Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.07.2023, RV/5100403/2021

Aufhebung eines Wiederaufnahmebescheides wegen mangelnder Eignung der Wiederaufnahmegründe einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeizuführen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. Patrick Brandstetter in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Rechtsanwälte Estermann & Partner OG, Stadtplatz 6, 5230 Mattighofen, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Braunau Ried Schärding (nunmehr Finanzamt Österreich) vom über die Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens für das Jahr 2017 (Steuernummer ***BF1StNr1*** ) zu Recht:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Bei der beschwerdeführenden Partei fand im Jahr 2020 eine Außenprüfung betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für den Zeitraum 2014 bis 2018 statt. Im Bericht vom über das Ergebnis der Außenprüfung hielt das Finanzamt zusammengefasst fest, dass aufgrund der erstmals eingesehenen Kauf- und Verkaufsverträge betreffend die im Bericht aufgelisteten Liegenschaften die Veräußerung ebenjener als gewerblicher Grundstückshandel beurteilt werde.

Infolge dieses Ergebnisses wurde mit Bescheid vom die Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens für das Jahr 2017 verfügt und wurde die Wiederaufnahme neben einem Verweis auf den Außenprüfungsbericht und der Niederschrift zur Schlussbesprechung unter anderem damit begründet, dass erstmals Kauf- und Verkaufsverträge bekannt worden seien, aus denen sich das Vorliegen eines gewerblichen Grundstückshandels ergebe.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde vom brachte die beschwerdeführende Partei zusammengefasst vor, dass sie Büroangestellter sei und noch nie im Immobiliengewerbe tätig gewesen sei. Von einem planmäßigen Grundstückshandel könne nicht die Rede sein, sei das ursprünglich errichtete Einfamilienhaus deswegen veräußert worden, weil die beschwerdeführende Partei den Kredit nicht mehr bedienen habe können.

Fernerhin habe das im Jahr 2011 ersteigerte Haus, das mit einem Wohnrecht belegt gewesen sei, infolge Streitigkeiten mit dem Sohn der Wohnrechtsberechtigten mit Verlust veräußert werden müssen.

Hinsichtlich der Liegenschaft EZ ***NNN*** KG ***NNNNN*** sei auszuführen, dass es sich hierbei um ein altes Zweifamilienobjekt gehandelt habe, welches renoviert und in weiterer Folge zur Erzielung von Mieteinkünften verwendet werden hätte sollen. Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten habe jedoch nur eine Teilsanierung durchgeführt werden können und sei das Objekt danach wieder verkauft worden.

Betreffend das für die Schwester errichtete Wohnhaus brachte die beschwerdeführende Partei vor, dass die Schwester dieses Haus aufgrund persönlicher Umstände nicht beziehen habe können und aus diesem Grund auch nicht mehr bei den Kreditraten mitgezahlt habe. Infolgedessen habe das Haus verkauft werden müssen.

Diese Beschwerde wies das Finanzamt Österreich mit Beschwerdevorentscheidung vom unter Verweis auf den Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung sowie der darüber aufgenommenen Niederschrift als unbegründet ab.

Mit Schriftsatz vom begehrte die beschwerdeführende Partei die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die Beschwerdesache mit Wirkung zum Stichtag der Gerichtsabteilung 6006 abgenommen und der Gerichtsabteilung 7004 zugeteilt.

Mit Vorhalt vom wurde das Finanzamt unter Verweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, der zufolge für das private Wohnbedürfnis verwendete Liegenschaften bei der Beurteilung der Gewerblichkeit außer Betracht zu bleiben haben, aufgefordert, bekanntzugeben, inwieweit an der Rechtsansicht, es liege ein gewerblicher Grundstückshandel vor, festgehalten werde.

In der Stellungnahme vom gab das Finanzamt bekannt, dass vor dem Hintergrund der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht mehr an der Rechtsansicht, es liege ein gewerblicher Grundstückshandel vor, festgehalten werde.

Mit Schreiben vom , eingegangen beim Bundesfinanzgericht am , zog die beschwerdeführende Partei die in der Beschwerde gestellten Anträge auf Entscheidung durch den Senat sowie Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.

Sachverhalt

Die beschwerdeführende Partei ist Büroangestellter in der Automobilzulieferindustrie. Im Zeitraum von 2008 bis 2020 kaufte und verkaufte die beschwerdeführende Partei folgende Liegenschaften.


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Liegenschaft
Kaufdatum
Verkaufsdatum
EZ ***NNN*** KG ***NNNNN***
EZ ***NNN*** KG ***NNNNN***
EZ ***NNN*** KG ***NNNNN***

Bei der Liegenschaft EZ ***NNN*** KG ***NNNNN*** handelte es sich ursprünglich um einen Baugrund und errichtete die beschwerdeführende Partei auf ebendiesen ein Haus. Im Zeitraum vom bis zur Veräußerung am verwendete die beschwerdeführende Partei das errichtete Haus zur Abdeckung des privaten Wohnbedürfnisses und erfolgte die Veräußerung der Liegenschaft aufgrund des Umstandes, dass die beschwerdeführende Partei den für die Anschaffung der Liegenschaft bzw. für die Errichtung des Gebäudes aufgenommenen Kredit nicht mehr bedienen konnte.

Die Liegenschaft EZ ***NNN*** KG ***NNNNN*** wurde von der beschwerdeführenden Partei im Jahr 2011 im Rahmen einer gerichtlichen Versteigerung erworben und war diese Liegenschaft mit einem Wohnrecht belastet. Aufgrund von Streitigkeiten mit dem Sohn der Wohnrechtsberechtigten konnte die beschwerdeführende Partei das auf dieser Liegenschaft befindliche Gebäude nicht für sich renovieren und führten die Streitigkeiten letztendlich dazu, dass die beschwerdeführende Partei die Liegenschaft am veräußerte.

Bei der Liegenschaft EZ ***NNN*** KG ***NNNNN*** handelte es sich um ein altes, generalsanierungsbedürftiges Zweifamilienobjekt, welches von der beschwerdeführende Partei im Jahr 2019 mit der Absicht dieses zu sanieren und in weiterer Folge zu vermieten angeschafft wurde. Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten wurde das Objekt am in einem sanierungsbedürftigen Zustand veräußert.

Neben diesen Liegenschaften erwarb die beschwerdeführende Partei gemeinsam mit dem Vater am die Liegenschaft EZ ***NNN*** KG ***NNNNN***. Nach Teilung des zu dieser Liegenschaft gehörigen Grundstückes ***NNNN*** in mehrere Grundstücke erfolgte auf diesen durch die beschwerdeführende Partei in Zusammenwirken mit dem Vater die Errichtung eines Einfamilienhauses für die beschwerdeführende Partei, eines Einfamilienhauses für die Eltern der beschwerdeführenden Partei sowie eines Einfamilienhauses für die Schwester der beschwerdeführenden Partei. Sowohl die beschwerdeführende Partei als auch ihre Eltern verwenden die errichteten Einfamilienhäuser zur Abdeckung des privaten Wohnbedürfnisses. Lediglich das auf dem Grundstück ***NNNN*** für die Schwester errichtete Einfamilienhaus wurde aufgrund des Umstandes, dass ebenjene infolge privater Gründe das Haus nicht bezog und infolgedessen bei der Abstattung des Kredites nicht mehr teilnahm, durch die beschwerdeführende Partei gemeinsam mit dem Vater am veräußert.

Mit Schreiben vom übermittelte die beschwerdeführende Partei dem Finanzamt Braunau Ried Schärding aufgrund eines Vorhaltes vom den Kaufvertrag vom betreffend das Grundstück ***NNNN*** der Liegenschaft EZ ***NNN*** KG ***NNNNN*** und gab sie bekannt, dass die Veräußerung des Grundstücks einen Verlust in Höhe von EUR 2.935,30 ergäben habe.

Aufgrund eines weiteren Vorhaltes vom legte die beschwerdeführende Partei mit Schreiben vom sowohl die Berechnung des Verlustes aus der Veräußerung des Grundstücks ***NNNN*** der Liegenschaft EZ ***NNN*** KG ***NNNNN*** als auch die Ermittlung der Anschaffungskosten hinsichtlich der Liegenschaft EZ ***NNN*** KG ***NNNNN*** offen.

Nach Erhalt dieser Schriftsätze setzte das Finanzamt Braunau Ried Schärding mit Bescheid vom die Einkommensteuer der beschwerdeführenden Partei für das Jahr 2017 fest. Die im Jahr 2017 veräußerten Liegenschaften bzw. Grundstücke, EZ ***NNN*** KG ***NNNNN*** Grundstück ***NNNN*** sowie EZ ***NNN*** KG ***NNNNN***, wurden hierbei als Einkünfte aus private Grundstücksveräußerungen berücksichtigt. Die Abgabenbehörde wich jedoch im Rahmen der Festsetzung bei der Berechnung der Höhe der Einkünfte von der offengelegten Berechnung der beschwerdeführenden Partei ab, woraufhin die beschwerdeführende Partei mit Schriftsatz vom Beschwerde erhob. In dieser Beschwerde stellte die beschwerdeführende Partei die nach ihrer Ansicht nach korrekte Berechnung der Einkünfte aus der Veräußerung der beiden Liegenschaften dar und wurde dieser Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom stattgegeben.

Im Wiederaufnahmebescheid vom wurde in Bezug auf die Änderung der Festsetzung der Einkommensteuer 2017 ausgeführt, dass sich die Änderung aus der Tz. 1 "gewerblicher Grundstückshandel" der Niederschrift vom , wonach aufgrund der erstmals bekannt gewordenen Kauf- und Verkaufsverträge die Veräußerung der Liegenschaften als eine gewerbliche Betätigung qualifiziert werde, ergibt.

Mit Erkenntnis vom zu RV/5100006/2021 sprach das Bundesfinanzgericht in Bezug auf ein Feststellungsverfahren betreffend die beschwerdeführende Partei und ihren Vater für das Jahr 2017 aus, dass die Veräußerung des Grundstücks ***NNNN*** der Liegenschaft EZ ***NNN*** KG ***NNNNN*** keinen gewerblichen Grundstückshandel darstellt.

Beweiswürdigung

Die Feststellung, dass die beschwerdeführende Partei Büroangestellter in der Automobilzulieferindustrie ist, beruht auf dem diesbezüglichen Vorbringen in der Beschwerde, dem vor dem Hintergrund der Lohnzettel und Meldungen, die dem vorgelegten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 vom beigefügt sind, Glauben geschenkt wird.

Die Sachverhaltsfeststellungen zu den angeschafften und veräußerten Liegenschaften, den darauf stattgefundenen Bautätigkeiten bzw. Sanierungsarbeiten sowie deren Verwendung durch die beschwerdeführende Partei haben ihre Grundlage in den Kaufverträgen über den Kauf- und Verkauf dieser Liegenschaften durch die beschwerdeführende Partei, in den diesbezüglichen Eintragungen im Grundbuch, in den Eintragungen im Zentralen Melderegister sowie in den glaubhaften Ausführungen der beschwerdeführenden Partei in der Beschwerde, denen die Abgabenbehörde nicht entgegengetreten ist und die mit der Sachverhaltsdarstellung der Abgabenbehörde im Bericht vom über das Ergebnis der Außenprüfung übereinstimmen.

Die Sachverhaltsfeststellungen betreffend das Vorhalteverfahren, welches vor der erstmaligen Festsetzung der Einkommensteuer der beschwerdeführenden Partei für das Jahr 2017 mit Bescheid vom geführt wurde, sowie das daran anschließende Festsetzungsverfahren ergeben sich unmittelbar aus den versendeten Vorhalten vom sowie , den diesbezüglichen Antwortschreiben der rechtsfreundlichen Vertretung der beschwerdeführenden Partei vom und , dem Einkommensteuerbescheid vom , der dagegen erhobenen Beschwerde vom sowie der stattgebenden Beschwerdevorentscheidung vom .

Die Sachverhaltsfeststellung in Bezug auf die Begründung der Wiederaufnahme durch den verfahrensgegenständlichen Bescheid ergibt sich unmittelbar aus dem Bescheid selbst sowie der Niederschrift vom zur Betriebsprüfung, auf die in der Bescheidbegründung verwiesen wird.

Die Sachverhaltsfeststellung, wonach das Bundesfinanzgericht in der Entscheidung vom zu RV/5100006/2021 die Veräußerung des Grundstücks ***NNNN*** der Liegenschaft EZ ***NNN*** KG ***NNNNN*** nicht als gewerblichen Grundstückshandel der beschwerdeführenden Partei und ihres Vaters beurteilt hat, ergibt sich unmittelbar aus der Begründung dieses Urteils.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gem. § 303 Abs. 1 BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn

a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder

b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder

c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entscheiden worden ist,

und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Wiederaufnahmegründe sind nur entscheidungswesentliche Sachverhaltselemente und sind dies solche, die im neuen Sachbescheid zu berücksichtigen, somit den Spruch zu beeinflussen geeignet sind. Eine Wiederaufnahme setzt neben dem Vorliegen von Wiederaufnahmegründen voraus, dass die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte (Ritz/Koran, BAO7, § 303, Rz. 44). Sind die Wiederaufnahmegründe nicht geeignet, einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeizuführen, so ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zu verfügen ().

Laut § 307 Abs. 3 BAO tritt durch die Aufhebung des die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheides das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat.

Nach § 23 EStG 1988 in der Fassung BGBl. I Nr. 100/2006 vom sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb:

1. Einkünfte aus einer selbstständigen, nachhaltigen Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft noch als selbstständige Arbeit anzusehen ist.

[…]

Die Veräußerung von Grundstücken aus dem Privatvermögen ist dann als gewerbliche Betätigung anzusehen, wenn sie den Rahmen der Vermögensverwaltung überschreitet. Dies ist dann der Fall, wenn das Tätigwerden des Steuerpflichtigen nach Art und Umfang jenes Ausmaß überschreitet, das üblicherweise mit der Verwaltung eigenen Vermögens verbunden ist. Keine Vermögensverwaltung liegt mehr vor, wenn die Vermögensnutzung durch Fruchtziehung in den Hintergrund tritt und die Vermögensverwertung entscheidend im Vordergrund steht. Ob Vermögensnutzung oder Vermögensverwertung im Vordergrund stehen, ist nach dem objektiven Gesamtbild des jeweiligen Falles zu beurteilen und ist die absolute Anzahl an An- bzw. Verkaufsvorgängen für sich allein nicht entscheidend. In Zweifelsfällen ist darauf abzustellen, ob die Tätigkeit, wenn sie in den gewerblichen Bereich fallen soll, dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsauffassung einen Gewerbebetrieb ausmacht ().

Während bei der Beurteilung, ob ein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt, auch Grundstücksveräußerungen durch Miteigentumsgemeinschaften und vermögensverwaltende Personengesellschaften miteinzubeziehen sind (Kauba in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), Kommentar zum EStG (21. Lfg 2020), § 23, Rz. 128), sind hingegen Liegenschafen, die eigenen Wohnzwecken dienen bzw. gedient haben, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht in diese Beurteilung miteinzubeziehen ().

Kein Grundstückshandel liegt vor, wenn in neun Jahren lediglich zwei Ankäufe getätigt wurden, kein planmäßiges Vorgehen erkennbar ist, jegliche wertsteigernden Maßnahmen unterblieben, nicht als Grundstückshändler in Erscheinung getreten wurde und keinerlei Werbemaßnahmen erfolgten (Kauba in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), Kommentar zum EStG (21. Lfg 2020), § 23, Rz. 128, mit Verweis auf ).

Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen ergibt sich zunächst, dass bei der Beurteilung der Betätigung der beschwerdeführenden Partei in Hinblick auf das Vorliegen eines gewerblichen Grundstückhandels, die von der beschwerdeführenden Partei im Jahr 2008 allein erworbene Liegenschaft EZ ***NNN*** KG ***NNNNN*** nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs außer Betracht bleiben muss, da die beschwerdeführende Partei auf dieser Liegenschaft ein Haus errichtet hat, welches ihr bis zum Verkauf zur Abdeckung des privaten Wohnbedürfnisses gedient hat. Ebenso ist die gemeinsam mit dem Vater erworbene Liegenschaft EZ ***NNN*** KG ***NNNNN***, soweit diese zur Abdeckung des privaten Wohnbedürfnisses der beschwerdeführenden Partei bzw. der privaten Wohnbedürfnisse der Eltern dient, aus diesem Grund nicht in die Beurteilung, ob ein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt, miteinzubeziehen. Folglich verbleiben für die Beurteilung lediglich die im Jahr 2011 angeschaffte und im Jahr 2017 veräußerte Liegenschaft EZ ***NNN*** KG ***NNNNN***, die im Jahr 2019 angeschaffte und im Jahr 2020 veräußerte Liegenschaft EZ ***NNN*** KG ***NNNNN*** sowie das von der Liegenschaft EZ ***NNN*** KG ***NNNNN*** abgetrennte und im Jahr 2017 separat veräußerte Grundstück ***NNNN***.

Hinsichtlich der Liegenschaften EZ ***NNN*** KG ***NNNNN*** und EZ ***NNN*** KG ***NNNNN*** gilt es sodann auszuführen, dass die Liegenschaft EZ ***NNN*** KG ***NNNNN*** von der beschwerdeführenden Partei im Jahr 2011 in der Absicht angeschafft wurde, diese für sich zu renovieren, während die Liegenschaft EZ ***NNN*** KG ***NNNNN*** im Jahr 2019 angeschafft wurde, um diese nach einer Sanierung der Vermietung zuzuführen. Bei keiner dieser beiden Liegenschaften unternahm die beschwerdeführende Partei wertsteigernde Maßnahmen, standen diesen doch betreffend die Liegenschaft EZ ***NNN*** KG ***NNNNN*** Streitigkeiten mit dem Sohn der Wohnrechtsbegünstigten und betreffend die Liegenschaft EZ ***NNN*** KG ***NNNNN*** die damalige finanzielle Situation der beschwerdeführenden Partei entgegen. Diese unterlassenen Wertsteigerungsmaßnahmen sind nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs als ein Indiz gegen das Vorliegen eines gewerblichen Grundstückshandels zu werten.

Aber auch die Umstände, dass die vorhin erwähnten Streitigkeiten den Auslöser für die Veräußerung der Liegenschaft EZ ***NNN*** KG ***NNNNN*** darstellten, sich die An- und Verkäufe dieser Liegenschaften in einem Zeitraum von zwölf Jahren abspielten, die beschwerdeführende Partei nicht als Grundstückshändler nach Außen in Erscheinung getreten ist und das Bundesfinanzgericht in seiner Entscheidung vom zu RV/5100006/2021 die Veräußerung des Grundstücks ***NNNN*** der Liegenschaft EZ ***NNN*** KG ***NNNNN*** nicht als gewerblichen Grundstückshandel der beschwerdeführenden Partei und ihres Vaters beurteilt hat, sprechen vor dem sich hieraus ergebendem Gesamtbild in Bezug auf die Art und Weise der zu beurteilenden Betätigung der beschwerdeführenden Partei gegen eine Überschreitung des Umfangs ebenjener, das üblicherweise mit der Verwaltung des eigenen Vermögens einhergeht. Die Tätigkeit der beschwerdeführenden Partei war somit nicht als gewerblicher Grundstückshandel zu werten.

Diese Beurteilung hat sodann zur Konsequenz, dass den im Wiederaufnahmebescheid als Wiederaufnahmegründe angeführten An- und Verkaufsverträge die Eignung fehlt, einen im Spruch anders lautendenden Bescheid herbeizuführen. Dies erschließt sich zum einen daraus, dass im verfahrensgegenständlichen Bescheid über die Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens für das Jahr 2017 als Änderung des Abgabenbescheides der gewerbliche Grundstückshandel angegeben wurde.

Zum anderen wurden die im Jahr 2017 veräußerten Liegenschaften bereits mit Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 vom bzw. mit Beschwerdevorentscheidung vom hinsichtlich der Beschwerde gegen den vorgenannten Bescheid einer Besteuerung in Form von Einkünften aus privater Grundstücksveräußerung zugeführt und wurden diesbezüglich in dem in diesem Zusammenhang geführten Vorhalte- und Beschwerdeverfahren sämtliche für die Ermittlung der Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen relevanten Angaben und Berechnungen samt diesbezüglicher Kaufverträge seitens der beschwerdeführenden Partei gegenüber der Abgabenbehörde offengelegt. Die Abgabenbehörde verfügte somit bereits im Zeitpunkt der Erlassung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2017 vom bzw. im Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdevorentscheidung vom über sämtliche für die Ermittlung der Einkünfte aus private Grundstücksveräußerungen entscheidungswesentlichen Informationen und vermochten die im Rahmen der Außenprüfung erstmals eingesehenen weiteren An- und Verkaufsverträge demnach auch angesichts dessen keine Änderung des Spruchs der Beschwerdevorentscheidung vom herbeizuführen.

In Anbetracht dieser Ausführungen erweist sich die Verfügung der Wiederaufnahme mit verfahrensgegenständlichen Bescheid vom als rechtswidrig und war daher der Beschwerde dergestalt stattzugeben, als der Bescheid vom über die Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens für das Jahr 2017 aufzuheben war. Das Einkommensteuerverfahren der beschwerdeführenden Partei für das Jahr 2017 tritt hierdurch wieder in die Lage zurück, in der es sich vor der Verfügung der Wiederaufnahme mit verfahrensgegenständlichem Bescheid befunden hat.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Revision ist gegen das gegenständliche Erkenntnis nicht zulässig, da die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen durch den Verwaltungsgerichtshof in den zitierten Entscheidungen bereits beantwortet wurden und das Bundesfinanzgericht im gegenständlichen Erkenntnis nicht von dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abgewichen ist.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 303 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 23 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 307 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100403.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at