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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.08.2023, RV/7500450/2023

Parkometerabgabe; Aktivierung des elektronischen Parkscheins erst nachdem der Beschuldigte seine hochschwangere Frau ins Krankenhaus gebracht hat; kein Notstand

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Barbara Straka in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , GZ. MA67/Zahl/2023, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) iVm § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von 60,00 € auf 36,00 € und die für den Fall der Uneinbringlichkeit mit 14 Stunden festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe auf 8 Stunden herabgesetzt wird.

Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens bei der belangten Behörde gemäß § 64 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) bleibt mit 10,00 € (= gesetzlicher Mindestbeitrag) unverändert.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

Die Geldstrafe (36,00 €) und der Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens (10,00 €) sind an den Magistrat der Stadt Wien zu entrichten. Der zu zahlende Gesamtbetrag beträgt daher 46,00 €.

Der Magistrat der Stadt Wien wird gemäß § 25 Abs. 2 BFGG als Vollstreckungsbehörde bestimmt.

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, lastete dem Beschwerdeführer (Bf.) unter Zugrundelegung der Anzeigedaten des Kontrollorgans KO der Parkraumüberwachung der Landespolizeidirektion Wien mit Strafverfügung vom an, er habe das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna am in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1130 Wien, Hietzinger Hauptstraße 50, ohne einen für den Beanstandungszeitpunkt 09:31 Uhr gültigen Parkschein abgestellt und demnach die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.

Wegen der Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabe-verordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. eine Geldstrafe iHv 60,00 € verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden festgesetzt.

Der Bf. brachte in seinem Einspruch vom (E-Mail) vor, dass er das Fahrzeug vor dem Geburtshaus geparkt habe, da seine Frau Wehen gehabt habe. Er habe sie in das Geburtshaus begleitet und in der Garderobe sofort online einen Parkschein aktiviert. Das seien max. 45 Sekunden nach dem Verlassen des Fahrzeuges gewesen. Seine ersten Gedanken seien bei seiner schwangeren Frau gewesen und erst danach habe er an einen Kurzparkschein gedacht. Sobald seine Frau an eine Hebamme übergeben gewesen sei, habe er unverzüglich die Einhaltung aller gesetzlichen Parkvorgaben im Sinn gehabt. Der nette Sheriff müsse ihn sogar beim Verlassen des Fahrzeuges beobachtet haben und dann sofort zu seinem Fahrzeug hingesprintet sein, anders könne er es sich nicht erklären. Zusammenfassend bleibe zu sagen, dass sein digitaler Parkschein zum Zeitpunkt des Strafzettels gültig gewesen sei (Verweis auf die im Anhang beigefügte Bestätigung von Kurzparkservice Easypark).

Mit Straferkenntnis vom wurde der Bf. vom Magistrat der Stadt Wien, MA 67, wegen der bereits näher bezeichneten Verwaltungsübertretung für schuldig befunden und wurde wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe von € 60,00 verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit 14 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt. Zudem wurde gemäß § 64 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz ein Betrag von € 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.

Begründend führte die Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und des Einspruchsvorbringens und unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 5 Abs. 1 und 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung Folgendes aus:

"Die Aktivierung eines elektronischen Parkscheines erfolgt durch Übermittlung einer SMS an das elektronische System. Über das Mobiltelefon ist die beabsichtigte Parkdauer einzugeben (Abstellanmeldung) und die Rückmeldung des elektronischen Systems durch SMS, dass die Transaktion durchgeführt wurde, abzuwarten (Bestätigung). Wird die Abstellanmeldung durch das elektronische System bestätigt, gilt die Abgabe als entrichtet oder darf das mehrspurige Fahrzeug für einen fünfzehn Minuten nicht übersteigenden Zeitraum abgestellt werden (§ 7 Abs. 2 und 3 der Kontrolleinrichtungenverordnung).

Dass die Parkscheinaktivierung in derselben Minute wie die Beanstandung erfolgt ist, ändert daher nach den vorliegenden Verhältnissen an der nicht zeitgerechten Aktivierung nichts.

Da die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeugs (also unverzüglich, bevor sich der Lenker vom Fahrzeug entfernt) zu entrichten ist und die Abgabe bei Verwendung elektronischer Parkscheine (erst) als entrichtet gilt, wenn die Abstellanmeldung durch das elektronische System bestätigt wird, haben Sie den Tatbestand der Abgabenverkürzung nach § 4 Parkometergesetz 2006 verwirklicht, die objektive Tatseite ist daher gegeben (vgl. ).

Es wird daher der Sachverhalt als erwiesen angenommen, wie er aus den schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben in der Organstrafverfügung und den Buchungsdaten von Handyparken ersichtlich ist.

Bezüglich dessen, dass Sie mit Ihren Ausführungen versuchen einen Notstand darzulegen, ist Folgendes entgegenzuhalten:

Unter Notstand kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom , Zl. 2218/79, vom , Zl. 81/02/0252, vom , Zl. 81/02/0116, vom , Zl. 84/02/0022) nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, dass er eine im Allgemeinen strafbare Handlung begeht.

Als Merkmal des Notstandes hat eine unmittelbar drohende Gefahr für das Leben, die Freiheit oder das Vermögen zu gelten (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 319/73).

Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaubt bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liegt im gegenständlichen Fall nicht vor.

Es war daher als erwiesen anzusehen, dass Sie das Tatbild verwirklicht haben.

Mangels Glaubhaftmachung fehlenden Verschuldens war Fahrlässigkeit anzunehmen.

Somit sind sowohl die objektiven als auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben.

Sie haben die Parkometerabgabe daher nicht entrichtet und somit fahrlässig verkürzt."

Weiters enthält das Straferkenntnis die maßgeblichen Bestimmungen für die Strafbemessung (§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, § 19 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstraf-gesetz 1991), erläutert diese näher und führt die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Strafzumessungsgründe an.

Der Bf. bringt in seiner Beschwerde vom unter Verweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum "Notstand" vor, dass es aus seiner Sicht nicht möglich sei zu wissen, ob bei einer bevorstehenden Geburt für Mutter und/oder Kind in irgendeiner Weise eine drohende Gefahr vorliegen könne. Dasselbe gelte auch für ihn, weswegen es in erster Linie gelte, dafür zu sorgen, dass Mutter und Kind in eine sichere Situation gebracht werden. Es sei auch für den Parksheriff ersichtlich gewesen, denn immerhin habe er direkt vor dem Geburtshaus geparkt. Somit liege ein Rechtfertigungsgrund vor und die Darstellung der Behörde sei falsch.

Die MA 67 legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Feststellungen:

Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna war am um 09:31 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1130 Wien, Hietzinger Hauptstraße 50 (= Adresse Geburtshaus Hietzing) ohne gültigen Parkschein abgestellt.

Laut Übersicht Handyparken wurde der Parkschein Nr. 123, gültig von 09:45 Uhr bis 10:15 Uhr, um 09:31 Uhr aktiviert. Der Bf. hat den Parkschein nicht mit Beginn der Abstellung des Fahrzeuges aktiviert, sondern nach eigenen Angaben erst im Geburtshaus, wohin er seine Gattin gebracht hatte.

Der Parkschein war zum Beanstandungszeitpunkt (09:31:07 Uhr) durch das Parkraumüberwachungsorgan noch nicht gültig.

Beweiswürdigung:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus den eigenen Wahrnehmungen und Anzeigedaten des Parkraumüberwachungsorgans, den zur Beanstandungszeit angefertigten Fotos sowie aus dem Auszug des Bf. als Benutzer von "Handy-Parken".

Die Aktivierung des elektronischen Parkscheines Nr. 123 um 09:31 Uhr steht durch die zu dieser Zeit erfasste Registrierung im Parkraumüberwachungssystem fest.

Dass die Überprüfung durch das Parkraumüberwachungsorgan um 09:31:07 Uhr erfolgte, ist durch die auf dem Personal Digital Assistant (= Überprüfungsgerät) vom Meldungsleger erfassten Anzeigedaten erwiesen.

Gesetzliche Grundlagen:

Nach § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraft-fahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO) eine Abgabe zu entrichten.

Gemäß § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung gilt die Abgabe mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

Nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung hat jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten.

Nach § 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung sind als Hilfsmittel zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften der Verordnung des Wiener Gemeinderates, mit der für das Ab-stellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird (Parkometerabgabeverordnung), Parkscheine nach dem Muster der Anlagen oder elektronische Parkscheine zu verwenden.

§ 7 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung:

3. Abschnitt - Elektronische Parkscheine

(1) Abgabepflichtige, die ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einer Kurzparkzone abstellen, haben dafür zu sorgen, dass während der Dauer seiner Abstellung ein elektronischer Parkschein aktiviert ist.

(2) Die Aktivierung eines elektronischen Parkscheines erfolgt durch Übermittlung einer SMS oder im Wege einer vom Systembetreiber zur Verfügung gestellten Internet-Applikation über das Internet Protokoll (IP) an das elektronische System. Über das Mobiltelefon bzw. das (mobile) Endgerät ist die beabsichtigte Parkdauer sowie das behördliche Kennzeichen des abgestellten mehrspurigen Kraftfahrzeuges einzugeben, sofern das behördliche Kennzeichen nicht bereits im Zuge der Einrichtung des Benutzerkontos im System erfasst wurde (Abstellanmeldung). Danach ist die Rückmeldung des elektronischen Systems durch SMS oder im Wege einer vom Systembetreiber zur Verfügung gestellten Internet-Applikation über das Internet Protokoll (IP) über die durchgeführte Transaktion abzuwarten (Bestätigung).

(3) Wird die Abstellanmeldung durch das elektronische System bestätigt, gilt die Abgabe als entrichtet oder darf das mehrspurige Kraftfahrzeug für einen fünfzehn Minuten nicht übersteigenden Zeitraum abgestellt werden.

Gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen.

§ 6 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG):

Eine Tat ist nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist.

Rechtliche Beurteilung:

Abwarten der Bestätigung über die erfolgreiche Aktivierung des elektronischen Parkscheines

Nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung hat jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, die Parkometerab-gabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten.

Aus den Bestimmungen des § 7 Abs. 3 Wiener Kontrolleinrichtungen ergibt sich die Verpflichtung, bis zur Rückmeldung des elektronischen Systems beim Fahrzeug zu bleiben, da die Abgabe erst als entrichtet gilt, wenn die Abstellanmeldung durch das elektronische System bestätigt wird.

Entfernt sich der Lenker eines Fahrzeuges, der die Parkometerabgabe in Form eines elektronischen Parkscheines entrichtet, bevor die Bestätigung durch das elektronische System einlangt, vom Fahrzeug, verwirklicht er den Straftatbestand der Verkürzung der Parkometerabgabe; dies gilt auch dann, wenn der Lenker die Bestätigung noch innerhalb derselben Minute erhält, in der die Überprüfung durch das Kontrollorgan der Parkraumüberwachung vorgenommen wird (vgl zB , , , ).

Es liegt also eine Verkürzung der Parkometerabgabe vor, wenn sich der Lenker nach Buchung des Parkscheins und vor dem Einlangen der Bestätigung vom Fahrzeug entfernt. Dies gilt umso mehr, wenn sich - wie im vorliegenden Fall - der Lenker vom Fahrzeug entfernt und erst danach die Buchung des elektronischen Parkscheins vornimmt.

Es waren daher schon aus diesem Grund die objektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben.

Der Vollständigkeit halber wird darüber hinaus Folgendes dargelegt:

Zeitangabe auf dem PDA-Gerät - Elektronisches Parksystem der Stadt Wien

Die Beanstandungszeit wird durch die Server der Fa. ATOS zum Zeitpunkt der Übermittlung der Abfrage des Kennzeichens festgelegt. Sämtliche Server-Zeiten werden bei der FA. ATOS von externen Zeitservern abgeleitet. Die Liste der externen Zeitserver ändert sich je nach Ver-fügbarkeit permanent. Diese sind aber redundant und leiten ihrerseits die Zeit von Funk- oder Atomuhren ab. Dadurch kann eine Genauigkeit von max. 10 Millisekunden Abweichung erreicht werden.

Gültigkeit des elektronischen Parkscheines

Die Gültigkeit des elektronischen Parkscheins beginnt nicht mit der Sekunde 00 der Minute, in der der Parkschein aktiviert wurde (vgl. etwa , , ).

Es ist daher möglich, dass das Kontrollorgan bei der Abfrage (Augenblick) mittels PDA über das Überwachungssystem die Meldung "kein Parkschein" und die den Parkschein aktivierende Person innerhalb dieser Minute die Bestätigung über die Aktivierung des Parkscheines erhält.

Dies geschieht dann, wenn die Abfrage des Kontrollorgans vor der Bestätigung der Buchung des Parkenden erfolgt.

Im umgekehrten Fall - wenn also die Bestätigung der Buchung innerhalb dieser Zeitspanne von einer Minute vor der Abfrage des Kontrollorgans erfolgt - erhält dieses die Meldung mit den Daten des gebuchten Parkscheines. Insofern wird der exakte Zeitpunkt der Aktivierung des elektronischen Parkscheins bzw. der Beanstandung durch das Überprüfungssystem der Parkraumüberwachung berücksichtigt (vgl. , , , ).

Im vorliegenden Fall erfolgte die Bestätigung über die Aktivierung des Parkscheins erst nach der Abfrage des Kontrollorgans - auch wenn es sich lediglich um Sekunden handelte. Es lag daher im Zeitpunkt der Beanstandung durch das Kontrollorgan kein gültiger Parkschein vor.

Schuld

Das Verwaltungsstrafgesetz normiert in § 5 Abs. 1 VStG den Tatbestand der Schuld. Gemäß dieser Bestimmung genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.

Die den Straftatbestand normierende relevante Verwaltungsvorschrift findet sich in § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. 2006/09 idF LGBl. 2012/45, die keine besonderen Schuldvoraussetzungen fordert. Es genügt für die Strafbarkeit daher fahrlässiges Verhalten.

Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen ver-pflichtet, nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt und die ihm zuzu-muten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbestand entspricht (§ 6 Abs. 1 StGB).

Der Bf. hat den elektronischen Parkschein nicht mit Beginn der Abstellung aktiviert, sondern seine hochschwangere Frau in das Geburtshaus Hietzing gebracht und erst dort den elektronischen Parkschein gebucht.

Dadurch hat der Bf. ein fahrlässiges Verhalten gesetzt, dass zur Strafbarkeit genügt.

Aus dem Verwaltungsakt und aus dem Vorbringen des Bf. geht nicht hervor, dass ihm ein rechtskonformes Verhalten zur Tatzeit nicht möglich gewesen wäre.

Es waren somit auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben.

Zum Beschwerdevorbringen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum "Notstand" iSd § 6 VStG eine sehr strenge Judikatur entwickelt und hat z.B. im Erkenntnis vom , Ra 2021/09/0161, festgehalten:

"Unter entschuldbaren Notstand ist eine Pflichten(Interessen)kollision zu verstehen, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr nur dadurch retten kann, dass er eine sonst allgemein strafbare Handlung begeht (vgl. 2002/03/0095; 2001/03/0421)."

Im erst jüngst ergangenen Erkenntnis vom , Ra 2023/02/0021, erkannte der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) in einem Fall betreffend einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung Folgendes:

"Es ist gerade die Aufgabe des Rettungsdienstes, in akuten lebensbedrohlichen Fällen Erste Hilfe zu leisten und mit der hiefür vorgesehenen Ausstattung, unter Verwendung des Einsatzfahrzeuges, den Patienten gegebenenfalls der weiteren Versorgung in einer Klinik zuzuführen (vgl. 99/03/0270). Die Verbringung einer Person in besorgniserregendem Zustand in ein Krankenhaus, ohne die Möglichkeit zu prüfen, ob nicht eine andere Transportgelegenheit, insbesondere ein Rettungsfahrzeug, das als Einsatzfahrzeug nicht an Beschränkungen der Fahrgeschwindigkeit gebunden ist, zur Verfügung steht, vermag keinen Notstand hinsichtlich der Übertretung der Straßenverkehrsordnung zu begründen (vgl. 90/18/0004; 1984/71)."

Wenn somit die "Verbringung einer Person in besorgniserregendem Zustand in ein Krankenhaus" vom Verwaltungsgerichtshof nicht als entschuldbarer Notstand angesehen wird, stellt somit auch die vom Bf. geschilderte Situation - Wehen bei der Kindesmutter und bevorstehende Geburt - keinen Notstand iSd § 6 VStG dar.

Das Vorbringen des Bf. kann daher nicht schuldbefreiend wirken.

Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG 1991 ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG 1991 sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Bemessung der Strafe ist eine Ermessensentscheidung der Behörde, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG 1991 festgelegten Kriterien vorzunehmen ist und unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheinen muss (vgl. , ).

Bei der Strafbemessung war gemäß § 19 VStG 1991 zu berücksichtigen, dass ein öffentliches Interesse daran besteht, dass die Bestimmungen der Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung eingehalten werden.

Der Bf. hat gegen die Bestimmungen der Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung verstoßen, indem er den Parkschein nicht sofort nach dem Abstellen des Fahrzeuges aktiviert hat.

Das Bundesfinanzgericht berücksichtigt aber als strafmindernd, dass der Bf. angesichts der nachvollziehbaren, besonderen Situation (Wehen der Frau und bevorstehende Geburt des Kindes) zunächst seine Frau ins Geburtshaus gebracht und ernst danach einen elektronischen Parkschein aktiviert hat.

Die Geldstrafe wird daher auf 36,00 € und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 8 Stunden herabgesetzt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Kostenentscheidung

Gemäß § 64 VStG sind die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens in Höhe von 10% der Strafe (= Mindestbeitrag) festzusetzen; sie wurden somit in Höhe von 10,00 € korrekt festgesetzt.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.

Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat. Hier erweist sich das Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 7 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008
§ 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008
§ 6 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7500450.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at