Festsetzung des Altlastenbeitrags nach der Vornahme konsensloser Ablagerungen
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze | |
RV/7200036/2020-RS1 | Das Zollamt ist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung auch dann verpflichtet, wenn der Beschwerdeführer schon in der Beschwerde ausdrücklich die Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht begehrt. Nach § 45 ZollR-DG sind die Regelungen des § 262 Abs. 2 BAO (betreffend das Unterbleiben der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung) nicht anzuwenden. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***RA***, als Masseverwalter im Insolvenzverfahren der ***NNGmbH***, ***Adresse1***, über die fünf Beschwerden vom gegen die fünf Bescheide des damaligen Zollamtes Eisenstadt Flughafen Wien vom , Zln. ***1***, ***2***, ***3***, ***4*** und ***5***, betreffend Altlastenbeitrag und Säumniszuschläge zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit den an den nunmehrigen Beschwerdeführer (Bf.), Herrn ***RA***, als Masseverwalter im Insolvenzverfahren der ***NNGmbH***, ***Adresse1*** gerichteten fünf Bescheiden vom , Zln. ***1***, ***2***, ***3***, ***4*** und ***5***, setzte das damalige Zollamt Eisenstadt Flughafen Wien Altlastenbeitrag und Säumniszuschläge fest. Diese Bescheide betreffen das Ablagern von Abfällen durch die ***NNGmbH*** auf den Grundstücken Nr. ***13***, ***14***, ***15*** und ***16***, alle KG ***NN*** in den Kalenderjahren 2011 bis 2015.
Gegen diese fünf Bescheide richten sich die vorliegenden fünf Beschwerden vom .
Das Zollamt wies diese fünf Beschwerden mit Beschwerdevorentscheidungen vom , Zln. ***6***, ***7***, ***8***, ***9*** und ***10*** als unbegründet ab.
Der Bf. stellte daraufhin mit Schriftsätzen vom jeweils den Vorlageantrag.
Am langte beim Bundesfinanzgericht der Vorbereitende Schriftsatz des Bf. vom samt acht Beilagen ein.
Am fand in Wien die mündliche Verhandlung statt.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Mit Bescheid vom , ***11***, erteilte der Landeshauptmann von NÖ der ***NNGmbH*** einerseits die nachträgliche abfallrechtliche und naturschutzrechtliche Genehmigung für Errichtung und Betrieb einer Bodenaushubdeponie auf den Gst. Nr. ***12***, ***13***, ***14***, ***15*** und ***16***, alle KG ***NN***. Andererseits sprach der Landeshauptmann auf Grund von umfangreichen konsenslosen Ablagerungen (mehrere 100.000 m³) im Betriebsjahr 2006 für die gegenständliche Bodenaushubdeponie ein Einbringungsverbot für Fremdmaterial aus und schrieb für die erforderliche interne Umlagerung zur Herstellung der zulässigen Oberflächengestaltung eine Frist zur Fertigstellung der Sanierungsarbeiten bis Ende 2010 vor.
Der Verhandlungsniederschrift der Abteilung Umweltrecht beim Amt der NÖ Landesregierung vom , Zl. ***17*** u.a. sind zum gegenständlichen Areal u.a. folgende Feststellungen zu entnehmen:
"Die umfangreiche konsenslose Humuszwischenlagerung im nördlichsten Bereich wurde deutlich erweitert. Der Einfahrtsschranken in der Südwestecke war heute offen, die übrigen Zufahrtsmöglichkeiten ins Areal waren durch symbolische Materialwälle gesperrt. Entlang der Zufahrt zur Deponie an der Westgrenze des Areals wurden zusätzliche Anschüttungen vorgenommen, die laut Angaben von Tiefbauvorhaben aus dem 14. Wiener Gemeindebezirk stammen. Diese Zwischenlagerungen von Aushubmaterial besitzen keine Rechtsgrundlage und sind daher so rasch als möglich abzubauen."
Mit Bescheid vom ***TTMMJJJJ***, Zl. ***18***, erteilte der Landeshauptmann von NÖ der ***NNGmbH*** u.a. auf den verfahrensgegenständlichen Grundstücken Nr. ***13***, ***14***, ***15*** und ***16***, alle KG ***NN***, die Bewilligung zur Errichtung und den Betrieb einer Bodenaushubdeponie und die Errichtung und den Betrieb eines Golfplatzes.
Mit Bescheid vom trug der Landeshauptmann von NÖ der ***NNGmbH*** auf Grundlage des Zwischenberichts vom die Umsetzung diverser Sanierungsmaßnahme gem. § 62 Abs. 2 AWG 2002 zur Wiederherstellung des gesetzlichen Zustandes (ordnungsgemäßer Zustand der Deponieoberfläche) auf.
Am zeigte die ***NNGmbH*** die Einstellung des Deponiebetriebes an und teilte mit, dass die weitere Umsetzung des Vorhabensbestandteils Golfplatz nicht mehr beabsichtigt sei.
Mit Bekanntmachung des Landesgerichtes ***NN1*** vom ***ttmmjj*** wurde mit Wirkung vom ***TTMMJJ*** das Konkursverfahren über die ***NNGmbH*** eröffnet und Herr Rechtsanwalt **RA** zum Masseverwalter bestimmt.
Mit Schriftsatz vom gab der Masseverwalter den zuständigen Behörden die Einstellung des Deponiebetriebes bekannt.
Im Bescheid des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. ***19***, wird zur gegenständlichen Deponie u.a. festgestellt:
"Aufgrund konsenswidrigen Betriebes erfolgten sowohl Verfahrensanordnungen als auch wurden Aufträge mit Bescheid erlassen, wobei nicht alle Verfahrensaufträge erfüllt bzw. nicht allen bescheidmäßigen Anordnungen Folge geleistet wurde. Dies erfolgte offensichtlich insbesondere auch deshalb, da im Zuge des Konkursverfahrens die nötigen finanziellen Mittel zur Umsetzung dieser Maßnahmen nicht mehr zur Verfügung stehen."
2. Beweiswürdigung
Die Beweiserhebung seitens des Bundesfinanzgerichtes erfolgte durch Einsichtnahme in die vom Zollamt elektronisch vorgelegten Verwaltungsakte und unter Berücksichtigung der Eingaben des Bf. Darüber hinaus wurde auch auf die Ergebnisse der mündlichen Verhandlung Bedacht genommen.
Daraus ergibt sich der oben wiedergegebene Sachverhalt und der geschilderte Verfahrensgang.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Rechtslage:
Das Altlastensanierungsgesetz in der entscheidungsmaßgeblichen Fassung bestimmt u.a.:
§ 3
(1) Dem Altlastenbeitrag unterliegen
1.
das Ablagern von Abfällen oberhalb oder unterhalb (dh. unter Tage) der Erde; als Ablagern im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt auch
a)
das Einbringen von Abfällen in einen Deponiekörper, auch wenn damit deponiebautechnische oder andere Zwecke verbunden sind (zB Fahrstraßen, Rand- und Stützwälle, Zwischen- oder Oberflächenabdeckungen einschließlich Methanoxidationsschichten und Rekultivierungsschichten),
b)
das mehr als einjährige Lagern von Abfällen zur Beseitigung oder das mehr als dreijährige Lagern von Abfällen zur Verwertung,
c)
das Verfüllen von Geländeunebenheiten (ua. das Verfüllen von Baugruben oder Künetten) oder das Vornehmen von Geländeanpassungen (ua. die Errichtung von Dämmen oder Unterbauten von Straßen, Gleisanlagen oder Fundamenten) oder der Bergversatz mit Abfällen,
1a)
Von der Beitragspflicht ausgenommen sind
…
5.
Erdaushub, der im Zusammenhang mit einer Baumaßnahme im unbedingt erforderlichen Ausmaß zulässigerweise für eine Tätigkeit gemäß Abs. 1 Z 1 lit. c verwendet wird; weiters Erdaushub, sofern dieser die Grenzwerte für die Annahme von Abfällen auf einer Inertabfalldeponie gemäß Deponieverordnung 2008 (Anhang 1, Tabelle 3 und 4), BGBl. II Nr. 39/2008, oder die Grenzwerte für die Annahme von Abfällen auf einer Baurestmassendeponie gemäß Deponieverordnung 2008 (Anhang 1, Tabelle 5 und 6), BGBl. II Nr. 39/2008, einhält und auf einer dafür genehmigten Deponie abgelagert wird,
Die maßgeblichen Bestimmungen des ZollR-DG in der entscheidungsmaßgeblichen Fassung lauten:
§ 2 Abs. 1
Das im § 1 genannte Zollrecht sowie die allgemeinen abgabenrechtlichen Vorschriften und das in Österreich anwendbare Völkerrecht, soweit sie sich auf die Einfuhr oder Ausfuhr von Waren beziehen, gelten weiters in allen nicht vom Zollkodex erfaßten unionsrechtlich und innerstaatlich geregelten Angelegenheiten des Warenverkehrs über die Grenzen des Anwendungsgebietes, einschließlich der Erhebung von Abgaben (sonstige Eingangs- oder Ausgangsabgaben) und anderen Geldleistungen, soweit in diesem Bundesgesetz oder in den betreffenden Rechtsvorschriften die Vollziehung der Zollverwaltung übertragen und nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist.
§ 45
Die Regelungen des § 262 Abs. 2 bis 4 BAO sind nicht anzuwenden.
§ 47
Die Zollbehörden und das Bundesfinanzgericht wenden den § 2 Abs. 3 und die §§ 42 bis 47 auch dann an, wenn sie nicht im Rahmen des Geltungsbereichs des § 2 Abs. 1 tätig werden.
Erwägungen
Zur Frage der Abfalleigenschaft:
Nach den Bestimmungen des § 2 Abs. 4 ALSAG sind Abfälle im Sinne dieses Bundegesetzes Abfälle gemäß § 2 Abs. 1 bis 3 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG).
Abfälle gem. § 2 Abs. 1 AWG 2002 sind bewegliche Sachen, die unter die in Anhang 1 des AWG 2002 geführten Gruppen fallen und deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat (subjektiver Abfallbegriff) oder deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen iSd § 1 Abs. 3 AWG 2002 nicht zu beeinträchtigen (objektiver Abfallbegriff).
Nach ständiger hg. Judikatur (vgl. etwa ; , 2008/07/0182; , Ra 2016/05/0012) ist eine Sache als Abfall zu beurteilen, wenn bei irgendeinem Voreigentümer oder Vorinhaber die Entledigungsabsicht bestanden hat. Das verfahrensgegenständliche Bodenaushubmaterial stammt von verschiedenen Baustellen und wurde von der ***NNGmbH*** gesammelt. Nach der Lebenserfahrung will sich ein Bauherr oder Bauführer bei der Realisierung von Bauvorhaben des angefallenen Abbruch- bzw. Aushubmaterials entledigen, um beim weiteren Bauvorhaben durch das Material nicht behindert zu werden. Mit dessen Fortschaffung von der Baustelle ist somit üblicherweise eine Entledigungsabsicht verbunden (subjektiver Abfallbegriff).
Für die Feststellung, dass es sich bei der Sache um Abfall iSd § 2 Abs.1 AWG handelt, genügt es, wenn entweder der subjektive Abfallbegriff oder der objektive Abfallbegriff als erfüllt anzusehen ist. Da im gegenständlichen Fall - wie nachstehend eingehend erläutert - der subjektive Abfallbegriff zweifellos erfüllt ist, handelt es sich bei den verfahrensgegen-ständlichen Materialien um Abfall iSd § 2 Abs.1 Z 1 AWG bzw. § 2 Abs.4 ALSAG.
Die ***NNGmbH*** beschäftigte sich nach den unwidersprochen gebliebenen Feststellungen in den angefochtenen Bescheiden damals u.a. gewerbsmäßig mit dem Aushub und Abtransport von Aushubmaterialien und dem Betrieb von Deponien.
Die in Rede stehenden abgelagerten Materialien stammten u.a. von verschiedenen Baustellen in Wien, Hafen Albern und Brunn/Gebirge.
Der Bf. begründet den Entschluss der Voreigentümer - konkret die Bauherren oder Bauführer der jeweiligen Bauverfahren - zur Wegschaffung dieser Materialien in den Vorlageanträgen mit der Notwendigkeit der Platzschaffung im Zusammenhang mit der Bauführung.
Daraus folgt, dass der Grund für die Wegbringung des Materials von den Baustellen darin zu erblicken ist, dass sich die Vorbesitzer des Aushubmaterials entledigen wollten, um beim weiteren Bauvorhaben dadurch nicht behindert zu werden.
Der Bf. meint dennoch, es läge keine Entledigungsabsicht, sondern eine Verwendungsabsicht vor. Dem ist zu entgegnen, dass es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungs-gerichtshofes bei der Beurteilung der subjektiven Abfalleigenschaft weder auf die eigene Entledigungsabsicht noch auf die Absicht in Bezug auf eine in Aussicht genommene Verwendung der Materialien ankommt. Eine Sache ist schon dann als Abfall zu qualifizieren, wenn bei irgendeinem Vorbesitzer Entledigungsabsicht bestanden hat (vgl. etwa mwN).
Letztere liegt im Streitfall zweifellos vor, wenn aus der Sicht der Vorbesitzer die Fortschaffung des Materials - wie der Bf. nunmehr selbst einräumt - darauf abzielte, auf den Baustellen Platz für die weitere Bauführung zu schaffen.
Mit seiner Ansicht, bei den Aushubmaterialien handle es sich um Nebenprodukte iSd § 2 Abs. 3a AWG 2002 kann der Bf. ebenfalls nicht durchdringen.
Denn er erklärt mit keinem Wort, inwiefern der Bodenaushub die in der zitierten Bestimmung geschaffene Legaldefinition für Nebenprodukte erfüllen soll, nämlich, dass er das Ergebnis eines Herstellungsverfahrens ist, dessen Hauptziel nicht die Herstellung dieses Stoffes oder Gegenstands ist und somit als nur als Nebenprodukt und nicht als Abfall gelten kann.
In diesem Zusammenhang ist auf die Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien zu verweisen.
Art. 5 dieser Richtlinie lautet:
"Nebenprodukte
(1) Ein Stoff oder Gegenstand, der das Ergebnis eines Herstellungsverfahrens ist, dessen Hauptziel nicht die Herstellung dieses Stoffes oder Gegenstandes ist, kann nur dann als Nebenprodukt und nicht als Abfall im Sinne des Artikels 3 Nummer 1 gelten, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
a) es ist sicher, dass der Stoff oder Gegenstand weiter verwendet wird,
b) der Stoff oder Gegenstand kann direkt ohne weitere Verarbeitung, die über die normalen industriellen Verfahren hinausgeht, verwendet werden,
c) der Stoff oder Gegenstand wird als integraler Bestandteil eines Herstellungsprozesses erzeugt und
d) die weitere Verwendung ist rechtmäßig, d.h. der Stoff oder Gegenstand erfüllt alle einschlägigen Produkt-, Umwelt- und Gesundheitsschutzanforderungen für die jeweilige Verwendung und führt insgesamt nicht zu schädlichen Umwelt- oder Gesundheitsfolgen."
Aus dem Einleitungssatz in Absatz 1 dieser Bestimmung ergibt sich, dass es sich beim Nebenprodukt um einen Stoff bzw. Gegenstand handeln muss, der im Zuge eines Herstellungsverfahrens anfällt. Bei Bodenhaushub handelt es sich zweifellos nicht um das Ergebnis eines Herstellungsprozesses. Weder aus der Aktenlage noch aus dem Vorbringen des Bf. ergeben sich Anhaltspunkte für das Vorliegen von Nebenprodukten.
Nach dem Gesagten kann somit kein ernsthafter Zweifel daran bestehen, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Materialien um Abfall gem. § 2 Abs. 4 ALSAG handelt.
Zur Verjährungsproblematik
Gemäß § 207 BAO unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen der Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt gem. § 207 Abs. 2 BAO grundsätzlich fünf Jahre.
Werden innerhalb der Verjährungsfrist nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr.
Die Verjährungsfrist verlängert sich gem. § 209 Abs. 1 BAO jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist.
Die Verjährungsfrist für den im ersten Quartal 2011 entstandenen Altlastenbeitrag begann gem. § 208 Abs. 1 lit. a BAO mit Ablauf des Jahres 2011 zu laufen. Seitens des Zollamtes erging am (also innerhalb der fünfjährigen Festsetzungsverjährung) ein Vorhalt an die ***NNGmbH***, der u.a. auch die Aufforderung enthielt, der Behörde Nachweise über den Zeitpunkt und die Beschaffenheit der gegenständlichen Ablagerungen vorzulegen. Dadurch verlängerte sich die Festsetzungsverjährung bis .
Am richtete das Zollamt eine Anfrage an die Abteilung RU4 beim Amt der NÖ Landesregierung, die ebenfalls die in Rede stehenden Ablagerungen zum Gegenstand hatte, sodass sich die Festsetzungsverjährung neuerlich um ein Jahr verlängerte ().
Im Jahr 2018 erfolgte eine Betriebsprüfung bei der ***NNGmbH***, die ebenfalls die verfahrensgegenständlichen Ablagerungen betraf. Dies führte zur Verlängerung der Festsetzungsverjährung um ein weiteres Jahr bis zum .
Die angeführten Amtshandlungen dienten allesamt der Geltendmachung des Abgabenanspruches zumal die Abgabenbemessung vom Zeitpunkt und von der Menge der Materialablagerungen abhängt. Sie erfüllten damit zweifellos die in § 209 Abs. 1 BAO normierten Kriterien zur Verlängerung der Verjährungsfrist.
Die fünf gegenständlichen Abgabenbescheide vom wurden somit innerhalb der Verjährungsfrist erlassen.
Zur Frage der Zwischenlagerung bzw. Ablagerung
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Ro 2019/13/0006 u.a. ausgesprochen:
"Der Verwaltungsgerichtshof vertritt zum AWG 2002, wie zuvor schon zum AWG 1990, in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, eine "Ablagerung" liege vor, wenn sie langfristig oder auf Dauer erfolge, während einer "Lagerung" immanent sei, dass die betreffenden Stoffe wieder entfernt werden sollen (vgl. in diesem Sinn 95/07/0113, VwSlg 14353/A; , 2000/07/0255; , 2003/07/0121, VwSlg 16280/A; , 2003/07/0115; , 2006/07/0164; , 2009/07/0210, VwSlg 17829/A; , 2009/07/0154; , 2008/07/0078). Die Formulierung des Deponiebegriffs im AWG 2002 entspreche diesem schon zum AWG 1990 vertretenen Verständnis (so das Erkenntnis vom ).
Dass eine Zwischenlagerung keine "Ablagerung" ist, setzt etwa auch der mit der AWG- Novelle 2004, BGBl. I Nr. 155, eingeführte letzte Satz des § 15 Abs. 3 AWG voraus, wenn es darin heißt, eine "Ablagerung von Abfällen" dürfe nur in hiefür genehmigten "Deponien" erfolgen.
§ 3 Abs. 1 Z 1 ALSAG knüpft - auch in der Verwendung der Begriffe "Ablagern" und "Lagern" - an dieses Regelungsgefüge an und verfolgt in lit. b, wie im Schrifttum schon angemerkt wurde, den Zweck, die u.a. für das Einbringen von Abfällen in einen Deponiekörper vorgesehene Beitragspflicht auf Fälle auszudehnen, in denen die Dauer einer Zwischenlagerung das Maß überschreitet, bis zu dem sie ohne Einhaltung der Bestimmungen für Deponien zulässig ist (vgl. in diesem Sinn Eisenberger, RdU 2013, 100)."
Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Maßnahme als Ablagerung oder als Lagerung einzustufen ist, ist sohin zu differenzieren, ob die Abfälle entweder nach den erkennbaren Umständen langfristig bzw. auf Dauer auf dem Grundstück verbleiben sollen (Ablagerung) oder ob sie hingegen projektgemäß wieder entfernt werden sollen (Lagerung).
Im Streitfall spricht alles dafür, die von der ***NNGmbH*** auf dem gegenständlichen Gelände vorgenommenen Anschüttungen als Ablagerung zu qualifizieren.
Denn nach der Aktenlage ergeben sich nicht die geringsten Hinweise dafür, dass eine bloß vorübergehende Lagerung geplant war. Für diese Einschätzung spricht auch die Tatsache, dass sich das in den Jahren 2011 bis 2015 von der ***NNGmbH*** eingebrachte Material im Wesentlichen noch im Jahr 2019 auf den verfahrensgegenständlichen Liegenschaften befand (siehe Bescheid des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. ***20***). Auch der Bf. bestätigte im Rahmen der mündlichen Verhandlung am , dass die gegenständlichen Materialien zur Umsetzung des Golfplatzprojektes erforderlich waren (siehe Antwort zur letzten Frage auf Seite 4 der Niederschrift). Aus dieser Aussage erhellt, dass gerade keine vorübergehende Lagerung, sondern ein dauerhafter Verbleib auf den Grundstücken intendiert war.
Für diese Einschätzung spricht auch die Tatsache, dass die Bf. die Anschüttungen in der Beschwerde ausdrücklich als Geländeverfüllungen bzw. Geländeanpassung bezeichnet. Diese beiden Tätigkeiten erfüllen aber das Tatbestandsmerkmal des Ablagerns gem. § 3 Abs. 1 Z lit. c AlSAG.
Die mit der Aktenlage nicht Einklang zu bringende beweislos vorgetragene Behauptung, es handle sich um ein weniger als dreijähriges Lagern von Abfällen zur Verwertung iSd § 3 Abs. 1 Z 1 lit. b AlSAG kann daher bloß als Schutzbehauptung qualifiziert werden.
Dies auch deshalb, weil zwischen dem Zeitpunkt der Anschüttungen (2011 bis 2015) und dem Kalenderjahr 2019 jedenfalls mehr als drei Jahre vergangen sind.
Liegen die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1a Z 5 AlSAG vor?
Nach der zitierten Bestimmung ist von der Beitragspflicht ausgenommen:
"Erdaushub, der im Zusammenhang mit einer Baumaßnahme im unbedingt erforderlichen Ausmaß zulässigerweise für eine Tätigkeit gemäß Abs. 1 Z 1 lit. c verwendet wird; weiters Erdaushub, sofern dieser die Grenzwerte für die Annahme von Abfällen auf einer Inertabfalldeponie gemäß Deponieverordnung 2008 (Anhang 1, Tabelle 3 und 4), BGBl. II Nr. 39/2008, oder die Grenzwerte für die Annahme von Abfällen auf einer Baurestmassendeponie gemäß Deponieverordnung 2008 (Anhang 1, Tabelle 5 und 6), BGBl. II Nr. 39/2008, einhält und auf einer dafür genehmigten Deponie abgelagert wird"
In der Verhandlungsschrift des Amtes der NÖ Landesregierung vom (also nach Erteilung der UVP-Bewilligung) wird unter Zl. ***21*** u.a. festgestellt:
"Die gegenständliche Deponie ist seit längerem bereits vollständig verfüllt und ist ein Einbringungsverbot für Fremdmaterial aufrecht. Auf der Deponieoberfläche wird seit dem Jahr 2010 ein konsensloses Zwischenlager mit Bodenaushubmaterial betrieben.
Laut Darstellung im Aufsichtsbericht wurden auch im Jahr 2013 von der Deponieaufsicht immer wieder Materialzulieferungen und auch Abtransporte beobachtet. Des Weiteren war auch der Deponiebereich nicht immer abgesichert bzw. versperrt. Die von der Behörde geforderten Nachweise über Umfang und Qualität der im Zwischenlager lagernden Materialien wurden nicht erbracht."
Im Sonderbericht der Deponieaufsicht vom wird unter "Pkt. 3 Lage- und Höhenaufnahme" u.a. festgestellt:
"Im Vergleich mit den genehmigten Endhöhen aus dem Projekt "Golfplatz ***NN2***" bzw. "Sanierungsprojekt Überschüttung, ***NN3***, liegt die Oberkante der derzeitigen Anschüttungen im Südosten um 0,5 bis 2,5 m auf einer Fläche von ca. 22.000 m² zu hoch. In Teilbereichen (geplantes Oberflächenwasserbecken) beträgt die Überschüttung bis zu 4,5 m.
Daraus lässt sich die Kubatur dieser über der genehmigten Deponiehöhe abgelagerten Materialien mit ca. 42.000 m³ grob abschätzen.
Die haufenförmigen Zwischenlagerungen im Nordosten wurden nicht in die Berechnung einbezogen, da eine repräsentative Abschätzung auf einfache Weise nicht zielführend ist. Die Kubaturberechnung sollte hier mittels Modellrechnung digital erfolgen."
Schon aus diesen beiden Beweisstücken ergibt sich zweifellos, dass das in § 3 Abs. 1a Z 5 erster Halbsatz AlSAG normierte Tatbestandsmerkmal ("Erdaushub, der … zulässigerweise … verwendet wird") nicht erfüllt wird, zumal der ***NNGmbH*** hier die Missachtung der im o.a. UVP-Bescheid vom ***TTMMJJJJ*** festgelegten Auflagen und somit konsensloses Ablagern vorzuwerfen ist.
Auch die übrigen in der eben zitierten Befreiungsbestimmung festgelegten Voraussetzungen liegen nicht vor. Denn die ***NNGmbH*** hat im gesamten Verfahren keinerlei Unterlagen zu der dafür notwendigen Beurteilung der maßgeblichen Grenzwerte beigebracht.
Dem Zollamt kann daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn es die begehrte Befreiung nicht zur Anwendung brachte.
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass laut Bescheid des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. ***19***, Teile des angeschütteten Materials vor Ort belassen werden konnten.
Denn auch in diesem Bescheid ist von einem konsenswidrigen Betrieb der Deponie die Rede und wird darauf hingewiesen, dass nicht alle Verfahrensaufträge erfüllt bzw. nicht allen bescheidmäßigen Anordnungen Folge geleistet wurde.
Zur Mengenermittlung
Das Zollamt hat die ***NNGmbH*** mehrmals erfolglos aufgefordert, Nachweise betreffend den Zeitpunkt und die Menge der Ablagerungen vorzulegen (z.B. Aufforderung vom ).
Auch im Rahmen der durchgeführten Betriebsprüfung war die ***NNGmbH*** nicht bereit, diesbezügliche Aufzeichnungen beizubringen.
Die genauen Mengen der auf den in Rede stehenden Grundstücken abgelagerten Materialien konnte daher mangels Mitwirkung der Partei nicht ermittelt werden.
Dass tatsächlich in den Jahren 2011 bis 2015 Ablagerungen stattgefunden haben erachtet das Bundesfinanzgericht u.a. an Hand der nachstehend angeführten Unterlagen, aus denen auszugsweise zitiert wird, als zweifelsfrei erwiesen:
Kalenderjahr 2011:
Verhandlungsniederschrift der Abteilung Umweltrecht beim Amt der NÖ Landesregierung vom , Zl. ***17***:
"Die umfangreiche konsenslose Humuszwischenlagerung im nördlichsten Bereich wurde deutlich erweitert. Der Einfahrtsschranken in der Südwestecke war heute offen, die übrigen Zufahrtsmöglichkeiten ins Areal waren durch symbolische Materialwälle gesperrt.
Entlang der Zufahrt zur Deponie an der Westgrenze des Areals wurden zusätzliche Anschüttungen vorgenommen, die laut Angaben von Tiefbauvorhaben aus dem 14. Wiener Gemeindebezirk stammen. Diese Zwischenlagerungen von Aushubmateria! besitzen keine Rechtsgrundlage und sind daher so rasch als möglich abzubauen."
Kalenderjahr 2012:
Zwischenbericht der ***NN4*** (amtlich bestelltes Bau- und Deponieaufsichtsorgan) vom , GZ. ***22***
"Im Zuge der letzten Aufsichtstätigkeit am mussten wir feststellen, dass im Bereich der bereits bei der VH am erwähnten Zwischenlagerungen (die Anschüttungen im Westen entlang der Zufahrt) anstelle der vorgesehenen Reduktion eine deutliche Erweiterung Richtung Südosten erfolgte. Außerdem wurden bis zu 2m hohe Schüttungen mit Bodenaushubmaterial im Ostbereich der Gst. Nr. ***13*** und ***14***, KG ***NN***, festgestellt. In diesen Bereichen sind jedoch keine Abfalleinbringungen oder etwaige Zwischenlager bewilligt. Auch das eingereichte Golfplatzprojekt (UVP-Verfahren, ***23***) sieht keinen Deponiebetrieb in diesen Bereichen vor.
Wir weisen darauf hin, dass die neuen Zwischenlagerungen umgehend zu beseitigen sind. Aufgrund unserer Verpflichtung, Missstände an die Behörde zu melden, müssen wir sofort die Behörde von den Zwischenlagerungen informieren, sobald diese erweitert werden. Wir werden daher die Anlage in absehbarer Zeit neuerlich kontrollieren, um uns davon zu überzeugen, dass die derzeitigen Lagerungen reduziert werden."
Kalenderjahr 2013:
Verhandlungsschrift der Abteilung Umwelt- und Energierecht beim Amt der NÖ Landesregierung vom , GZ. ***21***
"Die gegenständliche Deponie ist seit längerem bereits vollständig verfüllt und ist ein Einbringungsverbot für Fremdmaterial aufrecht. Auf der Deponieoberfläche wird seit dem Jahr 2010 ein konsensloses Zwischenlager mit Bodenaushubmaterial betrieben.
Laut Darstellung im Aufsichtsbericht wurden auch im Jahr 2013 von der Deponieaufsicht immer wieder Materialzulieferungen und auch Abtransporte beobachtet. Des Weiteren war auch der Deponiebereich nicht immer abgesichert bzw. versperrt. Die von der Behörde geforderten Nachweise über Umfang und Qualität der im Zwischenlager lagernden Materialien wurden nicht erbracht."
Kalenderjahr 2014:
Verhandlungsschrift der Abteilung Umwelt- und Energierecht beim Amt der NÖ Landesregierung vom , GZ. ***21***
"Im konsenslosen Zwischenlager auf der Deponie wurden im Jahr 2014 immer wieder Materialzufuhren und Abtransporte beobachtet."
Kalenderjahr 2015:
Jahresbericht der Deponieaufsicht:
"… im südlichen Bereich der Grundstücke wurden … zu Jahresbeginn weitere Anschüttungen mit Bodenaushub getätigt, welche von der Betreiberin als "Zwischenlagerung" verbucht wurden. Beurteilungsnachweise oder sonstige Informationen liegen zu den Materialien nicht vor."
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am räumte der Bf. ein, dass es ihm nicht möglich war, vom Schuldner Unterlagen zu erhalten, die Auskunft über die genauen Mengen der eingebrachten Materialien bzw. deren Qualitäten und deren Herkunft geben könnten. Auch über den genauen Zeitpunkt der Einbringungen und allfälliger Wegbringungen konnte der Bf. im Zuge der Verhandlung keiner Unterlagen vorlegen.
Der in der Ladung aufgetragenen Vorlage einer detaillierten Aufstellung samt bezughabender Nachweise, der - bezogen auf die beschwerdegegenständlichen Kalenderjahre 2011 bis 2015 - zu entnehmen ist, wann welche Materialien auf dem gegenständlichen Gelände abgelagert, zwischengelagert bzw. wieder entfernt wurden leistete der Bf. keine Folge.
Aus all diesen Gründen war das Zollamt zu Recht berechtigt, die Menge der abgelagerten Abfälle gem. § 184 BAO zu schätzen und mangels der Vorlage aussagekräftiger Unterlagen durch den Bf. auf die verfahrensgegenständlichen Kalenderjahre 2011 bis 2015 aliquot aufzuteilen.
Die Berechnung der Bemessungsgrundlagen durch das Zollamt erfolgte dabei an Hand der Unterlagen des amtlich bestellten Bau- und Deponieaufsichtsorgans, der ***NN4***, konkret auf der Basis der Gefährdungsabschätzung vom . Daraus ergibt sich eine Menge von insgesamt 125.300 m³ zuzüglich 55,18 Tonnen (entspricht ca. 348 m³).
Nachweise dafür, dass die darin angeführten Mengen nicht den Tatsachen entsprechen hat der Bf. nicht vorgelegt.
Im Vorbereitenden Schriftsatz vom behauptet der Bf., im Jänner 2014 seien bereits 210.000 m³ "zwischengelagert" gewesen und bezieht sich dabei auf ein Schreiben der **NN5** vom .
Bei diesen Mengenangaben handelt es sich aber laut den Ausführungen im eben erwähnten Schreiben (siehe Seite eins unten) bloß um auf die Zukunft gerichtete Absichtserklärungen (arg: "in dieser Fläche sollen nachstehende Materialien und Mengen zwischengelagert und entsprechend ihrer Verwertung (Verwendung) aufgearbeitet werden").
Das genannte Schreiben der ***NN5*** enthält auch detaillierte Angaben zum bereits bestehenden "zwischengelagerten" Material, das demnach per Ende 2013 einen Umfang von 154.000 m³ gehabt haben soll (siehe Seite zwei unten). Wann das Material in die Deponie verbracht worden sein soll, ist dem Schreiben nicht zu entnehmen.
Diese Mengenangaben, die allesamt jedenfalls viel höher sind, als die seitens des Zollamtes der Bemessung zugrunde gelegten Mengen, sind zu vage, um als Grundlage für eine allfällige Verböserung durch das Bundesfinanzgericht herangezogen zu werden.
Es besteht daher auch aus dieser Sicht keine Veranlassung, von den seitens des Zollamtes ermittelten Umfang der Ablagerungen im Ausmaß von insgesamt 125.648 m³ abzuweichen.
Zur Frage der Anwendung des § 295a BAO:
Die Bf. bringt unter Bezugnahme auf den o.a. UVP-Bescheid vom ***TTMMJJJJ*** vor, die nachträgliche Genehmigung der für das Golfplatzprojekt durchgeführten Geländeverfüllung bzw. Geländeanpassung habe iSd vom VwGH zu § 295a BAO ergangenen Rechtsprechung abgabenrechtliche Wirkungen für die Vergangenheit auf den Bestand des Abgabenanspruchs.
Mit dem rechtskräftigen UVP-Bescheid für den Golfplatz seien alle Voraussetzungen für die Ausnahme von der Beitragspflicht gem. § 3 Abs. 1a Z 5 ALSAG erfüllt.
Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden.
Die Änderung nach § 295a BAO hat zur Voraussetzung, dass ein Ereignis eintritt, das abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit auf den Bestand oder Umfang eines Abgabenanspruchs hat. Ein derartiges Ereignis muss - damit ein Anwendungsfall des § 295a BAO vorliegen kann - nach Erlassung des Abgabenbescheids eintreten. Tritt ein solches Ereignis hingegen vor Bescheiderlassung ein, muss es bereits im Abgabenbescheid Berücksichtigung finden (vgl. Ritz, BAO5, § 295a Tz 5, ).
Nach der Aktenlage und nach den Feststellungen in der o.a. Beschwerdevorentscheidung vom hat das Zollamt den von der Bf. angesprochenen UVP-Bescheid vom ***TTMMJJJJ*** bei der Erlassung des nunmehr angefochtenen Bescheides vom bereits berücksichtigt.
Damit steht fest, dass der UVP-Bescheid kein nachträgliches, den abgabenrechtlich relevanten Sachverhalt betreffendes Ereignis darstellt, sodass schon aus diesem Grund die Anwendung des § 295a BAO nicht in Betracht kommt.
Dazu kommt, dass entgegen der vom Bf. offensichtlich vertretenen Ansicht die Erteilung der erwähnten UVP-Genehmigung keinesfalls zur rückwirkenden Zulässigkeit der vor der Genehmigungserteilung vorgenommenen konsenslosen Anschüttungen führen kann.
Das ergibt sich aus dem UVP-Bescheid selbst, in dem es u.a. heißt:
"Pkt. I.1.5:
Einbringung von Abfällen in die Deponie(abschnitte)
Unmittelbar nach erfolgter Errichtung der Deponie oder eines Teilbereichs der Deponie ist dies der UVP-Behörde anzuzeigen.
Die Einbringung von Abfällen in die Deponie oder einen Teilbereich der Deponie ist erst nach Feststellung der Übereinstimmung der Anlage und der Maßnahmen mit der erteilten Genehmigung durch die UVP-Behörde zulässig.
Pkt. I.6.4.3:
Mit der Ablagerung darf erst nach Vorliegen eines positiven Überprüfungsbescheides für den jeweiligen Deponieabschnitt inkl. der dazugehörigen Anlagenteile begonnen werden. Dazu ist der Behörde im Wege des Deponieaufsichtsorgans eine Fertigstellungsmeldung unter Anschluss eines Kollaudierungsoperates zu übermitteln.
Pkt. I.:
Die in den Deponiebereich eingebrachten Abfälle sind durch geeignete Messeinrichtungen zu verwiegen, das Messergebnis ist aufzuzeichnen.
Anstelle einer Waage kann die Masse der abzulagernden Abfälle auch durch Umrechnung aus dem Volumen ermittelt werden (gemäß ÖN S2123 Faktor 1,5t/m3 für lockeres Material, Faktor 2,0t/m3 für gewachsenes Material), das Messergebnis ist aufzuzeichnen.
Pkt. 8.4.3.8:
…
Zur Abgrenzung zu den Abbaufeldern, Geländeverfüllungen, abgeschlossenen Deponien, in Betrieb befindlichen Deponien ist weiters festzuhalten, dass seitens der Antragstellerin nun nicht beabsichtigt ist, die Abbaufelder, Geländeverfüllungen, abgeschlossenen Deponien, in Betrieb befindlichen Deponien in das zu genehmigende Vorhaben aufzunehmen."
Daraus folgt, dass sich der Bescheid ausschließlich auf Anschüttungen bezieht, die nach der Bewilligungserteilung vorgenommen wurden. Er kann daher hinsichtlich der vor diesem Zeitpunkt abgelagerten Materialien die vom Bf. vermeinten Rechtsfolgen nicht entfalten.
Aber auch hinsichtlich der nach der Genehmigungserteilung erfolgten Ablagerungen ist - wie bereits oben ausgeführt - von unzulässigen Anschüttungen auszugehen. Sind sie doch unter Missachtung der behördlichen erteilten Auflagen geschehen. Letzteres zeigt sich u.a. darin, dass die ***NNGmbH*** keine Aufzeichnungen über Zeitpunkt, Menge und Qualität der Ablagerungen geführt hat.
Zu den Beschwerdevorentscheidungen
Der Bf. bringt in den o.a. Vorlageanträgen wortreich seine Ansicht zum Ausdruck, die fünf o.a. Beschwerdevorentscheidungen seien rechtswidrig. Er meint, eine Beschwerdevorentscheidung stelle eine Erschwerung der Wahrnehmung des Rechts einer jeden Person dar, ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen Gericht in einem fairen Verfahren entscheiden zu lassen. Er erachtet sich erkennbar dadurch in seinen Rechten verletzt, dass das Zollamt seine Beschwerden nicht ohne Erlassung von Beschwerdevorentscheidungen dem Bundesfinanzgericht vorgelegt hat.
Dem ist zu entgegen, dass sich die Bestimmungen über die Beschwerdevorentscheidungen (§§ 262 und 263 BAO idF FVwGG 2012) insofern wesentlich von jenen über die Berufungsvorentscheidungen (§ 276 BAO aF) unterscheiden, als sie grundsätzlich die zwingende Erlassung von Beschwerdevorentscheidungen festlegen.
§ 262 Abs. 2 BAO bestimmt zwar, dass die Erlassung eine Beschwerdevorentscheidung zu unterbleiben hat, a) wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird und b) wenn die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt.
Die zuletzt genannten Ausnahmeregelungen gelten jedoch gem. § 45 ZollR-DG, der bestimmt, dass die Regelungen des § 262 Abs. 2 bis 4 BAO nicht anzuwenden sind, nicht im Zollbereich. Denn die Zollbehörden und das Bundesfinanzgericht haben gem. § 47 ZollR-DG den § 2 Abs. 3 und die §§ 42 bis 47 ZollR-DG auch dann anzuwenden, wenn sie nicht im Rahmen des Geltungsbereichs des § 2 Abs. 1 ZollR-DG tätig werden.
Das Zollamt war daher zur Erlassung der Beschwerdevorentscheidungen verpflichtet.
Der Bf. meint bei verfassungskonformer Anwendung der BAO sei in einem Sachverhalt, in dem die Behörde ihren Bescheid nur bestätige, eine Beschwerdevorentscheidung nicht zu erlassen. Ein derartiges Handeln stehe im Widerspruch zu den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Inanspruchnahme eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes.
Dem ist zu entgegnen, dass der Verfassungsgerichtshof dem Institut der Beschwerdevorentscheidung bereits mehrmals die verfassungsrechtliche Zulässigkeit attestiert und u.a. festgestellt hat, dass das verfassungsrechtliche Regelungssystem einem Beschwerdevorverfahren, bei dem die bescheiderlassende Verwaltungsbehörde auf Grund einer Beschwerde an das Verwaltungsgericht eine Vorentscheidung trifft, nicht entgegensteht.
So hat er etwa ausgesprochen:
"Eine Beschwerdevorentscheidung, bei der die Verwaltungsbehörde "aus Anlass der Erhebung einer Beschwerde ermächtigt ist, den angefochtenen Bescheid nach Art einer Berufungsvorentscheidung (§ 64a AVG) aufzuheben oder in jeder Richtung abzuändern" (Erläut. RV 1618 BlgNR 24. GP, 14), soll […] der Verwaltungsbehörde aus System- wie Effizienzüberlegungen die Möglichkeit eröffnen, ihre zunächst oft vereinfacht und schematisiert getroffene Entscheidung auf Grund des Beschwerdevorbringens nachzuschärfen." ().
Eine Einschränkung iSd Beschwerdevorbringen, wonach nur dann die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung unzulässig sein soll, wenn sie den angefochtenen Bescheid bestätigt (die Beschwerde also abweist), ist weder der Rechtsprechung noch den zur Anwendung gelangenden gesetzlichen Bestimmungen zu entnehmen.
Das Bundesfinanzgericht teilt daher die vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht.
Aktuelle Rechtsprechung des EuGH
Bemerkt wird, dass sich das beschwerdegegenständliche Material nicht mit jenem vergleichen lässt, das Gegenstand des war. In jenem Verfahren ging es um Aushubmaterial, das Landwirte für eine Bodenrekultivierung bzw. Verbesserung der landwirtschaftlichen Ertragsflächen benötigten und nicht wie hier um konsenslose Ablagerungen eines Abfalls unbekannter (weil nicht untersuchter) Qualität.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die vorliegende Entscheidung kann sich auf die zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung stützen. Es musste daher der Revisionsausschluss zum Tragen kommen.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Zoll |
betroffene Normen | § 47 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994 § 2 ALSaG, Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989 § 262 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 3 ALSaG, Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989 § 45 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7200036.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at