Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.04.2023, RV/4100620/2016

außergewöhnliche Belastungen bei eigener Behinderung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag.Dr. Wolfgang Pagitsch in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über deren Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Klagenfurt (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I.) Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe werden entsprechend der Beschwerdevorentscheidung vom festgesetzt und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II.) Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

In ihrer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2014 machte die Beschwerdeführerin unter der Kennzahl 476 außergewöhnliche Belastungen hinsichtlich ihre eigenen Behinderung iHv € 1.848,83 geltend. Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurden die beantragten Aufwendungen als Krankheitskosten mit Selbstbehalt in einer Höhe von € 1.051,83 anerkannt, da die Beschwerdeführerin trotz Aufforderung nicht den vollständigen Bescheid des Sozialministeriumservice vorgelegt habe.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin am fristgerecht Beschwerde und legte (nochmals) einen Nachweis ihrer Behinderung im Ausmaß von 40% vor und führte aus, dass die gesamten von ihr angeführten außergewöhnlichen Belastungen behinderungskausal seien.

Mit Vorhalt vom forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin auf die beantragten außergewöhnlichen Belastungen nachzuweisen und Unterlagen vorzulegen, welche eine Zuordnung der Heilbehandlungskosten zu Leiden mit einem Behinderungsgrad über 25 % ermöglichen.

Mit Schreiben vom ordnete die Beschwerdeführerin die einzelnen geltend gemachten Krankheitskosten den Funktionseinschränkungen lfd. Nr. 1 und/oder lfd. Nr. 4 des vorgelegten Sachverständigengutachtens zu, ohne dies mit entsprechenden Unterlagen zu belegen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom anerkannte die belangte Behörde nachgewiesene Kosten aus der eigenen Behinderung iHv € 420,63 und Krankheitskosten mit Selbstbehalt iHv € 441,20. Als Begründung führte sie zusammenfassend aus, dass sich das Antwortschreiben der Beschwerdeführerin nur auf das Auflisten von Beträgen bzw. pauschal geltend gemachten Beträgen beschränkt habe und Unterlagen, die einen Zusammenhang mit der Behinderung ermöglichen hätten sollen, nicht übermittelt worden seien. Daher seien nur die bereits nachgewiesenen Kurkosten als Heilbehandlungskosten iZm der bestehenden Behinderung berücksichtigt worden. Zudem betrage der Selbstbehalt für Krankheitskosten ohne Behinderung € 4.580,86 und würden die restlichen Aufwendungen diese Grenze nicht übersteigen.

Dagegen brachte die Beschwerdeführerin am einen Vorlageantrag ein und ersuchte die geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen ohne Selbstbehalt zu berücksichtigen, da sie mit der Position lfd. Nr. 4 des Gutachtens "depressive Anpassungsstörung" zusammenhängen würden. Dahingehende ärztliche Nachweise oder Bescheinigungen wurden nicht vorgelegt.

Am legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte den Vorlageantrag als verspätet zurückzuweisen, da es nicht der Lebenserfahrung entspreche, dass eine Beschwerdevorentscheidung erst acht Tage nach Versendung beim Beschwerdeführer einlange. Zudem wurde in eventu beantragt der Beschwerde teilweise im Sinne der Beschwerdevorentscheidung stattzugeben und verwies hinsichtlich der Begründung auf jene in der Beschwerdevorentscheidung.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesfinanzgerichts vom wurde der gegenständliche Akt dem bisher zuständig gewesenen Richter wegen Versetzung in den Ruhestand gem. § 9 Abs. 9 BFGG abgenommen und der Gerichtsabteilung 1080 zugewiesen.

Am teilte die belangte Behörde auf Anfrage im Wesentlichen mit, dass von der Beschwerdeführerin hinsichtlich der strittigen Aufwendungen keine Nachweise vorgelegt und ihrer Ansicht nach der Vorlageantrag zu spät eingereicht worden sei.

Mit Beschluss vom forderte das Bundesfinanzgericht die Beschwerdeführerin nochmals auf geeignete Nachweise hinsichtlich der geltend gemachten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung vorzulegen und deren Zusammenhang mit der eigenen Behinderung darzulegen, zumal derartige Unterlagen lt. belangter Behörde bisher nicht beigebracht worden seien. Dieser Aufforderung kam die Beschwerdeführerin nicht nach.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen

Festgestellter Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin leidet seit 2014 unter mehreren Funktionseinschränkungen. Führend dabei sind degenerative Veränderungen der Wirbelsäule (lfd. Nr. 1, isoliert 30%), welche durch ein Schulter-Arm-Syndrom rechts (lfd. Nr. 2, isoliert 20%) in Kombination mit einer depressiven Anpassungsstörung (lfd. Nr. 4, isoliert 30%), einen Gesamtgrad der Behinderung von 40% verursachen. Die weiteren Funktioneinschränkungen, nämlich ein beidseitiges und links operiertes Carpaltunnelsyndrom (lfd. Nr. 3, isoliert 10%) und der Zustand nach Riss des vorderen Kreuzbandes (lfd. Nr. 5, isoliert 10%), haben hingegen keinen Einfluss auf dem Gesamtgrad der Behinderung.

Im Jahr 2015 machte die Beschwerdeführerin bezüglich ihrer Wirbelsäulenveränderung eine Kur in Bad Vigaun. Der Selbstbehalt der Kurkosten betrug € 377,37, die Haushaltsersparnis € 137,34. Die Beschwerdeführerin reiste mit ihrem eigenen PKW. Die einfache Fahrtstrecke betrug 215 km.

Die übrigen geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen iHv € 1.428,20 stehen mit den degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule oder der depressiven Anpassungsstörung nicht in Zusammenhang.

Die Beschwerdevorentscheidung wurde am versendet. Der mit datierte Vorlageantrag wurde am bei der belangten Behörde eingebracht.

Beweiswürdigung

Die Feststellungen hinsichtlich der Funktionseinschränkungen der Beschwerdeführerin sind unstrittig und gehen aus dem Bescheid des Sozialministeriumservice vom und dem zugrundeliegenden Gutachten hervor. Daraus ist auch zu entnehmen, dass der Gesamtgrad der Behinderung von 40% seit 2014 besteht. Weiters herrscht Einigkeit, dass der Kuraufenthalt in Bad Vigaun wegen der Wirbelsäulenveränderungen der Beschwerdeführerin stattgefunden hat.

Strittig ist, welche Aufwendungen mit der Behinderung der Beschwerdeführerin in Zusammenhang stehen und ob der Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht wurde.

Der Nachweis oder die Glaubhaftmachung einer außergewöhnlichen Belastung obliegt nach ständiger Rspr. in erster Linie dem Steuerpflichtigen. Will dieser Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt wissen, hat er selbst alle Umstände darzulegen, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (; ). Der Steuerpflichtige ist daher verpflichtet, bei Inanspruchnahme der Begünstigung den ursächlichen Zusammenhang zwischen seiner Behinderung und den von ihm angewendeten Heilmitteln bzw. Heilbehelfen nachzuweisen (). Er hat nach der Judikatur selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen der Umstände darzulegen, auf die die Begünstigung gestützt werden kann, wobei die Gründe im Einzelnen anzuführen sind ().

Streitgegenständlich wurde die Beschwerdeführerin entsprechend dieser Rspr. mehrmals aufgefordert die geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen durch geeignete Nachweise zu belegen und den unmittelbaren Zusammenhang mit ihrer eigenen Behinderung darzulegen. Diesem Ersuchen kam die Beschwerdeführerin nicht nach. So blieb bspw. der Vorhalt der belangten Behörde vom unbeantwortet und begnügte sich die Beschwerdeführerin in ihrem Schreiben vom die außergewöhnlichen Belastungen einzelnen Funktionseinschränkungen nach ihrer Einschätzung zuzuordnen, ohne dies mit entsprechenden Unterlagen zu belegen. Darüber hinaus ließ sich die Beschwerdeführerin auf das Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht nicht ein und nütze die nochmalige Möglichkeit, geeignete Beweise vorzulegen, nicht. Dass ein derartiger Nachweis der Beschwerdeführerin nicht zumutbar gewesen wäre, kann nicht erkannt werden. Die bloße Auflistung von Kosten entspricht jedenfalls keinem solchen Nachweis.

Mangels Einlassung der Beschwerdeführerin orientierte sich das Bundesfinanzgericht daher in ihrer Entscheidung an die glaubwürdigen und nachvollziehbaren Angaben der belangten Behörde und der vorgelegten Akten, sodass vor diesem Hintergrund das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gem. § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annimmt.

An welchen Tag die am mit Normalpost versendete Beschwerdevorentscheidung der Beschwerdeführerin zugestellt wurde, konnte nicht festgestellt werden. Die belangte Behörde konnte auch nach Aufforderung keine derartigen Nachweise vorlegen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Zur Rechtzeitigkeit des Vorlageantrages

Zunächst wird auf die Bestimmung des § 26 Abs. 2 erster und zweiter Satz ZuStG verwiesen, wonach bei einer Zustellung ohne Zustellnachweis grundsätzlich die Zustellung am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan als bewirkt gilt und im Zweifel die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen hat.

Gegenständlich wurde die Beschwerdevorentscheidung laut Unterlagen der belangten Behörde am mit Normalpost versendet. Entsprechend des § 26 Abs. 2 ZuStG gilt daher die Vermutung, dass die Beschwerdevorentscheidung der Beschwerdeführerin am zugestellt wurde, da der 30.7. und der keine Werktage waren. Aufgrund des Umstandes, dass der Vorlageantrag am eingebracht wurde, gibt es Zweifel über den genauen Zustellzeitpunkt der Beschwerdevorentscheidung. Die dahingehende Beweislast trifft die belangte Behörde (, Slg 12.010; ; ). Wenn diese im Vorlagebericht dazu lediglich ausführt, dass es nicht der Lebenserfahrung entspreche, dass die Beschwerdevorentscheidung erst acht Tage nach der Versendung bei der Beschwerdeführerin eingelangt sei, so überzeugt dies nicht und wird einem Beweis nicht gerecht. Weitere Nachweise konnte die belangte Behörde trotz Aufforderung nicht vorlegen. Da somit nicht mit Gewissheit feststeht (; ), an welchem Tag die Beschwerdevorentscheidung zugestellt wurde, geht das Gericht - zugunsten der Beschwerdeführerin und in Anbetracht des lang zurückliegenden Geschehens - davon aus, dass der Vorlageantrag am innerhalb der Rechtsmittelfrist eingebracht wurde.

Zu den außergewöhnlichen Belastungen

Gem. § 34 Abs. 1 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2012 sind bei der Ermittlung der Einkommen (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen haben: 1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2). 2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3). 3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4). Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben sein.

Gem. § 34 Abs. 4 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2012 berücksichtigt die Belastung wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 iVm Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen von (..) mehr als 36.400 Euro 12%. Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt, wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht, wenn dem Steuerpflichtigen kein Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht, er aber mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-) Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt und für jedes Kind (§ 106).

Gem. § 34 Abs. 5 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2012 sind im Falle, dass im Einkommen sonstige Bezüge im Sinne des § 67 enthalten sind, als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke der Berechnung des Selbstbehaltes die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, erhöht um die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2, anzusetzen.

Gem. § 34 Abs. 6 letzter Teilstrich EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2012 können Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen, ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden.

Gem. § 35 Abs. 1 erster Teilstrich EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2012 steht dem Steuerpflichtigen jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu, wenn der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung hat und weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-) Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) erhält.

Gem. § 35 Abs. 2 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2012 bestimmt sich die Höhe des Freibetrages nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.

Gem. § 35 Abs. 3 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2012 beträgt der Freibetrag bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 35% bis 44% pro Jahr 99 Euro.

Gem. § 34 Abs. 6 letzter Satz EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2012 kann der Bundesminister für Finanzen mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.

Gem. § 1 Abs. 1 erster Teilstrich der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen idF BGBl II 2010/430 sind die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.

Gem. § 1 Abs. 2 dieser Verordnung liegt eine Behinderung vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25% beträgt.

Gem. § 1 Abs. 3 dieser Verordnung sind die Mehraufwendungen gemäß § 2 bis 4 dieser Verordnung nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs 3 EStG 1988 zu kürzen.

Gem. § 4 dieser Verordnung sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.

Daraus folgt, dass diese Aufwendungen neben der allgemeinen Behindertenpauschale nach § 35 Abs 3 EStG 1988 und gegebenenfalls neben den Pauschbeträgen nach den § 2 und 3 der Verordnung zur Anwendung kommen und diese nur im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen sind.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) wurden von der Beschwerdeführerin durch den Bescheid des Sozialministeriumservice vom und dem zugrundeliegenden Gutachten nachgewiesen. Demnach beträgt seit 2014 der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin 40%. Aus diesem Grund steht ihr gem. § 35 Abs. 3 EStG 1988 der Behindertenfreibetrag iHv € 99,00 zu. Dieser Anspruch auf den Freibetrag, welcher richtigerweise im angefochtenen Bescheid und in der Beschwerdevorentscheidung berücksichtigt wurde, besteht alleine auf Grund der bescheinigten 40 %igen Behinderung und unabhängig, ob diese tatsächlich Aufwendungen mit sich gebracht hat.

Unter die im nachgewiesenen Ausmaß gesondert absetzbaren Kosten nach § 4 der Verordnung fallen die in ursächlichem Zusammenhang mit der Behinderung stehenden Kosten der Heilbehandlung (; ). Die Maßnahmen müssen zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich erforderlich sein (). Als Kosten der Heilbehandlung gelten Arztkosten, Spitalskosten, Kurkosten für ärztlich verordnete Kuren, Therapiekosten, Kosten für Medikamente, sofern sie im Zusammenhang mit der Behinderung stehen und dadurch anfallende Fahrtkosten bzw. Kosten des Krankentransportes im Ausmaß der tatsächlichen Kosten (zB Kosten des öffentlichen Verkehrsmittels oder Taxikosten) oder des amtlichen Kilometergeldes bei Verwendung des (familien-)eigenen Kraftfahrzeuges.

Für den konkreten Fall ist daher zu beurteilen, ob für das Jahr 2014 die von der Beschwerdeführerin beantragten Krankheitskosten in unmittelbaren Zusammenhang mit ihrer Behinderung stehen oder ob dieser Zusammenhang nicht besteht und diese Krankheitskosten den allgemeinen Bestimmungen des § 34 EStG 1988, unter Anwendung des gem. § 34 Abs. 4 EStG 1988 an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit orientierenden Selbstbehaltes unterliegen.

Betroffen von dieser Beurteilung können nur Aufwendungen sein, die durch jene Funktionsbeeinträchtigungen bedingt sind, welche Grundlage für die Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit waren. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass jedenfalls die Kosten, die in Zusammenhang mit den degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule oder der depressiven Anpassungsstörung stehen, ohne Selbstbehalt abzugsfähig sind.

Streitgegenständlich machte die Beschwerdeführerin zwar Kosten iHv € 1.848,83 in ihrer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung geltend, konnte aber trotz mehrfacher Aufforderung nicht nachweisen, dass diese Kosten unmittelbar mit den degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule oder der depressiven Anpassungsstörung in Zusammenhang stehen. Dahingehende ärztliche Verordnungen, Belege, Rechnungen, Überweisungen fehlen im Akt und hat die Beschwerdeführerin auf eine dahingehende Aufforderung des Bundesfinanzgerichtes nicht reagiert. Vielmehr befinden sich auf der Kostenaufstellung der Beschwerdeführerin Positionen, welche schon auf den ersten Blick nicht mit den nachgewiesenen Funktionseinschränkungen in Zusammenhang zu bringen sind (zB Dr. ***Name1***, Frauenarzt; Dr. ***Name2***, Haut- und Geschlechtskrankheiten) und wurden mehrere Posten pauschal (zB "Medikamente, die vom Krankenversicherungsträger nicht übernommen wurden iHv € 100,00"; "diverse sonstige Heilbehelfe, Heilmittel iHv € 100,00"; "sonstige krankheitsbedingte Aufwendungen ohne Nachweis im Weg der Glaubhaftmachung iHv € 150,00") oder ungenügend bezeichnet (zB Fahrtkosten zu Arzt nach Klagenfurt, ohne Angabe des Namen des Arztes).

Aus diesen Grund können der Beschwerdeführerin lediglich die Kosten im Zusammenhang mit ihrem Kuraufenthalt in Bad Vigaun als Heilbehandlungskosten iSd des § 4 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden, da dahingehend ein Zusammenhang mit den im Gutachten vom diagnostizierten degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule zumindest glaubhaft ist und diese Kosten auch von der belangten Behörde anerkannt wurden. Allerdings werden auch vom Gericht die Fahrtkosten für die Heimreise während der Kur nicht berücksichtigt, da laut Aktenlage diesbezüglich keine Zwangsläufigkeit (zB Besuch der Kinder) bestand. Die nachgewiesenen Kosten aus der eigenen Behinderung nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen betragen somit € 420,63 (Selbstbehalt Kurkosten iHv € 377,37 zuzüglich amtliches Kilometergeld für Fahrt ***Ort1*** - Bad Vigaun - ***Ort1*** (430 km) iHv € 180,60 abzüglich Haushaltskostenersparnis iHv € 137,34 (€ 196,20/30x21).

Von den beantragten Kosten der Beschwerdeführerin iHv € 1.848,83 verbleiben somit € 1.428,20. Diese Aufwendungen sind unter Anrechnung des Selbstbehaltes aber nur insofern abzugsfähig, als sie außergewöhnlich und zwangsläufig sind, sowie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen, wobei diese Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 EStG 1988 kumulativ vorliegen müssen.

Die Belastung beeinträchtigt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Dieser Selbstbehalt berechnet sich bei der Beschwerdeführerin gem. § 34 Abs. 4 iVm Abs. 5 EStG 1988 wie folgt:

Daraus ergibt sich, dass die übrigen geltend gemachten Aufwendungen iHv € 1.428,20 den Selbstbehalt nicht übersteigen. Eine Auseinandersetzung mit der Frage, inwieweit bei diesen Aufwendungen die gesetzlichen Voraussetzungen für deren Abzugsfähigkeit überhaupt vorliegen würden, ist somit mangels steuerlicher Auswirkungen und im Lichte der Verfahrensökonomie entbehrlich. Daher werden für diesen Abzugsposten die Bemessungsgrundlagen laut Beschwerdevorentscheidung vom herangezogen.

Aus den oben genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Notwendigkeit eines Nachweises tatsächlicher Kosten als außergewöhnlicher Belastung aus dem Titel der Behinderung ergibt sich schon aus den gesetzlichen Grundlagen und der einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur. Die Frage, ob im gegenständlichen Fall ein entsprechender Nachweis hinsichtlich der außergewöhnlichen Belastungen erbracht wurde, ist eine Frage der Beweiswürdigung. Es liegt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht zulässig.

Wien, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.4100620.2016

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