Pensionsabfindung eines Gesellschafter-Geschäftsführers: Kein mit dem Halbsteuersatz begünstigter Übergangsgewinn, weil Forderung auf Pensionsabfindung erst nach dem Aufgabezeitpunkt (Bilanzstichtag) entstanden ist
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2023/13/0025.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Dieter Fröhlich über die Bescheidbeschwerde des ***Bf1***, Steuernummer ***BF1StNr1***,
Str.1, O1, vertreten durch Crowe SOT GmbH Wirtschaftsprüfung- und Steuerberatungsgesellschaft, Ruster Straße 91, 7000 Eisenstadt, vom gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2018 des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart (nunmehr FA Österreich), vom , zugestellt am , nach der im Beisein des Schriftführers Dietmar Gratz am durchgeführten mündlichen Verhandlung
zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt und Verfahrensgang
Gesellschaftsrechtliche Strukturen
Der Beschwerdeführer, Baumeister T.. VN Fn (im Folgenden Bf.) war Alleingesellschafter und Alleingeschäftsführer der G1 (FN***), die 100% der Anteile an der "Bauunternehmung T.. G2" (FN***) hielt. Bis zur Vollendung seines 62. Lebensjahres war Bf. alleiniger Geschäftsführer des operativen Bauunternehmens T.. G2 (idF kurz G-2) und sein Sohn, Baumeister T.. S. war als Prokurist eingesetzt.
Die G1 ist Gruppenträger, zu deren Unternehmensgruppe außer dem Bauunternehmen A W GmbH auch die G3 (FN X3) und die G4 (FN) gehören. Gesellschaftszweck dieser beiden Immobiliengesellschaften ist der Erwerb, die Entwicklung, die Vermietung und die Verwertung von Liegenschaften. Ihr Geschäftsführer ist ebenfalls der Bf. und sämtliche ihrer Anteile werden von der G1 gehalten.
Mit Notariatsakt vom wurde der Bf. von seiner Funktion als Geschäftsführer der T.. G2 rechtswirksam mit tt.05.2018 abberufen und T.. S. zum Geschäftsführer bestellt. Das Weitern wurde mit diesem Notariatsakt vom der Bf. mit Wirksamkeit vom zum Prokurist der G-2 bestellt (statt bisher S.). Diese gesellschaftsrechtlichen Beschlüsse erfolgten gemäß § 34 GmbHG von der Alleingesellschafterin G1, vertreten durch ihren Geschäftsführer T.. VN Fn.
Einkommensteuererklärung 2018
In der Einkommensteuererklärung 2018 wies der Bf. aus der selbständigen Tätigkeit als Geschäftsführer der G-2 außer dem laufenden Geschäftsführerbezug einen mit dem Halbsteuersatz zu versteuernden Aufgabegewinn von € 420.000 aus (Kz.423). Nach den Angaben der ESt-Erklärung begann das Wirtschaftsjahr 2018 betreffend diese Einkünfte aus selbständiger Arbeit am 1.1. und endete am .
Von der Abgabenerklärung abweichender ESt-Bescheid 2018
Nach durchgeführten Ermittlungsverfahren (Vorhalte vom 23.03. u. ) erließ das FA den von der Abgabenerklärung abweichenden Einkommensteuerbescheid 2018 vom . Die Abgabenbehörde versagte die tarifbegünstigte Besteuerung eines Aufgabegewinnes nach § 37 Abs. 1 in Verbindung mit § 37 Abs. 5 Z. 3 EStG 1988 und nahm stattdessen eine Verteilung dieser selbständigen Einkünfte auf drei Jahre gemäß § 37 Abs. 2 Z. 2 iVm § 32 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 vor (€ 420.000:3=€ 140.000 in 2018, 2019 u. 2020). In der ergänzenden Bescheidbegründung vom , zugestellt am , wurde Folgendes ausgeführt:
"Die G-2 hat mit Vertrag vom ihrem Geschäftsführer T.. VN Fn die Zahlung einer lebenslangen monatlichen Firmenpension iHv € 1.452 rechtsverbindlich eingeräumt. Diese Pensionszusage wurde durch zwei Lebensversicherungen (Polizzen Nummer V1 und V2) bei der Versicherung AG rückgedeckt.
Der Abgabenpflichtige legte der Abgabenbehörde im Ermittlungsverfahren eine schriftliche Vereinbarung vom vor, in welcher rechtsgeschäftlich erklärt wurde, dass er auf Wunsch des Geschäftsführers der A W GmbH auf die ihm zugesagte Firmenpension verzichtet und er als Entschädigung für den Verzicht auf zukünftige Einkünfte eine sofort ausbezahlte Einmalzahlung von € 420.000 erhalte. Diese von den Vertragsparteien unterzeichnete Vereinbarung wurde am zwischen der G-2, vertreten durch den Geschäftsführer T.. S. und dem Bf. rechtswirksam abgeschlossen und hat folgenden Inhalt [Zitat]:
,Die Bauunternehmung G-2 hat mit Zusage vom dem Geschäftsführer VN Fn die Zahlung einer lebenslangen monatlichen Zusatzpension von € 1.452 rechtsverbindlich zugesagt.
Diese Pensionszusage wurde durch zwei Lebensversicherungen (Pol.Nr.: V1 und 2/09/) bei der ***Versicherungrückgedeckt. Aus diesen beiden Lebensversicherungen würde an die G-2 laut Berechnung der Versicherung eine monatliche Ablaufleistung von € 1.281 ausgezahlt werden.
Dadurch ergibt sich eine derzeitige monatliche Unterdeckung gegenüber der zugesagten Pension von € 171.
Da die Bauunternehmung T.. VN Fn Gesellschaft m.b.H. in Zukunft nicht das wirtschaftliche Risiko aus der Unterdeckung der zugesagten Firmenpension tragen möchte, ist T.. S. als Geschäftsführer der Bauunternehmung T.. G2 an T.. VN Fn mit dem Wunsch herangetreten, auf die Auszahlung der lebenslangen monatlichen Pension in Höhe von € 1.452 gegen Zahlung einer einmaligen Entschädigungszahlung zu verzichten. Weiters möchte der Geschäftsführer T.. S. die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung der Bauunternehmung G-2 nicht durch zusätzliche unvorhersehbare Dotierungen der Pensionsrückstellung belasten.
T.. VN Fn verzichtet daher auf ausdrücklichen Wunsch des Geschäftsführers (T.. S.) der Bauunternehmung G-2 auf die zu gesagte Pension. Als Entschädigung für den Verzicht auf diese zukünftigen Einkünfte bekommt T.. VN Fn mit heutigen Tag einen Einmalzahlung von € 420.000,00 ausbezahlt.'
T.. VN Fn hatte am tt.05.2018 sein 62 Lebensjahr vollendet und mit diesem Tag endete durch Abberufung auch seine Funktion als Geschäftsführer der G-2. Mit Juni 2018 hat T.. VN Fn seinen ersten gesetzlichen Pensionsbezug von der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft erhalten.
Nach § 37 Abs. 1 EStG ermäßigt sich der Steuersatz für außerordentliche Einkünfte im Sinne des Abs. 5 auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes.
Als außerordentliche Einkünfte im Sinne des § 37 Abs 5 EStG sind Veräußerungs- und Übergangsgewinne normiert, wenn der Betrieb deswegen veräußert oder aufgegeben wird, weil der Steuerpflichtige
- gestorben ist,
- erwerbsunfähig ist oder
- das 60. Lebensjahr vollendet hat und seine Erwerbstätigkeit einstellt.
Gemäß § 32 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG gehören zu den Einkünften iSd § 2 Abs. 3 EStG auch Entschädigungen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt werden.
Gemäß § 37 Abs. 2 Z 2 EStG sind über Antrag Entschädigungen im Sinne des § 32 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG, wenn der Zeitraum, für den die Entschädigungen gewährt werden, mindestens 7 Jahre beträgt, beginnend mit dem Veranlagungsjahr, dem der Vorgang zuzurechnen ist, gleichmäßig verteilt auf drei Jahre anzusetzen.
Im Falle einer Pensionsabfindung muss der Betrag daher dem Barwert der vollen Pensionsanwartschaft für mindestens sieben Jahre entsprechen (). Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im Erkenntnis, , 1173/77, ausgesprochen, dass Kapitalzahlungen zur Abfindung von Pensionsansprüchen als begünstigte Entschädigungen iSd § 32 EStG in Betracht kommen. Die Pensionsabfindung sei als "Schadensausgleich" für den Verlust eines Pensionsanwartschaftsrechtes zu werten.
Ein von der Rechtsprechung und Literatur wiederholt aufgezeigtes Merkmal einer Entschädigung iSd § 32 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG ist, dass sie nicht freiwillig herbeigeführt sein darf. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof in mehreren Erkenntnissen im Ergebnis dahingehend konkretisiert, dass die Initiative zum Abschluss der Abfindungsvereinbarung nicht vom Pensionsberechtigten ausgegangen sein darf.
Betrachtet man die gegenständliche Vereinbarung vom , so ergibt sich daraus die rechtsverbindliche und unwiderrufliche Zusage einer betrieblichen Pension, deren Leistungsanspruch mit Erreichen des Alters von 62 Jahren und Ausscheiden aus den Diensten des Arbeitgebers verwirklicht wurde. Am tt.05.2018 hatte der Bf. sein 62. Lebensjahr vollendet und mit diesem Tag endete auch seine Geschäftsführertätigkeit bei der G-2 in Folge Abberufung. Mit wäre daher die erste Rentenzahlung aus dieser Firmenpension fällig gewesen.
Der Bf. hat schließlich am schriftlich auf die Auszahlung der lebenslangen monatlichen Pension verzichtet und dafür eine einmalige sofortige Entschädigungsleistung von € 420.000 erhalten.
Die Entscheidung der Gesellschaft zur Zahlung des Einmalbetrages erfolgte aus wirtschaftlichen Gründen (aus wirtschaftlicher Notwendigkeit). Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung vom war der Steuerpflichtige nicht mehr Geschäftsführer der Gesellschaft. Es lag damit keine Personenidentität zwischen dem Geschäftsführer der G-2 und dem entschädigten Bf. vor. Es ist nach Ansicht des FA davon auszugehen, dass der Abgabenpflichtige nicht aus eigenem Antrieb das für das Entgehen der laufenden Pensionseinnahmen ursächliche Ereignis herbeigeführt hat. Eine Entschädigung iSd § 32 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG ist deshalb zu bejahen. § 37 Abs. 2 Z 2 EStG sieht für Entschädigungen iSd § 32 Abs. 1 Z 1 lit a EStG explizit über Antrag eine Verteilung der Einkünfte auf drei Jahre vor.
Nicht vorgesehen ist für die Entschädigung hingegen die Anwendung des Hälftesteuersatzes nach § 37 Abs. 1 EStG, weshalb die beantragte Besteuerung nach dem Hälftesteuersatzes zu versagen ist.
Gegenständlich sind sämtliche Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Drei Jahres-Verteilung nach § 37 Abs. 2 Z 2 EStG erfüllt. Neben dem Vorliegen einer Entschädigung nach § 32 Abs. 1 Z 1 EStG, entspricht auch der geleistete Betrag dem Barwert der vollen Pensionsanwartschaft für mindestens sieben Jahre. Der Betrag iHv € 420.000 wird daher beginnend mit dem Veranlagungsjahr 2018 gleichmäßig auf drei Jahre verteilt."
Bescheidbeschwerde gegen den ESt-Bescheid 2018
Der Bf. erhob durch seinen steuerlichen Vertreter (StV) mit Anbringen vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2018 rechtzeitig und formgerecht Bescheidbeschwerde mit dem Begehren die Kapitalabfindung der Firmenpension aus der Pensionszusage vom mit den Hälftesteuersatz gemäß § 37 Abs. 1 iVm Abs. 5 EStG 1988 zu besteuern. Als Begründung wurde ausgeführt:
"Die Pensionsvereinbarung vom hat dem Bf. eine lebenslange monatliche Zusatzpension iHv € 1.452 rechtsverbindlich zusagt und unter Punkt 9. dieser Vereinbarung wurde dem Geschäftsführer T.. VN Fn das Optionsrecht eingeräumt, dass er anstelle der laufenden Firmenpension eine einmalige Kapitalabfindung in Höhe des Realisates aus der Rückdeckungsversicherung verlangen kann. Durch diese Kapitalabfindung erlöschen sämtliche Pensionsansprüche gegenüber der G-2.
Die Pensionszusage an den Geschäftsführer ist durch zwei Lebensversicherungen bei der Versicherung rückgedeckt worden. Aus der Lebensversicherung V2 wurden EUR 204.810,02 am und aus der Lebensversicherung V1 wurden EUR 241.046,47 am an die A W GmbH überwiesen. Es wurden daher insgesamt EUR 445.856 aus diesen beiden Rückdeckungsversicherungen realisiert. Es war von je her geplant, dass der Bf. dieses Wahlrecht zur Pensionsabfindung bei Pensionsantritt annehmen wird. Hintergrund dieser Entscheidung war, die GmbH zukünftig nicht mit monatlichen Auszahlungen zu belasten, sondern in einer einmaligen Zahlung den Pensionsanspruch nach Auszahlung der beiden Lebensversicherungen zu befriedigen. Die Bekanntgabe der Inanspruchnahme gab der Bf. zudem uns, seiner steuerlichen Vertretung, in diversen persönlichen Gesprächen, Telefonaten und E-Mail Korrespondenz bekannt. Zudem wurde diese Tatsache auch offen mit der Versicherung, namentlich Vn2 Z. aus der betrieblichen Lebensversicherung, kommuniziert, welcher diesbezüglich als weiterer Zeuge genannt werden kann. Als schriftlichen Nachweis hierzu, fügen wir einen Auszug aus einem E-Mail-Verkehr diesem Schreiben bei. Auch mit dem nachfolgenden Geschäftsführer der G-2, T.. S., besprach der Bf. seine Absichten.
Die Inanspruchnahme der Einmalabfindung entsprach auch den Wünschen des neuen Geschäftsführers, da dieser seine GmbH nicht mit Pensionszahlungen an den Altgeschäftsführer belasten wollte. Mit dieser Variante der Einmalzahlung vermied er weiters das zukünftig wirtschaftliche Risiko mit der GmbH tragen zu müssen. Aus diesem Grunde ist T.. S. mit der schriftlichen Vereinbarung vom mit dem Wunsch einer Reduktion der zuvor besprochenen Einmalzahlung auf € 420.000,00 an den Bf. herangetreten. Der ehemalige Geschäftsführer sollte so auf € 25.856 seiner ihm gebührenden Abfindung von € 445.856 verzichten. Diesem Wunsch kam der Bf. durch Unterzeichnung dieser Vereinbarung am auch nach, wodurch sich seine Pensionsabfindung auf € 420.000 reduzierte. Bei der Pensionsabfindung iHv € 420.000 handelt es sich daher um eine Forderung des Bf., welche grundsätzlich aus der Inanspruchnahme seines Wahlrechts zur Einmalzahlung resultiert. Der Ausdruck "Entschädigung", welcher auf dem Schreiben vom zu finden ist, entspricht nicht dem tatsächlichen Sachverhalt. Der. Bf. entschied sich zunächst für die Inanspruchnahme der Einmalabfindung, danach trat die G-2 erst auf ihn zu, er möge auf EUR 25.856 verzichten, um die fortlaufende Geschäftstätigkeit des Unternehmens nicht zu gefährden.
Wenn ein wesentlich beteiligter Gesellschafter-Geschäftsführer mit Einkünften aus selbständiger Arbeit seine Geschäftsführertätigkeit beendet, hat das eine Übergangs- und eine Aufgabegewinnermittlung zur Folge. Eine in Anspruch genommene Pensionsabfindung ist nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung Teil des Übergangsgewinns ( Ro 2016//15/0017). Veräußerungs- und Übergangsgewinne sind außerordentliche Einkünfte nach Maßgabe des § 37 Abs. 5 EStG, für die der Hälftesteuersatz nach § 37 Abs. 1 EStG gebührt. Aus diesem Grunde wird um Berücksichtigung des Hälftesteuersatzes für die Forderung der Pensionsabfindung ersucht, so wie bereits in der Steuererklärung 2018 angesetzt worden ist."
Abweisende Beschwerdevorentscheidung
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. In der gesonderten Bescheidbegründung vom führte das FA ergänzend Folgendes aus:
Im vorliegenden Fall stehe außer Streit, dass die G-2 mit Vereinbarung vom ihrem Alleingeschäftsführer T.. VN Fn die Zahlung einer lebenslangen monatlichen Zusatzpension iHv EUR 1.452 rechtsverbindlich zugesagt und ihm unter Punkt 9. der Vereinbarung ein Optionsrecht auf Kapitalabfindung eingeräumt worden sei. Unstrittig sei ferner, dass diese Pensionszusage durch zwei Lebensversicherungen rückgedeckt war. Ebenso stehe fest, dass mit dem Gesellschafterbeschluss vom die Geschäftsführertätigkeit des Bf. bei der G-2 mit tt.05.2018 geendet habe. Nachgewiesen sei ferner, dass danach am zwischen der G-2 und dem Bf. eine schriftliche Vereinbarung über den Verzicht auf die laufende Firmenpension gegen eine sofort ausbezahlte einmalige Entschädigung von € 420.000 getroffen worden sei. Dieser Betrag sei auch sogleich vereinbarungsgemäß dem Bf. überwiesen worden.
In der Mail vom habe der StV an die Versicherung folgendes Ersuchen gerichtet:
"Da Herr T.. VN Fn gerne eine Einmalzahlung von der GmbH haben möchte, würde ich den kapitalisierten Betrag aus der zugesagten Pension in Höhe von € 1.452 (lt. Pensionszusage vom ) benötigen. Weiters wäre es für uns sehr hilfreich, wenn ich einen Textvorschlag für diese Entschädigungszahlung für den Verzicht auf die zukünftige Rentenzahlung haben könnte."
Die Vereinbarung vom enthalte die eindeutige Erklärung, dass der Bf. auf Wunsch der G-2 auf die Firmenpension verzichtet und als Entschädigung für diesen Verzicht auf zukünftige Einkünfte eine Einmalzahlung von € 420.000 erhalte.
Dieser Vereinbarung sei aber mit keinem Wort zu entnehmen, dass der Bf. auf einen Betrag von € 25.856, im Hinblick auf seinen - durch Optionsausübung gem. Pkt. 9. der Vereinbarung vom entstandenen - höheren Anspruch auf Kapitalabfindung in Höhe des Realisates aus der Rückdeckungsversicherung (lt. StV gesamt € 445.856), verzichte.
Das FA vermeine, dass der Vereinbarung vom das entscheidende Gewicht bei der Beurteilung zukomme, was vom Bf. erklärt wurde. Hierbei sei von Bedeutung, dass der Bf. und sein ehemaliger Dienstgeber, die G-2 die Richtigkeit der Einverständniserklärung mit ihren Unterschriften beurkundet hätten. Es sie daher anzunehmen, dass die Vertragsparteien das Erklärte verstanden und auch gewollte haben.
Der objektive Wortlaut der Vereinbarung spräche aber nicht für die Geltendmachung einer Forderung auf Pensionsabfindung nach Pkt. 9 der Pensionszusage vom , sondern dafür, dass der Bf. unabhängig und außerhalb dieses ihm vertraglich eingeräumten Rechtsanspruches auf Kapitalabfindung auf seine laufende Firmenpension verzichtet habe und ihm von der G-2 als Entschädigung dafür eine Einmalzahlung gewährt worden sei. Dem klaren Wortlaut des Schriftstückes vom folgend stehe für die Abgabenbehörde daher fest, dass gegen eine einmalige und sofortige Entschädigungszahlung der Bf. auf seine laufenden Pensionsansprüche verzichtet habe. Dass der Bf. sein durch einseitige Erklärung geltend zu machendes Optionsrecht auf Kapitalabfindung gemäß Punkt 9 der Pensionsvereinbarung vom ausübe oder ausgeübt habe, komme in der Vereinbarung vom aber objektiv nicht zum Ausdruck.
Dass gegenständlich ein sogenannter Ausdrucks- bzw. Formulierungsfehler vorliege, erscheine unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das von der steuerlichen Vertretung zitierte Erkenntnis des VwGH,, Ro 2016/15/0017, die ständige Rechtsprechung des VwGH wiedergebe (ebenso z.B. VwGH, , 2011/15/0101) für nicht glaubwürdig. Der Umstand, dass diese gefestigte VwGH Rechtsprechung dem StV offensichtlich bekannt war, spräche dafür, dass sich der Bf. bewusst auf den Verzicht auf die zugesagte Firmenpension gegen Erhalt einer einmaligen Entschädigungszahlung von € 420.000,00 eingelassen habe. Aus der Sicht der Abgabenbehörde erscheine es insbesondere unglaubwürdig und unschlüssig, dass - trotz der eindeutigen Formulierung in der Vereinbarung - nicht auf den Pensionsanspruch, sondern lediglich auf einen Betrag von € 25.856,49 verzichtet werden sollte. Ferner sei auf Grund des Mails vom anzunehmen, dass der Inhalt der Vereinbarung vom von der steuerlichen Vertretung eingesehen wurde, da diese selbst von der Versicherung einen "Textvorschlag für die Entschädigungszahlung für den Verzicht auf die zukünftige Rentenzahlung" erbeten habe. Der Vollständigkeit halber werde noch angeführt, dass das von der steuerlichen Vertretung zitierte Erkenntnis (Ro 2016/15/0017) im gegenständlichen Fall mangels Sachverhaltsidentität gar nicht zur Anwendung komme. Die Abgabenbehörde halte daher an den bisherigen rechtlichen Ausführungen im Bescheid vom fest.
Vorlageantrag
Innerhalb der verlängerten Rechtsmittelfrist wurde vom Bf. der Vorlageantrag vom auf Entscheidung über die Beschwerde gegen den ESt-Bescheid 2018 durch das Bundesfinanzgericht (BFG) eingebracht. Ergänzend wurde Folgendes vorgebracht:
"Strittig ist, ob der an den Bf. geleistete Betrag € 420.000 eine Einmalzahlung oder eine Entschädigungszahlung darstellt. Als Beweis dafür, dass es sich bei dieser Zahlung um eine Einmalzahlung handelt, wurden als Zeugen der steuerliche Vertreter und Vn2 Z. von der Versicherung genannt. Hierzu wurde außerdem eine E-Mail Korrespondenz vorgelegt. Von Seiten der Behörde wurde entgegen des Grundsatzes der Gleichwertigkeit der Beweismittel, des Verbots der vorweggenommenen Beweiswürdigung und des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung ein nicht unterfertigtes Schriftstück der E Mail Korrespondenz vorgezogen, ohne hierbei Zeugen zu befragen, bzw. einzuvernehmen. Die Erwägungen und Folgerungen der Abgabebehörde sind nicht schlüssig, da am ein nicht unterfertigtes Dokument vorlegt wurde, weshalb der Begründung nicht gefolgt werden kann. Zudem wird offenkundig angeführt, dass einige Dokumente nicht vorgelegt wurden. Daher hat es die Behörde unseres Erachtens verabsäumt, wesentliche Beweise zu erfragen. In diesem Zusammenhang wird wiederholt darauf hingewiesen, dass der Bf. von jeher beabsichtigt hat, sich die Pension in einer Einmalzahlung abfinden zu lassen. Die angeführte E Mail Korrespondenz sollte genau diese Tatsache bestätigen. Auch nach dem Pensionsdatum, dem wurde zwischen dem StV und dem Bf. die Einmalzahlung besprochen, sodass in weiterer Folge die Pensionsabfindung als Betriebsaufgabe in der Steuererklärung angegeben wurde, für welche die Progressionsermäßigung des Hälftesteuersatzes zusteht. Gerne sind alle angeführten Personen bereit im Rahmen einer mündlichen Verhandlung als Zeugen auszusagen. Die Tatsache, dass diese Vereinbarung die "neuere" ist, bzw. dass der E-Mail-Verkehr () einen Tag früher stattfand, stimmt. Jedoch wurde die frühere Korrespondenz mit der Begründung der immer schon geplanten und vorgesehenen Einmalzahlung angeführt. Nach Beweisen zu einer aktuelleren Korrespondenz wurde seitens der Behörde nicht gefragt, obwohl diese offensichtlich notwendig zur Beurteilung dieses Sachverhalts sind.
Hinsichtlich des Formulierungsfehlers im E-Mail-Verkehr, bzw. in der Vereinbarung ist darauf hinzuweisen, dass wir als steuerliche Vertretung nicht berechtigt sind, rechtliche Vereinbarungen zu erstellen. Aus diesem Grund erfragte der StV bei der Versicherung einen Vorschlag für die Textierung für unseren Mandanten. In diesem E-Mail kommt klar zum Ausdruck, was der Bf. wirklich möchte, und das ist eine Einmalzahlung. Dass der StV sich behelfsmäßig eines anderen Ausdrucks bediente, ist unseres Erachtens ohne Belange, da stets das tatsächliche Wesen einer Vereinbarung Geltung erlangt, was in diesem Fall die Abfindung der Pension durch eine Einmalzahlung ist. Der Textvorschlag der Versicherung wurde in weiterer Folge für das vom Geschäftsführer, T.. S. verfasste Schreiben vom herangezogen, jedoch keiner rechtlichen Beurteilung unterworfen. Auch eine steuerliche Würdigung dieses Schreibens unsererseits war unseres Erachtens ohne Relevanz, da immer die besprochene Einmalzahlung das wahre Wesen dieser Vereinbarung darstellt. Die Pensionszusage des Herrn T.. VN Fn wurde somit mit einem Wert von € 420.000 abgefunden.
Wir beantragen die positive Erledigung des Vorlageantrags und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs. 1 BAO."
Beschwerdevorlage und ergänzende Ermittlungen des BFG
Mit Vorlagebericht vom Mai 2021 wurde dieses Rechtsmittel dem BFG mitsamt den bezugshabenden Verwaltungsakten zur Entscheidung vorgelegt.
Im Beschwerdeverfahren wurden vom BFG ergänzende Ermittlungen durchgeführt. Aus dem Internetauftritt, insbesondere aus der Homepage der Baufirma Fn" ist zu ersehen, dass der Bf. nach der Beendigung seiner Funktion als Geschäftsführer der G-2 weiterhin für das Bauunternehmen Fn - zunächst unentgeltlich - aktiv war. Unter anderem ist der Bf. auf der Firmenhomepage als leitender Mitarbeit entsprechend dargestellt ("Prokurist Bmstr. T.. VN Fn" mit eigenem Büroarbeitplatz, eigenem Telefonanschluss
(Tel.: +43 ***), und eigener Firmenemailadresse ( bmstr.VN.Fn.at). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Bf. über die G1 bis Ende 2020 auch indirekter Alleingesellschafter und danach 75%iger Mehrheitsgesellschafter der Unternehmensgruppe ist.
Ab - also rund 22 Monate nach seiner Abberufung als Geschäftsführer und Bestellung zum Prokuristen der G-2 - wurde der Bf. beim Nachfolgeunternehmen, Baufirma S., schließlich als geringfügig Beschäftigter angestellt und erzielt daraus Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit: 2020 € 2.938, 2021: € 3.756, und 2022: € 3.910.
Zu dem Vorhalt des BFG vom tt.05.2021 gab der Bf. unter Anschluss von Beweisvorlagen folgende Stellungnahme vom ab:
Ergänzendes Vorbringen zum Verzicht auf einen Teil des Pensionsabfindungsanspruchs des Bf.:
Mit der Vereinbarung vom hätten der Bf. und die G-2 sich auf eine einmalige Kapitalabfindung von € 420.000 geeinigt. Somit bestehe nach Ansicht des StV kein Anspruch des Bf. mehr auf die Auszahlungen der beiden Pensionsrückdeckungsversicherungen (Pol.Nr. V2 € 241.046,47 und Pol.Nr. *** € 204.810,02). Da der Bf. auf Grund Pkt. 9. der Pensionsvereinbarung vom einen höheren Anspruch auf Kapitalabfindung gehabt hätte, habe er mit der Vereinbarung vom auf den Differenzanspruch endgültig verzichtet. Buchhalterisch sei dieser Verzicht von € 25.856 bei der Gesellschaft als Ertrag erfasst worden.
Zur dauerhaften Einstellung der Erwerbstätigkeit durch den Bf.:
Es sei zutreffend, dass der Bf. mit dem Gesellschafterbeschluss vom mit Wirkung vom tt.05.2018 als Geschäftsführer der A W-GmbH abberufen und ihm uno actu mit Wirkung vom die Prokura zur selbständigen Vertretung dieser Gesellschaft für den gesamten Geschäftsbereich erteilt worden ist. (Notariatsakt BRZ 469/2018). Dies sei geschehen, damit der Bf. seine Gesellschaftsrechte weiterhin wahren könne.
Der Bf. habe sich nach seinem Pensionsantritt nachweislich aus dem operativen Geschäftsbetrieb zurückgezogen. Seit diesem Zeitpunkt habe sein Sohn alle operativen Geschäfte durchgeführt.
Mit seien nach dem Umgründungssteuerrecht rückwirkend auf den der Teilbetrieb "Bau" der G-2 in die Baufirma S. GmbH (FN 496605b) eingebracht worden und seien die übrigen Vermögenswerte der G-2 auf die G1 verschmolzen worden. Die G-2 sei damit erloschen und mit Oktober 2018 im Firmenbuch gelöscht worden.
Durch die neue Namensgebung der Baufirma sollte die Änderung in der Geschäftsführung beim operativen Bauunternehmen Fn auch nach außen wirksam in Erscheinung treten. Der Bf. habe daher mit seinem Pensionsantritt seine aktive Erwerbstätigkeit tatsächlich und dauerhaft eingestellt, weil er nicht mehr im operativen Geschäftsbetrieb mitwirken habe wollen. Die Prokuristenstellung im Unternehmen sollte lediglich seine Gesellschafterstellung und damit seine passiven Einkünfte (Kapitaleinkünfte, insb. Gewinnausschüttungen) sicherstellen.
Die Anstellung ab März 2020 sei nicht auf Grund seiner Prokura erfolgt, sondern wegen der noch andauernden COVID-19 Krise und der damit verbundenen betrieblichen Unsicherheit. Der Bf. sei Alleingesellschafter, bzw. 75%-Mehrheitsgesellschafter der G1, welche bis die Eigentümerin der G-2 war, bzw. der jetzigen Baufirma S. GmbH sei. Als Gesellschafter steht dem Bf. gegenüber der Gesellschaft zur Unterstützung seiner Leitungs- und Prüfrechte nicht nur das im Gesetz geregelte Bucheinsichtsrecht, sondern darüber hinaus auch ein allgemeiner lnformationsanspruch zu. Zudem habe der OGH diese lnformationsrechte auch gegenüber der 100%igen Tochtergesellschaft bejaht (vgl. Koppensteiner/Rüfiler3, § 22, Rz 39).
Im Zuge der COVID-19 Krise habe der Geschäftsführer S. seinen Vater auf Grund der Ungewissheit gebeten wieder für ein paar Stunden im Unternehmen mitzuwirken. Dieser Bitte sei der Bf. nachgekommen und er unterstütze seither den laufenden Geschäftsbetrieb auf Basis einer geringfügigen Beschäftigung. Die Anmeldung zur Sozialversicherung sei am erfolgt.
In der angeschlossenen Aufgabebilanz mit Aufgabestichtag tt.05.2018 betreffend die Geschäftsführertätigkeit des Bf. bei der G-2 wurde als einziger Aktivposten eine sonstige Forderung auf Pensionsabfindung in Höhe von € 420.000 ausgewiesen.
Mündlichen Verhandlung vom
In der mündlichen Verhandlung wurde vom Bf. ergänzend Folgendes vorgebracht:
Das Unternehmen "Fn" sei ein Familienbetrieb in 4. Generation mit rund 40 Mitarbeitern. Bei einem Familienbetrieb dieser Größenordnung sei idR keine zweite Führungsebene vorhanden. Mit ein Grund für die Prokura sei auch gewesen, eine "Backup-Lösung" sicherzustellen, wenn der Sohn in Betrieb ausfallen sollte (z.B. durch Erkrankung).
Durch die Darstellungen auf der Firmenhomepage sollte den Kunden die Gewährleistung der Kontinuität und beständige Verlässlichkeit des Familienbetriebes vermittelt werden. Dieses Firmenimage wurde auch bisher gepflegt. Beispielsweise hängen in den Geschäftsräumen der Firma auch Bilder des Vaters und Großvaters des Bf., die davor das Unternehmen aufgebaut und geführt haben. Der Schluss, dass hinter dieser Darstellung auf der Firmenhomepage eine fortgesetzte regelmäßige Arbeitsleistung des Bf. im Unternehmer stehe, sei nicht zutreffend.
Der Bf. habe ein Haus in Griechenland und verbringe dort rund vier Monate im Jahr. Der Bf. habe seinem Sohn als Nachfolger anlässlich eines Firmenfestes den symbolischen Schlüssel für das Unternehmen übergeben und sich in der Folge ganz bewusst aus jeglicher Einmischung und Mitwirkung im Unternehmen zurückgehalten. Der vollständige Rückzug aus dem Unternehmen sei nach seiner Auffassung für eine gut funktionierende Firmenübergabe wichtig und wurde über Generationen im Unternehmen Fn so praktiziert.
Wie schon mehrfach ausgeführt, sei für den Bf. und die G-2, vertreten durch den Geschäftsführer S., von jeher klar gewesen, dass von der Möglichkeit der Kapitalabfindung des Pensionsanwartschaftsanspruches Gebrauch gemacht werde, um das Unternehmen nicht mit der Ungewissheit laufender Pensionszahlungen zu belasten. Dazu hätten bereits vor Beendigung der Geschäftsführertätigkeit (dem tt.5.2018) konkrete Gespräche und Verhandlungen zwischen dem Bf. und dem Geschäftsführer der G-2 stattgefunden. Nach Auffassung des StV sei auf Grund dieser Klarheit und Konkretisierung der zu erwartenden Kapitalabfindung, diese bereits als Forderung in der Aufgabebilanz zum tt.05.2018 auszuweisen gewesen, auch wenn formalrechtlich die rechtsgeschäftliche Willenserklärung dazu erst in der schriftlichen Vereinbarung vom festgehalten worden sei.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Beweiswürdigung
Der vorstehend dargestellte Sachverhalt liegt der Entscheidung zu Grunde. Soweit zu einzelnen entscheidungserheblichen Sachverhaltselemente keine eindeutige Beweislage besteht, ist in der rechtlichen Beurteilung auch dargelegt, aus welchen Überlegungen das BFG zu welchem konkret festgestellten Beweisergebnis gelangt ist.
Bewiesen ist, dass die Tätigkeit des Bf. als Geschäftsführer der G-2 mit tt.05.2018 geendet hat und daher Bilanzstichtag der Aufgabebilanz der tt.05.2018 ist. Fest steht ferner, dass mit der schriftlichen Vereinbarung vom eine als Entschädigungszahlung für den Verzicht auf zukünftige Einkünfte bezeichnete Kapitalabfindung von € 420.000 an den Bf. geleistet wurde.
In der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren dem BFG vorgelegten Aufgabebilanz zum tt.05.2015 (ohne Datum der Bilanzerstellung und Unterschrift) ist eine sonstige Forderung von € 420.000 - also in Höhe der am vereinbarten Kapitalabfindung - ausgewiesen.
Ein Nachweis, dass der Bf. vor Beendigung der Geschäftsführertätigkeit die rechtsgeschäftliche Erklärung gegenüber der G-2 abgegeben habe, dass er gemäß der vorgenannten Vertragsbestimmung eine Kapitalabfindung seiner Firmenpension wolle, liegt nicht vor und ist im Verfahren auch nicht glaubhaft hervorgekommen. Die beteiligten Personen haben langjährige Geschäftserfahrung. Es daher als Selbstverständlichkeit anzusehen, dass eine solche wesentliche Erklärung gemäß Pkt. 9. der Pensionsvereinbarung vom , wenn sie vom Bf. bis zum tt.05.2018 mündlich abgegeben worden wäre, in irgendeiner Weise schriftlich zum Ausdruck gekommen wäre. Diese schriftliche Erklärung zwecks Erhalt einer einmaligen Kapitalabfindung anstatt der lebenslangen Firmenrente wurde vom Bf. aber erst mit der Unterzeichnung der Vereinbarung vom abgegeben.
2. Rechtliche Beurteilung
2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)
Strittig ist die Rechtsfrage, ob die am von der A-W-GmbH an den Bf. ausbezahlten € 420.000 als Übergangs- oder Aufgabegewinn aus der Tätigkeit als Geschäftsführer gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 5 EStG 1988 mit dem halben Durchschnittssteuersatz zu versteuern sind.
2.1.1. Bestehen eines Übergangs- oder Aufgabegewinnes gemäß § 37 Abs. 5 EStG
Bewiesen ist, dass am ein arbeitsrechtlicher Vertrag über eine wertgesicherte laufende Firmenpension für den Geschäftsführer abgeschlossen wurde und nach Punkt 9. dieser Pensionszusage dem Bf. ein Optionsrecht auf Kapitalabfindung in Höhe des Realisates aus der Rückdeckungsversicherung eingeräumt wurde.
Punkt 9. der Firmenpensionszusage vom lautet:
"Der Geschäftsführer ist berechtigt im Falle des Erreichens des Pensionsalters anstelle der Alterspension […], eine einmalige Kapitalabfindung in Höhe des Realisates aus der Rückdeckungsversicherung zu verlangen.
Durch eine Kapitalabfindung erlöschen sämtliche Pensionsansprüche."
Im Veranlagungsverfahren wurden hierzu die Pensionsrückdeckungsversicherungen, Pol.Nr. *** und Pol.Nr. V2, der G-2 mit dem Bf. als versicherte und begünstigte Person vorgelegt und nachgewiesen, dass sich daraus ein Anspruch auf einmalige Kapitalauszahlung im Jahr 2018 von insgesamt € 445.856,49 ergeben hat.
Feststeht, dass die Funktion des Bf. als Geschäftsführer der G-2 mit tt.05.2016, der Tag an dem er sein 62. Lebensjahr vollendet hatte, durch Abberufung rechtswirksam geendet hat.
Nach Beendigung dieser Geschäftsführertätigkeit, aus der der Bf. sowohl laufende Aktivbezüge (2017: € 54.771) als auch die angeführte Firmenpensionszusage erhalten hat, wurde am eine schriftliche Vereinbarung zwischen den Bf. und der G-2 über den Verzicht auf die lebenslange monatliche Firmenpension gegen eine sofortige einmalige Entschädigungszahlung von € 420.000 abgeschlossen.
Nach § 22 Z. 2 EStG 1988 fallen unter Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit, die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2) aufweisende Beschäftigung gewährt werden. Eine Person ist dann wesentlich beteiligt, wenn ihr Anteil am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft mehr als 25% beträgt. Die Beteiligung durch Vermittlung eines Treuhänders oder einer Gesellschaft steht einer unmittelbaren Beteiligung gleich. Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit sind auch die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die für eine ehemalige Tätigkeit einer Person gewährt werden, die in einem Zeitraum von zehn Jahren vor Beendigung ihrer Tätigkeit durch mehr als die Hälfte des Zeitraumes ihrer Tätigkeit wesentlich beteiligt war.
Der Bf. ist seit 1994 Geschäftsführer der G-2. Der Firmenpensionszusage liegt sein Anstellungsvertrag vom zu Grunde. Der Bf. ist über die G1 seit 2004 zu 100% an der G-2 mittelbar beteiligt. Die Bezüge und Vergütungen einschließlich Firmenpension oder Pensionsabfindung sind daher Einkünfte aus selbständiger Arbeit gemäß § 22 EStG.
Die Gewinnermittlung für diese Einkünfte erfolgte durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988. Mit der Betriebsaufgabe durch Beendigung der Geschäftsführertätigkeit war daher zwingend bezogen auf den Aufgabezeitpunkt, den tt.05.2018, eine Übergangsgewinn gemäß § 4 Abs. 10 EStG 1988 zu ermitteln.
Für das BFG ist erwiesen, dass bis zum Zeitpunkt der Beendigung der Geschäftsführertätigkeit der Bf. sein Optionsrecht auf Kapitalabfindung gemäß Pkt. 9. der Pensionsvereinbarung vom nicht ausgeübt hat.
Da der Bf. der mittelbare Alleingesellschafter der G-2 war und zudem der mit tt.5.2018 bestellte Geschäftsführer sein Sohn ist, müssen Vereinbarungen zwischen dem Bf. und seiner Kapitalgesellschaft zum Zwecke der steuerrechtlichen Anerkennung den Kriterien für Verträge zwischen nahen Angehörigen entsprechen.
Eine vor Beendigung der Geschäftsführerfunktion rechtswirksam erfolgte mündliche Geschäftserklärung des Bf. gegenüber der G-2, dass er eine Kapitalabfindung seiner Firmenpension im Sinne des Pkt. 9 der Pensionsvereinbarung vom haben möchte, erscheint in Anbetracht der gesamten Umstände, insbesondere auf Grund der Angabe des als Beendigungszeitpunkt der selbständigen Tätigkeit in der Einkommensteuererklärung 2018 und dem Inhalt der Vereinbarung vom über eine Kapitalabfindung von € 420.000 sowie der dazu vorangegangenen E-Mails vom und der Aufgabebilanz zum tt.5.2018 mit einer Abfindungsforderung von € 420.000 nicht glaubwürdig.
Zudem ist die bloße Behauptung, dass schon vor Beendigung der Geschäftsführertätigkeit der Bf. die Optionserklärung auf Pensionsabfindung mündlich abgegeben habe, steuerrechtlich nicht beachtlich, weil es an der erforderlichen fremdüblichen Publizität einer so bedeutsamen rechtsgeschäftlichen Erklärung auf Kapitalabfindung einer Firmenpension fehlt.
Auf Grund dieser vorliegenden Beweislage steht für das BFG eindeutig fest, dass bis zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe der Bf. sein Wahlrecht auf Kapitalabfindung der Firmenpension nicht ausgeübt hat.
Die bloße Absicht des Bf., von seinem Optionsrecht gemäß Pkt. 9. der Pensionszusage Gebrauch zu machen, ist nicht der tatsächlichen Ausübung dieses Optionsrechtes gleichzusetzten. Auch das Wissen und Vertrauen des Leistungsverpflichteten, der G-2, dass der Bf. dieses Optionsrecht sicher ausüben wird, führt noch nicht zum Entstehen des Anspruches auf Kapitalabfindung gegen Verlust der Pensionsanwartschaft, sondern erst die nachweisliche Abgabe der rechtsgeschäftlichen Willenserklärung des Pensionsberechtigten, dass er diese Kapitalabfindung haben will. Dass eine solche Rechtgeschäftserklärung in geeigneter Weise verschriftlicht wird, ist im Geschäftsverkehr üblich und unter erfahrenen Geschäftsleuten als selbstverständlich anzunehmen.
Diese Verschriftlichung der Willenserklärung des Bf., die als Einverständnis, gegen eine Zahlung von € 420.000 auf die Firmenrente zu verzichten, formuliert wurde, ist auch in der Vereinbarung vom erfolgt. Die Tatsache dieser schriftlichen Vereinbarung und ihr Inhalt beweisen, dass der Bf. davor keine mündliche Optionserklärung abgegeben und bis zum Zeitpunkt dieser Vereinbarung noch kein Kapitalabfindungsanspruch des Bf. entstanden ist.
Für die Aufgabebilanz ist die Sachlage zum Bilanzstichtag, dem tt.05.2018, maßgebend. Eine Forderung ist dann zu erfassen, wenn zum Bilanzstichtag alles für das Entstehen dieser Forderung Erforderliche erfüllt ist.
Hängt ein Vermögensanspruch von der Ausübung eines Optionsrechtes ab, ist alles Erforderliche für die Entstehung einer solchen Forderung erst dann getan, wenn rechtswirksam das Optionsrecht durch Abgabe einer entsprechenden rechtsgeschäftlichen Willenserklärung ausgeübt worden ist. Erst damit und erst zu diesem Zeitpunkt ist dieser Vermögensanspruch - gegenständlich eine Kapitalforderung auf Pensionsablöse - entstanden.
Im gegenständlichen Fall wurde aber bis zum Bilanzstichtag der Übergangs- und Aufgabebilanz zum tt.05.2018 nicht alles Erforderliche getan, damit der Bf. einen Anspruch auf Kapitalabfindung der Firmenpension erlangt.
Die Ausübung des Optionsrechtes ist konstitutiv für den daraus entstehenden Rechtsanspruch. Die Abgabe der entsprechenden Willenserklärung im Sinne des Punkt 9. der Pensionszusage vom oder auch eine davon abweichende beidseitige vertragliche Vereinbarung einer Pensionsablöse ist ein unverzichtbares essentielles Geschehen für die Erlangung des Kapitalabfindungsanspruches des Bf.
Zum Bilanzstichtag, den tt.5.2018, war es aber ungewiss, ob und wann und wie der Bf. sein Wahlrecht auf Kapitalabfindung statt Erhalt einer laufenden Firmenrente ausübt. Ist die Entstehung einer Forderung dem Grunde nach noch ungewiss, darf ein zum Bilanzstichtag bloß wahrscheinlicher künftiger Vermögensanspruch nicht in der Bilanz erfasst werden. Ist ein Vermögensanspruch dem Grunde nach noch ungewiss, liegt auf Seiten des Verpflichteten auch noch keine Verbindlichkeit vor und ist einer bloß wahrscheinlichen Leistungspflicht allenfalls durch eine Rückstellung Rechnung zu tragen.
Mangels Realisation einer Forderung auf Kapitalabfindung für die dem Bf. eingeräumte Firmenpension bis längstens am Bilanzstichtag, den tt.05.2018, kann im gegenständlichen Fall ein steuerbegünstigter Übergangsgewinn oder Aufgabegewinn gemäß § 37 Abs. 5 EStG nicht vorliegen.
Zutreffend wurde in der Begründung der BVE bereits darauf hingewiesen, dass dem vom Bf. ins Treffen geführten höchstgerichtlichen Erkenntnis (VwGH, , Ro 2016/15/0017) in diesem entscheidenden Punkt ein anderer Sachverhalt zu Grunde liegt, weil in diesem Fall (ebenso bereits VwGH, , 2011/15/0101) der Steuerpflichtige sein Wahlrecht auf Kapitalabfindung gleichzeitig mit dem Tag der Abberufung als Geschäftsführer ausübte und daher diese Forderung zum Aufgabezeitpunkt (Bilanzstichtag der Übergangs- und Aufgabebilanz) bereits entstanden war.
Eine zum Bilanzstichtag noch nicht vorhandene Forderung kann nicht nach dem Grundsatz der Werterhellung in der Aufgabebilanz erfasst werden. Dies wird daran erkennbar, dass im Falle des Todes des Geschäftsführers nach Beendigung seiner Geschäftsführerfunktion und bevor er sein Wahlrecht auf Pensionsabfindung tatsächlich ausgeübt hat, diese Kapitalforderung auf Pensionsablöse überhaupt nicht entsteht. Ebenso wäre grundsätzlich denkbar, dass durch unvorhergesehene Ereignisse nach Beendigung der Geschäftsführertätigkeit ein gänzlicher Verzicht des Pensionsberechtigten auf Firmenrente und Kapitalabfindung oder eine Abtretung des Rentenanspruches an einen Dritten erfolgt.
Nur wenn ein Betriebsvermögen in Form einer bereits realisierten Forderung auf Pensionsabfindung zum Bilanzstichtag auch tatsächlich vorhanden ist, können werterhellende Umstände für die Ermittlung des Wertes dieses Bilanzansatzes berücksichtigt werden.
Zahlungen, die anlässlich einer Betriebsaufgabe bezogen werden, aber im Aufgabezeitpunkt noch nicht als Forderung entstanden sind, gehören nicht zum Veräußerungs- bzw. Übergangsgewinn (Fraberger/Papst in Doralt et al, EStG18, § 37 Tz. 41 mit Hinweis auf VwGH, E , 94/14/0053; E , 94/13/0005). Dies gilt erst recht für Zahlungen nach dem Aufgabezeitpunkt, deren Leistungsverpflichtung auch nach dem Aufgabezeitpunkt der Geschäftsführertätigkeit entstanden ist.
Im vorliegenden Fall kommt die Berücksichtigung eines Übergangs- oder Aufgabegewinnes gemäß § 37 Abs. 5 EStG nicht in Betracht, weil zum Aufgabezeitpunkt der Bf. sein Optionsrecht gemäß Pkt. 9. der Firmenpensionszusage noch nicht ausgeübt hatte und zum Bilanzstichtag noch keine Forderung auf Kapitalabfindung existiert hat.
2.1.2. Einstellung der Erwerbstätigkeit gemäß § 37Abs. 5 Z. 3EStG 1988
Gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 5 EStG sind Veräußerungs- und Übergangsgewinne nur dann mit dem Halbsteuersatz begünstigt, wenn die Betriebsveräußerung oder -aufgabe aus folgenden Gründen erfolgt:
"1.Der Steuerpflichtige ist gestorben und es wird dadurch eine Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe veranlasst.
2. Der Steuerpflichtige ist wegen körperlicher oder geistiger Behinderung in einem Ausmaß erwerbsunfähig, dass er nicht in der Lage ist, seinen Betrieb fortzuführen oder die mit seiner Stellung als Mitunternehmer verbundenen Aufgaben oder Verpflichtungen zu erfüllen. Das Vorliegen dieser Voraussetzung ist auf Grundlage eines vom Steuerpflichtigen beigebrachten medizinischen Gutachtens eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen zu beurteilen, es sei denn, es liegt eine medizinische Beurteilung durch den für den Steuerpflichtigen zuständigen Sozialversicherungsträger vor.
3. Der Steuerpflichtige hat das 60. Lebensjahr vollendet und stellt seine Erwerbstätigkeit ein. Eine Erwerbstätigkeit liegt nicht vor, wenn der Gesamtumsatz aus den ausgeübten Tätigkeiten 22.000 Euro und die gesamten Einkünfte aus den ausgeübten Tätigkeiten 730 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen."
Für Veräußerungs- und Übergangsgewinne steht der ermäßigte Steuersatz nur über Antrag […] zu […].
Aus der Zusammenschau der drei Begünstigungstatbestände (Tod, Erwerbsunfähigkeit, Erwerbseinstellung) ergibt sich die sachliche Begründung für die restriktiven Anforderungen an eine nahezu vollständige und dauerhafte Einstellung der Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen. Nach der Rechtsprechung des VwGH sind Erwerbstätigkeiten alle aktiven Betätigungen am Erwerbsleben. Eine Erwerbstätigkeit ist grundsätzlich bei den betrieblichen und nichtselbständigen Einkünften sowie Funktionärseinkünften (§ 29 Z. 4 EStG) anzunehmen.
Der Umstand, dass der Bf. durch seine beibehaltenen Organfunktionen in der Unternehmensgruppe "Fn" weiterhin das Sagen hatte, seine nahtlos anknüpfende Bestellung zum Prokuristen und sein vollständiger weiterer Arbeitsplatz im Unternehmen indizieren, dass der Bf. im Jahr 2018 bloß von der ersten Leitungsposition in der Unternehmensgruppe Fn zurückgetreten ist. Diese Umstände legen nahe, dass diese "Übergabe 2018" ein wesentlicher aber nur erster Schritt der Unternehmensübergabe an den Sohn bildete. Damit war aber kein vollständiger Rückzug aus der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit des Bf. verbunden, wie es im Sinne des § 37 Abs. 5 Z. 3 EStG 1988 erforderlich ist.
Im Hinblick auf die entscheidenden Organfunktionen des Bf. (u.a. Gesellschafter-Geschäftsführer der Fn-G1) und der familienhaften Verbundenheit zum neuen Geschäftsführer, wäre eine Bestellung zum Prokuristen weder für die Sicherstellung der Gesellschafterrechte noch für die Sicherung der Kontinuität der Unternehmensführung, falls der Sohn als einziger Geschäftsführer durch Erkrankung oder andere Umstände vorübergehend ausfallen sollte, erforderlich gewesen. Dieses Vorbringen erscheint dem BFG nicht der tatsächliche Grund gewesen zu sein. Die Prokura des Bf. in Verbindung mit seinem fortbestehenden Arbeitsplatz legen nahe, dass auch eine Mitarbeit des Bf. im Unternehmen noch regelmäßig stattgefunden haben wird. Die eigene Telefonklappe und Firmen-E-Mail-Adresse, die nach außen hin dargestellt wurden, spricht dafür, dass der Bf. von Kunden und Interessenten kontaktiert wurde und legt eine regelmäßige Erreichbarkeit an seinem Telefonanschluss und seiner E-Mail-Adresse am Arbeitsplatz nahe.
Der Umstand, dass der Bf. ab März 2020 für seine Arbeitsleistung im Unternehmen im Umfang einer geringfügigen Beschäftigung auch entlohnt wurde, fügt sich in das Bild einer Fortsetzung der Erwerbstätigkeit.
Eine unentgeltliche Tätigkeit stellt grundsätzlich keine Erwerbstätigkeit iSd § 37 Abs. 5 EStG dar. Anders verhält es sich nach Auffassung des BFG jedoch dann, wenn der Allein- oder Mehrheitsgesellschafter (75%-Beteiligung ab 1/2021) statt seiner bisher vergüteten Arbeitsleistung im Unternehmen im Wesentlichen bloß auf die Entlohnung verzichtet und unentgeltlich für die ihm gehörenden Gesellschaften weiter tätig wird. Die unentgeltliche Arbeitsleistung des Gesellschafters für seine Gesellschaft bildet eine Nutzungseinlage und erhöht im Wert dieser Arbeitsleistung den Gewinn seiner Gesellschaft. In diesem Umfang führt die unentgeltliche Arbeitsleistung des Alleingesellschafters zu einem Wertzuwachs seines Gesellschaftsanteils und könnte er diesen Gewinnzuwachs auch an ihn ausschütten lassen. Eine unentgeltliche Arbeitsleistung in einem Unternehmen, wie sie vom Bf. in der gegenständlichen Form offensichtlich erfolgt ist, ist nicht fremdüblich und nur durch die persönlichen Nahebeziehungen verständlich. Verzichtet der Alleingesellschafter einer GmbH für seine laufende Mitarbeit im Unternehmen auf einen Arbeitslohn fließt ihm als Surrogat die damit bewirkte Gewinnerhöhung zu. Bei einer Fortsetzung der Mitarbeit des Alleingesellschafters in seinem Unternehmen, nunmehr unter Verzicht auf eine fremdübliche Entlohnung, werden alle Merkmale der Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Sinne des § 37 Abs. 5 EStG erfüllt und ist dieser Sachverhalt nicht anders zu beurteilen als wenn der Gesellschafter für seine Mitarbeit im Unternehmen fremdüblich entlohnt worden wäre (idS Fraberger/Papst in Doralt et al, EStG18, § 37 Tz. 68).
Die aufgezeigten Umstände, liefern denn Beweis, dass der Bf. nach seiner Abberufung als Geschäftsführer der G-2 weiterhin im Unternehmen regelmäßig mitgearbeitet hat. Unbewiesen ist, nur der Umfang und Wert dieser Arbeitsleistungen, den der Bf. auf Grund des fremdüblichen Entgeltverzichtes in seiner Eigenschaft als Alleingesellschafter (bis 1/2021 und danach 75%-Mehrheitsgesellschafter) erhalten hat. Diese Tatsache ist durch Schätzung zu ermitteln.
Die ab März 2020 im Umfang einer geringfügigen Beschäftigung geleisteten Arbeitsvergütungen und die Qualifikation der Arbeitsleistung des Bf. lassen keinen Zweifel, dass die fortgesetzte Erwerbstätigkeit des Bf. die Geringfügigkeitsgrenze von € 730 überstiegen hat.
Dem Bf. steht die Halbsteuersatzbegünstigung auch deshalb nicht zu, weil der Tatbestand der dauerhaften Einstellung der Erwerbstätigkeit gemäß § 37 Abs. 5 Z. 3 EStG nicht gegeben ist.
2.1.3. Verteilungsbegünstigung
"Gemäß § 37 Abs. 2 Z. 2 EStG 1988 sind über Antrag nachstehende Einkünfte, beginnend mit dem Veranlagungsjahr, dem der Vorgang zuzurechnen ist, gleichmäßig verteilt auf drei Jahre anzusetzen:
"2. Entschädigungen im Sinne des § 32 Abs. 1 Z 1, wenn überdies im Falle der lit. a oder b der Zeitraum, für den die Entschädigungen gewährt werden, mindestens sieben Jahre beträgt."
Der Bf. hat in der mündlichen Verhandlung am ausdrücklich den Antrag auf Verteilung der Einkünfte gemäß § 37 Abs. 2 Z. 2 EStG 1988 als Eventualantrag gestellt. Nur wenn der strittige Primärantrag gemäß § 37 Abs. 5 EStG auf Hälftesteuersatz für den erklärten Aufgabegewinn(€ 420.000) erfolglos ist, möge dem Antrag auf Verteilungsbegünstigung gemäß § 37 Abs. 2 EStG wegen Vorliegens einer Entschädigung stattgegeben werden.
Da im § 37Abs. 2 EStG keine Modalitäten für die Antragstellung normiert sind, ist davon auszugehen, dass im Rechtsmittelverfahren der Antrag auf Verteilungsbegünstigung grundsätzlich nachgeholt werden kann. Ob an die Möglichkeit einer nachträglichen Antragstellung weitere Voraussetzungen geknüpft sind, wird in Lehre und Judikatur nicht behandelt (VwGH, , Ro 2018/15/0008 mit Hinweis auf Jakom/Kanduth-Kristen, EStG 2018, § 37 Tz 56; Fragner/Seebacher, SWK 2016, 1048ff).
Klar ist, dass der Antrag auf Verteilungsbegünstigung Auswirkung auf die Veranlagung des ersten Jahres, in dem die zusammengeballten Einkünfte zufließen und den beiden Folgejahren hat. Fraglich ist daher, ob eine nachträgliche Beantragung dieser Steuerbegünstigung auch dann noch möglich ist, wenn eines der Folgejahre bereits rechtskräftig veranlagt ist. Der an den Bf. gerichtete Einkommensteuerbescheid 2019 vom ist bereits vor der Antragstellung auf Verteilungsbegünstigung in formelle Rechtskraft erwachsen.
Vieles spricht dafür, dass es für die Rechtzeitigkeit eines Antrages nach § 37 Abs. 2 EStG auch darauf ankommt, dass alle drei Veranlagungsjahren, in denen die Einkünfte zu verteilen sind, noch nicht durch rechtskräftige Einkommensteuerbescheide abgeschlossen sind. Es dürfte nicht dem Normzweck dieser Steuerbegünstigung entsprechen, dass durch eine nachträgliche Antragstellung im Rechtsmittelverfahren des ersten Veranlagungsjahres, in dem die zusammengeballten Einkünfte zufließen, eine Besteuerung der auf die Folgejahre zu verteilenden Einkünfte nur unten den engen Voraussetzungen der Durchbrechung der Rechtskraft dieser Einkommensteuerbescheide möglich ist. Da bei Außenprüfungen idR Wiederaufnahmen der Einkommensteuerveranlagungen erfolgen, führt bei Rechtsmittelverfahren, insbesondere, wenn noch außerordentlichen Rechtsmitteln zu den Höchstgerichten anschließen, auch die Verjährung der Folgejahre zu einer realistischen Begrenzung der Eingriffsmöglichkeiten.
Die Problematik der nachträglichen Antragstellung im Rechtsmittelverfahren nach Eintritt der Rechtskraft des Veranlagungsbescheides eines der beiden Folgejahre, erlangt durch die Einbringung eines Eventualantrages eine Steigerung.
Ein Eventualantrag ist eine aufschiebend bedingte Prozesshandlung. Bei einer solchen Verfahrensgestaltung hat die Behörde über den Primärantrag zu erkennen und nur bei dessen Verneinung über den Eventualantrag zu entscheiden. Die Zulässigkeit eines Eventualantrages im Abgabenverfahren, hängt davon ab, ob diese bedingte Prozesshandlung von einem bestimmten im Verfahrensverlauf eintretenden Ereignis abhängig gemacht wird, und dadurch ein dem Verfahren abträglicher Schwebezustand herbeigeführt wird (vgl. Ritz, BAO6, § 85 Tz. 3 mit Hinweisen auf die hg. Judikatur).
Keine Rechtsprechung liegt zu der Frage vor, ob auch im Rechtsmittelverfahren noch ein solcher Eventualantrag gestellt werden kann und ob durch die Auswirkung des Antrages auf Verteilungsbegünstigung auf mehrere Veranlagungsjahre durch die Beifügung einer Bedingung - gegenständlich, wenn die Voraussetzungen für die Halbsteuersatzbegünstigung gemäß § 37 Abs. 5 EStG nicht erfüllt sind - ein für die Einkommensteuerveranlagung schädlicher Schwebezustand herbeigeführt wird.
Wie vom FA zutreffend ausgeführt wurde, setzt das Vorliegen der "Gewährung einer Entschädigung" im Sinne des § 32 Absatz 1 Z. 1 EStG 1988 voraus, dass die Initiative zur Abfindung von Pensionsansprüchen nicht vom Pensionsberechtigten ausgeht , VwSlg. 7163/F; , 2005/15/0055; , 2010/15/0158, VwSlg. 8809/F, mwN).
Im vorliegenden Fall hat der Bf. sich in seiner Eigenschaft als Alleingesellschafter und Alleingeschäftsführer der G1, die sämtliche Anteile an der G-2 hält, für die Abgeltung seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der G-2 eine Firmenpension zugesagt und in Punkt 9. dieser Vereinbarung vom sich das Recht eingeräumt, durch einseitige Erklärung eine Kapitalabfindung an Stelle der laufenden Firmenpension fordern zu können. Der Bf. hat mehrfach erklärt, von jeher geplant und beabsichtigt zu haben, dieses sich selbst eingeräumte Optionsrecht auf Pensionsabfindung auszuüben. Dieses einseitige Gestaltungsrecht auf Pensionsabfindung hat der Bf. in der schriftlichen Vereinbarung vom - so auch sein Beschwerdevorbringen - dann ausgeübt.
Dem FA ist beizupflichten, dass die Formulierungen der rechtsgeschäftlichen Erklärungen -aus welchen Gründen auch immer - in dieser Urkunde nicht eindeutig gewählt wurden und daher auslegungsbedürftig sind. Nach dem Verständnis der beiden Vertragsparteien, war für diese aber unmissverständlich erkennbar, dass der Bf., mit dieser Erklärung die ihm zustehende Pensionsabfindung haben wollte.
Im Absatz 4 und 7 der Vereinbarung vom kommt klar zum Ausdruck, dass die Gegenleistung des Bf. für den Verzicht auf lebenslange monatliche Pension die Einmalzahlung von € 420.000 ist (do ut des). Es wäre wesensfremd anzunehmen, dass der Bf. auch bereit war ohne eine Gegenleistung diese Verzichtserklärung abzugeben und die G-2 freiwillig diesen Betrag dem Bf. als Dank für seinen Einkommensverzicht gespendet hat.
Nachdem der Bf. ein einseitiges Recht auf Pensionsabfindung hatte, hat er nach Auffassung des BFG nicht stattdessen in einem zweiseitigen Rechtsgeschäft (Vertrag vom ) diesen Pensionsabfindungsanspruch vereinbaren, sondern hat in diesem Schreiben tatsächlich sein Optionsrecht auf Kapitalabfindung der Firmenpension ausgeübt. Dass der Bf. hierbei gleichzeitig auf einen kleinen Teil seines Abfindungsanspruches (€ 25.856) verzichtet hat, ohne dies ausdrücklich auszusprechen, ändert nichts an der Ausübung seines Wahlrechtes.
Auf Grund des einseitigen Gestaltungsrechtes des Bf. lag aber zwangsläufig die Initiative auf Ausübung dieses Rechts stets bei ihm und nicht bei seinem Arbeitgeber, der G-2. Wird dem Pensionsberechtigten in der Pensionsvereinbarung bereits ein Wahlrecht auf Kapitalabfindung eingeräumt, kann deshalb keine Entschädigung im Sinne des § 32 Abs. 1 Z. 1 lit. a EStG vorliegen, weil es ausschließlich in seiner Hand liegt, die ihm zustehende Kapitalabfindung zu fordern.
Nicht glaubwürdig ist das Vorbringen in der mündlichen Verhandlung, dass auch denkbar wäre, dass der Bf. zunächst sein einseitiges Gestaltungsrecht auf Kapitalabfindung der Pensionsanwartschaft überhaupt nicht habe ausüben wollen und erst auf begründetes Ersuchen des früheren Arbeitgebers (G-2) dieser Einmalzahlung zugestimmt habe und daher die Initiative - trotz Vorliegen eines Optionsrechts - nicht beim pensionsberechtigten Bf. gelegen habe.
Dazu in Widerspruch steht die mehrfach abgegebene frühere Erklärung des Bf., dass von jeher beabsichtigt war, die Kapitalabfindung zu verlangen, wofür eben auch das in Punkt 9. der Pensionsvereinbarung eingeräumte Optionsrecht spricht. Für die steuerrechtliche Beurteilung sind fremdübliche Verhältnisse zu Grunde zu legen. Optionsrechte werde vom Optionsberechtigten fremdüblich primär nach seiner Interessenslage und nicht wegen einem Ersuchen des früheren Arbeitgebers ausgeübt. Eine nennenswerte wirtschaftliche Belastung der G-2 hätte auch die laufende Pensionszahlung statt der Kapitalabfindung im Hinblick auf die geschaffene Kapitalrückdeckung nicht zur Folge gehabt. Ein erhebliches wirtschaftliches Interesse auf Seiten des Pensionsverpflichteten hat daher nach Auffassung des BFG nicht vorgelegen. Auch dies spricht dafür, dass die Initiative auf die Kapitalabfindung beim Bf. und nicht bei seinem ehemaligen Arbeitgeber gelegen ist.
Die Verteilungsbegünstigung für die erhaltene Kapitalabfindung gemäß § 37 Abs. 2 EStG kommt schon aus diesem Grunde nicht in Betracht. Im Ergebnis wurde dem Bf. nämlich im Sinne des § 32 Abs. 1 Z. 1 EStG keine Entschädigung gewährt, sondern hat er das ihm bereits 2006 eingeräumte einseitige Recht, statt einer laufenden Firmenpension eine Pensionsabfindung zu verlangen, ausgeübt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Lösung der Rechtsfragen betreffend die Erfassung am Bilanzstichtag bereits existierenden Kapitalforderung und zur Besteuerung von Pensionsabfindungsansprüche, die erst nach Beendigung der Geschäftsführertätigkeit entstanden sind, folgt der einhelligen Rechtsprechung des VwGH. Weil jedoch zu der Rechtsfrage, ob ein Optionsrecht auf Kapitalabfindung das Vorliegen einer Entschädigung gemäß § 32 EStG ausschließt und ob eine nachträgliche Antragstellung im Rechtsmittelverfahren in Form eines Eventualantrages nach Eintritt der formellen Rechtskraft der Einkommensteuerbescheide der Folgejahre, in denen Einkünfte auf Grund des Antrages zu verteilen sind, noch keine Rechtsprechung des VwGH besteht, wurde die Revision für zulässig erklärt.
Beilage: Berechnungsblatt ESt 2018
Wien, am
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 4 Abs. 10 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 32 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 37 Abs. 2 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 37 Abs. 1 und 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7101190.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at