Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.06.2023, RV/5100291/2022

Entschädigungszahlungen aufgrund eines erlittenen Schadens stellen echten Schadenersatz dar und sind ebenjene bei der Ermittlung von Betriebsausgaben anhand von Durchschnittsätzen nicht zu berücksichtigen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. Patrick Brandstetter in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Fuchshuber Steuerberatung GmbH, Zauneggerstraße 8, 4710 Grieskirchen, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2020 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Steuererklärung vom erklärte die beschwerdeführende Partei betreffend das Jahr 2020 unter anderem Einnahmen aus selbstständiger Arbeit in Höhe von EUR 351.046,97 und begehrte sie in diesem Zusammenhang pauschalierte Betriebsausgaben in Höhe von EUR 13.200,00.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt Österreich die Einkommensteuer für das Jahr 2020 fest. Bei der Ermittlung der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit fanden die von der beschwerdeführenden Partei begehrten pauschalen Betriebsausgaben keine Berücksichtigung und wurde dies vom Finanzamt Österreich zusammengefasst damit begründet, dass Ruhebezüge oder (nachträgliche) betriebliche Einkünfte aus einer ehemaligen aktiven Tätigkeit nicht von der Pauschalierung umfasst seien. Da es sich bei den erklärten Einkünften um Verdienstentgangszahlungen aus einer ehemaligen aktiven Tätigkeit handle, könnten die pauschalen Betriebsausgaben nicht berücksichtig werden.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei nach Stellung eines Fristerstreckungsantrages am Beschwerde und brachte sie im Wesentlichen vor, dass es sich bei den Einkünften aus dem Titel des Verdienstentganges nicht um eine ehemalige aktive Tätigkeit handle, sondern laufende Bezüge vorliegen würden. Der Abzug pauschaler Betriebsausgaben sei nach der Rechtslage zulässig. So sei es auch seit mehr als zehn Jahren von der Finanzverwaltung gehandhabt worden und wäre ein Abgehen von dieser Vorgehensweise mit dem Prinzip der Rechtssicherheit nicht vereinbar.

Das Finanzamt Österreich wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab und begründete sie diese Entscheidung im Kern dergestalt, dass pauschale Betriebsausgaben anhand der Umsätze gem. § 125 BAO zu ermitteln seien. Entschädigungen im Sinne des § 32 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 würden nicht als Umsätze im Sinne des § 125 BAO gelten. Die erhaltenen Entschädigungszahlungen seien daher nicht in die Bemessungsgrundlage für die pauschalen Betriebsausgaben aufzunehmen.

In Reaktion auf diese Beschwerdevorentscheidung brachte die beschwerdeführende Partei nach Verlängerung der hierfür maßgeblichen Frist am einen Vorlageantrag ein und führte sie darin ergänzend zum Beschwerdevorbringen aus, dass der Verweis auf § 125 BAO keine Einkünftezuordnung oder Umqualifikation der Einkünfte darstelle. § 125 definiere lediglich, welche Umsätze für die Ermittlung der Überschreitung von Wertgrenzen heranzuziehen seien und wäre es nicht sachgerecht, zwar steuerpflichtige Einkünfte gem. § 22 Z 2 2. TS zu unterstellen, aber mit Verweis auf § 125 BAO die Abzugsfähigkeit von pauschalen Betriebsausgaben zu versagen.

Sachverhalt

Die beschwerdeführende Partei war im Jahr 2002 Gesellschafter-Geschäftsführer der ***AGmbH*** und war sie am in einem Verkehrsunfall verwickelt. Aufgrund dieses Unfalls erhält die beschwerdeführende Partei von der Versicherung des gegnerischen Unfalllenkers, ***Versicherung***, laufend Zahlungen für den durch den Unfall erlittenen Entgang von Geschäftsführerbezügen.

Im Zeitraum von 2002 bis 2020 stellte die ***Versicherung*** mehrmals die Zahlungen an die beschwerdeführende Partei ein, was dazu führte, dass die beschwerdeführende Partei bei jeder Zahlungseinstellung ihre Ansprüche auf dem Klagsweg durchsetzen musste. Diese Aussetzungen der Zahlungen sowie die daran anschließende erfolgreiche Geltendmachung der Ansprüche im Rechtsweg hatten zur Auswirkung, dass die beschwerdeführende Partei mehrere Jahre keine Zahlungen von Seiten der ***Versicherung*** erhielt, um dann infolge des Obsiegens im Zivilrechtsweg in einem Jahr eine Nachzahlung für jenen Zeitraum zu erhalten, in dem die ***Versicherung*** die Zahlungen verweigert hatte.

Im Jahr 2020 kam es sodann aufgrund einer erfolgreichen Prozessführung der beschwerdeführenden Partei wider die ***Versicherung*** zu einer Zahlung in Höhe von EUR 339.510,18 an die beschwerdeführende Partei zur Abdeckung aller ihrer noch offenen Ansprüche bis Oktober 2020. Zusätzlich erhielt die beschwerdeführende Partei für die Monate November und Dezember des Jahres 2020 jeweils eine Zahlung in Höhe von EUR 5.768,40. Die beschwerdeführende Partei erhielt somit im Jahr 2020 insgesamt EUR 351.046,98 von Seiten der ***Versicherung***.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt hat seine Grundlage in den Sachverhaltsdarstellungen der beschwerdeführenden Partei in ihren Schriftsätzen, dem vorgelegten Schreiben des Rechtsanwalts Dr. Heinrich Oppitz vom , dem Schreiben der ***Versicherung*** vom betreffend die Abrechnung der Ansprüche sowie der Auskunft der steuerlichen Vertretung vom an das Finanzamt.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 in der Fassung des Konjunkturstärkungsgesetz 2020, BGBl. I 96/2020, können die Betriebsausgaben bei den Einkünften aus einer Tätigkeit im Sinne des § 22 oder des § 23 im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 mit einem Durchschnittssatz ermittelt werden. Der Durchschnittsatz beträgt

  1. bei freiberuflichen oder gewerblichen Einkünften aus einer kaufmännischen oder technischen Beratung, einer Tätigkeit im Sinne des § 22 Z 2 sowie aus einer schriftstellerischen, vortragenden, wissenschaftlichen, unterrichtenden oder erzieherischen Tätigkeit 6 %, höchstens jedoch 13 200 €

  2. sonst 12 %, höchstens jedoch 26 400 €,

der Umsätze im Sinne des § 125 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung.

(…)

Laut § 125 Abs. 1 BAO sind Unternehmer, soweit sich eine Verpflichtung zur Buchführung nicht schon aus § 124 ergibt, für einen land- und forstwirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 31), dessen Umsatz (Abs. 2) in zwei aufeinander folgenden Kalenderjahren jeweils 700 000 Euro überstiegen hat, verpflichtet, für Zwecke der Erhebung der Abgaben vom Einkommen Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen.

(…)

Gem. Abs. 2 sind Umsätze im Sinne des Abs. 1 solche gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 UStG 1994 zuzüglich der Umsätze aus im Ausland ausgeführten Leistungen. Keine Umsätze sind jedoch nicht unmittelbar dem Betriebszweck oder dem Zweck des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes dienende Umsätze

1. die unter § 6 Abs. 1 Z 8 und 9 und § 10 Abs. 2 Z 3 UStG 1994 fallen oder - wären sie im Inland ausgeführt worden - fallen würden,

2. aus Geschäftsveräußerungen im Sinne des § 4 Abs. 7 UStG 1994,

3. die bei der Erzielung von Entschädigungen im Sinne des § 32 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 ausgeführt werden und

4. aus besonderen Waldnutzungen im Sinne der einkommensteuerrechtlichen Vorschriften.

Laut § 32 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 gehören zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 auch Entschädigungen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen einschließlich eines Krankengeldes und vergleichbare Leistungen gewährt werden.

Nach § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung bewirkt wird oder kraft gesetzlicher Vorschrift als bewirkt gilt.

Werden Zahlungen unter dem Titel Schadenersatz geleistet, so unterscheidet die Rechtsprechung und Lehre in Bezug auf die Umsatzsteuer zwischen einem echten und einem unechten Schadenersatz. Wird Schadenersatz geleistet, weil ein Schaden verursacht wurde oder weil für einen Schaden eingestanden werden muss, stellt dies einen echten Schadenersatz dar und liegt kein Leistungsaustausch vor (echter Schadenersatz). Ein Leistungsaustausch liegt allerdings dann vor, wenn eine Ersatzleistung zur Erlangung einer besonderen Leistung des Geschädigten erbracht wird (unechter Schadenersatz) (Ruppe/Achatz in Ruppe/Achatz (Hrsg), Umsatzsteuergesetz: Kommentar5 (2017), zu § 1 UStG, Rz. 157).

Vor dem Hintergrund dieser Gesetzeslage ergibt sich für den vorliegend zu beurteilenden Fall Folgendes.

Die Zahlungen der ***Versicherung*** an die beschwerdeführende Partei zur Abgeltung der entgangenen Geschäftsführerbezüge aufgrund des vom Unfallgegner der beschwerdeführenden Partei verursachten Verkehrsunfalls sind als echter Schadenersatz zu qualifizieren, wurden bzw. werden die Zahlungen an die beschwerdeführende Partei doch als Ausgleich für den von ihr aufgrund des Unfalls erlittenen Schadens geleistet und nicht zur Erlangung irgendeiner Leistung der beschwerdeführenden Partei. Mangels eines Leistungsaustausches unterliegen diese Zahlungen somit nicht der Umsatzsteuer und stellen diese Zahlungen keinen Umsatz gem. § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 dar. Damit ist aber auch schon das Schicksal der Beschwerde entschieden, sieht doch § 17 Abs. 1 EStG 1988 in der Fassung des Konjunkturstärkungsgesetz 2020, BGBl. I 96/2020, als Bemessungsgrundlage für die Ermittlung von Betriebsausgaben anhand von Durchschnittsätzen Umsätze im Sinne des § 125 Abs. 1 BAO vor und sind nach § 125 Abs. 2 BAO Umsätze im Sinne des § 125 Abs. 1 BAO solche gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 und Z 2 UStG 1994. Da die Zahlungen der ***Versicherung*** in Höhe von EUR 351.046,98 nicht als Umsätze gem. § 1 Abs. 1 Z 1 und Z 2 UStG 1994 anzusehen sind, sind ebenjene bei der Ermittlung von Betriebsausgaben anhand von Durchschnittsätzen nicht zu berücksichtigen. Folglich war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

An dieser Beurteilung vermag auch das Vorbringen in der Beschwerde, die Finanzverwaltung habe seit mehr als zehn Jahren den Fall der beschwerdeführenden Partei entsprechend der dargelegten Rechtsansicht in der Beschwerde gehandhabt, keine Änderung herbeizuführen, trifft doch die Abgabenbehörde die Verpflichtung, von einer von ihr als unrichtig erkannten Beurteilung für noch nicht rechtskräftig veranlagte Jahre oder aus Anlass von Bescheidänderungen abzugehen (; vom , 2000/13/0179).

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Revision ist im gegenständlichen Fall nicht zulässig, da der Gesetzgeber mit § 17 Abs. 1 EStG 1988 in der Fassung des Konjunkturstärkungsgesetz 2020, BGBl. I 96/2020 und § 125 BAO eine klare Rechtslage in Bezug auf die Ermittlung von Betriebsausgaben mittels Durchschnittsätze geschaffen hat, hinsichtlich derer keine Auslegungsschwierigkeiten bestehen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100291.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at