Parkometerabgabe: Keine Organstrafverfügung ausgestellt
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. Gerhard Konrad in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 51/2005, in Verbindung mit § 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 9/2006 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 24/2012, über die Beschwerde der Beschuldigten vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , Zahl: MA67/236700058187/2023, zu Recht:
I. Gemäß § 50 VwGVG in Verbindung mit § 24 Abs 1 BFGG und § 5 WAOR wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat die Beschwerdeführerin einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 12,00 € zu leisten.
Gemäß § 50 Abs 7 VStG wird der eingezahlte Betrag von 36,00 € auf die Geldstrafe von 60,00 € angerechnet. Die noch nicht bezahlte Geldstrafe (24,00 €), der Beitrag zu den Kosten der belangten Behörde (10,00 €) sowie der Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens (12,00 €), insgesamt 46,00 €, sind binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Erkenntnisses an den Magistrat der Stadt Wien zu entrichten.
Gemäß § 25 Abs 2 BFGG wird der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde bestimmt.
II. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art 133 Abs 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Das bisherige Verfahren stellt sich auszugsweise wie folgt dar:
Mit Straferkenntnis vom , Zahl: MA67/236700058187/2023, hat der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, als belangte Behörde Frau ***Bf1*** (in weiterer Folge: Beschwerdeführerin) angelastet, sie habe die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt in dem sie das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** am um 20:34 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1010 Wien, Löwelstraße, bei Burgtheater Reihe 1, abgestellt habe, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben.
Dadurch habe die Beschwerdeführerin die Rechtsvorschrift des § 5 Abs 2 Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 4 Abs 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung, verletzt.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung werde über die Beschwerdeführerin gemäß § 4 Abs 1 Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von 60,00 € sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt.
Ferner habe der Beschwerdeführer gemäß § 64 Abs 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) einen Betrag von 10,00 € als Mindestbeitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.
Der am einbezahlte Betrag in Höhe von 36,00 € werde angerechnet.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) betrage daher 34,00 €.
Das Straferkenntnis wurde folgendermaßen begründet:
"Sie haben das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug an der im Spruch bezeichneten Örtlichkeit und zur angeführten Zeit in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültig entwerteten/aktivierten Parkschein gesorgt zu haben.
Die Übertretung wurde Ihnen mit Strafverfügung angelastet.
Im Einspruch wurde von Folgendes eingebracht:
Sehr geehrte Damen und Herren,
gegen die obig genannte Strafverfügung vom erhebe ich im Namen meiner Frau innerhalb offener Frist das Rechtsmittel des Einspruchs und begründe das wie folgt:
Eine Anonymverfügung, datiert mit , wurde OHNE die Hinterlegung einer Information am Fahrzeug (= Organstrafverfügung) zugesellt.
Ein Anruf bei einer ihrer MA hat ergeben, dass die "ordnungsgemäße "Anbringung" NICHT im Zuständigkeitsbereich des Erstellers liegt, die Frage erhebt sich für mich, wer denn für die Anbringung dieser Information verantwortlich ist, speziell wenn diese nur 4 Minuten nach Ablauf der ordnungsgemäß erbrachten Parkzeit erfolgt.
Wir waren zum angeführten Termin im Burgtheater und haben die Vorstellung wegen fehlenden Inhalts um ca. 20:30 verlassen, bis wir von unseren Plätzen in Loge 1 beim Fahrzeug angelangt waren sind sicher 5 Minuten vergangen.
Ich habe vor Zeugen das Fahrzeug ordnungsgemäß VOR Abfahrt kontrolliert und KEINE Organstrafverfügung vorgefunden.
Eine Einzahlung von € 36.- wurde nach telef. Rücksprache mit ihrer MA am gezeichnet, was sich mit der schriftlichenÜberweisung belegen lässt. Ihre MA hat mir anlässlich des Telefonats vom geraten, nur € 36.- einzuzahlen und die Reaktion abzuwarten.
Ich ersuche daher höflichst, die obig angeführte Strafverfügung wegen bereits erfolgter Begleichung außer Kraft zu setzen und sehe einer diesbezüglichenlnformation mit Interesse entgegen.
[…]
Stehe für weitere Informationen gerne zur Verfügung."
Beweis wurde durch Einsicht in den Verwaltungsstrafakt erhoben.
Dazu wird festgestellt:
Der Verlust einer Organstrafverfügung geht nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Lasten des beanstandeten Lenkers und es besteht kein Rechtsanspruch darauf, dass eine im Verwaltungsstrafverfahren verhängte Strafe nur im Ausmaß eines in Betracht gekommenen Organstrafbetrages bemessen wird.
Die Anonymverfügung vom in Höhe von EUR 48,- wurde auch gegenstandslos, da der vorgeschriebene Strafbetrag oder ein höherer Betrag nicht einbezahlt wurde (siehe § 49a Abs. 6 VStG).
Auf die Motive (Verlust, Urlaub usw.) der unterlassenen bzw. nicht zeitgerechten Entrichtung des jeweiligen Strafbetrages kann es bei der gegebenen Rechtslage nicht ankommen und es war daher die Strafverfügung zu erlassen.
Die Anzeige ist als taugliches Beweismittel anzusehen (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 90/18/0079).
Jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstellt, muss bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten (§ 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung).
Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaubt bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liegt im gegenständlichen Fall nicht vor.
Sie haben daher den objektiven Tatbestand der angelasteten Übertretung verwirklicht.
Zur Strafbarkeit genügt fahrlässiges Verhalten. Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet, nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht.
Mit der Einhaltung der gebotenen und zumutbaren Aufmerksamkeit und Sorgfalt wäre die Übertretung zu vermeiden gewesen, weshalb der Ihnen angelastete strafbare Tatbestand auch subjektiv als erwiesen anzusehen ist.
Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu EUR 365,00 zu bestrafen (§ 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006).
Die verhängte Geldstrafe soll durch ihre Höhe dazu geeignet sein, Sie wirksam von einer Wiederholung abzuhalten.
Grundlage für die Bemessung der Strafe sind gemäß § 19 VStG die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Jedes fahrlässige Verkürzen der Parkometerabgabe, d.h. jedes Abstellen eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone, ohne dass hierfür die nach der Parkometerabgabeverordnung vorgeschriebene Parkometerabgabe durch einen ordnungsgemäß entwerteten Parkschein entrichtet wird, schädigt in nicht unerheblichem Maße sowohl das öffentliche Interesse an der Entrichtung von Abgaben, als auch an der Erleichterung des innerstädtischen Verkehrs und an der Rationierung des in Wien vorhandenen Parkraumes, dem die Strafdrohung dient.
Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist im Hinblick auf den Sachverhalt - selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen - nicht gerade gering.
Dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist auf Grund der Tatumstände nicht anzunehmen und es kann daher Ihr Verschulden nicht als geringfügig angesehen werden.
Bei der Strafbemessung wurden Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten, soweit diese der Behörde bekannt waren, berücksichtigt. Zudem wurde auf eventuell vorhandene verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen Bedacht genommen.
Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis zu EUR 365,00 reichenden Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden ist die verhängte Geldstrafe selbst bei ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen, durchaus angemessen und keineswegs zu hoch.
Die Auferlegung des Beitrages zu den Kosten des Verfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs. 2 des VStG 1991."
In der Beschwerde vom (Datum des Poststempels) wurde ausgeführt:
"im Namen meiner Frau erhebe ich innerhalb offener Frist nachfolgende Stellungnahme (Beschwerde) zu ihrem Schreiben "Straferkenntnis" vom .
Die angeführte Geldstrafe von € 60.- (oder gar € 70.-) für das angelastete Vergehen ist aus Sicht der Lenkerin ungewöhnlich hoch (entspricht ca. € 20.- pro Minute), noch dazu erwähnen sie nur am Rande, dass ihr Mitarbeiter seinem Auftrag, den Vorfall als Information an den Lenker anzubringen, absolut NICHT nachgekommen ist und damit den Fahrzeughalter der Möglichkeit beraubt hat, die 4 minütige (in Worten vierminütige ) Überziehung durch Bezahlung der Geldstrafe von € 36.- (erfolgt am ) zu begleichen.
Außerdem ist es ihnen wohl bekannt, dass eine Frist von 15 minütigem Gratisparken nach Ablauf der regulären Parkzeit existiert, die von mir leider NICHT aktiviert wurde, da ich als jahrzehntelanger Theaterbesucher nicht mit einer derartigen Handlungsweise gerechnet habe.
Zum Thema "ordnungsgemäße" Anbringung wurde von ihnen als "Beweis" die Einsicht in den Verwaltungsstrafakt angeführt und eine Rechtsprechung der Verwaltungsgerichts (ohne entsprechendem Hinweis über die Komplettheit) über den Verlust einer Organstrafverfügung aufgelistet.
Ich gehe davon aus, dass ihre MA über ein Smartphon oder ein entsprechendes Gerät zur Erfassung eines Tatbestandes bzw. Nachweis der eigenen Aktivitäten verfügen.
Lassen sie mir doch diese "eineindeutige" Unterlage zukommen sowie die komplette "Rechtsprechung" des Verwaltungsgerichtshofes. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass aufgrund einer "Einsicht" in einen Verwaltungsstrafakt (durch deren Verfasser !) ein "Beweis" entsteht!!!
In keinem Wort ist damit auch die tel. Aussage ihres MA über das weiter Verhalten angeführt, warum sparen sie NICHT generell und bringen nur mehr Anzeigen ein, die
a) einen höheren Betrag auswerfen (€48.- statt €36.-)
b) die Mühe des Ausstellens einer Organstrafverfügung ersparen?
Sie versuchen, im weiteren Inhalt ihres Schreibens aus einer an einem Freitag um 20:34 Uhr erfolgten Überschreitung ein fahrlässiges Verhalten abzuleiten.
Der Umstand einer Wiederholung wird sicher nicht eintreten, meine Fr. hat das jahrzehntelang bestehende Abonnement gekündigt und wird auch den Sonder-Parkplatz des Burgtheaters NICHT mehr nutzen.
Aus meiner bescheidenen Hochrechnung ergibt sich daraus ein zusätzliches Defizit (für die Gemeinde Wien, der ihre Abteilung sicher auch angehört) in zumindest dreistelliger Höhe, dass mit ihrer tatkräftigen Hilfe die erforderlichen Subventionen für den Theaterbetrieb nochmals ansteigen lässt.
In den vielen Jahren meiner Tätigkeit als […] habe ich gelernt, dass künstlich aufgebauschte Tatsachen nur selten ein positives Ergebnis bringen.
Ich wünsche ihnen daher viel Glück bei der weiteren Erledigung von "unrechtsgehaltenen" Fällen und sage Dank für die umfassende Stellungnahme zum Parkdelikt."
Über die Beschwerde wurde erwogen:
1. Sachverhalt
***Bf1*** (Beschwerdeführerin) hat das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** am in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1010 Wien, Löwelstraße, bei Burgtheater Reihe 1, abgestellt.
Für dieses Kraftfahrzeug kann für den Zeitpunkt 20:34 Uhr dieses Tages keine Kennzeichnung mit einem gültigen Parkschein festgestellt werden.
Eine Organstrafverfügung wurde vom beanstandenden Parkraumüberwachungsorgan nicht ausgestellt.
Nach Zustellung einer Anonymverfügung vom wurde am von der Beschwerdeführerin eine Zahlung von 36,00 € an die belangte Behörde geleistet.
Die Strafverfügung vom wurde mit Einspruch vom per E-Mail bekämpft.
Gegen das Straferkenntnis vom wurde am (Datum des Poststempels) das Rechtmittel der Beschwerde eingebracht.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen erfolgten auf der Grundlage des Verwaltungsaktes, insbesondere aufgrund der Anzeige des kontrollierenden Parkraumüberwachungsorgans (Meldungsleger A1205).
Ausdrücklich nicht bestritten wird der Abstellort des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges.
Aus den Angaben des als Vertreter der Beschwerdeführerin handelnden Ehegatten im Einspruch vom gegen die Strafverfügung vom sowie in der Beschwerde ist abzuleiten, dass auch der Beanstandungszeitpunkt sowie die Tatsache, dass kein gültiger Parkschein gelöst war, nicht bekämpft werden.
Einerseits gibt dieser an, dass die Beanstandung "nur 4 Minuten nach Ablauf der ordnungsgemäß erbrachten Parkzeit" erfolgte bzw. die Strafe von 70,00 €, was ca. 20,00 € je Minute entspräche, ungewöhnlich hoch sei.
Andererseits führt er aus, dass die Ehegatten die Loge 1 des Burgtheaters um ca. 20:30 Uhr verlassen haben und "sicher 5 Minuten vergangen" seien, bis sie zum Fahrzeug gelangten.
Die Zahlung der Beschwerdeführerin von 36,00 € wird ebenso nicht bestritten.
Dass eine Organstrafverfügung mit einem Strafbetrag von 36,00 € vom Parkraumüberwachungsorgan ausgestellt wurde, wird lediglich von der Beschwerdeführerin bzw. ihrem Ehegatten behauptet und ist aus dem Verwaltungsakt nicht ableitbar.
Dass die Beschwerdeführerin selbst das Kraftfahrzeug abgestellt hat, ergibt sich aus der Lenkerauskunft der Beschwerdeführerin vom .
3. Rechtliche Beurteilung (siehe I.)
Tatbild
Das kontrollierende Parkraumüberwachungsorgan (Meldungsleger) hat das Abstellen des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen ***1*** am um 20:34 Uhr in der im ersten Wiener Gemeindebezirk befindlichen, gebührenpflichtigen Kurzparkzone, Löwelstraße, bei Burgtheater Reihe 1, ohne Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein beanstandet.
§ 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung normiert:
"Für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO 1960) ist eine Abgabe zu entrichten."
§ 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung normiert:
"Die Abgabe beträgt für jede halbe Stunde Abstellzeit 1,10 Euro, wobei für angefangene halbe Stunden der volle Abgabenbetrag zu entrichten ist. Beträgt die gesamte Abstellzeit nicht mehr als fünfzehn Minuten, ist ein Abgabenbetrag nicht zu entrichten, wenn der hiefür vorgesehene Parkschein vorschriftsmäßig angebracht und entwertet oder aktiviert ist."
§ 5 Wiener Parkometerabgabeverordnung normiert:
"(1) Die Abgabe gilt mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.
(2) Zur Entrichtung der Abgabe sind der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken."
Die Beschwerdeführerin hat das verfahrensgegenständliche Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt ohne für die gesamte Dauer des Abstellens die Parkometerabgabe zu entrichten und somit den objektiven Tatbestand der fahrlässigen Abgabenverkürzung verwirklicht.
Dass die Beanstandung lediglich vier Minuten nach Ablauf eines gültigen Parkscheines erfolgte, ändert nichts daran, dass um 20:34 Uhr eben kein gültiger Parkschein bestanden hat.
Ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass ein Gratisparken von 15 Minuten nach Ablauf der regulären Parkzeit rechtlich nicht vorgesehen ist, da gemäß § 4 Abs 2 Verordnung des Wiener Gemeinderates über die Art der zu verwendenden Kontrolleinrichtungen in Kurzparkzonen (Kontrolleinrichtungenverordnung) die Kombination eines Parkscheines nach Anlage II (Papier-Parkschein mit Gebührenentrichtung) oder III (Handyparken) mit einem Parkschein nach Anlage I (15-Minuten-Parkschein ohne Gebührenentrichtung) in zeitlich unmittelbarer Aufeinanderfolge unzulässig ist.
Schuld
§ 5 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) normiert:
"(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte."
Der Lenkerin eines Kraftfahrzeuges ist es grundsätzlich zumutbar, bei Abstellung desselben für einen gültigen Parkschein zu sorgen.
Die Beschwerdeführerin brachte keine Gründe vor, um ein mangelndes Verschulden darzutun, und es waren auch aus der Aktenlage keine Umstände ersichtlich, dass sie an der Begehung der Verwaltungsübertretung kein Verschulden träfe. Der Ehegatte der Beschwerdeführerin gibt an, sie haben die "Vorstellung wegen fehlenden Inhalts" verlassen. Insbesondere hätte bei "entsprechendem" Inhalt rechtzeitig für einen gültigen Parkschein gesorgt werden müssen.
Es ist deshalb von zumindest fahrlässigem Verhalten auszugehen.
Somit sind auch die subjektiven Voraussetzungen der Strafbarkeit als erwiesen anzusehen.
Wenn die Beschwerdeführerin bzw. ihr Ehegatte als Vertreter vorbringen, dass vor Abfahrt keine Organstrafverfügung vorgefunden wurde, so übersehen sie, dass eine Organstrafverfügung nicht verpflichtend zu erlassen ist. Es besteht nämlich grundsätzlich kein Rechtsanspruch darauf, dass eine Verwaltungsübertretung lediglich durch eine Organstrafverfügung geahndet wird (vgl. , mwN).
Das Unterbleiben der fristgerechten Bezahlung des (Differenz)-Betrages der Anonymverfügung vom bzw. der Strafverfügung vom hatte die Einleitung des ordentlichen Verwaltungsstrafverfahrens zur Folge. Eine Anrechnung des nicht rechtzeitig einbezahlten Organstrafverfügungsbetrages erfolgte bereits in der verfahrensgegenständlichen Strafverfügung.
Strafbemessung
§ 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006 regelt:
"Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen."
§ 19 VStG bestimmt:
"(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen."
Die der Bestrafung zu Grunde liegende Verwaltungsübertretung schädigte in nicht unerheblichem Maße das als bedeutend einzustufende öffentliche Interesse an der Bewirtschaftung des ohnehin knappen innerstädtischen Parkraumes sowie an der ordnungsgemäßen und fristgerechten Entrichtung der Parkometerabgabe. Der objektive Unrechtsgehalt der fahrlässigen Abgabenverkürzung kann daher, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, keineswegs als gering angesehen werden (vgl. , mwN, sowie , mwN).
Das Ausmaß des Verschuldens war im beschwerdegegenständlichen Fall in Anbetracht der Außerachtlassung der objektiv gebotenen und der Beschwerdeführerin zumutbaren Sorgfalt nicht als geringfügig zu werten, da weder hervorgekommen noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen ist, dass die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschriften durch die Beschwerdeführerin eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung des Straftatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.
Weil keine rechtskräftigen verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen aktenkundig sind, kommt der Beschwerdeführerin der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zu Gute. Weitere Milderungsgründe sind nicht hervorgekommen.
Für eine ungünstige Einkommens- und Vermögenssituation der Beschwerdeführerin besteht nach der Aktenlage kein Anhaltspunkt, sodass von durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen auszugehen ist. Sorgepflichten sind ebenfalls nicht bekannt geworden und können daher nicht berücksichtigt werden.
Unter Bedachtnahme auf die angeführten Strafbemessungsgründe sowie aus general- und spezialpräventiven Erwägungen ist die verhängte Geldstrafe in Höhe von 60,00 € angesichts des bis zu 365,00 € reichenden Strafrahmens als angemessen und nicht überhöht zu betrachten.
Durchführung einer mündlichen Verhandlung
§ 44 Abs 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) lautet auszugsweise:
"(3) Das Verwaltungsgericht kann von einer Verhandlung absehen, wenn
[…]
3. im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde
[…]
und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.
[…]"
Es konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da eine solche nicht beantragt und im angefochtenen Straferkenntnis eine 500,00 € nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.
Darüber hinaus war von einer mündlichen Verhandlung kein zusätzlicher Erkenntnisgewinn hinsichtlich der Sach- und Rechtslage zu erwarten, da der entscheidungswesentliche Sachverhalt erhoben wurde und unstrittig ist.
Kostenentscheidung
Da der Kostenbeitrag des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 64 VStG mit 10% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10,00 €, zu bemessen ist, wurde er mit 10,00 € korrekt festgesetzt.
Gemäß § 52 Abs 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.
Gemäß § 52 Abs 2 VwGVG ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen.
Die Beschwerdeführerin hat daher gemäß § 52 Abs 2 VwGVG weitere 12,00 € als Kostenbeitrag zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu leisten.
Vollstreckung
Gemäß § 52 Abs 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs 2 vorzugehen.
Gemäß § 25 Abs 2 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.
Hier erweist sich das Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 Anm. 6).
Gemäß § 50 VwGVG in Verbindung mit § 24 Abs 1 BFGG und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) war daher spruchgemäß zu entscheiden.
4. Unzulässigkeit der Revision (siehe II.)
Art 133 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) lautet auszugsweise:
"[…]
(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.
[…]
(6) Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes kann wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben:
1. wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet;
2. die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht; […]"
§ 25a Abs 4 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) regelt:
"Wenn in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache
1. eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und
2. im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde,
ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig."
Weil nach § 4 Abs 1 des Wiener Parkometergesetzes 2006 lediglich eine Geldstrafe von bis zu 365,00 € und keine primäre Freiheitsstrafe verhängt werden darf, ist eine Revision durch die Beschwerdeführerin unzulässig (vgl. VwGH, , Ra 2022/16/0080, mwN).
Die Revision für die belangte Behörde ist unzulässig, da das Bundesfinanzgericht im vorliegenden Erkenntnis im Wesentlichen aufgrund von Sachverhaltsfeststellungen entscheidet und ansonsten nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, sondern dessen Judikaturlinie folgt (siehe 3.).
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7500386.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at