Verdeckte Ausschüttung einer GmbH an Ges./Gf.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wolfgang Pavlik, die Richterin MMag. Elisabeth Brunner und die fachkundigen Laienrichter Mag. Belinda Eder und Erwin Agneter über die Beschwerde der Bf. GmbH, Adresse, vertreten durch Holztrattner WP und Stb GmbH, 1130 Wien, Fichtnergasse 10, gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 (nunmehr Finanzamt Österreich) vom , St.Nr. 123/4567, betreffend Kapitalertragsteuerhaftungsbescheid für den Zeitraum
1-12/2016, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.
Der bekämpfte Bescheid wird insofern abgeändert, als für den Zeitraum 01-12/2016 auf Grund des Zuflusses von Kapitalerträgen gemäß § 93 EStG 1988 an A. B. Haftung für Kapitalertragsteuer iHv EUR 35.640,03 geltend gemacht wird.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (Bf), eine GmbH, ist im Transportgewerbe tätig. Die Gesellschaftsanteile sind im Zeitraum - zu 100% im Besitz des A. B., geb. Datum, welcher in diesem Zeitraum die Gesellschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer selbständig nach außen vertritt. Mit Gesellschaftsbeschluss vom wurde der bisher selbständig vertretungsberechtigte Geschäftsführer A. B. mit sofortiger Wirkung seines Amtes enthoben und dessen Sohn C. B. mit sofortiger Wirkung zum Geschäftsführer mit selbständigem Vertretungsrecht bestellt.
Bei der Beschwerdeführerin (Bf) wurde im Jahr 2017 eine Außenprüfung durchgeführt, bei der grobe Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit dem Ankauf von vier LKWs aufgedeckt wurden.
Laut Zulassungsstelle waren diese LKWs jeweils für mehrere Monate auf die Bf. GmbH zugelassen, jedoch wurden keine Einkünfte iZm diesen Fahrzeugen erklärt. Die vier LKWs wurden zu Jahresbeginn von der D. E. GmbH gegen Barzahlung erworben. Die D. GmbH gab im Jahr 2016 keine Steuererklärungen ab, die Bemessungsgrundlagen mussten geschätzt werden und am wurde mit Beschluss des Handelsgerichts Wien der Konkurs dieser Firma erklärt.
Es wurde aufgrund der aufrechten Zulassung der Fahrzeuge auf die Bf davon ausgegangen, dass die Bf mit den vier LKWs im Zulassungszeitraum selbst Transportleistungen durchgeführt hat und mangels Erklärung durch die Bf wurden die mit diesen durchführbaren Mehrleistungstage gemäß § 184 BAO im Schätzungswege ermittelt.
Festgestellt wurde diesbezüglich u.a.:
"Tz 1.22 Verprobung Leistungszeiten 01-07/2016 mit Einsatz von D. erworbenen LKW
Im Rahmen der durchgeführten Betriebsbesichtigung am Firmensitz der in Prüfung befindlichen Gesellschaft konnten weder Dienstpläne noch Fahrtenbücher vorgelegt werden. Resultierend aus diesem Umstand war die Abgabenbehörde in Anlehnung an § 184 BAO zur Schätzung verpflichtet. Unter Berücksichtigung der D. LKW (bezeichnet als Fuhrpark A) ließen sich im Zeitraum 01- 07/2016 die nachstehenden Mehrleistungstage ableiten.
…
Unter Berücksichtigung der D. LKW (bezeichnet als Fuhrpark A) sind im Zeitraum 01-07/2016 Mehrleistungstage in Höhe von 264 Tagen erzielbar.
Tz 1.23 Darstellung zur Schätzungsmethodik gern. § 184 BAO Auf Grundlage festgestellter Mehrleistungstage, ließen sich unter Berücksichtigung eines errechenbaren Netto-Tageserlöses die nachstehenden verdeckten Ausschüttungen ableiten: …
Die auf Basis der o.a. Darstellung gern. § 184 BAO ermittelte verdeckte Ausschüttung war dem Geser-GF zu 100% zuzurechnen und mit 27,50 % der Kapitalbesteuerung zu unterziehen."
Die verdeckte Ausschüttung betrug demnach EUR 59.040,00.
Eine Überprüfung des Gesellschafterverrechnungskontos ergab außerdem, dass die Vorgehensweise bei dem Verrechnungskonto durch den Gesellschafter-Geschäftsführer der Bf, Herrn A. B., nicht den Anforderungen der Angehörigenjudikatur genügte. Festgestellt wurde:
"Zu den aktiven Verrechnungskonten sowie Darlehensforderungen ergab eine im Rahmen der Sachverhaltsermittlung durchgeführte Plausibilitätskontrolle auf Fremdvergleichskriterien (Sicherheiten, Rückzahlungsmöglichkeiten, Verzinsung) die Erkenntnis, dass keine schriftlichen Darlehensverträge abgeschlossen wurden. Mangels Standhalten dieser Fremdvergleichskriterien war die per … aushaftende Gesellschafterverrechnungskontoforderung in Höhe von € 122.236,42 als verdeckte Ausschüttung zu behandeln, dem Geser-GF zu 100% zuzurechnen und mit 27,50 % der Kapitalertragsteuer zu unterziehen."
Die verdeckte Ausschüttung betrug demnach insgesamt EUR 181.276,42, die Bemessungsgrundlage für die KEST EUR 250.034,57 und die KEST iHv 27,50% EUR 68.759,51.
Am erließ das FA einen entsprechenden KEST-Haftungsbescheid.
Dieser Bescheid blieb zunächst unbekämpft, erst am wurde ein Antrag auf Aufhebung des Bescheids gemäß § 299 BAO wegen Unrichtigkeit des Bescheides gestellt.
Darin wurde i.w. ausgeführt, von der Firma D. E. GmbH seien vier gebrauchte LKWs im Gesamtwert von € 22.000,-- erworben. Diese Fahrzeuge seien im selben Jahr wiederum um € 18.000,-- verkauft worden. Erlöse seien keine erfasst, Aufwendungen seien nicht geltend gemacht worden. Erlöse seien für diese Fahrzeuge nicht vorhanden gewesen. Seitens der Betriebsprüfung sei dieser Umstand nunmehr aufgegriffen worden, für diese Fahrzeuge seien Erlöse kalkulatorisch erfasst und der Gesellschaft als verdeckte Gewinnausschüttung zugerechnet worden. Dem Geschäftsführer sei diese Konsequenz nicht klar gewesen; er glaubte, Erlöse, die die Gesellschaft nicht habe, könnten auch zu keinen steuerlichen Konsequenzen führen. Tatsächlich sei der Ankauf dieser vier Fahrzeuge jedoch aus rein gewerberechtlichen Gründen erfolgt. Die Nutzung sei ausschließlich durch die D. E. GmbH erfolgt. Als Nachweis wurde ein Bestätigungsschreiben vom der von bis im Konkurs befindlichen D. E. GmbH vorgelegt.
Gleichzeitig eingebracht wurde der Jahresabschluss der Bf für das Jahr 2016, in dem ein Geschäftsführerbezug von EUR 39.000,-- ausgewiesen wurde; um diesen Betrag sei der Kapitalertragsteuerhaftungsbescheid 1-12/2016 laut Aufhebungsantrag zu kürzen, da dieser Betrag in der Einkommensteuererklärung 2016 des Geschäftsführers aufscheine und nicht doppelt besteuert werden könne.
Am erging ein Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO gleichzeitig mit einem neuen, abgeänderten Kapitalertragsteuerhaftungsbescheid 1-12/2016 unter Berücksichtigung des erklärten Geschäftsführergehalts als ertragsmindernd. Das FA ging zwar nicht davon aus, dass es im Jahr 2016 zur Auszahlung eines Geschäftsführergehalts an Herrn A. B. gekommen sei, da dieser im 2016 keine Einkünfte erklärt hätte und sich auch während der Prüfung im Jahr 2017 keine Indizien für einen Bezug von Geschäftsführergehalt in den Unterlagen fanden und die Leistung eines solchen auch nicht behauptet worden sei; es sei jedoch davon auszugehen, dass bei dem Geschäftsführer zumindest ein Anspruch auf ein angemessenes Geschäftsführergehalt bestand habe und seien EUR 39.000,-- nicht unangemessen. Die Bemessungsgrundlage für den Kapitalertragsteuerhaftungsbescheid 2016 wurde um diesen Betrag verringert und es wurde nunmehr Haftung für Kapitalertragsteuer iHv EUR 58.034,51 geltend gemacht.
Am wurde ggstdl Beschwerde eingebracht. Darin wurde i.w. vorgebracht, dass die Bf sich nach den vorhandenen Möglichkeiten von der Seriosität ihrer Geschäftspartner überzeugt habe und tatsächlich keine nicht erklärten Gewinne erzielt worden seien.
Das FA wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab und führte i.w. aus, in der Beschwerde sei die Beibringung weiterer Beweismittel angekündigt worden, welche jedoch nicht erfolgt sei. Die angesprochenen Beweismittel, nämlich ein nachträglich erstellter Jahresabschluss 2016 und ein von der D. E. GmbH unterzeichnetes Schriftstück, seien vom FA bereits gewürdigt worden. Auf die Feststellungen zu den Unregelmäßigkeiten in der Buchhaltung der Bf, insbesondere im Zusammenhang mit den Fremdleistungen sei in der Beschwerde inhaltlich nicht eingegangen und auch keine Gegenbeweise vorgelegt worden, sondern habe diese lediglich die oben angeführten, unsubstantiierten Behauptungen enthalten. Aus Sicht der Behörde könne keinesfalls von ordnungsgemäßer Überprüfung von Fremdleistern ausgegangen werden, wenn hierzu keine Nachweise und nicht einmal Rechnungen, sondern lediglich handschriftliche Eigenbelege vorgelegt werden könnten.
Am wurde von der Bf ein Vorlageantrag eingebracht, welchem
(Eingangs)-Tankrechnungen der D. E. GmbH, sowie das Erkenntnis des Spruchsenats des FA SpS 456/78 vom beigelegt waren. Die vorgelegten Tankrechnungen der D. E. GmbH listen die betankten Lkws auf, unter diesen befinden sich unter anderem die vier laut Beschwerde für die D. E. GmbH auf die Bf angemeldeten Lkws, welche der Umsatzhinzuschätzung gemäß § 184 BAO zugrunde gelegt worden waren. Nach dem Vorbringen der Bf sei diesen Tankrechnungen eindeutig und klar zu entnehmen, dass die in Rede stehenden LKWs (siehe farbliche Markierungen auf den Tankrechnungen) tatsächlich von der D. E. GmbH in Verwendung waren. Die D. E. GmbH hätte diese LKWs zur Erzielung von Umsätzen in Verwendung gehabt, wodurch die von der Finanz erfolgte Hinzuschätzung der Umsätze in doppelter Weise bei der Bf weder sachgerecht noch begründet sei. Die in Rede stehenden LKWs seien zwar auf die Bf. GmbH zugelassen gewesen, aber wirtschaftlich, ertragsteuerlich, umsatzsteuerlich als auch einnahmenseitig ausschließlich von der D. E. GmbH durchgehend in Verwendung gewesen. Es würde schlichtweg keinen Sinn machen, dass die D. E. GmbH nachweislich für die in Rede stehenden LKWs laufende Tankrechnungen für den betreffenden Zeitraum erhalte und bezahle, wenn durch diesen Ressourcen-Einkauf keine Umsätze generiert werden sollten. Eine nochmalige Hinzuschätzung dieser Umsätze an die Bf würde eine klassische Doppelbesteuerung von einmalig ausgeführten Umsätzen mit sich ziehen und entspreche nicht der wirtschaftlichen Realität.
Aus dem von der Bf dem Vorlageantrag beigelegten Erkenntnis des Spruchsenats SpS 456/78 vom ist ersichtlich, dass der Geschäftsführer A. B. wegen Hinterziehung von Lohnabgaben zu einer Geldstrafe und die Bf zu einer Verbandsstrafe verurteilt wurde. Die anderen vorgeworfenen Delikte Hinterziehung von Kapitalertrag- und Umsatzsteuer 2016 wurden hingegen eingestellt.
Daher sei nach den Ausführungen der Bf erwiesen, dass die Bf keinerlei Umsätze in diesem Sachverhalt hätte erzielen können.
Im Vorlagebericht führte das FA i.w. aus, die dem Vorlageantrag vom beigelegten Tankrechnungen würden lediglich nachweisen, dass die auf die Bf angemeldeten Lkws im Namen der D. E. GmbH betankt wurden, nicht jedoch, dass diese tatsächlich von der D. genutzt wurden. Im Jahr 2017 sei bei der D. E. GmbH eine Außenprüfung zu Einkommen- und Umsatzsteuer 2014 und 2015 mit einer Nachschau bis März 2017 durchgeführt worden, die D. hätte zuvor bis ins Jahr 2014 zurück keine Abgabenerklärungen geleistet. Im Rahmen dieser Prüfung sei ein Vergleich Umsatz/Treibstoffkosten durchgeführt, demzufolge die D. E. GmbH weitaus höhere Treibstoffkosten aufgewiesen habe als Vergleichsbetriebe. Laut Tz. 6 des Prüfberichts vom sei dies auch vom Geschäftsführer der D. zugestanden worden, welcher die errechnete Differenz beim Treibstoffverbrauch zu einem durchschnittlichen Vergleichsbetrieb auf Personaldiebstahl zurückführte. Er hätte dies jedoch weder beweisen können, noch hätte er Schritte straf- oder zivilrechtlicher Natur gesetzt.
Das beigelegte Erkenntnis des Spruchsenats SpS 456/78 sei für ggstdl Verfahren irrelevant. Der Maßstab für eine Verurteilung im Rahmen eines (Finanz-)Strafverfahrens sei naturgemäß wesentlich strenger als die Anforderungen, welche an eine Schätzung im Rahmen des Abgabenverfahrens gesetzt würden. Eine abgabenrechtliche Hinzuschätzung könne also auch dann gerechtfertigt sein, wenn sich die Beweislast für eine strafrechtliche Verfolgung als nicht ausreichend erweise. Nachdem das Erkenntnis zudem als gekürzte Ausfertigung gemäß § 141 Abs 3 FinStrG ohne Begründung und Sachverhaltsdarstellung ergangen sei, seien die Ausführungen, das Vorbringen der Bf sei vom Spruchsenat "bestätigt" worden, nicht nachvollziehbar.
Das Beschwerdebegehren der Bf sei daher unbegründet.
In der mündlichen Senatsverhandlung vor dem BFG brachte der Vertreter der Bf ergänzend i.w. vor, das Verfahren dauere schon relativ lange. Der frühere steuerliche Vertreter sei leider verstorben. Der nunmehrige Vertreter sei der Kanzleikurator gewesen und habe die Bf als Klienten übernommen. Es seien vom FA auch keine Unterlagen angefordert worden und im Jahr 2020 sei dann - für den Vertreter überraschend - ohne weitere Ermittlungen eine abweisende BVE erlassen worden.
Er verweise darauf, dass er als Kanzleikurator ca. 400 Klienten übernommen habe und sich erst in die verschiedenen Materien einarbeiten habe müssen.
Er habe dann im Zuge des Vorlageantrags die angekündigten Beweismittel vorgelegt, nämlich einen ganzen Packen Tankrechnungen und das erwähnte Erkenntnis des Spruchsenats, das zwar nicht bindend sei, aber doch Indizwirkung haben könne.
Diese Tankrechnungen, welche auf die D. GmbH (ebenfalls ein Transportunternehmen) lauteten und den ggstdl. LKWs auf Grund der Kfz-Kennzeichen eindeutig zuzuordnen seien, seien der Beweis dafür, dass eben die Bf. GmbH nie Umsätze mit diesen LKWs erzielt habe. Nach Informationen des Beschuldigten seien im Finanzstrafverfahren genau diese Tankrechnungen gegenständlich gewesen und Hr. B., welcher auch als Zeuge zur Verfügung stünde, hätte nach seiner glaubhaften Aussage durch Vorlage der Tankrechnungen den Vorwurf entkräften können. Weshalb die LKWs auf die Bf zugelassen waren, könne der Vertreter nicht sagen.
Der Vertreter des FA führte i.w. aus, dass laut Beschwerde die Vorlage von Unterlagen angekündigt war, diese seien jedoch ein Jahr lang nicht übermittelt worden.
Für das FA sei die Zulassung der LKWs auf die Bf ausschlaggebend gewesen, zumal die Prüfung bei der D. GmbH übermäßig hohe Tankrechnungen ergeben habe.
Außerdem sei im Finanzstrafverfahren ein anderer Maßstab anzulegen wie im Abgabenverfahren.
In seinem Schlusswort verwies der Vertreter der Bf nochmals auf die vorgelegten Tankrechnungen, welche von der D. bezahlt worden seien und demnach auch zu Umsätzen der D. führen müssten. Eine Zurechnung an die Bf. GmbH sei daher nicht möglich.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen
Sachverhalt
Die Bf, eine GmbH, ist im Transportgewerbe tätig. Die Gesellschaftsanteile waren im Zeitraum - zu 100% im Besitz des A. B., geb. Datum, welcher in diesem Zeitraum die Gesellschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer selbständig nach außen vertrat.
Von der Bf wurden vier gebrauchte LKWs im Gesamtwert von EUR 22.000,-- erworben. Diese Fahrzeuge wurden im selben Jahr um EUR 18.000,-- wieder verkauft.
Die Nutzung dieser Fahrzeuge erfolgte nicht durch die Bf, sondern ausschließlich durch die D. E. GmbH, einer Firma, die ebenfalls im Transportgewerbe tätig war. Bei der Bf waren daher mangels Nutzung der Fahrzeuge keine Erlöse bzw. Aufwendungen zu erfassen.
Der Gesellschafter/Geschäftsführer hatte Anspruch auf ein Geschäftsführergehalt in Höhe von EUR 39.000,--.
Die Vorgehensweise bei den Verrechnungskonten durch den Gesellschafter/Geschäftsführer entsprach nicht den Fremdvergleichskriterien im Hinblick auf Sicherheiten, Rückzahlungsmöglichkeiten und Verzinsung. Es wurden keine schriftlichen Darlehensverträge abgeschlossen.
Es haftete eine Gesellschafterverrechnungskontoforderung iHv EUR 122.236,42 aus, von der das Geschäftsführergehalt in Abzug zu bringen ist.
Beweiswürdigung
LKWs:
Das BFG erkennt in freier Beweiswürdigung, dass wahrscheinlicher ist, dass die LKWs nicht von der Bf, sondern von der D. GmbH genutzt wurden, und zwar aus folgenden Gründen.
Die vorgelegten Tankrechnungen, die den ggstdl. LKWs auf Grund der ausgewiesenen Kennzeichen zugeordnet werden können, sind ein Beleg für die Nutzung der LKWs durch die D. GmbH. Dass die LKWs im Namen der D. GmbH betankt, von dieser GmbH jedoch nicht genutzt wurden, erscheint äußerst unwahrscheinlich, zumal auch eine entsprechende schriftliche Bestätigung der D. GmbH vorliegt.
Auch der finanzstrafrechtliche Freispruch ist ein Indiz für die Richtigkeit des angenommenen Sachverhalts, auch wenn richtig ist, dass im Strafverfahren ein anderer Maßstab anzulegen ist als im Abgabenverfahren. Dass die Tankrechnungen im Strafverfahren ggstdl. waren, ist durchaus glaubhaft.
Es konnten zwar nicht alle Ungereimtheiten iZm der Nutzung der LKWs ausgeräumt werden. So konnte nicht aufgeklärt werden, warum die LKWs von der Bf erworben und auf diese zugelassen wurden.
Dass die D. GmbH weitaus höhere Treibstoffkosten hatte wie andere Vergleichsbetriebe, wie die belangte Behörde ausführt, ist ein eher schwaches Indiz, da dies verschiedene Ursachen haben kann und ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Nutzung der ggstdl. LKWs daraus nicht ableitbar ist.
Zusammenfassend ist auszuführen, dass nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung das Verwaltungsgericht nach freier Überzeugung zu beurteilen hat, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren, Band I, 3. Auflage, § 167, Rz. 4ff. mwN).
Im vorliegenden Fall hat das Beweisverfahren durch sorgfältige Berücksichtigung der vorliegenden Beweismittel ergeben, dass die Zurechnung der mit ggstdl. LKWs erzielten Umsätze an die Bf weitaus weniger wahrscheinlich ist als die Zurechnung an die D. GmbH.
Da somit eine verdeckte Ausschüttung an den Gesellschafter/Geschäftsführer nicht vorliegen kann, war der Beschwerde insoweit Folge zu geben.
Geschäftsführergehalt:
Dieses wurde bereits von der belangten Behörde in Abzug gebracht. Die Ausführungen der belangten Behörde, wonach ein Anspruch auf ein angemessenes Geschäftsführergehalt bestand und ein solches iHv EUR 39.000,-- zumindest nicht als unangemessen anzusehen ist, welches die Bemessungsgrundlage für den Kapitalertragsteuerhaftungsbescheid um diesen Betrag vermindert, sind nachvollziehbar, sodass das BFG keinen Anlass sieht, von dieser Vorgangsweise abzuweichen.
Verrechnungskonto:
Dass die Vorgehensweise bei dem Verrechnungskonto durch den Gesellschafter/Geschäftsführer einem Fremdvergleich nicht standhält, da keine schriftlichen Darlehensverträge abgeschlossen wurden, wurde von der belangten Behörde unwidersprochen und auf Grund nachvollziehbarer Feststellungen im Bericht der AP festgestellt.
Die per auf aushaftende ggstdl. Gesellschafterverrechnungskontoforderung in Höhe von EUR 122.236,42 (minus EUR 39.000 Geschäftsführergehalt) ist daher - der belangten Behörde folgend - als verdeckte Ausschüttung zu behandeln und dem Gesellschafter/Geschäftsführer zu 100% zuzurechnen.
Diese Feststellung wird auch von der Bf im Vorlageantrag nicht mehr bekämpft, wenn sie ausführt, es werde die Nichtfestsetzung der Kapitalertragsteuer in Höhe von EUR 22.394,48 für die verdeckte Ausschüttung in Höhe von EUR 59.040,00 beantragt.
Rechtliche Beurteilung
Verdeckte Ausschüttung:
Gemäß § 8 Abs 2 KStG 1988 ist es für die Ermittlung des Einkommens ohne Bedeutung, ob das Einkommen im Wege offener oder verdeckter Ausschüttungen verteilt oder entnommen oder in anderer Weise verwendet wird.
Entscheidendes Merkmal einer verdeckten Ausschüttung ist die Zuwendung von Vermögensvorteilen, die ihrer äußeren Erscheinungsform nach nicht unmittelbar als Einkommensverteilung erkennbar sind und ihre Ursache in den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen haben. Das Anwachsen des Verrechnungskontos eines Gesellschafters stellt grundsätzlich mit dem Zuwachsbetrag eine verdeckte Ausschüttung dar, wenn keine nach außen hinausreichend zum Ausdruck kommende, von vornherein ausreichend klare und jeden Zweifel ausschließende und einem Fremdvergleich standhaltende Abmachung vorliegt (vgl. ; ; ).
Der VwGH hat in seiner Judikatur hiezu mehrfach klargestellt, dass an die Anerkennung von Vereinbarungen zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern zumal im Falle eines die Gesellschaft beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers ebenso strenge Maßstäbe wie an die Anerkennung von Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen anzulegen sind. Solche Abmachungen müssen von vornherein klar sein und einem Fremdvergleich standhalten.
Unbestritten blieb, dass mangels Standhalten dieser Fremdvergleichskriterien die per auf dem Verrechnungskonto aushaftende Gesellschafterverrechnungskontoforderung minus Geschäftsführergehalt als verdeckte Ausschüttung zu behandeln und dem Gesellschafter/Geschäftsführer zu 100% zuzurechnen ist.
Nach § 93 Abs 1 EStG 1988 wird bei inländischen Kapitalerträgen (Abs 2) sowie bei im Inland bezogenen Kapitalerträgen aus Forderungswertpapieren (Abs 3) die Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben (Kapitalertragsteuer).
Gemäß § 95 Abs 1 EStG 1988 haftet der Abzugsverpflichtete dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer.
Gemäß § 95 Abs 2 EStG 1988 ist die Bf als Schuldner der Kapitalerträge die Abzugsverpflichtete.
Gemäß § 202 Abs 1 BAO sind Nachforderungen, wenn die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt, mittels Haftungsbescheides (§ 224 Abs 1 BAO) geltend zu machen.
Gemäß § 201 Abs 2 Z 3 BAO kann die Festsetzung einer Selbstberechnungsabgabe erfolgen, wenn kein selbst berechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden.
Die Geltendmachung der Haftung ist nach § 20 BAO eine Ermessensentscheidung. Sie erfolgt im Hinblick auf die Pflichtverletzung bei Einbehaltung und Abfuhr der gegenständlichen Kapitalertragsteuer sowie im öffentlichen Interesse an der Durchsetzung und Einbringung der Abgabe. Der Ermessensausübung entgegen stehende Umstände oder überwiegende Billigkeitsgründe liegen nicht vor.
Die dem Gesellschafter/Geschäftsführer zu 100% zuzurechnende verdeckte Ausschüttung war daher für den Zeitraum 1-12/2016 mit 27,50% der Kapitalertragsteuer zu unterziehen.
Berechnung:
Haftung für Kapitalertragsteuer laut Haftungsbescheid vom 14.03.201 iHv EUR 58.034,51
Teilweise Stattgabe BFG: 59.040,00 Euro/72,5*100 = 81.434,48 Euro *27,5% =
Minderung um EUR 22.394,48
Ergebnis: 58.034,51-22.394,48 = Haftung für KEST iHv EUR 35.640,03
Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision wird nicht zugelassen, da es sich in erster Linie um Sachverhaltsfragen handelt und die zu lösenden Rechtsfragen der Judikatur des VwGH folgen, sodass keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 93 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 95 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 8 Abs. 2 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 § 95 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 201 Abs. 2 Z 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 202 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 224 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103146.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at