Abweisung der Beschwerde gegen die Vollstreckungsverfügung, wenn die Parkometer-Strafverfügung nicht fristgerecht beeinsprucht wurde
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin ********** in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen die Vollstreckungsverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6 - BA 32, vom , Zahl MA67/Zahl/2022, da die mit Strafverfügung vom verhängte rechtskräftige Strafe (mit derselben Geschäftszahl) bis dato nicht bezahlt wurde, zu Recht:
Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtene Vollstreckungsverfügung bleibt unverändert.
Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang:
Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien vom , Zahl MA67/Zahl/2022, wurde dem Beschwerdeführer angelastet, er habe das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Kennz1 (A) am um 14:12 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Wien, Stolzenthalergasse 23, abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Demnach habe er die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.
Wegen der Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 60 Euro verhängt und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden festgesetzt.
Am langte beim Magistrat per E-Mail ein als Einspruch gewertetes Schreiben mit dem Betreff ,Parkstrafen durch anderen Fahrer - Lenkererhebung, Leihvertrag Marke Lenker1' ein, indem der Beschwerdeführer zahlreiche weitere, nicht gegenständliche Geschäftszahlen anführte (Strafen, die nicht von ihm begangen worden sein sollen) und um eine Lenkererhebung für alle angeführten GZen, oder um die direkte Weiterleitung der Strafen an Herrn Lenker1, ersuchte.
Dem Schreiben war ein unterschriebener ,Leihvertrag' für das nicht gegenständliche Kfz mit dem behördlichen Kennzeichen Kennz2 beigelegt, abgeschlossen zwischen dem Beschwerdeführer und Lenker2 mit der Vertragsdauer , 08:00, bis [Anmerkung BFG, Tatzeit: , 14:12].
Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom wurde der Einspruch des Beschwerdeführers vom gegen die Strafverfügung vom gemäß § 49 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) wegen Verspätung zurückgewiesen.
Der Zurückweisungsbescheid vom wurde folgendermaßen begründet:
"Die Strafverfügung wurde nach einem Zustellversuch vom am selben Tag bei der Postgeschäftsstelle Wien hinterlegt (Hinterlegung gem. § 17 Abs. 1 ZustG) und ist ab dem zur Abholung bereitgehalten worden, da Ihnen das Schriftstück beim Zustellversuch nicht übergeben werden konnte.
Mit dem Tag der Bereithaltung zur Abholung gilt gemäß § 17 Abs. 3 ZustG eine hinterlegte Sendung als zugestellt, wenn ein Zustellmangel nicht unterlaufen ist und sich auch nicht ergeben hat, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle vom Zustellvorgang nicht rechtzeitig Kenntnis erlangen konnte.
Die Einspruchsfrist begann daher am und endete am .
Der Einspruch wurde trotz richtiger und vollständiger Rechtsmittelbelehrung jedoch erst am laut Poststempel auf dem Briefumschlag, somit nach Ablauf der im § 49 Abs. 1 VStG festgesetzten zweiwöchigen Einspruchsfrist eingebracht.
Selbst wenn hinsichtlich der Zustellung vom ein Zustellmangel vorläge, wäre kein anderes Ergebnis zu erzielen gewesen, wurde die Strafverfügung von Ihnen doch am beim Postamt persönlich übernommen und endete die Rechtsmittelfrist in diesem Fall mit - der Einspruch vom in jedem Fall verspätet war.
Bemerkt wird, dass es sich bei der Einspruchsfrist des § 49 Abs. 1 VStG um eine gesetzlich festgelegte Frist handelt, die von der Behörde nicht erstreckt werden darf. Der Behörde ist es deshalb durch die verspätete Einbringung des Einspruches rechtlich verwehrt eine Sachentscheidung zu treffen und kann aus diesem Grund auch nicht auf allfällige diesbezügliche Einwände eingegangen werden."
Zur rechtskräftigen Strafverfügung vom erfolgte mangels Bezahlung durch den Beschwerdeführer eine Mahnung am , in der die offene Forderung inklusive € 5,00 Mahngebühren (gemäß § 54b Abs. 1a VStG) € 65,00 betrug.
Da die Strafe nicht bezahlt wurde, erließ die belangte Behörde in weiterer Folge die im gegenständlichen Beschwerdeverfahren angefochtene Vollstreckungsverfügung vom , Zahl MA67/Zahl/2022.
Begründend wurde ausgeführt, dass die mit der oben angeführten Strafverfügung vom verhängte rechtskräftige Geldstrafe bis dato nicht bezahlt worden sei. Da der Bescheid inklusive Kostenbeitrag (Mahngebühr) vollstreckbar sei, werde zur Einbringung des Gesamtbetrages von € 65,00 (inklusive € 5,00 Mahngebühren gemäß § 54b Abs. 1a VStG) gemäß §§ 3 und 10 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG) die Zwangsvollstreckung verfügt und werde die Fahrnisexekution im Sinne des § 27 Abgabenexekutionsordnung (AbgEO), BGBl. Nr. 104/1949 idgF auf bewegliche körperliche Sachen der verpflichteten Partei angeordnet.
Gegen diese Vollstreckungsverfügung erhob die Beschwerdeführer mittels E-Mail vom fristgerecht Beschwerde, führte neben der gegenständlichen Geschäftszahl zahlreiche weitere Geschäftszahlen an und brachte das Folgende vor: "Ich übersende nocheinmal alle GZ. die noch von Herr Lenker3 verschuldet wurden, da das Fahrzeug bis einschließlich vom Herr Lenker1 verschuldet wurden. Ich habe schon mehrmals gebeten alle folgenden Anonymverfügungen auf den Herr Lenker4 direkt zu versenden was auch ausgemacht war die mit dem Fahrzeug mit den Kennzeichen Kennz3 [Anmerkung BFG: nicht gegenständlich]. Den Leihvertrag haben Sie schon bei Ihnen im Archiv. Ich würde Sie bitten das man alle GZ die ich Ihnen zusenden als eine Sammellenkererhebung übernehmen könnten damit ich nicht jede einzelne dann wieder ausfüllen muss und jedes mal auf neue warten muss. Ich entschuldige mich für die lange Liste aber ich komme nicht mehr mit den Briefen zurecht! Ich bitte um eine möglichst einfache Bearbeitung der ganzen GZ da Herr Lenker1 das Fahrzeug nicht mehr lenkt und ich schon so viel am Hals habe wegen meinen lieben Mitarbeiter."
Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht mit Vorlagebericht vom zur Entscheidung vorgelegt.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Eingangs wird festgehalten, Gegenstand dieser Entscheidung ist ausschließlich das Verfahren zu der GZ. MA67/Zahl/2022. Die weiteren, vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde angeführten Geschäftszahlen, sind nicht Gegenstand dieser Entscheidung.
Sachverhalt:
Die der angefochtenen Vollstreckungsverfügung zugrundeliegende Strafverfügung (Titelbescheid) vom , Zahl MA67/Zahl/2022, wurde dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung mit dem ersten Tag der Abholfrist, am , rechtswirksam zugestellt und dem Beschwerdeführer am persönlich ausgefolgt (Akt S 14).
Die zweiwöchige Einspruchsfrist begann daher am und endete mit Ablauf des . Innerhalb dieser zweiwöchigen Einspruchsfrist hat der Beschwerdeführer keinen Einspruch erhoben.
Die Strafverfügung wurde nicht fristgerecht beeinsprucht und ist daher in Rechtskraft erwachsen.
Da der Beschwerdeführer die Strafverfügung unbekämpft gelassen hat, liegt ein rechtskräftiger Strafbescheid im Sinne des § 54b Abs. 1 VStG vor (vgl. Thienel/Zeleny, Verwaltungsverfahren19, C2, § 54b). Dieser bildet daher einen tauglichen Vollstreckungstitel.
Die in der Strafverfügung verhängte Geldstrafe iHv € 60,00 war im Zeitpunkt der Erlassung der hier mit Beschwerde angefochtenen Vollstreckungsverfügung (noch) nicht getilgt.
Die angefochtene Vollstreckungsverfügung stimmt mit der Strafverfügung überein.
Beweiswürdigung:
Die Strafverfügung samt Zustellnachweis (sowie die Vollstreckungsverfügung) liegen im Akt auf. Zustellmängel oder Umstände, die den Eintritt der Rechtskraft der Strafverfügung gehindert hätten, sind nicht ersichtlich und wurden auch vom Beschwerdeführer im Verfahren nicht vorgebracht.
In freier Beweiswürdigung nach § 45 Abs. 2 AVG durfte das Bundesfinanzgericht daher die obige Sachverhaltsfeststellung als erwiesen annehmen.
Rechtliche Beurteilung:
§ 3 VVG lautet:
"Eintreibung von Geldleistungen
§ 3 (1) Die Verpflichtung zu einer Geldleistung ist in der Weise zu vollstrecken, daß die Vollstreckungsbehörde durch das zuständige Gericht nach den für das gerichtliche Exekutionsverfahren geltenden Vorschriften die Eintreibung veranlaßt. In diesem Fall schreitet die Vollstreckungsbehörde namens des Berechtigten als betreibenden Gläubigers ein. Die Vollstreckungsbehörde kann die Eintreibung unter sinngemäßer Anwendung der Vorschriften über die Einbringung und Sicherung der öffentlichen Abgaben selbst vornehmen, wenn dies im Interesse der Raschheit und der Kostenersparnis gelegen ist.
(2) Der Vollstreckungstitel muss mit einer Bestätigung der Stelle, von der er ausgegangen ist, oder der Vollstreckungsbehörde versehen sein, dass er einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht mehr unterliegt (Vollstreckbarkeitsbestätigung). Einwendungen gegen den Anspruch im Sinne des § 35 der Exekutionsordnung - EO, RGBl. Nr. 79/1896, sind bei der Stelle zu erheben, von der der Vollstreckungstitel ausgegangen ist.
(3) Natürliche Personen, juristische Personen des Privatrechts sowie der Bund, die Länder und die Gemeinden können die Eintreibung einer Geldleistung unmittelbar beim zuständigen Gericht beantragen. Andere juristische Personen des öffentlichen Rechts können dies nur, soweit ihnen zur Eintreibung einer Geldleistung die Einbringung im Verwaltungsweg (politische Exekution) gewährt ist."
§ 35 Abs. 1 EO lautet:
"Gegen den Anspruch, zu dessen Gunsten Execution bewilligt wurde, können im Zuge des Executionsverfahrens nur insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Thatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrunde liegenden Executionstitels eingetreten sind. Falls jedoch dieser Executionstitel in einer gerichtlichen Entscheidung besteht, ist der Zeitpunkt maßgebend, bis zu welchem der Verpflichtete von den bezüglichen Thatsachen im vorausgegangenen gerichtlichen Verfahren wirksam Gebrauch machen konnte."
Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Vollstreckung ist, dass ein entsprechender zu vollstreckender Bescheid (Titelbescheid) vorliegt, welcher gegenüber der verpflichteten Partei wirksam geworden ist und dass die verpflichtete Partei ihrer Verpflichtung innerhalb der gesetzten Frist und bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens nicht nachgekommen ist (vgl. zB ). Der zu vollstreckende Bescheid muss darüber hinaus bereits in Rechtskraft erwachsen sein und die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid übereinstimmen (vgl. § 3 Abs. 2 VVG).
Unzulässig ist eine Vollstreckung daher nur dann, wenn kein entsprechender Titelbescheid vorliegt, ein solcher der verpflichteten Partei gegenüber nicht wirksam geworden ist oder der Verpflichtung innerhalb der festgesetzten Frist bzw bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens bereits entsprochen wurde.
Die in Rechtskraft erwachsene Strafverfügung stellt die taugliche Grundlage für das Vollstreckungsverfahren dar. Die Strafverfügung bildet daher den Exekutionstitel (vgl. Lewisch/Fister/Weilguni, VStG, § 54b Rz. 4).
Im gegenständlichen Vollstreckungsverfahren ist eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht mehr möglich und kann daher auch die inhaltliche Rechtmäßigkeit des Titelbescheides (=Strafverfügung) nicht mehr geprüft werden.
Entsprechend den obig begründeten Sachverhaltsfeststellungen liegt die Voraussetzung für die zulässige Vollstreckung im Beschwerdefall vor.
Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer in der Vollstreckungsverfügung über die Möglichkeit der Beantragung einer solchen belehrt wurde und diese nicht beantragt hat. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist auch nicht strittig.
Gemäß § 44 Abs. 3 Z 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung einer Verhandlung absehen, wenn sich die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7500255.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at