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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.08.2023, RV/1100185/2022

Drittelbegünstigung für eine Freizügigkeitsleistung nach dem Schweizer Pensionsversicherungssystem und Hochrechnung von steuerpflichtigen Bezügen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Peter Bilger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2015 vom gemäß § 299 BAO und Einkommensteuer 2015 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2015 vom wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2015 vom wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) war als Grenzgänger bei der *ES* in der Schweiz tätig. Per , ca. drei Monate nach Vollendung seines 59. Lebensjahres, wurde das Dienstverhältnis mit dem Bf. von der Schweizer Arbeitgeberin aufgelöst. Laut Austrittsrechnung vom betrug das bei der betrieblichen Pensionskasse der Schweizer Arbeitgeberin, der *L* Pensionskasse, erworbene Altersguthaben am 102.737,10 CHF. Der überobligatorische Betrag von 34.931,30 CHF wurde nach Abzug der Quellensteuer von 2.058,00 CHF aufgrund "endgültigen Verlassens der Schweiz" auf Antrag des Bf. mit in Höhe von 32.873,30 CHF auf das Konto des Bf. in der Schweiz überwiesen. Der obligatorische Anteil in Höhe von 67.805,80 CHF wurde zunächst von der Pensionskasse über Auftrag des Bf. auf ein Konto der Freizügigkeitsstiftung der UBS AG überwiesen. Am wurde dem Bf. das obligatorische Altersguthaben von 67.805,80 CHF zuzüglich Zinsen von 215,55 CHF, insgesamt somit 68.021,35 CHF ausbezahlt.

2. Vom 1.1. bis 3.4. (93 Tage), vom 14.5. bis 20.5. (7 Tage) und vom 1.6. bis 31.7. (61 Tage) bezog der Bf. steuerfreie Leistungen vom Arbeitsmarktservice Österreich (Arbeitslosengeld) und von der Vorarlberger Gebietskrankenkasse (Krankengeld während der Arbeitslosigkeit). Ab 1.8. bis empfing er Pensionszahlungen von der Pensionsversicherungsanstalt in Höhe von 1.459,95 Euro.

3. Die Freizügigkeitsleistung in Höhe von 102.737,10 CHF oder 83.102.737,10 Euro wurden vom Finanzamt zur Gänze dem Jahr 2014 zugerechnet und mit Einkommensteuerbescheid 2014 vom der Einkommensteuer unterzogen. Die vom Bf. beantragte Drittelbegünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 wurde nicht berücksichtigt.

4. Für das Kalenderjahr 2015 setzte das Finanzamt nur die Pensionszahlungen als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit an, was zur Festsetzung einer Abgabengutschrift in Höhe von 17,00 Euro mit Einkommensteuerbescheid 2015 vom führte.

5. Mit Bescheid vom hob das Finanzamt diesen Einkommensteuerbescheid mit der Begründung wieder auf, in der elektronisch eingereichten Abgabenerklärung sei die am ausbezahlte Freizügigkeitsleistung nicht berücksichtig worden. Tatsächlich war der Bescheidaufhebung ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom selben Tag, RV/1101048/2015, vorausgegangen, mit dem dieses der Beschwerde des Bf. gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 teilweise stattgegeben und entschieden hatte, dass lediglich der im Jahr 2014 ausbezahlte überobligatorische Anteil der Freizügigkeitsleistung, nicht aber der erst 2015 zugeflossene obligatorische Anteil dem Jahr 2014 zuzurechnen war. Die beantragte Drittelbegünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 wies es mit der Begründung ab, dem Bf. sei ein begünstigungsschädliches Wahlrecht zwischen Pensionszahlungen und der Auszahlung des Altersguthabens zugestanden.

6. Mit dem ebenfalls am erlassenen neuen Einkommensteuerbescheid 2015 setzte das Finanzamt bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nunmehr auch die Freizügigkeitsleistung in Höhe von umgerechnet 72.174,92 Euro und dazu noch weitere 10.180.24 Euro aufgrund einer Kontrollrechnung nach § 3 Abs. 2 EStG an, was neben den Pensionszahlungen und abzüglich dem Werbungskostenpauschale zu einem Einkommen in Höhe von 74.189,11 Euro und zu einer Steuerfestsetzung in Höhe von 26.985,00 Euro führte. Begründend gab es an, die Steuerbegünstigung des § 124b Z 53 EStG habe nach Ansicht der Finanzverwaltung nicht zur Anwendung gelangen können, weil der Bf. anstelle die Auszahlung des Überobligatoriums und später des Obligatoriums zu beantragen auch eine vorzeitige Altersrente beziehen hätte können. Indem der Abgabepflichtige sich gegen den Bezug der vorzeitigen Altersrente entschieden habe, habe er von einem ihm offenstehenden Wahlrecht Gebrauch gemacht. Dieses Wahlrecht sei gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes begünstigungsschädlich (mit Hinweis auf ). Weil der Bf. steuerfreie Leistungen bezogen habe, sei eine Umrechnung der laufenden Bezüge gemäß § 3 Abs. 2 EStG 1988 vorzunehmen gewesen. Dabei sei die für den Bf. günstigere Kontrollrechnung zur Anwendung gekommen.

7. Mit der gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerde beantragte der Bf. durch seine steuerliche Vertretung die Aufhebung des Aufhebungsbescheides oder, eventualiter, die Abänderung des neue Einkommensteuerbescheides 2015 in der Weise, dass die Freizügigkeitsleistung gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 zu einem Drittel steuerfrei belassen und nicht in die Hochrechnung gemäß § 3 Abs. 2 EStG 1988 einbezogen werde. Zusätzlich wurde beantragt, Steuerberatungskosten in Höhe von 360,00 Euro als Sonderausgaben zu berücksichtigen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, die Bescheidaufhebung sei mit einer Verletzung der Offenlegungspflicht hinsichtlich der Freizügigkeitsleistung begründet worden. Eine solche Verletzung werde vehement bestritten. Die Ablehnung der Drittelbegünstigung mit der Begründung, im Jahr 2014 habe ein schädliches Wahlrecht bestanden, das bis ins Jahr 2015 wirke, könne nicht geteilt werden. Der Bf. habe im Jahr 2015 vom Freizügigkeitskonto lediglich die Einmalzahlung begehren können, ein Wahlrecht sei ihm im Jahr 2015 nicht zugestanden. Das Finanzamt projiziere damit ein angeblich im Jahr 2014 bestehendes schädliches Wahlrecht auf vorzeitige Pensionierung ins Jahr 2015 und gewähre die Begünstigung deshalb nicht. Auch wenn der Bf. schon mit 58 Jahren in Frühpension hätte gehen können, sei durch seine Entscheidung, diese nicht zu begehren, der Vorsorgefall nicht eingetreten. Das zeige sich insbesondere auch dadurch, dass das Guthaben auf dem Freizügigkeitskonto gem. Art 4 Abs. 2 FZG im Falle einer Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses in der Schweiz auf die Pensionskasse des neuen Arbeitgebers hätte übertragen werden müssen. Im Erkenntnis vom , Ra 2018/15/0086 führten weder die Entscheidung, den Schweizer Arbeitsmarkt zu verlassen, noch die Entscheidung, das Überobligatorium zu beziehen, zu einem schädlichen Wahlrecht. Im vorliegenden Fall könne damit die Entscheidung, weiter arbeiten zu wollen, auch nicht begünstigungsschädlich sein. Auch der Begründung des Finanzamtes, für den Progressionsvorbehalt sei die für den Bf. günstigere Kontrollrechnung anzuwenden, könne nicht zustimmt werden. Vom 1.1. - 31.7. habe der Bf. durchgehend Arbeitslosengeld bzw. Krankengeld während der Arbeitslosigkeit bezogen. Seit beziehe er eine Pension von der Pensionsversicherungsanstalt. Am sei die Freizügigkeitsleistung ausbezahlt worden. Die am ausbezahlte Freizügigkeitsleistung sei neben dem Arbeitslosengeld zugeflossen und nicht wie es das Gesetz für die Hochrechnung voraussetze im restlichen Kalenderjahr. Gleichzeitig während der Zeit der Transferleistung bezogene nichtselbständige Einkünfte seien nicht auf einen Jahresbetrag hochzurechnen. Ohne Einbeziehung der Freizügigkeitsleistung sei der Variante Hochrechnung der Vorzug zu geben gegenüber jener der Kontrollrechnung.

8. Gegen die Beschwerdeentscheidung des , erhoben sowohl das Finanzamt als auch der Bf. Revisionen an den Verwaltungsgerichtshof. Die Revision des Finanzamtes wandte sich gegen die Zurechnung des obligatorischen Freizügigkeitsanteils zum Jahr 2015, jene des Bf. gegen die Versagung der Drittelbegünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988.

9. Mit Erkenntnis vom , Ro 2019/15/0182 bis 0183-4, wies der Verwaltungsgerichtshof die Revision des Finanzamtes zurück, weil das Finanzamt nicht dargelegt habe, dass mit der Revision die Lösung eines Falles von grundsätzlicher Bedeutung vorliege. Jene des Bf. wies es als unbegründet ab.

10. Am wies das Finanzamt die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung ab. Die Abweisung der Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid begründete es damit, dass die Abgabenbehörde gemäß § 299 Abs. 1 BAO auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben könne, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweise. Der Erstbescheid vom sei erklärungskonform auf Basis der elektronisch via Finanzonline eingebrachten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung ergangen, die als "leer" bezeichnet werden müsse, seien doch außer den mit dem Betrag von 0,01 EUR erklärten "Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ohne Lohnsteuerabzug" (Kennziffer 359) keine Beträge erklärt worden. Dass die am erfolgte Auszahlung des obligatorischen Freizügigkeitsguthabens in Höhe von 68.321,35 Euro dem Finanzamt bekannt gewesen sei, sei für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit des Erstbescheides irrelevant. Im Zeitpunkt der Bescheidaufhebung () sei die Rechtswidrigkeit des Erstbescheides 2015 vom vom Verwaltungsgericht durch das Erkenntnis vom , RV/1101048/2015, bestätigt und das Finanzamt veranlasst worden, diese Rechtswidrigkeit umgehend zu beseitigen. Denn das BFG habe nach mündlicher Senatsverhandlung erkannt, dass der am vom Freizügigkeitskonto ausbezahlte obligatorische Teil des Vorsorgeguthabens erst im Jahr 2015 steuerlich zu erfassen sei.

Die Abweisung der Beschwerde gegen den neuen Einkommensteuerbescheid 2015 begründete es damit, dass der Bf. die Möglichkeit gehabt habe, bei Beendigung des Dienstverhältnisses die reglementarisch offen gestandene Option der Frühpensionierung in der zweiten Säule in Anspruch zu nehmen. Er sei somit nicht zur Inanspruchnahme der Kapitalabfindung gezwungen gewesen, sondern habe aus eigener Entscheidung darauf verzichtet, aus der zweiten Säule des Schweizer Vorsorgesystems einen lebenslangen Pensionsbezug zu erhalten (mit Hinweis auf ).

Die am erfolgte Auszahlung des Pensionskassenguthabens sei in der Hochrechnung zu belassen, weil es sich dabei um einen laufenden Bezug iSd § 41 EStG gehandelt habe, der neben den laufenden AMS-Leistungen empfangen worden sei.

11. Im Vorlageantrag vom brachte die steuerliche Vertretung gegen die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung zur Bescheidaufhebung vor, dass die bestätigte Rechtswidrigkeit des Erstbescheides vom durch das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/1101048/2015, das Finanzamt nicht daran gehindert habe, beim VwGH Revision zu erheben und in den Revisionsgründen geltend zu machen, dass das obligatorische Vorsorgekapital dem Erstrevisionswerber schon im Jahr 2014 zugeflossen sei (mi Hinweis auf ,0183). Da die Revision des Finanzamtes allerdings nicht ausreichend begründet worden sei, sei sie vom VwGH zurückgewiesen worden. Zum Einkommensteuerbescheid 2015 hielt es nochmals fest, dass der Bf. im Jahr 2015 vom Freizügigkeitskonto lediglich die Einmalzahlung begehren habe können und andererseits für den Fall, dass er im Zeitraum zwischen der Arbeitgeberkündigung und der Vollendung des 60. Lebensjahres eine neue Arbeitsstätte in der Schweiz gefunden hätte, das Obligatorium zwingend auf die Pensionskasse des neuen Arbeitgebers hätte übertragen werden müssen. Damit bestünden schon sachverhaltsmäßig Unterschiede zum im Jahr 2014 ausbezahlten Überobligatorium. Die Beschwerdevorentscheidung führe begründend allerdings nur das das Jahr 2014 betreffende VwGH-Erkenntnis (, Ro 2019/15/0182,0183) an, indem ausdrücklich nur das Überobligatorium behandelt worden sei. Da gemäß VwGH unzumutbare rechtliche Nachteile gegen die Inanspruchnahme der Frühpension sprechen könnten, werde ergänzend zur Bescheidbeschwerde darauf hingewiesen, dass es für den Bf. aufgrund der überraschenden Arbeitgeberkündigung faktisch nicht möglich gewesen sei, sich für die Frühpensionierung im Jahr 2014 zu entscheiden. Eine entsprechende Erklärung hätte spätestens 3 Monate vor dem effektiven Altersrücktritt erfolgen müssen, wobei Abschläge bei der Pension in Kauf zu nehmen gewesen wären. Da im Zuge einer Kündigung durch den Arbeitgeber unter Einhaltung der gesetzlich vorgesehenen Kündigungsfrist von 3 Monaten fast zeitgleich mit dem Erhalt der Kündigung die Entscheidung, in vorzeitige Alterspension zu gehen, zu treffen wäre - beim Bf. wären das zehn Tage gewesen - und die in Kauf zu nehmenden Abschläge zuerst ermittelt werden müssen, werde nach Aussage der auszahlenden Pensionskasse diese Alternative nur im Zuge von im Vorhinein planbaren Arbeitnehmerkündigungen gewählt. Der Bf. hätte bei vorzeitiger Pensionierung ab Juli 2014 aus der Pensionskasse eine monatliche Frühpension von ca. CHF 480,00 erhalten, die Pension in Österreich habe er erst ab dem 60. Lebensjahr beantragen können und die AHV-Pension stehe ihm erst mit 65 Jahren zu. Da der Bf. mit der Frühpension seinen Lebensunterhalt nicht hätte bestreiten können, sei es ihm innerhalb der zudem überaus kurzen Frist nicht zumutbar gewesen, sich für die vorzeitige Alterspension zu entscheiden. Zum besonderen Progressionsvorbehalt sei zu sagen, dass die Freizügigkeitsleistung am neben dem Arbeitslosengeld bzw. Krankengeld zugeflossen sei. Gleichzeitig während der Zeit der Transferleistung bezogene nichtselbständige Einkünfte seien nicht auf einen Jahresbetrag hochzurechnen.

12. Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Rechtliche Beurteilung

1.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung und Abänderung)

1.1.1. Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2015 vom

13. Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

Gemäß § 25 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 sind Bezüge und Vorteile aus ausländischen Pensionskassen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Gemäß § 19 Abs. 1 EStG 1988 erster Satz sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Zugeflossen sind Einnahmen dann, wenn der Empfänger über sie rechtlich und wirtschaftlich verfügen kann. Die Einnahme muss tatsächlich in das Vermögen des Steuerpflichtigen übergegangen sein, der Steuerpflichtige muss über die Einnahme frei verfügen können.

14. Das Altersguthaben des Bf. aus der betrieblichen Vorsorgeeinrichtung seiner ehemaligen Arbeitgeberin in Österreich war gemäß § 25 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 steuerpflichtig. Was die Frage der Zurechnung des obligatorischen Anteils an der Freizügigkeitsleistung angeht genügt es, auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes (BFG) vom , RV/1101048/2015, zu verweisen. Mit diesem Erkenntnis hat das BFG entschieden, dass das obligatorische Altersguthaben im Jahr 2014 dem Vorsorgeschutz gewidmet und damit der freien Verfügbarkeit des Bf. entzogen war. Das Bundesfinanzgericht sieht keine Veranlassung, von dieser Entscheidung abzugehen. Damit war der obligatorische Anteil an der Freizügigkeitsleistung im Jahr 2015 steuerpflichtig. Weil der Einkommensteuerbescheid 2015 vom diesen Anteil nicht der Einkommensteuer unterzogen hatte, war er mit Rechtswidrigkeit behaftet, unabhängig davon, ob auf diesen Anteil die Drittelbegünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 zur Anwendung gelangte oder nicht (dazu weiter unten). Dass diese Rechtswidrigkeit erst mit dem zitierten Erkenntnis des BFG erkannt wurde, stand der Bescheidaufhebung nicht entgegen, weil § 299 BAO Abs. 1 BAO auch für dynamische, d.h. erst später erweisliche Unrichtigkeiten gilt (vgl. Ritz, BAO6, § 299 Tz 11).

Der angefochtene Aufhebungsbescheid ist daher zu Recht ergangen, die dagegen gerichtete Beschwerde war als unbegründet abzuweisen.

1.1.2. Einkommensteuerbescheid 2015 vom

14. Drittelbegünstigung gem. § 124b Z 53 EStG 1988

Gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 sind Zahlungen für Pensionsabfindungen von Pensionskassen auf Grund gesetzlicher und statutenmäßiger Regelungen nach Abzug der darauf entfallenden Pflichtbeiträge ab dem Jahr 2001 und in den folgenden Jahren zu einem Drittel steuerfrei zu belassen.

Der letzte Satz wurde der Bestimmung des § 124b Z 53 EStG 1988 mit BGBl. I Nr. 54/2002 angefügt. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (927 BlgNR 21. GP 2) wird dazu ausgeführt:

"Ausländische gesetzliche Regelungen bzw. die darauf beruhenden Statuten der ausländischen Pensionskassen sehen vielfach Pensionsabfindungen vor. Eine Übertragung des abzufindenden Barwertes in eine inländische Pensionskasse ist nicht möglich. Diese Problematik betrifft insbesondere Grenzgänger, die in diesen Fällen keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Pensionsabfindung haben. Es wäre daher unbillig, Pensionsabfindungen in diesen Fällen zur Gänze tarifmäßig zu besteuern".

15. Zweck dieser Bestimmung ist es also, eine volle tarifmäßige Besteuerung von Pensionsabfindungen zu vermeiden, falls keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme dieser Abfindung besteht (vgl. ).

16. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgeführt hat, setzt § 124b Z 53 EStG 1988 somit voraus, dass (insbesondere bei ausländischen Pensionskassen im Hinblick auf die dortige gesetzliche Situation) den Anspruchsberechtigten keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Pensionsabfindung eingeräumt ist (vgl. , mwN). Ist hingegen bei einer obligatio alternativa (Wahlschuld iSd § 906 ABGB) dem Gläubiger das Wahlrecht eingeräumt, liegt keine "Abfindung" vor, wenn der Gläubiger seine freie Wahl zwischen mehreren gleichwertigen (primären, aber alternativen) Ansprüchen trifft (vgl. ).

Auch die Abfindung von Pensionsanwartschaften wie beispielsweise eine Freizügigkeitsleistung, kann daher grundsätzlich von der Begünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 erfasst sein (vgl. ). Jedoch ist auch in diesem Fall Voraussetzung der Begünstigung, dass keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Abfindung für den Anspruchsberechtigten offen gestanden ist. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, ob ein Vorsorgeschutz mit späterem Rentenanspruch durch eine entsprechende Disposition über die Freizügigkeitsleistung im Rahmen einer Freizügigkeitspolice aufrechterhalten werden kann (vgl. z.B. und , Ra 2018/15/0086). Unerheblich ist hierbei, ob die spätere Rentenleistung von der Vorsorgeeinrichtung des früheren Arbeitgebers oder durch ein "privates Versicherungsunternehmen" erfolgt, sofern ein Verbleib innerhalb des ausländischen Vorsorgesystems trotz Beendigung der Auslandstätigkeit möglich ist und daraus ein späterer Rentenbezug erfolgen kann (vgl. ).

17. Nach der jüngeren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein begünstigungsschädliches Wahlrecht auch dann vor, wenn nach den Bestimmungen des jeweiligen Reglements die Möglichkeit besteht, statt die Kapitalauszahlung in Anspruch zu nehmen, in den vorzeitigen Ruhestand zu treten und die Altersleistung in Form eine Rente zu beziehen. Anderes soll nur dann gelten, wenn die Inanspruchnahme der Frühpension mit unzumutbaren rechtlichen Nachteilen verbunden ist (vgl. ).

18. Für die Beurteilung der Frage, ob die Bf. in der 2. Säule des Schweizer Vorsorgesystems ein Wahlrecht zwischen der Inanspruchnahme einer Freizügigkeitsleistung und der Inanspruchnahme einer Altersrente hatte, sind die in der Schweiz geltenden einschlägigen Rechtsgrundlagen heranzuziehen.

19. Gesetzliche Grundlage für die berufliche Vorsorge in der Schweiz ist das Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen und Invalidenvorsorge (BVG) vom .

Gemäß Art. 10 BVG beginnt die obligatorische Versicherung mit dem Antritt des Arbeitsverhältnisses, für Bezüger von Taggeldern der Arbeitslosenversicherung mit dem Tag, für den erstmals eine Arbeitslosenentschädigung ausgerichtet wird. Die Versicherungspflicht endet u.a., wenn a) das ordentliche Rentenalter erreicht wird (Art. 13) oder b) das Arbeitsverhältnis aufgelöst wird.

Nach Art. 13 Abs. 1 BVG haben Anspruch auf Alterstleistungen Männer, die das 65. Altersjahr, und Frauen, die das 62. Altersjahr zurückgelegt haben. Nach Art. 13 Abs. 2 BVG können die reglementarischen Bestimmungen der Vorsorgeeinrichtungen abweichend davon vorsehen, dass der Anspruch auf Altersleistungen mit der Beendigung der Erwerbstätigkeit entsteht. In diesem Fall ist der Umwandlungssatz (Art. 14) entsprechend anzupassen.

Gemäß Art. 37 Abs. 1 BVG werden Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenleistungen in der Regel als Rente ausgerichtet. Gemäß Art. 37 Abs. 4 BVG kann die Vorsorgeeinrichtung in ihrem Reglement aber vorsehen, dass die Anspruchsberechtigten an Stelle einer Rente eine Kapitalabfindung wählen können.

Gesetzliche Grundlage für die Freizügigkeitsleistung ist das Bundesgesetz über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (Freizügigkeitsgesetz, FZG).

Gemäß Art. 2 Abs. 1 FZG haben Versicherte, die die Vorsorgeeinrichtung verlassen, Anspruch auf eine Austrittsleistung.

Gemäß Art. 2 Abs. 2 FZG können Versicherte die Anspruchsleistung auch beanspruchen, wenn sie die Vorsorgeeinrichtung zwischen dem frühestmöglichen und dem ordentlichen reglementarischen Rentenalter verlassen und die Erwerbstätigkeit weiterführen oder als arbeitslos gemeldet sind.

Gemäß Art. 2 Abs. 3 FZG wird die Austrittsleistung fällig mit dem Austritt aus der Vorsorgeeinrichtung.

Nach Art. 4 Abs. 1 FZG haben Versicherte, die nicht in die neue Vorsorgeeinrichtung eintreten, ihrer Vorsorgeeinrichtung mitzuteilen, in welcher Form sie den Vorsorgeschutz erhalten wollen.

Gemäß Art. 5 Abs. 1 FZG können Versicherte die Barauszahlung der Austrittsleistung verlangen, wenn a) sie die Schweiz endgültig verlassen, b) sie eine Erwerbstätigkeit aufnehmen und der obligatorischen beruflichen Vorsorgeeinrichtung nicht mehr unterstehen und c) die Austrittsleistung weniger als ihr Jahresbeitrag beträgt.

Gem. Art. 25f FZG können Versicherte die Barauszahlung nach Art. 5 Abs. 1 lit. a FZG im Umfang des bis zum Austritt aus der Vorsorgeeinrichtung erworbenen Altersguthabens nach Art. 15 BVG u.a. dann nicht verlangen, wenn sie a) nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft für die Risiken Alter, Tod und Invalidität weiterhin obligatorisch versichert sind oder c) in Liechtenstein wohnen.

Gemäß Art. 1 der auf Grundlage des FZG ergangenen Verordnung über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen und Invalidenvorsorge (Freizügigkeitsverordnung, FZV) müssen Arbeitgeber die Adresse oder, wenn diese fehlt, die AHV-Nummer der Versicherten, deren Arbeitsverhältnis aufgelöst oder deren Beschäftigungsgrad reduziert wird, unverzüglich der Vorsorgeeinrichtung melden. Gleichzeitig ist mitzuteilen, ob die Auflösung des Arbeitsverhältnisses aus gesundheitlichen Gründen erfolgt ist.

Gemäß Art. 10 FZV wird der Vorsorgeschutz durch eine Freizügigkeitspolice oder durch ein Freizügigkeitskonto erhalten. Die Barauszahlung richtet sich nach Art. 5 FZG.

20. Die konkreten Bestimmungen sowohl für die Inanspruchnahme der Altersrente als auch für die Inanspruchnahme einer Freizügigkeitsleistung sind im für das Jahr des Ausscheidens aus dem Vorsorgesystem 2014 maßgeblichen Vorsorgereglement der *L* Pensionskasse, Stand enthalten.

Danach wird das reglementarische Rücktrittsalter für Männer und Frauen am Monatsersten nach Vollendung des 65. Altersjahres erreicht. Das Rücktrittsalter liegt zwischen dem 58. und dem 70. Altersjahr (4.3 Vorsorgereglement). Jede versicherte Person, die das reglementarische Rücktrittsalter erreicht und in den Ruhestand tritt, erhält eine Altersleistung (10.1 Vorsorgereglement). Wird das Arbeitsverhältnis nach Vollendung des 58. Lebensjahres aufgelöst, so kann die versicherte Person verlangen, dass sie vorzeitig pensioniert wird und eine Altersleistung erhält. Die entsprechende schriftliche Erklärung an die Pensionskasse erfolgt spätestens drei Monate vor dem effektiven Altersrücktritt. Wird keine vorzeitige Pensionierung verlangt, so erhält die versicherte Person eine Freizügigkeitsleistung (10.2 Vorsorgereglement).

Die Altersleistung wird in der Regel als lebenslängliche Pension ausgerichtet. Die Höhe der jährlich fälligen Altersrente entspricht dem im Rücktrittsalter vorhandenen Sparkapital multipliziert mit dem entsprechenden Umwandlungssatz (10.3 Vorsorgereglement).

Löst die Firma oder eine versicherte Person das Arbeitsverhältnis vor der Pensionierung auf und besteht kein Anspruch auf eine Vorsorgeleistung, so scheidet die versicherte Person aus der Pensionskasse aus und hat Anspruch auf eine Freizügigkeitsleistung (20.1 Vorsorgereglements). Die Höhe der Freizügigkeitsleistung entspricht dem am Austrittstag vorhandenen Sparkapital zuzüglich dem vorhandenen Sparkapital (20.2 Vorsorgereglement). Die versicherte Person kann die Barauszahlung der Freizügigkeitsleistung verlangen, wenn

a) sie die Schweiz oder das Fürstentum endgültig verlässt

b) sie eine selbständige Erwerbstätigkeit aufnimmt und der obligatorischen beruflichen Vorsorge nicht mehr untersteht, oder

c) die Freizügigkeitsleistung weniger als einen jährlichen Beitrag der versicherten Person beträgt.

21. Nach den oben wiedergegebenen Bestimmungen hatte der Bf. die Wahl, nach seiner Kündigung durch seine Arbeitgeberin entweder eine Alterspension zu beantragen oder das Altersguthaben auf ein Freizügigkeitskonto überweisen und in der Folge an sich auszahlen zu lassen. Damit steht ihm die Drittelbegünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 nicht zu.

22. Die gegen diese Beurteilung vorgebrachten Einwendungen der steuerlichen Vertretung überzeugen nicht. Es trifft zwar zu, dass vom auf das Freizügigkeitskonto überwiesenen Obligatorium nur mehr die Übertragung auf die Pensionskasse eines neuen Arbeitgebers oder die Auszahlung möglich war, nicht aber der Bezug einer Altersrente. Für die Beantwortung der Frage, ob dem Bf. ein Wahlrecht zugestanden hat oder nicht ist aber nicht auf die Verfügungsmöglichkeiten über das Freizügigkeitskonto abzustellen, sondern auf die vorgelagerten Entscheidungsmöglichkeiten über das Pensionskassenguthaben im Zeitpunkt der Kündigung des Dienstverhältnisses. Denn das Altersguthaben ist nur deshalb auf das Freizügigkeitskonto gelangt, weil der Bf. von der Möglichkeit, eine Alterspension zu beziehen, nicht Gebrauch gemacht hatte (vgl. 10.2 und 20.1 Vorsorgereglement). Dass diese Wahlmöglichkeit maßgeblich war und nicht die nur mehr eingeschränkte Verwendungsmöglichkeiten über das Freizügigkeitskonto hat auch der VwGH in seinem den Beschwerdefall betreffenden Erkenntnis vom , Ro 2019/15/0182 bis 1083-4, Tz 33, bestätigt. Schließlich betraf dieses Wahlrecht das Obligatorium ebenso wie das den Gegenstand des zitierten VwGH-Erkenntnisses bildende Überobligatorium.

Auch die weiteren Einwendungen, wonach nach der Fassung des 2014 geltenden Vorsorgereglements eine entsprechende Erklärung spätestens drei Monate vor dem effektiven Altersrückstritt erfolgen hätte müssen, wobei Abschläge in Kauf zu nehmen gewesen wären und dem Bf. lediglich eine Pension von 480,00 CHF im Monat zugestanden wäre, vermögen nichts am Bestehen eines begünstigungsschädlichen Wahlrechtes zu ändern. Zudem wurde bereits in der Entscheidung des , darauf hingewiesen, dass die geringe Pension in Höhe von 480,00 CHF daraus resultierte, dass sich der Bf. einen Teil der Vorsorgeleistung bereits im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Eigentumswohnung auszahlen hat lassen. Dass die jährliche Altersrente im Fall einer Frühpension mit einem geringeren Umwandlungssatz bemessen wird als die Rente beim Antritt der Pension im reglementarischen Rentenalter von 65 Jahren liegt im Wesen der Frühpension. Eine rechtliche Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme der Frühpension wird damit nicht aufgezeigt. Dass die Inanspruchnahme der vorzeitigen Pension nicht rechtlich unzumutbar war, wird auch durch das Erkenntnis des bis 1083-4 bestätigt, wonach mit der Revision des Bf., in der die ebengenannten Einwendungen bereits erhoben wurden, keine unzumutbaren rechtlichen Nachteile vorgebracht worden seien (vgl. bis 1083-4, Tz 33).

23. Das im Jahr 2015 ausbezahlte Obligatorium war daher gemäß § 25 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 zur Gänze steuerpflichtig.

24. Progressionsvorbehalt § 3 Abs. 2 EStG 1988

§ 3 Abs. 2 EStG 1988 lautet:

"Erhält der Steuerpflichtige steuerfreie Bezüge im Sinne des Abs. 1 Z 5 lit. a oder c, Z 22 lit. a (5. Hauptstück des Heeresgebührengesetzes 2001), lit. b oder Z 23 (Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 4 und 5 des Zivildienstgesetzes 1986) nur für einen Teil des Kalenderjahres, so sind die für das restliche Kalenderjahr bezogenen laufenden Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 und die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 41 Abs. 4) für Zwecke der Ermittlung des Steuersatzes (§ 33 Abs. 10) auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Dabei ist das Werbungskostenpauschale noch nicht zu berücksichtigen. Das Einkommen ist mit jenem Steuersatz zu besteuern, der sich unter Berücksichtigung der umgerechneten Einkünfte ergibt; die festzusetzende Steuer darf jedoch nicht höher sein als jene, die sich bei Besteuerung sämtlicher Bezüge ergeben würde. Die diese Bezüge auszahlende Stelle hat bis 31. Jänner des Folgejahres dem Finanzamt des Bezugsempfängers eine Mitteilung zu übersenden, die neben Namen und Anschrift des Bezugsempfängers seine Versicherungsnummer (§ 31 ASVG), die Höhe der Bezüge und die Anzahl der Tage, für die solche Bezüge ausgezahlt wurden, enthalten muß. Diese Mitteilung kann entfallen, wenn die entsprechenden Daten durch Datenträgeraustausch übermittelt werden. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, das Verfahren des Datenträgeraustausches mit Verordnung festzulegen."

Wie den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (277 BlgNR XVII. GP) zu entnehmen ist, hat die zitierte Bestimmung den Zweck, eine über die Steuerfreistellung des Arbeitslosengeldes hinausgehende Progressionsmilderung bei jenen Arbeitseinkünften zu vermeiden, die der Empfänger eines Arbeitslosengeldes in Zeiträumen eines solchen Jahres erzielt, in denen er kein Arbeitslosengeld erhält. Solche Arbeitseinkünfte sollen nicht deswegen geringer besteuert werden, weil der Steuerpflichtige während eines Teiles des Jahres statt der Arbeitseinkünfte steuerfreies Arbeitslosengeld bezogen hat.

Hochzurechnen sind die für das restliche Kalenderjahr bezogenen laufenden Einkünfte iSd § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 und die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 41 Abs. 4).

Die Hochrechnung betrifft aber nur die laufenden Einkünfte, die "für das restliche Kalenderjahr" und somit außerhalb des Zeitraumes des Bezuges von Transferleistungen (zB Arbeitslosengeld) bezogen werden. Gleichzeitig mit den Transferleistungen bezogene Einkünfte sind daher nicht auf den Jahresbetrag hochzurechnen. Für die Hochrechnung maßgeblich ist der gesamte Zeitraum, in welchem keine steuerfreien Transferleistungen bezogen wurden (vgl. ). Der Umstand, dass das Gesetz ausdrücklich nur eine Umrechnung jener Arbeitseinkünfte vorsieht, "die für das restliche Kalenderjahr" bezogen wurden, ist offensichtlich auf die typisierende Betrachtungsweise zurückzuführen, dass während der Dauer eines Arbeitslosengeldbezuges regelmäßig keine ins Gewicht fallenden Arbeitseinkünfte zufließen (vgl. , 94/13/0024: in diesem Fall hatte der Steuerpflichtige vom 1.1. bis 6.6. Arbeitslosengeld, vom 1.1. bis 31.3. Folgeprovisionen und vom 1.7. bis 31.12. Aktiveinkünfte bezogen. Nur die Aktivbezüge wurden hochgerechnet, nicht aber die zeitweilig neben dem Arbeitslosengeld bezogenen Folgeprovisionen).

Der Bf. hat vom 1.1. bis 3.4., vom 14.5. bis 20.5. und vom 1.6. bis 31.7. steuerfreie Bezüge aus der Arbeitslosen- und der Krankenversicherung, vom 1.8. bis zum hat er steuerpflichtige Pensionszahlungen erhalten. Die für das restliche Jahr bezogenen Pensionseinkünfte waren somit in die Hochrechnung einzubeziehen. Nicht in diese einzubeziehen war aber die Freizügigkeitsleistung, denn diese ist am und damit in der Zeit des Bezuges der steuerfreien Einkünfte zugeflossen und nicht im restlichen Kalenderjahr. Dass die Freizügigkeitsleistung als laufender Bezug im Sinne des § 41 EStG einzustufen war, ändert nichts daran, dass nur laufende Bezüge, die außerhalb von steuerfreien Bezügen zufließen, in die Hochrechnung einzubeziehen sind.

Zu berücksichtigen waren ferner die belegmäßig nachgewiesenen Steuerberatungskosten in Höhe von 360,00 Euro als Sonderausgaben.

Das hat folgende Auswirkung auf die Berechnung der Einkommensteuer 2015:


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Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
Pensionsversicherungsanstalt
1.459,95 €
Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug (Obligatorium)
62.740,92 €
Pauschbetrag für Werbungskosten
-132,00 €
Gesamtbetrag der Einkünfte
64.068,87
Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988)
Pauschbetrag für Sonderausgaben
-60,00 €
Sonderausgaben
-360,00 €
Einkommen
63.648,87
Progressionsvorbehalt:
Hochzurechnende Einkünfte: 1.459,95 €
Umrechnungsbasis 1.459,95 €
Umrechnungszuschlag (1.459,95 x 365/(365-212)- 1.459,95
2.022,93 €
Bemessungsgrundlage für den Durchschnittsteuersatz
65.671,80 €
(65.671,80-60.000) x 0,5 + 20.235,00
23.070,90 €
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
23.070,90 €
Verkehrsabsetzbetrag
-291,00 €
Arbeitnehmerabsetzbetrag
-54,00 €
Steuer für den Durchschnittssatz
22.725,90
Durchschnittsteuersatz (22.725,90/65.671,80 x 100)
34,61 %
Einkommensteuer mit Durchschnittsteuersatz 34,61% x 63.648,87
22.028,87 €
Einkommensteuer
22.028,87 €

Die Steuer nach Hochrechnung der steuerpflichtigen Pensionseinkünfte beträgt somit 22.028,87 Euro. Demgegenüber ergibt die Kontrollrechnung unter Einbeziehung der steuerfreien Einkünfte einen Steuerbetrag in Höhe von 26.984,56 Euro.

Somit ist der niedrigere Betrag nach Hochrechnung heranzuziehen und die Einkommensteuer 2015 mit (gerundet) 22.029,00 Euro festzusetzen.

1.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die mit dieser Beschwerdeentscheidung verbundenen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung wurden bereits mit dem Erkenntnis des bis 0183-4 beantwortet. Von diesem Erkenntnis wurde nicht abgegangen. Im Übrigen hat das Erkenntnis keine Sachverhalts- und Rechtsfragen zum Gegenstand, die über den Einzelfall hinaus von Bedeutung wären. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 124b Z 53 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 3 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 19 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 25 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise






Ritz, BAO6, § 299 Tz 11

ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.1100185.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at