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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.07.2023, RV/2101144/2019

Keine Erstattung der Vorsteuern aus Roaminggebühren an Drittlandsunternehmen im Vorsteuererstattungsverfahren

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, TADIG-Code ***1***, über die Beschwerde vom , eingelangt am , gegen die Bescheide des ***FA***, nunmehr: Finanzamt Österreich (FAÖ),
a) vom betreffend Vorsteuererstattung 4-6/2015
b) vom betreffend Vorsteuererstattung 1-12/2015
Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist eine im Drittland (***2***) ansässige Gesellschaft, die als sogenannter "Handy-Provider" Leistungen im Bereich der "Telefonie" erbringt. In ***2*** betreibt sie ein "Handy-Netz" und hat überwiegend in ***2*** ansässige Kunden.
Wenn die Kunden der Bf. während ihres Aufenthaltes in Österreich telefonieren, erfolgt dies durch Nutzung der Netze österreichischer "Handy-Provider". Die österreichischen "Handy-Provider" stellen der Bf. für jede einzelne Nutzung des Netzes sogenannte "Roaming-Gebühren" in Rechnung, welche Kosten die Bf. an ihre Kunden verrechnet.
Die österreichischen "Handy-Provider" haben die "Roaming-Gebühren" an die Bf. mit 20%iger Umsatzsteuer verrechnet. Die Bf. hat dann beim Finanzamt einen Antrag "auf Vergütung der Umsatzsteuer für nicht im Inland ansässige Unternehmer" gestellt, in denen sie für die gegenständlichen Zeiträume beantragte, die ihr von den österreichischen "Handy-Providern" in Rechnung gestellte Umsatzsteuer zu erstatten.

Das Finanzamt wies die Anträge ab mit der Begründung, dass sich die Umsatzsteuerpflicht nach Österreich verlagere und das Umsatzsteuerveranlagungsverfahren statt des Erstattungsverfahrens anzuwenden sei. Die Umsätze seien zu erklären, die Vorsteuer unter Berücksichtigung gewährter Rabatte im Veranlagungsverfahren zu berechnen.

Die Bf. bestritt die Veranlagungspflicht und die Verlagerung der Umsätze ins Inland, die Anwendung der Verordnung BGBl. II 383/2003 sei unionsrechtswidrig.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Nach der Aktenlage machte die Bf. in den beschwerdegegenständlichen Zeiträumen Vorsteuern resultierend aus von österreichischen Mobiltelefonnetzbetreibern (Providern) für Roaminggebühren in Rechnung gestellter Umsatzsteuer im Erstattungsverfahren gem. VO BGBl 279/1995 in der jeweils geltenden Fassung geltend.

Inhalt dieser Roamingleistungen ist die Zurverfügungstellung des österreichischen Mobiltelefonnetzes des jeweiligen österreichischen Providers an die Bf. zur Nutzung durch deren Kunden.
In den Jahren 2015 und 2016 wurden der Bf. auch nachträgliche Rabatte gewährt, welche diese in den beantragten Vorsteuerbeträgen nicht berücksichtigt hat.

Die Ansicht des Finanzamtes, dass Inlandsumsätze vorliegen, wurde seitens der Bf. bekämpft, eine Leistungsortverlagerung der Umsätze der Bf. ins Inland läge nicht vor, die Abweisungsbescheide seien (unionsrechts)widrig.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage.

3. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen, mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen wird, BGBl. Nr. 279/1995 in der jeweils geltenden Fassung, ist die Erstattung der abziehbaren Vorsteuerbeträge an nicht im Inland ansässige Unternehmer, das sind solche, die im Inland weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte haben, abweichend von den §§ 20 und 21 Abs. 1 bis 5 UStG 1994 nach Maßgabe der §§ 2, 3 und 3a durchzuführen, wenn der Unternehmer im Erstattungszeitraum
1. keine Umsätze im Sinne der § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 und Art. 1 UStG 1994 oder
2. nur steuerfreie Umsätze im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 3 UStG 1994 oder
3. nur Umsätze, bei denen die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger übergeht (§ 19 Abs. 1 zweiter Unterabsatz UStG 1994) oder
4. im Inland nur Umsätze, die unter eine Sonderregelung gemäß § 25a UStG 1994 oder eine Regelung gemäß Art. 358 bis 369k der Richtlinie 2006/112/EG in einem anderen Mitgliedstaat fallen, ausgeführt hat. … …

Verordnung über die Verlagerung des Ortes der sonstigen Leistung bei Telekommunikationsdiensten sowie Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen, BGBl II Nr. 383/2003 idF BGBl II 221/2009:
§ 1. Liegt bei einer in § 3a Abs. 14 Z 12 und 13 des Umsatzsteuergesetzes 1994, BGBl. Nr. 663, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 52/2009, bezeichneten Leistung der Ort der Leistung gemäß § 3a des Umsatzsteuergesetzes 1994 außerhalb des Gemeinschaftsgebietes, so wird die Leistung im Inland ausgeführt, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird.

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Die Steuerpflicht der gegenständlichen Ausgangsumsätze der Bf. ist aufgrund des zwischenzeitlich ergangenen zur Rechtssache "SK Telecom", C-593/19, und der ständigen Rechtsprechung des VwGH mittlerweile rechtlich eindeutig geklärt.
Demnach verlagert sich die Umsatzsteuerpflicht für die Umsätze der Bf. nach Österreich und ist das Veranlagungsverfahren statt des Vorsteuererstattungsverfahrens bei der Bf. anzuwenden.
Eine Erstattung der Vorsteuern im Vorsteuererstattungsverfahren ist nicht möglich.
(Vgl. dazu auch die gefestigte Rechtsprechung des ; , Ra 2019/15/0008; , Ra 2019/15/0010; , Ro 2016/15/0035; weiters die Erkenntnisse des ; , RV/2100402/2019; , RV/2100114/2020; , RV/2100386/2022 uam).
Es ist höchstgerichtlich klargestellt, dass sich die entsprechenden Umsätze der Bf. nach der mit dem Unionsrecht in Einklang stehenden Verordnung BGBl II 383/2003 idF BGBl II 221/2009 in das Inland verlagern. Somit ist die Anwendung des Erstattungsverfahrens ausgeschlossen, weil die Bf. Umsätze im Inland erzielt hat.

Die umfangreichen Ausführungen der steuerlichen Vertretung, wonach es im Beschwerdefall zu keiner Ortsverlagerung der Telekommunikationsleistungen in das Inland komme, erfolgten noch vor Ergehen der einschlägigen Erkenntnisse des VwGH und des , "SK-Telecom" und sind durch diese Rechtsprechung hinlänglich abgehandelt und widerlegt.

Der EuGH hat in diesem Urteil demnach für Recht erkannt: " Art. 59a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie 2008/8/EG des Rates vom mit Wirkung vom geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass Roamingleistungen, die von einem in einem Drittland ansässigen Mobilfunkbetreiber an seine Kunden, die ebenfalls in diesem Drittland ansässig sind bzw. dort ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, erbracht werden und die es diesen Kunden ermöglichen, das nationale Mobilfunknetz des Mitgliedstaats, in dem sie sich vorübergehend aufhalten, zu nutzen, als Dienstleistungen anzusehen sind, deren "tatsächliche Nutzung oder Auswertung " im Sinne dieser Bestimmung im Gebiet dieses Mitgliedstaats erfolgt, so dass dieser den Ort der Roamingleistungen so behandeln kann, als läge er in seinem Gebiet, wenn dadurch eine Nichtbesteuerung der Roamingleistungen in der Union vermieden wird und ohne dass es hierbei darauf ankommt, welcher steuerlichen Behandlung die Roamingleistungen nach dem nationalen Steuerrecht des Drittlands unterliegen."

Die gegenständlichen Abweisungsbescheide entsprechen der Rechtslage und der ständigen Rechtsprechung.
Gesichert ist, dass im Vorsteuererstattungsverfahren die Vorsteuer nicht zu gewähren ist.
Diese sind im Umsatzsteuerveranlagungsverfahren nach Erklärung der Inlandsumsätze nach Einberechnung der gewährten Rabatte zu berücksichtigen.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Rechtslage ist durch die Rechtsprechung, auf welche im Erkenntnis verwiesen wird, geklärt. Eine Revision ist daher nicht zulässig.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 1 Abs. 1 Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern, BGBl. Nr. 279/1995
Verlagerung des Ortes der sonstigen Leistung bei Telekommunikationsdiensten sowie Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen, BGBl. II Nr. 383/2003
§ 3a Abs. 14 Z 12 und 13 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Verweise







ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.2101144.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at