Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.06.2023, RV/4100123/2023

Erlöschen der Zulassung zum Studium

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Cornelia Pretis-Pösinger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückforderung Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für die Kinder ***1*** (geb. ***2***), ***3*** (geb. ***4***) und ***5*** (geb. ***6***) für den Zeitraum April 2022 - September 2022, Ordnungsbegriff ***7***, SVNr. ***8***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.) bezog für ihren Sohn ***1*** bis September 2022 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge. Für die Kinder ***5*** und ***3*** bezog die Bf. jeweils die anteilige "Geschwisterstaffel".

Das Finanzamt (FA) überprüfte regelmäßig den Anspruch über den Bezug der Familienbeihilfe. Im Zuge dessen teilte die Bf. via Finanzonline am mit:

"Sehr geehrte Damen und Herren! Mein Sohn, ***1***, hat im letzten Jahr versucht die notwendigen STEOP Prüfungen auf der WU Wien, die für ein Weiterstudieren notwendig sind, zu absolvieren. Drei von vier waren erfolgreich. Auf Grund von Corona wurde Mathematik nicht in Präsenz auf der WU gelehrt, sondern es wurde das Selbststudium verlangt. In Mathematik ist er viermal angetreten, leider ohne Erfolg. Das erste Mal war es ein Versuch, das zweite Mal war er krank, das dritte Mal hatte er Pech und das vierte Mal durfte er die Prüfung auf der Uni, die er vorher kaum besuchen durfte, absolvieren. Auf Grund dieser Tatsache war er sehr aufgeregt und es ging wieder daneben. Dieses Studienjahr war coronabedingt für meinen Sohn eine Katastrophe. Die WU Wien hat ***1*** eine Stehzeit von 3 Semestern auferlegt, in der er auf der WU in seiner Studienrichtung nichts machen kann. Die Beschwerden waren nicht erfolgreich. Im Moment hängt ***1*** in der Luft und wartet. Ich ersuche Sie den Studienerfolg mit 12 ECTS und den viermaligen Versuch in Mathematik anzuerkennen, damit die Familienbeihilfe nicht zurückgezahlt werden muss. Ist es möglich die Familienbeihilfe aufgrund seiner Stehzeit weiterhin für das nächste Jahr zu bekommen? Mit freundlichen Grüßen ***Bf.***."

Das FA forderte am die Studienbestätigung für das Sommersemester 2022 an und ersuchte um Bekanntgabe, wann die Abmeldung vom Studium erfolgt sei.

Die Bf. übermittelte via Finanzonline am ein E-Mail der WU Wien vom . Daraus geht hervor:

"Sehr geehrte Studierende,
Sehr geehrter Studierender!
Sie haben den 4. Antritt aus "Mathematik" (STEOP) negativ absolviert. Damit haben Sie die letzte Wiederholungsmöglichkeit (§ 77 Abs 2 Universitätsgesetz 2002 iVm § 32 der Satzung der Wirtschaftsuniversität Wien) ausgeschöpft.

Aus diesem Grund WIRD Ihr Studium bzw. werden Ihre Studien rückwirkend mit geschlossen und Sie werden von allen bis dahin nicht abgeschlossenen Lehrveranstaltungen und Prüfungen abgemeldet.
Sie dürfen im WS 2023 das Studium wiederaufnehmen. Im Falle einer neuerlichen Zulassung steht Ihnen wieder die gesamte Anzahl an Prüfungswiederholungen in der STEOP zur Verfügung……"

Den von der WU Wien dem FA übermittelten Daten ist zu entnehmen, dass die Zulassung von ***1*** für das Bachelorstudium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften mit erloschen ist.

Das FA teilte der Bf. in der Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vom u.a. mit, dass für ***1*** mit März 2022 der Anspruch auf Familienbeihilfe beendet sei.

Mit Bescheid vom forderte das FA die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag für ***1*** sowie die Erhöhungsbeträge für die Geschwister ***5*** und ***3*** für den Zeitraum 04/2022 - 09/2022 zurück. Begründend wurde auf § 26 Abs. 1 FLAG 1967 verwiesen und hinsichtlich der Kinder ***5*** und ***3*** wurde ausgeführt, dass auch der "anteilige" Erhöhungsbetrag zurückzufordern gewesen sei.

Was Sohn ***1*** betreffe, so stehe Familienbeihilfe für volljährige Studierende nur unter den Voraussetzungen zu, dass das Kind das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet habe, dass das Kind eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuche, dass das Kind ordentliche Studierende oder ordentlicher Studierender sei und dass das Kind sich innerhalb der vorgesehenen Studienzeit befinde. Diese Voraussetzungen treffen bei ***1*** nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 nicht zu, weil laut Bestätigung der WU Wien die Abmeldung vom Studium mit erfolgt sei. Es bestehe daher kein weiterer Anspruch auf Familienbeihilfe ab 04/2022.

Gegen den Rückforderungsbescheid erhob die Bf. am via Finanzonline Beschwerde und begründete dies wie folgt:

"…..Mein Sohn hat in einem Coronajahr angefangen zu studieren und musste sich mit vielen Schwierigkeiten auseinandersetzen. Erklärungen wurden im Oktober 2022 an Sie abgegeben, jedoch bekam ich auf dieses Schreiben nie eine Antwort. Es kann nicht sein, dass mein Sohn auf Grund der Stilllegung seines Studiums auf der WU keine Familienbeihilfe bis September 2022 beziehen kann. Es ist eine Stilllegung, weil die Prüfungen auf Grund von Corona für ihn nicht machbar waren. Er versuchte so gut wie möglich und so schnell wie möglich seine Prüfungen zu absolvieren. Hätte er bis Herbst 2022 mit der Absolvierung der Mathe-Prüfung gewartet, dann hätte er bis September Familienbeihilfe bekommen können, oder? Nur weil bei ihm der 4. Versuch im März stattgefunden hat, wird er deshalb benachteiligt. Er hat im SS 2022 inskribiert, zahlte den ÖH-Beitrag und ist nur stillgelegt worden. Es muss für diese Situation eine Ausnahmeregung geben! Wird Stilllegung gleichgesetzt mit Exmatrikulation? Mein Sohn hat eine Inskriptionsbestätigung für SS 2022. Außerdem bekam mein Sohn nicht die Möglichkeit ein anderes Studium als Alternative im März zu inskribieren, weil es in Österreich kaum mehr Studienrichtungen gibt ohne Aufnahmeprüfungen, die immer im Vorhinein (Frühjahr, Sommer) zu absolvieren sind. Dieses System sollte man überdenken. Ich fordere Sie auf die Familienbeihilfe zumindest bis September 2022 meinem Sohn zu gewähren. Die Gründe sind: Coronajahr; Das Nichtwissen, was eine Stilllegung bedeutet; Die Bemühungen meines Sohnes zu studieren; Ein System, was Fehler beinhaltet…"

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das FA die Beschwerde als unbegründet ab. Unter Verweis auf § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 führte das FA aus, dass als Zeiten der Berufsausbildung nur solche Zeiten anzusehen seien, in denen aus objektiv erkennbaren Umständen geschlossen werden könne, dass eine Ausbildung für den Beruf auch tatsächlich erfolgt sei. Das Vorliegen rein formaler Erfordernisse (Inskriptionsbestätigung) genüge nicht, um eine Berufsausbildung nachzuweisen. Nach der Rechtsprechung des VwGH sei das Ablegen von vorgesehenen Prüfungen wesentlicher Bestandteil der Berufsausbildung.
Unter Bezugnahme auf die §§ 10 Abs. 2 und 26 FLAG 1967 und 33 Abs. 3 EStG 1988 führte das FA weiter aus, dass die Zulassung zum Studium mit erloschen sei, was bedeute, dass eine ernsthafte und zielstrebige Berufsausbildung nicht mehr vorgelegen sei.

Die Bf. beantragte am die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht. Die Bf. entgegnete den Ausführungen des FA, dass ihr Sohn sehr wohl das ernstliche und zielstrebige Bemühen um den Ausbildungserfolg bewiesen habe, indem er alle Prüfungen (12 ECTS) im Wintersemester abgeschlossen habe und viermal in Mathematik bis März angetreten sei. Leider sei es für ihn Corona bedingt nicht möglich gewesen, die Prüfung zu schaffen. Man könne ihn aber das Bemühen nicht absprechen. Sie sei der Ansicht, dass zumindest bis September 2022 die Familienbeihilfe zustehen müsse und sie mit der Beschwerdevorentscheidung keineswegs einverstanden sei.

Mit Vorlagebericht vom legte das FA die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Beantragt wurde - unter Hinweis auf das Erlöschen der Zulassung - die Abweisung der Beschwerde.

Über Anforderung des Bundesfinanzgerichtes übermittelte die Prüfungsorganisation der WU Wien am u.a. Erfolgsnachweis.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Sohn der Bf. begann im Wintersemester 2021/22 mit dem Bachelorstudium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU, Studienkennzahl: UJ033561).

Laut Auskunft der Prüfungsorganisation der WU Wien hat ***1*** im WS 2021/22 folgende Prüfungen mit u.a. Beurteilungen abgelegt:

Am wurde das Studium seitens der WU geschlossen und ***1*** von allen bis dahin nicht abgeschlossenen Lehrveranstaltungen und Prüfungen abgemeldet. Eine Wiederaufnahme des Studiums ist erst ab dem WS 2023/24 wieder möglich.

2. Beweiswürdigung

Der getroffene Sachverhalt gründet sich auf die von der Abgabenbehörde sowie durch das Bundesfinanzgericht aufgenommenen Beweise und den Inhalt der Verwaltungsakten.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 2 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe
a) für minderjährige Kinder,
b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,

c) für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen,

d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5) und die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für vier Monate nach Abschluss der Schulausbildung; im Anschluss daran für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5) und die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bis zum Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird,

e) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd begonnen oder fortgesetzt wird,

(Anm.: lit. f aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)

g) für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer. Diese Regelung findet in Bezug auf jene Kinder keine Anwendung, für die vor Vollendung des 24. Lebensjahres Familienbeihilfe nach lit. l gewährt wurde und die nach § 12c des Zivildienstgesetzes nicht zum Antritt des ordentlichen Zivildienstes herangezogen werden,

h) für volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25 Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden,

i) für volljährige Kinder, die sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

j) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie
aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und
bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und
cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,

k) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, und die sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig in der Dauer von acht bis zwölf Monaten eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland ausgeübt haben; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

l) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die teilnehmen am
aa) Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,
bb) Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,
cc) Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,
dd) Europäischen Solidaritätskorps nach der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014.

Nach § 8 Abs. 3 FLAG 1967 erhöht sich die Familienbeihilfe für jedes Kind
…..
3. Ab , wenn sie
a) für zwei Kinder gewährt wird, um 7,1 €
b) für drei Kinder gewährt wird um 17,4 €…

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Diese Bestimmung normiert eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, ohne Rücksicht darauf, ob die bezogenen Beträge gutgläubig empfangen wurden oder ob die Rückzahlung eine Härte bedeutete. Die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge ist von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist nur, ob der Empfänger die Beträge objektiv zu Unrecht erhalten hat (vgl. z.B. , ).

Nach § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu.

Im vorliegenden Fall herrscht Streit darüber, ob die Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für den Zeitraum April 2022 - September 2022 zu Recht erfolgte.

Das FA begründet die Rückforderung im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen damit, der Sohn habe am das Wirtschafts-und Sozialwissenschaftsstudium beendet. Der Anspruch auf Familienbeihilfe sei damit ab April 2022 erloschen.

Die Bf. bringt in der Beschwerde vor, ihr Sohn habe das Studium ernsthaft betrieben. So habe er die ersten drei Prüfungen der STEOP auf Anhieb geschafft und 12 ETCS erreicht. Die 4. (Mathematik) Prüfung habe er auch beim vierten Anlauf nicht positiv bestanden. Geschuldet sei dies alles den Umständen, die Corona mit sich brachte, begann ihr Sohn doch in einem Coronajahr mit dem Studium. So musste Mathematik ohne Präsenz auf der WU im Selbststudium gelernt werden.

Weiters verstehe sie nicht, dass auf Grund der Stilllegung des Studiums durch die WU und der drei "Stehsemester" keine Familienbeihilfe mehr bis September bezogen werden könne. Ihr Sohn habe eine Inskriptionsbestätigung für das SS 2022.

Schließlich übt die Bf. "Systemkritik", weil ihr Sohn keine Möglichkeit gehabt hätte im März 2022 ein anderes Studium zu beginnen, gebe es doch kaum mehr Studienrichtungen, die ohne Aufnahmeprüfungen im Vorhinein absolviert werden könnten.

Mit ihren Vorbringen ist die Bf. nicht erfolgreich.

Die Bemühungen des Sohnes iR des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftsstudiums werden nicht in Abrede gestellt. Klarstellend muss aber festgehalten werden, dass im Gegensatz zu den Ausführungen der Bf., wonach ihr Sohn drei Prüfungen erfolgreich abgelegt hätte, laut dem Erfolgsnachweis der Prüfungsorganisation der WU lediglich zwei Prüfungen positiv (LVP Einführung in die Betriebswirtschaftslehre vom sowie Wirtschaftsrecht im rechtlichen Kontext - Europäisches und öffentliches Wirtschaftsrecht I vom ) beurteilt wurden.

Es trifft zu, dass Voraussetzung für den Anspruch auf Familienbeihilfe für das 1. Studienjahr lediglich die Aufnahme als ordentlicher Hörer ist (vgl. Satz 11, § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967). Dies gilt aber nur unter der Voraussetzung, dass überhaupt ein Studium betrieben wird (und zwar ernsthaft und zielstrebig), was natürlich voraussetzt, dass eine Zulassung zum Studium besteht.

Tatsache ist, dass im Beschwerdefall das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftsstudium lediglich bis gedauert hat. Wie aus dem E-Mail der WU vom sowie den von der WU dem FA übermittelten Daten hervorgeht, wurde das Studium mit geschlossen bzw. ist die Zulassung zum Studium mit diesem Datum erloschen.

Gemäß § 66 Abs. 4 Universitätsgesetz 2002 idgF erlischt die Zulassung zum Studium, wenn die oder der Studierende bei einer für sie oder ihn im Rahmen der Studieneingangs- und Orientierungsphase vorgeschriebenen Prüfung auch bei der letzten Wiederholung negativ beurteilt wurde.
Der positive Erfolg bei allen Lehrveranstaltungen und Prüfungen der STEOP ist Voraussetzung für die Absolvierung der weiteren Lehrveranstaltungen und Prüfungen sowie zum Verfassen der im Curriculum vorgesehenen Bachelor- oder Diplomarbeiten (Abs. 2 leg. cit.).

Der Sohn der Bf. war demnach ab nicht mehr berechtigt weitere Lehrveranstaltungen des Studienfaches Wirtschafts- und Sozialwissenschaften zu besuchen und Prüfungen abzulegen. Dies gesteht auch die Bf. zu, in dem sie in der Beschwerde ausführt, dass die "WU ihren Sohn eine Stehzeit von drei Semestern auferlegt hat, in denen er auf der WU in seiner Studienrichtung nichts machen konnte und auch Beschwerden nicht erfolgreich waren".
Somit wird deutlich, dass das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftsstudium im Zeitraum April - September 2022 nicht mehr betrieben wurde.

Nach § 36 Hochschulgesetz beginnt das Studienjahr am 1. Oktober und endet am 30. September des Folgejahres. Es besteht aus dem Wintersemester und dem Sommersemester, jeweils einschließlich der lehrveranstaltungsfreien Zeit. Den dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Unterlagen ist nicht zu entnehmen, dass ***1*** mit Wintersemester 2022 ein anderes Studium begonnen hat. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, beginnt das Studienjahr erst mit . Das bedeutet, dass entgegen der Ansicht der Bf. ein Anspruch auf Familienbeihilfe für den davorliegenden Zeitraum nicht gegeben ist.

Beurteilungszeitraum im Beschwerdefall ist der Zeitraum April 2022 bis September 2022. In diesem Zeitraum aber stand der Sohn unzweifelhaft in keiner Berufsausbildung.

Der Begriff "Berufsausbildung" wird im Gesetz nicht näher definiert. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist Ziel einer Berufsausbildung, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Dazu gehört regelmäßig auch der Nachweis einer ernstlichen Bemühung um diese Qualifikation. Das Ablegen vorgesehener Prüfungen ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung. Der laufende Besuch einer der Berufsausbildung dienenden schulischen Einrichtung reicht für sich allein noch nicht, um das Vorliegen einer Berufsausbildung im hier maßgeblichen Sinn anzunehmen. Hinzu muss vielmehr das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg treten, das sich im Antreten zu den erforderlichen Prüfungen bzw. Vorprüfungen zu manifestieren hat (vgl. , , , ). Aus diesem Grunde ist auch das Vorbringen der Bf., dass Sohn ***1*** im SS 2022 inskribiert war, dass er den ÖH-Beitrag eingezahlt hat, nicht geeignet der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.

Im Beschwerdefall hat Sohn ***1*** im Zeitraum April 2022 bis September 2022 keine Bildungseinrichtung, die der Berufsausbildung dient, besucht, bzw. keine Prüfungen abgelegt. Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftsstudium war zu dieser Zeit bereits beendet.

Die Abgabenbehörde ist demnach im Recht, wenn sie für den Zeitraum April 2022 bis September 2022 den Anspruch auf Familienbeihilfe verneint und die ausbezahlte Familienbeihilfe samt Geschwisterstaffel einschließlich Kinderabsetzbetrag rückgefordert hat.

§ 26 Abs. 1 FLAG 1967 normiert eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Diese Verpflichtung zur Rückerstattung ist von subjektiven Momenten (wie z.B. Verschulden, Gutgläubigkeit etc.) unabhängig. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (z.B. , , u.a.). Es kommt nur darauf an, dass die Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug fehlen. Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe oder die Verwendung der Familienbeihilfe sind nach ständiger Rechtsprechung für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich ( uvam.).

Die Kritik der Bf. am "System" der Aufnahmeprüfungen für andere Studienrichtungen, am fehlenden Präsenzunterricht und den dadurch erschwerten Bedingungen für Studenten ist nachvollziehbar, vermag aber nichts daran zu ändern, dass Rückforderungen nach § 26 FLAG 1967 keine Ermessensentscheidungen sind. Billigkeitsüberlegungen sind in Rückforderungsverfahren nach § 26 leg. cit. nicht anzustellen (vgl. uvam.).

Im Übrigen sei darauf zu verweisen, dass es grundsätzlich im rechtspolitischen Ermessen des Gesetzgebers steht, die Gewährung von Familienbeihilfe für volljährige Kinder an die Voraussetzung der Berufsausbildung zu binden (). Die Spekulationen der Bf., dass die Absolvierung der Mathematik Prüfung im Herbst 2022 die Verlängerung der Familienbeihilfe bis dahin bedeutet hätte, sind nicht beschwerderelevant, weil die Faktenlage eine andere ist. Ebenso ist eine allfällige Unwissenheit des Sohnes iZm den Konsequenzen von Prüfungswiederholungen für die Beschwerde unmaßgeblich. Es entspricht aber wohl der Lebenserfahrung, dass Studenten - gerade wenn es um Prüfungswiederholungen geht - Bescheid über allfällige Konsequenzen bei Nichtbestehen von Prüfungen wissen. Wird doch gerade für Studienanfänger Studienberatung durch die Universität, die Hochschülerschaft sowie den diversen Interessensvertretungen der Studenten angeboten und zwar v.a. via social media (vgl. www.wu.ac.at oder www.oeh-wu.at udgl.).

Da für Sohn ***1*** gemäß den obigen Ausführungen und somit ab April 2022 kein Anspruch auf den Bezug von Familienbeihilfe bestand, verringerte sich ab diesem Monat auch der Betrag der zustehenden Geschwisterstaffel iSd § 8 Abs. 3 FLAG 1967.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängig, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Revision ist daher nicht zulässig.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 66 Abs. 4 UG, Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002
§ 26 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 17 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992
§ 66 UG, Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002
§ 8 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 33 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 77 Abs. 2 UG, Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002
§ 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 3 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992
§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.4100123.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at