihr Gesundheitszustanderst danach stark verschlechtert hatte.

Für das Jahr 2012 liegt weiters keine Berechtigung zur Vorschreibung von Kapitalertragsteuer vor.

Eine verdeckte Gewinnausschüttung kann unserer Ansicht nach nur einem Gesellschafter zukommen.Frau ***Name1*** war ab dem Jahr 2012 nicht mehr Gesellschafterin der ***Bf1***, sodaßeine an sie erfolgende Darlehenszahlung selbst bei Wertung dieses Darlehens als nicht fremdüblichkeine (verdeckte) Gewinnausschüttung an sie darstellen kann.

Die Argumentation im Haftungsbescheid zur Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung ist imwesentlichen, daß Frau ***Name1*** zum Zuflusszeitpunkt im Naheverhältnis zumAlleingesellschafter ***Name2*** stand.

Diese Argumentation übersieht jedoch, daß es sich dennoch keinesfalls um eine verdeckteGewinnausschüttung an die Nichtgesellschafterin ***Name1*** handeln kann.

Der Argumentation der Beschwerdevorentscheidung folgend wäre vielmehr eine verdeckteGewinnausschüttung an Herrn ***Name2*** anzunehmen.

Dieser Annahme steht jedoch hinsichtlich des Jahres 2012 die bereits eingetreteneFestsetzungsverjährung hinsichtlich der Einkommensteuer 2012 des Herrn ***Name2*** entgegen, zumal dessen Einkommensteuerbescheid 2012 vom datiert. DieFestsetzungsverjährung ist hier demgemäß per eingetreten, zumal bis dahin keinewahrnehmbare gegen den Gesellschafter ***Name2*** gerichtete Unterbrechungshandlunggesetzt wurde.

Da Schuldner der Kapitalertragsteuer der Empfänger der Kapitalerträge ist scheidet eineHaftungsinanspruchnahme des Gläubigers bei bereits eingetretener Verjährung der Festsetzung aus.

3. Die belangte Behörde hat mit der am ausgefertigten Beschwerdevorentscheidung die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid abgewiesen. Begründend führt sie aus (kursive Schreibweise im Original):

Es wird zu den einzelnen Punkten wie folgt ausgeführt:

a) Zuständigkeit

Der Vorlageantrag vom gegen die Beschwerdevorentscheidung vom betreffend die Beschwerden vom und vom betreffen denHaftungsbescheid hinsichtlich die Kapitalertragsteuer für das Jahr 2014 und dieBeschwerde vom betrifft den Haftungsbescheid hinsichtlich dieKapitalertragsteuer für das Jahr 2012, daher liegt keine Unzuständigkeit gem. § 300 BAOvor, weil das Vorlageverfahren das Jahr 2014 betrifft.

b) Einbringlichkeit

Bei Verbuchung eines überlassenen Geldbetrages auf dem Verrechnungskonto desGesellschafters kann eine verdeckte Ausschüttung über den entnommenen Betragvorliegen, wenn die Uneinbringlichkeit absehbar ist, wenn der Gesellschafter über keineausreichende Bonität verfügt und der Gesellschaft keine ausreichenden Sicherheitenbereitgestellt wurden, sodass es absehbar ist, dass der kreditierte Betrag (samt Zinsen) biszum vereinbarten Ablauf der Kreditdauer nicht beglichen werden kann.

Bei der Beurteilung der Bonität des Gesellschafters zum Zeitpunkt derGeldmittelüberlassung sind folgende Elemente zu berücksichtigen (vgl. dazu BFG, RV/2100721/2012):

  1. das laufende aktuelle und zukünftige Einkommen des Gesellschafters und die Stabilität der Einkommenssituation.

c) verdeckte Gewinnausschüttung Gesellschafterstellung

Nach Ansicht des steuerlichen Vertreters soll eine verdeckte Gewinnausschüttung nureinem Gesellschafter zu kommen. Frau ***Name1*** ist ab dem Jahre 2012 nichtmehr Gesellschafterin der ***Bf1*** gewesen. Frau ***Name1*** war zumZeitpunkt der Darlehensvereinbarung vom Gesellschafterin. Verliert einAnteilsinhaber seine Stellung als Anteilsinhaber, hat dies auf die verdeckte Ausschüttung,die ihre Wurzel in der bisherigen Stellung haben, keinen Einfluss.Die verdeckten Ausschüttungen betreffend das Jahr 2012 haben ihre Wurzel in derDarlehensvereinbarung vom ().

4. Die steuerliche Vertretung hat mit Schreiben vom den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht gestellt und diesen wie folgt begründet (kursive Schreibweise im Original):

Zunächst wird festgehalten, daß unserer Ansicht nach weiterhin nicht eindeutig geklärt ist, ob imZeitpunkt des Zuflusses 2012 an Frau ***Name1*** tatsächlich mit keiner Einbringlichkeitgerechnet werden musste, zumal sich ihr Gesundheitszustand erst in den Jahren danach starkverschlechtert hatte.

Für dieses Jahr liegtjedenfalls keine Berechtigung zur Vorschreibung von Kapitalertragsteuer vor.

Eine verdeckte Gewinnausschüttung kann unserer Ansicht nach nur einem Gesellschafter zukommen.Frau ***Name1*** war ab dem Jahr 2012 nicht mehr Gesellschafterin der ***Bf1***, sodaßeine an sie erfolgende Darlehenszahlung selbst bei Wertung dieses Darlehens als nicht fremdüblichkeine (verdeckte) Gewinnausschüttung an sie darstellen kann.

Die Argumentation in der Beschwerdevorentscheidung zur Annahme einer verdecktenGewinnausschüttung ist im wesentlichen, daß Frau ***Name1*** zum Zeitpunkt (2011) derEinräumung des Höchstbetragsdarlehens von EUR 150.000,00 Gesellschafterin war, und spätereAuszahlungen ihre Wurzel in diesem Umstand hätten, wodurch eine verdeckte Gewinnausschüttungauch nach Ausscheiden aus der Gesellschafterstellung vorliegen würde.

Eine Vorteilsgewährung an einen Nichtgesellschafter stellt aber bei einer Kapitalgesellschaft nur danneine verdeckte Gewinnausschüttung dar, wenn der Vorteil, der dem Nichtgesellschafter zufließt,einem Gesellschafter zuzurechnen ist [Herrmann - Heuer - Raupach, § 6 KStG aF, Anm 80 mit Hinweisauf BFH , BStBl 1964 III 17; Fröhlich, aaO 98; Lange aaO, Tz 13; Wiesner, SWK1984, AI, 170Pkt 3 lit d.; Braito, Die verdeckte Gewinnausschüttung an Nichtgesellschafter, RdW 1986, 222 (222)].

Es dürfte unbestritten sein, daß die Zahlungen an Frau ***Name1*** nach ihrem Ausscheiden alsGesellschafterin nicht durch sie sondern durch ihren Gatten ***Name2*** veranlasst wurden.Entsprechend wäre daher bei Annahme der Darlehensauszahlung trotz Uneinbringlichkeit allenfallseine verdeckte Gewinnausschüttung an Herrn ***Name2*** anzunehmen.

Der Vorschreibung von Kapitalertragsteuer unter einer solchen Annahme stehtjedoch hinsichtlich desJahres 2012 die bereits eingetretene Festsetzungsverjährung hinsichtlich der Einkommensteuer 2012des Herrn ***Name2*** entgegen, zumal dessen Einkommensteuerbescheid 2012 vom datiert. Die Festsetzungsverjährung ist hier demgemäß per eingetreten, zumal bis dahinkeine wahrnehmbare gegen den Gesellschafter ***Name2*** gerichtete Unterbrechungshandlunggesetzt wurde.

Da Schuldner der Kapitalertragsteuer der Empfänger der Kapitalerträge ist scheidet eineHaftungsinanspruchnahme des Gläubigers bei bereits eingetretener Verjährung der Festsetzung aus.Insofern muss daher an dieser Stelle nicht weiter erörtert werden, ob es überhaupt zu einer verdecktenGewinnausschüttung gekommen ist.

Es wird daher beantragt, keine Kapitalertragsteuer für 2012 vorzuschreiben.

5. Die belangte Behörde hat mit Bericht vom die Bescheidbeschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Rechtliche Beurteilung

1. Gemäß § 207 Abs. 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist bei Verbrauchsteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre.

2. Gemäß § 208 Abs. 1 BAO beginnt die Verjährung in den Fällen des § 207 Abs. 2 BAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.

3. Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207 BAO) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77 BAO) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich gemäß § 209 Abs. 1 BAO die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist.

4. Persönliche Haftungen werden gemäß § 224 Abs. 1 BAO durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. Die erstmalige Geltendmachung eines Abgabenanspruches anlässlich der Erlassung eines Haftungsbescheides gemäß § 224 Abs. 1 BAO ist nach Eintritt der Verjährung des Rechtes zur Festsetzung der Abgabe nicht mehr zulässig.

5. Die Erlassung von Haftungsbescheiden ist eine Einhebungsmaßnahme und daher nur innerhalb der Einhebungsverjährungsfrist des § 238 BAO zulässig (; ; ; ).

6. Gemäß § 238 Abs. 1 BAO verjährt das Recht, eine fällig Abgabe einzuheben und zwangsweise eizubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe.

7. Verdeckte Ausschüttungen einer Körperschaft iSd § 8 Abs. 2 KStG 1988 gehören beim Empfänger zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 27 Abs. 2 EStG 1988). Die Einkommensteuer wird gemäß § 93 EStG 1988 durch Steuerabzug erhoben (Kapitalertragsteuer). Gemäß § 95 Abs. 1 EStG 1988 ist der Empfänger der Kapitalerträge Schuldner der Kapitalertragsteuer, für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer haftet dem Bund der Abzugsverpflichtete. Abzugsverpflichteter ist gemäß § 95 Abs. 2 EStG 1988 bei Einkünften aus der Überlassung von Kapital der Schuldner der Kapitalerträge.

8.Für die Beurteilung eines Sachverhaltes als verdeckte Ausschüttung ist unter anderem Voraussetzung, dass einem Anteilsinhaber ein Vermögensvorteil aus gesellschaftsrechtlicher Veranlassung zugewendet wird (). Dabei ist auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Leistungsvereinbarung abzustellen (). Soweit in der Beschwerde vorgebracht wird, eine verdeckte Ausschüttung könne nicht vorliegen, da Frau ***Name1*** ab dem Jahr 2012 nicht mehr Gesellschafterin der Beschwerdeführerin war, ist dem entgegenzuhalten, dass Frau ***Name1*** den für die Beurteilung der verdeckten Ausschüttung relevanten Darlehensvertrag als alleinige Gesellschafterin der Beschwerdeführerin im Jahr 2011 abgeschlossen hat. Sie war auch noch zu Beginn des Jahres 2012 alleinige Gesellschafterin der Beschwerdeführerin, ihren Geschäftsanteil, entsprechend einer zur Hälfte eingezahlten Stammeinlage im Nennbetrag von € 35.000,00 hat sie erst mit notariellem Abtretungsvertrag vom an ihren Ehegatten ***Name2*** abgetreten. Das Bundesfinanzgericht teilt daher die von der Beschwerdeführerin vertretene Ansicht nicht, eine verdeckte Ausschüttung an ***Name1*** könne im Beschwerdejahr nicht vorliegen. Mit dem am abgeschlossenen Darlehensvertrag wurde Frau ***Name1*** von der Beschwerdeführerin ein Darlehen in Höhe von € 150.000,00 zur Verfügung gestellt und im Beschwerdejahr an sie insgesamt € 85.000,00 ausbezahlt ((2011 hat wurden ihr bereits € 15.500,00 zur Verfügung gestellt). Frau ***Name1*** hat im Jahr kein 2011 kein Einkommen, im Jahr 2012 erzielte sie ein Einkommen von € 1.652,30 aus ihrer Beschäftigung bei der Beschwerdeführerin. Nach dem von der Beschwerdeführerin ausgestellten Lohnzettel hatte sie im Bezugszeitraum bis steuerpflichtige Bezüge in Höhe von € 1.844,30. Ein Nachweis dafür, dass Frau ***Name1*** damals über ein ausreichendes Einkommen oder Vermögenwerte verfügte, sodass im Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrags von einer ausreichenden Bonität für eine vertragskonforme Darlehensrückzahlung auszugehen war, liegt nicht vor. § 6 des Darlehensvertrags mit der Aussage (kursive Schreibweise im Original):

"Die Darlehensnehmerin gewährt der Darlehensgeberin jegliche zukünftige Vermögen aus Erbschaften als Sicherheit zu verwenden."

bietet diesbezüglich keinerlei Sicherheit, sodass die belangte Behörde den Darlehensvertrag zu Recht als fremdunüblichen Vereinbarung qualifizierte. Der Darlehensvertrag hat seine Wurzeln im Gesellschaftsverhältnis und wäre mit einem fremden Dritten (Nichtgesellschafter) nicht abgeschlossen worden. Da die Auszahlungen im Jahr 2012 auf dem am abgeschlossenen Darlehensvertrag basieren, den Frau ***Name1*** noch als Alleingesellschafterin der Beschwerdeführerin abgeschlossen hat, sind ihr diese im Beschwerdejahr auch zuzurechnen. Dies gilt für Auszahlungsbeträge, die sie bis zur Abtretung des Geschäftsanteils an ihren Ehemann bezog und aufgrund der zeitlichen Nähe zur Gesellschafterstellung auch für die restlichen im Beschwerdejahr ausbezahlten Beträge. Demnach ist für das Bundesfinanzgericht nicht erheblich, dass beim Ehemann von Frau ***Name1***, dem sie den Gesellschaftsanteil mit Abtretungsvertrag vom übertragen hat, bereits Festsetzungsverjährung hinsichtlich der Einkommensteuer für das Jahr 2012 eingetreten sein soll (so die Ausführungen in der Beschwerde). Im Übrigen ist im konkreten Fall ohnehin die Verjährungsfrist von zehn Jahren gemäß § 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO heranzuziehen. Die Höhe des gewährten Darlehens in Verbindung mit der Tatsache, dass die Darlehensnehmerin im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses kein Einkommen und kein Vermögen hatte, das der Beschwerdeführerin die Rückzahlung absichert, machen deutlich, dass die Vertragsparteien, konkret Frau ***Name1*** als Darlehensnehmerin und die Beschwerdeführerin, vertreten durch den Geschäftsführer Erwin ***Name1***, Ehemann von Frau ***Name1***, eine Abgabenverkürzung unter Verletzung der abgabenbehördlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden haben. Somit war spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde gemäß § 279 Abs. 1 BAO als unbegründet abzuweisen. Anzumerken ist, dass die belangte Behörde die Beschwerdeführerin ohnehin nicht für die Kapitalertragsteuer zur Haftung herangezogen hat, die auf den gesamten im Jahr 2012 ausbezahlten Betrag von € 85.000,00 entfällt, sondern die verdeckten Ausschüttungen mit Einzahlungen von Frau ***Name1*** auf ihr Verrechnungskonto im gleichen Jahr Beträgen saldierte. Die Haftung der Beschwerdeführerin für die Kapitalertragsteuer auf den im angefochtenen Bescheid ausgewiesenen Betrag von € 17.555,80 ist daher jedenfalls gerechtfertigt.

III. Zulässigkeit einer Revision

Nach Art 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt vor Allem dann vor, wenn das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine solche Rechtsfrage stellt sich im Beschwerdefall nicht, die relevanten Rechtsfragen sind nach der eindeutigen Gesetzeslage sowie der zitierten Rechtsprechung ausreichen geklärt. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist demzufolge nicht zulässig. Zur außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof siehe nachstehende Rechtsbelehrung.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 208 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 207 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 224 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 238 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 238 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 8 Abs. 2 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 27 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 93 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 95 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 95 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.3100536.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at