Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.08.2023, RV/2100772/2022

Liebhaberei und diverse Werbungskosten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Barbara Wisiak in der Beschwerdesache

***Bf1***, ***Bf1-Adr***,

über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , betreffend Einkommensteuer 2020 zu Recht erkannt:

I. Der Bescheid wird abgeändert.

Die Einkommensteuer 2020 wird - wie in der Beschwerdevorentscheidung - mit
887 Euro festgesetzt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Bisheriger Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer, ***Bf1*** (im Folgenden: Bf.), erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und vermietet eine Eigentumswohnung.

Im Zuge der Einkommensteuererklärung 2020 beantragte der Bf. den Abzug von Werbungskosten iHv 779 Euro für Arbeitsmittel, die Berücksichtigung von Sonderausgaben in Form von Versicherungsbeiträgen iHv 1.768 Euro bzw. Darlehen für Wohnraumsanierung iHv 517,98 Euro, von außergewöhnlichen Belastungen durch Krankheitskosten iHv 700,94 Euro und erklärte einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung iHv -3.417,50 Euro.

Im angefochtenen Bescheid betreffend Einkommensteuer 2020 vom kam es zu diversen Kürzungen. Der Begründung ist zu entnehmen:

"Unter Berücksichtigung des Vorhalteverfahrens sind folgende Korrekturen vor zunehmen: Die freiwillige Höherversicherung ist als Sonderausgabe zu berücksichtigen. Die Arbeitsmittel (iPhone, Druckerpatrone, Tastatur, Festplatte) sind um einen Privatanteil (40%) zu kürzen. iWatch, Klimaanlage und iPods stellen Kosten der privaten Lebensführung dar und sind daher nicht abzugsfähig. Sanierungskosten Badezimmer und Sonnenschutz sind, weil nicht vor 2016 begonnen, nicht abzugsfähig. Pauschale WK für das Covid-Homeoffice sind erst in der Veranlagung 2021 vorgesehen (Informationen dazu entnehmen Sie bitte unserer Homepage). Der Verlust aus der Vermietung ***Straße*** ist nicht abzugsfähig, weil diese Vermietung keine Einkunftsquelle darstellt(siehe auch Begründung 2019). In der "Prognoserechnung" wurde die AfA nicht angesetzt, die Umstände dieses Mietverhältnisses sind darüber hinaus auch in der ab Juli 2020 vereinbarten Form nicht fremdüblich. "

Aus dem Verwaltungsakt sind dazu folgende Vorbringen des Bf. aktenkundig:

Mit Mail vom gab der Bf. auf Anfrage des Finanzamtes (betreffend seine Einkommensteuer 2019) bekannt, dass ab dem Jahr 2019 eine schrittweise Sanierung der Wohnung erfolgt sei, teilweise durch ihn selbst, teilweise durch Fremdfirmen. Dafür habe er einen Kredit iHv 14.000.- Euro in Anspruch genommen welcher als Sanierungskredit vom Land Steiermark gefördert worden sei. Sein Mieter, Herr ***1*** habe beabsichtigt, bis Anfang 2020 in der Wohnung zu verbleiben, daher wollte er für einen Zeitraum von 9 Monaten keinen anderen Mieter suchen. In dem per abgeschlossenen Mietvertrag mit Herrn ***1*** verpflichtete sich dieser weiterhin nur die Betriebs- und Stromkosten abzudecken, da der Bf. ab beabsichtigte, die Wohnung selbst für den Zeitraum der Sanierung meiner anderen Wohnung zu übernehmen.

Mit Mail vom erklärte der Bf., dass Herr ***1*** auf dessen Ansuchen hin auch nach dem in der Wohnung geblieben sei, da er bis dahin noch keine für ihn passende Wohnung gefunden hatte. Er habe jedoch nur mehr ein Zimmer der Wohnung genutzt und habe sich im Gegenzug dazu bereit erklärt, die Hälfte der monatlichen Betriebskosten zu übernehmen. Da Herr ***1*** aufgrund der Covidkrise ebenfalls keine passende Wohnung finden konnte, habe er sich entschlossen, die Wohnung ab zu einem nunmehr marktüblichen Mietzins zu vermieten.

Mit Schreiben vom legte der Bf. eine handschriftliche "Prognoserechnung" vor, derzufolge er im Jahr 2020 sechsmal 550 Euro Einnahmen und Aufwendungen für Betriebskosten iHv 305,35 Euro/Monat, Stromkosten von 42 Euro/Monat und Internetkosten von 59,9 Euro pro Monat sowie 1.474 Euro für die Erneuerung der Wohnlandschaft angab. Für das Jahr 2021 prognostizierte er dieselben Einnahmen und Augaben aber zwölf mal ohne weitere Sanierungskosten. Für weitere Jahre gab er keine "Prognose" ab.
Diese Prognose umfasst keine AfA und entspricht auch nicht den in der hier strittigen Steuererklärung 2020 bekannt gegebenen Beträgen.

In der gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 eingebrachten Beschwerde vom führte der Bf. zum Verlust aus Vermietung und Verpachtung aus, dass die Wohnung ***Straße*** 23/12 in 8010 Graz sowohl fremdüblich vermietet sei, als auch eine Einkunftsquelle darstelle. Die Sanierung der Wohnung in der ***Straße*** 19 sei vor 2016 begonnen worden. Die iWatch werde zu 60% für berufliche Termine und Telefonate genutzt und die Klimaanlage werde ausschließlich in seinem Büro genutzt. Die Homeofficekosten seien ebenfalls anzuerkennen.

Ergänzend brachte der Bf. mit Eingabe vom vor, dass auch Telefon- und Internetkosten im Ausmaß von 29,90 Euro pro Monat für 12 Monate unter Kürzung um eine 40%ige Privatnutzung als Werbungskosten abgezogen werden sollten.

In der teilweise stattgebenden Beschwerdevorentscheidung vom stellte das Finanzamt zu den beantragten Sonderausgaben fest, dass diese zunächst erklärungsgemäß berücksichtigt worden seien. Zusätzliche Kosten für Badezimmermöbel incl. Montage und Lieferung (Rechnung ***2*** vom ) sowie eines Raffstores als Sonnenschutz (Rechnung ***3*** vom ) würden keine Instandsetzungs- oder Herstellungsmaßnahmen i.S.d. § 18 EStG darstellen und seien auch nicht vor dem begonnen worden, weshalb eine Absetzbarkeit 2020 nicht möglich sei.

Als Werbungskosten könnten die Kosten einer iWatch (287,10 Euro) sowie der Air Pods (132,90 Euro) nicht anerkannt werden, weil sie Kosten der privaten Lebensführung darstellen. Der Bürodrehstuhl sei zu 100% berücksichtigt worden, die übrigen anerkannten Arbeitsmittel seien um die 40%ige Privatnutzung gekürzt worden. Die Klimaanlage sei zur Gänze zu berücksichtigen, die nachträglich geltend gemachten Kosten für Telefon/Internet zu 60% (Kürzung Privatanteil).

Die Vermietung der Eigentumswohnung stelle keine Einkunftsquelle dar, weil sie weder fremdüblich erfolge, noch zu einem Überschuss führe. In der "Prognoserechnung" sei die AfA nicht berücksichtigt worden und 2020 und 2021 sei tatsächlich ein Verlust entstanden. Darüber hinaus sei vereinbart, dass die Vermietung unter Zurverfügungstellung von Internet/TV, Mobiliar und Übernahme von Strom und Betriebskosten erfolge, was der Bf. auch nicht angegeben habe.

Im Vorlageantrag vom beantragte der Bf. die Anerkennung des Verlustes aus Vermietung und Verpachtung, weil selbst die Prognose des Finanzamtes bereits im Jahr 2022 zu einem Überschuss führen würde. Im Übrigen halte er alle Beschwerdepunkte aufrecht.

Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich, dass der Bf. im Streitjahr am einen Mietvertrag mit Herrn ***1*** abgeschlossen hat. Der Vertrag ist auf 3 Jahre befristet und setzt für eine 70 m2 große Wohnung einen Mietzins von 200 Euro plus 370 Euro Betriebskosten fest.

Laut Einkommensteuererklärung 2020 beträgt die Basis für die AfA des Gebäudes 190.000 Euro, das ergibt unter Annahme eines Afa-Satzes von 1,5% eine jährliche AfA iHv 2.850 Euro.

Das BFG forderte den Bf. auf, eine realistische Prognoserechnung vorzulegen, weil es bereits bei Berücksichtigung nur der vertraglich vereinbarten Mieteinnahmen von 2.400 Euro/Jahr und der Ausgaben für AfA von 2.850 Euro denkunmöglich sei, mit der Vermietung jemals einen Überschuss zu erzielen. Der Bf. wurde zusätzlich darauf hingewiesen, dass die Betriebskosten Einnahmen und in derselben Höhe Ausgaben darstellten und bei einer Prognoserechnung weitere Kosten für Leerstehung, Mietverträge, Sanierungen, Aufwendungen für AfA von Einrichtungsgegenständen usw. anzusetzen seien.

Dazu gab der Bf. in einer Mail vom Folgendes an:

"Seit dem Jahr 2022 vermiete ich die gegenständliche Wohnung - wie auch dem Finanzamt Graz Stadt mitgeteilt- zu einem Mietzins von EUR 650.- monatlich. Die damaligen monatlichen Betriebskosten inkl. Heizkosten betrugen in diesem Jahr: EUR 353.- monatlich.

Daher ergeben sich Mieteinnahmen von EUR 7.800 abzüglich EUR 4.236 an Betriebskosten - AfA (EUR 2.800.-) = EUR 764.-

Sanierungskosten sind - wie das Finanzamt Graz ebenfalls bekundete- nur für jene Sanierungsmaßnahmen möglich, mit welchen vor 2016 begonnen wurde. Eine Kredit oder eine Hypothek bestehen für die gegenständliche Wohnung nicht. Es fallen daher keine weiteren Abzüge an.

Die Ansicht des Finanzamts Graz, dass sich im Jahr 2020 kein Gewinn ergab, ist zwar richtig, meines Erachtens muss sich aber -um nicht unter die Liebhaberei-VO zu fallen - im Durchrechnungszeitraum von 20 Jahren ab Beginn der Vermietung ein Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben ergeben und ab dem Jahr 2022 ergibt sich demgemäß ein - wenn auch geringfügiger- Gewinn.

Es ist auch richtig, dass der Mieter ein Bekannter von mir ist und ich die Wohnung daher ganz sicherlich nicht zum höchstmöglichst erzielbaren Mietzins vermiete, jedoch ist die Ansicht des Finanzamts Graz unrichtig, dass es sich bei der Vermietung um keine Einkunftsquelle handelt."

Aktenkundig erklärte der Bf. im Jahr 2021 einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung von 376 Euro, wobei er Einnahmen iHv 6.600 Euro (=550 Euro/Monat) erklärte. Im Jahr 2022 erklärte der Bf. einen Überschuss aus Vermietung und Verpachtung iHv 374 Euro wobei er seiner Berechnung Einnahmen (wie im Verfahren angegeben) iHv 7.800 Euro, Zehntelabsetzungen iHv 160 Euro, AfA iHv 2.850 Euro und Betriebskosten (offenbar fälschlich unter Kz 9520 Instandhaltungskosten) iHv 4.416 Euro zugrunde legte.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Sachverhalt und Beweiswürdigung

Der Bf. erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und beantragt aktenkundig den Abzug folgender Kosten als Werbungskosten:
Bürodrehstuhl 49,90
Festplatte 69,99
iPhone 474,21
Druckerpatronen 44,37
Apple iWatch 287,10
Computer Tastatur 26,99
Klimaanlage im Büro 181,99
Apple Airpods 132,90
Telefon- und
Internetkosten (60%) 215,28

Zusätzlich beantragt er für das Streitjahr eine "COVID Homeofficepauschale" für eine nicht zahlenmäßig angegebene Anzahl von Homeofficetagen.

Als Sonderausgaben beantragte der den Abzug von
Darlehenskosten Wohnraumsanierung der ÖWG für Sanierung vor 2016 536,28
Badezimmersanierung 588,00
Sanierung Sonnenschutz 1.360,74
Krankenversicherung ***4*** abgeschlossen am 1.210,20
Krankenversicherung ***5*** seit 426,72

Schließlich vermietet der Bf. eine Wohnung in der Straße 23. Die Wohnung wurde ihm laut E-Mail vom (Mail betr. seine Steuererklärung 2019) im Jahr 2000 von seiner Mutter geschenkt und ist laut seinen eigenen Angaben "sehr in die Jahre gekommen".

Am schloss der Bf. mit Herrn ***1*** einen Mietvertrag von - ab. Die Bruttomiete wurde mit 570 Euro fixiert, die Betriebskosten mit 370 Euro monatlich ausgewiesen. In der Miete sind laut Vereinbarung Heizungs- und Stromkosten sowie ein Internetanschluss und ein TV-Anschluss enthalten. Dafür ist vertraglich kein zusätzliches Entgelt vereinbart.
Mit E-Mail des Bf. vom hat der Bf. dem Finanzamt bekannt gegeben, dass die Wohnung nunmehr saniert sei und um 550 Euro pro Monat vermietet werde.
Laut E-Mail des Bf. vom sei die Wohnung um 4.800 Euro plus eigener Arbeitsleistung saniert worden.

Mit Schreiben vom legte der Bf. eine handschriftliche "Prognoserechnung" vor, derzufolge er im Jahr 2020 sechsmal 550 Euro Einnahmen und Aufwendungen für Betriebskosten iHv 305,35 Euro/Monat, Stromkosten von 42 Euro/Monat und Internetkosten von 59,90 Euro pro Monat sowie 1.474 Euro für die Erneuerung der Wohnlandschaft angab. Für das Jahr 2021 prognostizierte er dieselben Einnahmen und Ausgaben aber zwölf mal ohne weitere Sanierungskosten. Weitere Angaben, insbesondere betreffend die Folgejahre, hat er nicht gemacht.

In seiner Steuererklärung 2020 erklärte der Bf. einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung von -3.417,50 Euro, der sich aus Einnahmen iHv 3.300, Afa von 2.800 und Instandhaltungskosten von 3.917,50 Euro zusammensetzte.

Über Aufforderung des BFG, eine Prognoserechnung im Sinne der Liebhabereiverordnung vorzulegen, erklärte der Bf. mit Email vom , dass er seit dem Jahr 2022 die Wohnung zu einem Mietzins von 650.- Euro monatlich vermiete. Daher ergäben sich Mieteinnahmen von 7.800 Euro abzüglich 4.236 Euro an Betriebskosten und AfA von 2.800.- Euro. Das ergebe einen Überschuss von 764.- Euro. Eine Prognose für einen längeren Zeitraum hat der Bf. trotz Aufforderung nicht abgegeben.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Rechtslage

§ 16 Abs 1 EStG 1988 idF BGBl 96/2020

(1) Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen und Ausgaben für den Erwerb oder Wertminderungen von Wirtschaftsgütern sind nur insoweit als Werbungskosten abzugsfähig, als dies im folgenden ausdrücklich zugelassen ist. Hinsichtlich der durchlaufenden Posten ist § 4 Abs. 3 anzuwenden. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Werbungskosten sind auch:

(…)

7. Ausgaben für Arbeitsmittel (zB Werkzeug und Berufskleidung). Ist die Nutzungsdauer der Arbeitsmittel länger als ein Jahr, ist Z 8 anzuwenden.

Erst mit BGBl 52/2021 eingefügt wurde Z 7a:

7a. Ausgaben und Beträge eines Arbeitnehmers, der seine berufliche Tätigkeit in der Wohnung (im Homeoffice) erbringt und bei dem keine Ausgaben für ein Arbeitszimmer gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d berücksichtigt werden:

a) Ausgaben für ergonomisch geeignetes Mobiliar (insbesondere Schreibtisch, Drehstuhl, Beleuchtung) eines in der Wohnung eingerichteten Arbeitsplatzes bis zu insgesamt 300 Euro (Höchstbetrag pro Kalenderjahr), wenn der Arbeitnehmer zumindest 26 Homeoffice-Tage gemäß § 26 Z 9 lit. a im Kalenderjahr geleistet hat. Übersteigen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten insgesamt den Höchstbetrag, kann der Überschreitungsbetrag innerhalb des Höchstbetrages jeweils ab dem Folgejahr bis zum Kalenderjahr 2023 geltend gemacht werden. Z 8 ist nicht anzuwenden.

b) Soweit das Homeoffice-Pauschale gemäß § 26 Z 9 lit. a den Höchstbetrag von drei Euro pro Homeoffice-Tag nicht erreicht, die Differenz auf drei Euro.

Zum Inkrafttreten siehe § 124b EStG 1988:

373. § 16 Abs. 1 Z 7 und Z 7a lit. b, § 26 Z 9 und § 41 Abs. 1 Z 13, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 52/2021, sind erstmalig für Homeoffice-Tage ab anzuwenden, wenn

- die Einkommensteuer veranlagt wird, bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2021,

- die Einkommensteuer (Lohnsteuer) durch Abzug eingehoben oder durch Veranlagung festgesetzt wird, für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem enden.

§ 18 Abs 1 EStG 1988 lautet (auszugsweise):

(1) Folgende Ausgaben sind bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind: (…)

3. Ausgaben zur Wohnraumschaffung oder zur Wohnraumsanierung, wenn mit der tatsächlichen Bauausführung oder Sanierung vor dem begonnen worden ist (lit. b und c) …

§ 20 EStG 1988 lautet (auszugsweise):

(1) Bei den einzelnen Einkünften dürfen nicht abgezogen werden:

1. Die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge.

2. a) Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Liebhabereiverordnung BGBl Nr. 33/1993 idF BGBl. II Nr. 358/1997 lautet (auszugsweise):

§ 1. (1) Einkünfte liegen vor bei einer Betätigung (einer Tätigkeit oder einem Rechtsverhältnis), die
- durch die Absicht veranlaßt ist, einen Gesamtgewinn oder einen Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3) zu erzielen, und
- nicht unter Abs. 2 fällt.

Voraussetzung ist, daß die Absicht anhand objektiver Umstände (§ 2 Abs. 1 und 3) nachvollziehbar ist. Das Vorliegen einer derartigen Absicht ist für jede organisatorisch in sich geschlossene und mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestattete Einheit gesondert zu beurteilen.

(2) Liebhaberei ist bei einer Betätigung anzunehmen, wenn Verluste entstehen (…)

3. aus der Bewirtschaftung von Eigenheimen, Eigentumswohnungen und Mietwohngrundstücken mit qualifizierten Nutzungsrechten.

Die Annahme von Liebhaberei kann in diesen Fällen nach Maßgabe des § 2 Abs. 4 ausgeschlossen sein. (…)

§ 2 (4): Bei Betätigungen gemäß § 1 Abs. 2 liegt Liebhaberei dann nicht vor, wenn die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit in einem absehbaren Zeitraum einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3) erwarten läßt. Andernfalls ist das Vorliegen von Liebhaberei ab Beginn dieser Betätigung so lange anzunehmen, als die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit nicht im Sinn des vorstehenden Satzes geändert wird. Bei Betätigungen im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 3 gilt als absehbarer Zeitraum ein Zeitraum von 20 Jahren ab Beginn der entgeltlichen Überlassung, höchstens 23 Jahren ab dem erstmaligen Anfallen von Aufwendungen (Ausgaben).

2.2. Werbungskosten

Werbungskosten sind gem. § 16 EStG 1988 Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 und Z 2 lit. a EStG 1988 sind Aufwendungen für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für seine Lebensführung nicht als Werbungskosten abziehbar. Die Regelungen des § 20 Abs. 1 Z 1 und Z 2 lit. a EStG 1988 erfassen nach der Rechtsprechung beispielsweise die Ernährung oder die bürgerliche Kleidung () oder Fotokameras ().

Der Regelung liegt der Gedanke der Steuergerechtigkeit insoweit zu Grunde, als vermieden werden soll, dass ein Steuerpflichtiger auf Grund der Eigenschaft seines Berufes eine Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen herbeiführen und dadurch Aufwendungen der Lebensführung steuerlich abzugsfähig machen kann, was unsachlich gegenüber jenen Steuerpflichtigen wäre, die eine Tätigkeit ausüben, die eine solche Verbindung zwischen beruflichen und privaten Tätigkeiten nicht ermöglicht, und die derartige Aufwendungen aus ihrem bereits versteuerten Einkommen tragen müssen ( unter Hinweis auf ). Bei der Abgrenzung beruflich bedingter Aufwendungen von den Kosten der Lebensführung gilt in diesem Zusammenhang die typisierende Betrachtungsweise (vgl. ).

Im Sinne der dargestellten Rechtsprechung ist in typisierender Betrachtungsweise davon auszugehen, dass eine Uhr und Kopfhörer typischerweise der privaten Lebensführung zuzurechnen sind. Eine allfällige berufliche Verwendung ändert nichts am Verbot der Abzugsfähigkeit als Werbungskosten gem. § 20 EStG 1988.

Der Bürodrehstuhl (***6***) und die Klimaanlage werden nach den übereinstimmenden Angaben des Bf. und des Finanzamtes ausschließlich beruflich genutzt und stellen Werbungskosten iSd § 16 EStG 1988 dar. Dasselbe gilt laut gleichlautendem Vorbringen des Bf. und des Finanzamtes für 60% der Telefon- und Internetkosten.

Wird die berufliche Veranlassung von Aufwendungen für Gegenstände, die sich auch zur Nutzung im privaten Bereich eignen, geltend gemacht, so ist der Möglichkeit der privaten Mitverwendung durch ein Ausscheiden des Privatanteils Rechnung zu tragen. Die Vorgangsweise, einen anzunehmenden Privatanteil durch griffweise Schätzung zu ermitteln, hat der Verwaltungsgerichtshof vom Grundsätzlichen her bereits in seinem Erkenntnis vom , 94/13/0203, als an sich unbedenklich angesehen (vgl ).

Die geltend gemachten Kosten für die Festplatte, das iPhone, die Tastatur, die Druckerpatronen und das Mobiltelefon sind um einen Privatanteil zu kürzen. Das Finanzamt hat dafür nach seinen Erfahrungen griffweise einen Anteil von 40% herangezogen. Dies ist nicht zu beanstanden.

Zusammengefasst können damit - wie in der Beschwerdevorentscheidung - folgende Werbungskosten in Abzug gebracht werden:

Bürodrehstuhl 49,90
Festplatte 60% 41,94
iPhone 60% 284,58
Druckerpatronen 60% 26,62
Computer Tastatur 60% 16,19
Klimaanlage im Büro 181,99
Telefon- und
Internetkosten (60%) 215,28
Summe: 816,50 Euro

2.3. Liebhaberei Eigentumswohnung

Im Beschwerdefall sind aus der Vermietung der Eigentumswohnung in der Straße 23/12 Verluste entstanden.

Liebhaberei ist gemäß § 1 Abs 2 Z 3 Liebhabereiverordnung anzunehmen, wenn Verluste aus der Bewirtschaftung von Eigentumswohnungen entstehen, ausgenommen es ist aufgrund einer Prognoserechnung anzunehmen, dass innerhalb eines absehbaren Zeitraums ein Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwarten ist.

Der Bf. konnte im bisherigen Verfahren keine Prognoserechnung iSd Liebhabereiverordnung vorlegen: Jede der vorgelegten "Prognoserechnungen" umfasste nur einen Zeitraum von zwei (Prognose 2019 und 2020) bzw. einem Jahr (Prognose 2022).

Bei seinen Berechnungen hat er auch nicht alle zu kalkulierenden Werbungskosten angesetzt: So hat er in der handschriftlichen "Prognoserechnung" vom keine Absetzung für Abnutzung berücksichtigt, in seiner "Prognoserechnung" laut Email vom weder die Strom- und Internetkosten, noch Sanierungskosten berücksichtigt. Offenbar bedingt durch die zu kurzen Zeiträume wurden auch keine weiteren Wagnisse (Leerstehungskosten, Reparaturen etc) angesetzt.

Schließlich stimmen seine Prognosen in keinem der dazu vorgelegten Jahre mit seinen Steuererklärungen überein:
Im Jahr 2020 erklärte der Bf. einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung von - 3.417,50 Euro, der sich aus Einnahmen iHv 3.300, Afa von 2.800 und Instandhaltungskosten von 3.917,50 Euro zusammensetzte. Laut seinem Schreiben vom (Prognose) sollten 6 x 550 Euro Einnahmen (3.300) und Betriebskosten iHv 6 x 305,35 Euro/Monat (insg. 1.832,10 Euro), Stromkosten von 42 Euro/Monat (insg. 252 Euro) und Internetkosten von 59,90 Euro pro Monat (insg. 359,40 Euro) sowie 1.474 Euro für die Erneuerung der Wohnlandschaft anfallen. Das ergibt in Summe - 617,50 Euro.
Für das Jahr 2021 prognostizierte er dieselben Einnahmen und Ausgaben (mit Ausnahme der Erneuerung der Wohnlandschaft) aber zwölf mal, was einen Überschuss von 1.713 Euro ergeben müsste. Tatsächlich erklärte er aber einen Verlust von - 376 Euro.
Im Jahr 2022 prognostizierte er einen Überschuss von 764 Euro als Differenz von Mieteinnahmen abzügl. Betriebskosten und Afa (keine Strom-, Telefon- oder Internetkosten), tatsächlich erklärte er einen Überschuss von 374 Euro.

Gemäß § 1 Abs 2 LVO ist Liebhaberei anzunehmen, wenn Verluste aus der Bewirtschaftung von Eigentumswohnungen entstehen. Die Annahme von Liebhaberei kann nach § 2 Abs 4 LVO ausgeschlossen sein, wenn die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit in einem absehbaren Zeitraum einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten erwarten lässt, wobei als absehbarer Zeitraum ein Zeitraum von 20 Jahren ab Beginn der entgeltlichen Überlassung, gilt.

Im Beschwerdefall lässt die Art der Bewirtschaftung im Streitjahr nicht erwarten, dass innerhalb von 20 Jahren ein Gesamtüberschuss zu erwarten ist, da mit dem vereinbarten und entrichteten Mietzins nicht einmal die Kosten des Bf. abgedeckt wurden.

Gegenteiliges hat der Bf. trotz mehrfacher Aufforderung nicht vorgebracht, zumal er weder eine Prognose für einen längeren Zeitraum (20 Jahre) angegeben hat, noch alle Kosten berücksichtigt hat (siehe oben). Überdies decken sich seine diesbezüglichen Angaben nicht mit seinen Steuererklärungen.

Da im Fall der Liebhaberei keine Einkünfte vorliegen, ist der Verlust nicht ausgleichsfähig.

2.4. Sonderausgaben

Ausgaben zur Wohnraumschaffung oder zur Wohnraumsanierung können nur dann als Sonderausgaben in Abzug gebracht werden, wenn mit der tatsächlichen Bauausführung oder Sanierung vor dem begonnen worden ist.

Im Beschwerdefall hat das Finanzamt den Abzug von Kosten für das Sanierungsdarlehen laut Abrechnung der Hausverwaltung anerkannt, während es den Abzug von Aufwendungen für Badezimmermöbel und Sonnenschutz, für die Rechnungen aus dem Jahr 2020 vorgelegt wurden, versagt hat.

Die Vorgehensweise entspricht der Rechtslage und wird vom Bf. inhaltlich nur damit bekämpft, dass die Sanierung vor 2016 begonnen habe. Da sich dieser Umstand nur auf die Sanierung, die mittels der ohnedies anerkannten Darlehensrückzahlung finanziert wurde, bezieht, ergibt sich aus dem Vorbringen des Bf. nichts Gegenteiliges.

Daher kann die Rückzahlung des Sanierungsdarlehens in Abzug gebracht werden, während die übrigen Aufwendungen bereits deshalb keine Berücksichtigung als Sonderausgaben finden können, weil die Arbeiten erst 2020 durchgeführt wurden.

2.5. Zusammenfassung

Von den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sind Werbungskosten iHv insgesamt 816,50 Euro in Abzug zu bringen (vgl. 2.2.), Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind wegen Liebhaberei keine anzusetzen (vgl. 2.3.) und vom Gesamtbetrag der Einkünfte sind Sonderausgaben im Ausmaß von 560,25 Euro abzuziehen (vgl. 2.4.).

Die Einkommensteuer berechnet sich daher wie in der Beschwerdevorentscheidung vom mit 887 Euro.

3. Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Graz, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100772.2022

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