§ 236 BAO Nachsicht nicht über Antrag hinaus möglich
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Pavlik als Vorsitzenden, die Richterin Mag. Daniela Regina Denk sowie die fachkundigen Laienrichter Erwin Agneter und Mag. Belinda Maria Eder über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch CENTURION Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH, Hegelgasse 8, 1010 Wien, vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Nachsicht § 236 BAO 2020 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Antrag
Mit Antrag vom wurde von der beschwerdeführenden Partei ein Antrag auf Nachsicht für den Gesamtbetrag an Umsatzsteuer in Höhe von EUR 21.651,59 gestellt. Der Gesamtbetrag von EUR 21.651,59 setzt sich aus der festgesetzten Umsatzsteuer der Bescheide vom für das Jahr 2010 in Höhe von EUR 5.874,44, für das Jahr 2011 in Höhe von EUR 3.013,48 sowie für das Jahr 2012 in Höhe von EUR 12.763,67 zusammen.
Die beschwerdeführende Partei bringt vor, dass der Verein ***Bf1*** seit mehr als 50 Jahren bestehe und seit seiner Gründung gemeinnützige Tätigkeiten zur Förderung und Unterhaltung des Reitsports verrichte. In diesem Zeitraum seien sämtliche Lohnabgaben an die Finanzverwaltung ordnungsgemäß abgeführt worden, es wären jedoch keine Hinweise zu erkennen gewesen, welche auf eine Einkunftsquelle hindeuteten, sodass eine Umsatzsteuerpflicht gegeben wäre. Bisher wurden vom Verein stets Verluste erwirtschaftet, sodass davon ausgegangen worden sei, dass keine Einkunftsquelle vorliege und somit keine Umsatzsteuerpflicht bestehe.
In der Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes (RV/7101896/2017 v. ) qualifizierte dieses, nach Behebung der ersten Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes (RV/7103976/2015, ) durch den Verwaltungsgerichtshof (Ra 2016/13/0047-5, ), die Tätigkeit des Vereins als umsatzsteuerpflichtig, sodass anschließend die im Betreff erwähnten Bescheide über die Festsetzung von Umsatzsteuer erlassen worden sind. Die Antragstellerin habe daraufhin nach bestem Wissen und Gewissen die Buchhaltung der Folgejahre überarbeiten lassen.
Weiters bringt die beschwerdeführende Partei vor, der Verein habe seit seinem Bestehen keine finanziellen Reserven aufbauen können, um die Umsatzsteuer begleichen zu können. Der Verein sei und war lediglich gegenüber seinen Mitgliedern tätig gewesen, die nachträgliche Belastung der Umsatzsteuer könne nicht finanziert werden. Die Mitgliedsbeiträge und Einstellgebühren wären so angesetzt gewesen, dass alle direkten Kosten gezahlt werden konnten, dies jedoch ohne Umsatzsteuer. Über die lange Zeit des Rechtsmittels hätten viele Mitglieder den Verein bereits verlassen (Wegzug, Tod, Alter, Krankheit etc.), eine Nachbelastung sei rechtlich und faktisch ausgeschlossen. Die Einhebung der festgesetzten Umsatzsteuer würde eine erhebliche Härte für den Verein darstellen und könne zur Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz und der Vernichtung von zwei Arbeitsplätzen führen. Die Einhebung der Umsatzsteuer für Jahre 2010 bis 2012 sei daher unbillig.
Bescheid
Mit Bescheid vom hat die belangte Behörde den Antrag auf Nachsicht von Abgabenschulden als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde führte zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, es sei mit einer Umsatzsteuerpflicht nicht zu rechnen gewesen, aus, dass die steuerliche Vertretung bereits am in einem Telefonat mit einer möglichen Umsatzsteuerpflicht konfrontiert worden sei. Auch das Schreiben vom habe die Sichtweise der Abgabenbehörde verdeutlicht, in dem mitgeteilt wurde, dass die Prüfung der Statuten ergeben habe, dass der Verein ***Bf1*** nicht gemeinnützig sei und Liebhaberei iSd § 1 Abs. 1 Liebhabereiverordnung (LVO) vorliege. Die Bescheidbegründung des anschließend erlassenen Umsatzsteuerbescheides 2010 habe dies ebenfalls zum Inhalt gehabt.
Zur sachlichen Unbilligkeit wird ausgeführt, dass die Beurteilung als Liebhabereitätigkeit gem. § 1 Abs. 1 LVO und der damit verbundenen Umsatzsteuerpflicht nach § 6 LVO kein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis gezeigt habe, womit nach der Rechtsprechung eine Abgabennachsicht gerechtfertigt wäre. Die Einhebung der daraus resultierenden Abgabenschulden stellen eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage dar, die alle davon betroffenen Abgabepflichtigen in gleicher Weise treffe.
Beschwerde
Mit Schreiben vom langte die Beschwerde rechtzeitig am gegen den abweisenden Bescheid vom ein. Ein Antrag auf Befassung des Senates gem. § 272 Abs. 2 Z 1 lit. a BAO sowie ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gem. § 274 Abs. 1 Z 1 lit. a BAO wurden gestellt. Es wurde auf die Ausführungen des Nachsichtsansuchens verwiesen, des Weiteren wurde ergänzend vorgebracht, dass es dem System der Umsatzsteuer, als auch der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes widerspreche, Vorsteuern aus einer Investitionstätigkeit nicht anzuerkennen. Die Umsatzsteuernachforderung würde durch Vorsteuerbeträge für einen Stallbau, die geltend gemacht worden seien, kompensiert werden.
Beschwerdevorentscheidung
Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei hielt die belangte Behörde hinsichtlich der sachlichen Unbilligkeit nochmals fest, dass im Jahre 2013 schriftlich und mündlich auf das Bestehen einer möglichen Umsatzsteuerpflicht hingewiesen wurde.
Zum Vorbringen der Nichtanerkennung von Vorsteuern iZm einem Stallbau verweist die belangte Behörde auf Judikatur und Lehre, nachdem diese Einwendungen im Festsetzungsverfahren einzuwenden gewesen wären, nicht im Nachsichtsverfahren. Eine sachliche Unbilligkeit wäre nur dann zu bejahen, wenn die mangelnde Rechtsverfolgung im Festsetzungsverfahren auf ein Fehlverhalten der Behörde zurückzuführen sei, dies sei aus den Akten jedoch nicht zu erkennen, sodass den betreffenden Einwendungen keine Berechtigung zukäme.
Zudem sei seit dem Erstantrag kein konkretes Zahlenmaterial vorgelegt worden, aus dem die Höhe der Gesamtschulden, die Höhe des monatlichen Einkommens und welche Ausgaben mit diesem zu bestreiten wären, hervorgehen würden. Auch eine Vermögensaufstellung sei nicht erbracht worden. Würde dies durch die Antragstellerin nicht dargelegt werden, aus denen sich die Unbilligkeit der Einhebung ergäbe, so sei schon allein aus diesem Grund eine Abgabennachsicht nicht zu gewähren (zB ).
Vorlageantrag
Mit Eingabe vom beantragt die steuerliche Vertretung der beschwerdeführenden Partei die Vorlage der Beschwerdevorentscheidung vom betreffend die Beschwerde vom gegen den Bescheid über die Abweisung der Nachsicht von Abgabenschulden vom dem Bundesfinanzgericht vorzulegen, zudem wird der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung, der Antrag auf Entscheidung durch den gesamten Senat sowie der Antrag auf Aussetzung der Einhebung wiederholt, neue Vorbringen werden nicht erstattet.
Anbringen
Mit Anbringen vom (GZ. RV/710/1929/2022) mit Bezug auch auf die Umsatzsteuer für die Jahre 2010 bis 2012, wird der Antrag auf Nachsicht durch die Umsatzsteuergutschrift für den Zeitraum August 2021 eingeschränkt.
Ladung und
Mit der Ladung vom zur mündlichen Verhandlung gemäß § 274 BAO wird die beschwerdeführende Partei aufgefordert, das Formular über die Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse bis spätestens ausgefüllt zu retournieren. Die mündliche Verhandlung wird mit um 11:00 Uhr anberaumt. Diese wurde mit Bitte der steuerlichen Vertretung vom auf 11:30 Uhr verschoben. Durch Erkrankung eines Senatsmitgliedes wird die mündliche Verhandlung für den um 14:00 Uhr anberaumt.
In der Beantwortung vom werden die wirtschaftlichen Verhältnisse wie folgt dargelegt:
Vermögen/Forderungen (Bankguthaben in Höhe von EUR 2.616,55 sowie EUR 1,29 (2 Konten)), Vermögen/bewegliche Sachen (Bargeld: in Form des Kassastandes in Höhe von EUR 180,00, Elektrische Geräte: Schrittmaschine (2005), Solarium für Pferde (1990), Bauten auf fremden Grund: Holzboxen (ca. 1980), Sonstiges: altes Werkzeug), Vermögen/andere Vermögenswerte (Mietrechte: Pacht des Geländes und dazugehörige Gebäude (Vertrag bis 03/2025), Pachtrechte: verneint (Anschrift des Pächters fehlt, Höhe der Pacht)), Vermögen/Sonstiges (Sand auf den Plätzen, Zäune).
Schulden/Lieferantenverbindlichkeiten (Lieferantenverbindlichkeiten: Fa. R GmbH EUR 1.048,00; Fa. R I GmbH EUR 149,00, Fa. E EUR 973,00, G F Landw. EUR 2.266,11), Sonst. Verbindl. (Steuerberatungskosten: EUR 2.000,00).
Sonstiges (Monatliche Einnahmen: Beiträge der Mitglieder ca. EUR 14.000,00).
In der mündlichen Verhandlung vom bringt die steuerliche Vertretung vor, dass der Nachsichtsantrag über einen Betrag in Höhe von ca. EUR 68.000,00 lautet. Dies sei auch der aktuelle Rückstand auf dem Abgabenkonto.
Die Unbilligkeit ergäbe sich schon aufgrund des Zeitablaufes sowie der Divergenzen zwischen Vereinsrichtlinien und Liebhabereirichtlinien. Die Vermögenslage sei offengelegt worden. Über nochmaliges Befragen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen wird ausgeführt, dass es hier keine Veränderungen gäbe. Der Status der Aktiva betrage zwischen EUR 4.000,00 und EUR 6.000,00.
Über Befragung des Vorsitzenden wird angegeben, dass der Stall im Eigentum des Vereines stünde. Über nochmaliges Nachfragen, warum der Stall nicht in das Vermögensverzeichnis aufgenommen wurde, wird ausgeführt, dass keine Aufnahme in das Vermögensverzeichnis erfolgte, weil der Stall nach Auslaufen des Pachtvertrages in das Eigentum des Verpächters übergehen würde, dies sei etwa 2025 der Fall.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die beschwerdeführende Partei, ein nicht gemeinnütziger Verein, betreibt seit ca. 45 Jahren einen Reitstall. Die rückständigen Abgaben betreffen die festgesetzte Umsatzsteuer der Jahre 2010 bis 2012, dieser Betrag ergibt sich aus der festgesetzten Umsatzsteuer der Bescheide vom für das Jahr 2010 in Höhe von EUR 5.874,44, für das Jahr 2011 in Höhe von EUR 3.013,48 sowie für das Jahr 2012 in Höhe von EUR 12.763,67.
Im Verfahren vor der Abgabenbehörde wurde kein Einkommens- und Vermögensverzeichnis vorgelegt. Laut Abgabenkonto langten bis dato keine Zahlungen zur Tilgung der Umsatzsteuerforderungen für die Jahre 2010 bis 2012 ein.
Im Zeitpunkt der Einbringung des 2. Nachsichtansuchens vom bestand auf dem Abgabenkonto ein Rückstand von EUR 117.385,11 (Verfahren unter GZ. RV/7102957/2022 geführt). Im Ansuchen wurde eine Nachsicht von EUR 117.368,45 begehrt. Dieser Betrag beinhaltet den Betrag von EUR 21.651,59 für den Nachsichtsantrag vom (GZ. RV/7102957/2020), sowie für EUR 95.716,86 für den Nachsichtsantrag vom . Die betreffenden Abgabenschuldigkeiten wurden alle auf dem Abgabenkonto der beschwerdeführenden Partei verbucht. Der Nachsichtsbetrag reduziere sich aber antragsgemäß um ein für den Zeitraum August 2021 bestehendes Umsatzsteuerguthaben in Höhe von EUR 48.675,74, dass mit am Steuerkonto verbucht wurde.
Der begehrte Nachsichtsbetrag reduziert sich von EUR 117.385,11 auf EUR 68.692,71 wie laut Nachsichtsantrag vom beantragt, und von der steuerlichen Vertretung in der mündlichen Verhandlung am wiederholt ausgeführt.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich unbestritten aus dem vorgelegten Akt, insbesondere den Umsatzsteuerbescheiden. Die Feststellungen über die noch aushaftenden Abgabenverbindlichkeiten sowie der Verbuchung eines Vorsteuerguthabens für das Jahr 2021 ergeben sich aus dem Abgabenkonto, in das Einsicht genommen wurde.
Die Feststellungen über den Antrag auf Nachsicht für die Beträge der Umsatzsteuerbescheide der Jahre 2010 bis 2012 gründen sich auf der Eingabe vom , sowie auf den Behauptungen der steuerlichen Vertretung in der mündlichen Verhandlung vom .
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I.
Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.
Die Abschreibung von Abgabenschuldigkeiten durch Nachsicht setzt einen hierauf gerichteten Antrag voraus. Wegen der Antragsgebundenheit dieses Verwaltungsaktes darf eine Nachsicht nicht über den Antrag hinausgehen (vgl. RAE, Rz 1626; ; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO 3, § 236 Anm 4; Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I BAO 3, § 236 Rz 1; Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 236, I. Voraussetzungen Rz 1).
Eine Nachsichtsmaßnahme hat einen Antrag zur Voraussetzung. Eine amtswegige Nachsicht ist daher nicht zulässig. Mit anderen Worten ist eine Nachsicht ohne Antrag ausgeschlossen (vgl RAE Rz 1625). Aufgrund der Antragsgebundenheit darf eine Nachsicht nicht über den Antrag hinausgehen (vgl. RAE Rz 1626, ). Eine Abschreibung von Amts wegen wäre nur aus dem Gesichtswinkel des § 235 BAO (Löschung), eine amtswegige Aussetzung der Einbringung (keine Abschreibung) aus jenem des § 231 BAO möglich. Mit Rücksicht auf das Erfordernis eines Antrages und in Anbetracht der Interessenlage trifft bei Nachsichtsmaßnahmen den Nachsichtswerber eine erhöhte Mitwirkungspflicht (; , 96/14/0059, 97/14/0091; , Ra 2018/15/0014) - die amtswegige Wahrheitsermittlungspflicht nach § 114 BAO tritt in den Hintergrund (vgl RAE Rz 1633; Rzeszut/Tanzer/Unger, BAO: Stoll Kommentar - Digital First2.06 (2023) Rz 15).
Der Antrag ist nicht bloß ein Formalerfordernis; es muss ein begründeter Antrag sein. Die Abgabenbehörde hat im Rahmen ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht nur die vom Antragsteller geltend gemachten Gründe zu prüfen. Selbst wenn der Behörde Umstände bekannt sind, die eine Nachsicht in Betracht ziehen lassen, hat sie diese Umstände nicht von Amts wegen als Nachsichtsgründe aufzugreifen, wenn der Nachsichtswerber selbst nichts in dieser Richtung vorbringt ().
Nach § 214 Abs. 1 BAO gilt der Grundsatz, dass in den Fällen der zusammengefassten Verbuchung der Gebarung, also in den Fällen des § 213 Abs. 1 BAO, Zahlungen und sonstige Gutschriften auf die dem Fälligkeitstag nach ältesten verbuchten Abgabenschuldigkeiten zu verrechnen sind (Rzeszut in Rzeszut/Tanzer/Unger (Hrsg), BAO: Stoll Kommentar - Digital First2.06 (2023) zu § 214 BAO Rz 9).
Die für die Buchungen am Abgabenkonto relevanten Bestimmungen der §§ 213-215 BAO unterscheiden zwischen Guthaben und Gutschriften. Zahlungen führen zu "Gutschriften". "Sonstige Gutschriften" sind den Zahlungen gleichgestellt. Ein Guthaben entsteht, wenn auf einem Abgabenkonto die Summe der Gutschriften (Zahlungen, sonstige Gutschriften) die Summe der Lastschriften übersteigt. Maßgeblich sind die tatsächlich durchgeführten Gutschriften und Lastschriften und nicht diejenigen, die nach Meinung des Abgabepflichtigen durchgeführt hätten werden müssen (; , 2007/16/0184; , 2009/16/0311; Unger in Althuber/Tanzer/Unger, BAO Handbuch § 214, 629). Sonstige Gutschriften sind Gutschriften, die nicht wegen Zahlungen erfolgen (vgl. ; Rzeszut in Rzeszut/Tanzer/Unger (Hrsg), BAO: Stoll Kommentar - Digital First2.06 (2023) zu § 214 BAO Rz 8).
Auch aus der Verrechnung mit der Umsatzsteuer können sich "sonstige Gutschriften" ergeben. Sofern sich aus der Voranmeldung ein Überschuss zugunsten des Unternehmens ergibt (die Vorsteuern übersteigen die Steuer von den Eigenumsätzen), ist dieser Überschuss als Gutschrift zu behandeln. Auch Gutschriften dieser Art sind nach § 215 BAO zu behandeln, also nur insoweit rückzahlbar, als die Summe aller Gutschriften die Summe aller Lastschriften auf dem Abgabenkonto übersteigt und nicht eine Verwendung nach § 215 Abs. 2 BAO oder eine Verrechnung nach § 215 Abs. 4 BAO bzw. § 239 Abs. 2 BAO in Betracht kommt (Rzeszut in Rzeszut/Tanzer/Unger (Hrsg), BAO: Stoll Kommentar - Digital First2.06 (2023) zu § 214 BAO Rz 8).
Mit Anbringen vom (GZ. RV/710/1929/2022) wird der Antrag auf Nachsicht für den Nachsichtsbetrag durch die Umsatzsteuergutschrift August 2021 eingeschränkt, sowie auch von der steuerlichen Vertretung in der mündlichen Verhandlung am nochmals wiederholt. Ein Antrag für die verfahrensgegenständlichen EUR 21.651,59 liegt ab diesem Zeitpunkt nicht mehr vor, da die Umsatzsteuergutschrift für den Zeitraum August 2021 auf die ältesten Abgabenschuldigkeiten verrechnet wird und der Nachsichtsbetrag für den Zeitraum 2010 bis 2012 in Höhe von EUR 21.651,59 nicht mehr begehrt wird. Da die Abschreibung von Abgabenschuldigkeiten durch Nachsicht einen hierauf gerichteten Antrag voraussetzt und aufgrund der Tatsache dass infolge der Antragsgebundenheit dieses Verwaltungsaktes eine Nachsicht nicht über den Antrag hinausgehen kann (vgl. RAE, Rz 1626; ; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO 3, § 236 Anm 4; Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I BAO 3, § 236 Rz 1; Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), § 236, I. Voraussetzungen Rz 1), ist demnach die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht folgt der dargelegten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, demgemäß war keine Revision zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 6 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 § 236 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 1 Abs. 1 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 § 214 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 §§ 213 bis 215 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102957.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at