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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.08.2023, RV/5100387/2022

Verspätete Einreichung einer Umsatzsteuervoranmeldung, in der ein Vorsteuerüberschuss erklärt wird.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch ***StB***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom zu Steuernummer ***BF1StNr1***, mit dem von der Einkommensteuer 01-03/2022 in Höhe von 30.000,00 € einerster Säumniszuschlag in Höhe von 600,00 € festgesetzt wurde, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt

Mit Bescheid vom waren die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2021 und Folgejahre mit 120.000,00 € festgesetzt worden. Die Vorauszahlung für das erste Quartal 2022 in Höhe von 30.000,00 € war am fällig, wurde zum Fälligkeitstermin jedoch nicht entrichtet.

Mit Ankündigung vom war der steuerlichen Vertreterin mitgeteilt worden, dass beim Beschwerdeführer die Durchführung einer Außenprüfung betreffend Umsatzsteuer, Normverbrauchsabgabe und zusammenfassende Meldung für den Zeitraum 07-12/2021 beabsichtigt sei; voraussichtlicher Prüfungsbeginn: . Tatsächlicher Prüfungsbeginn war der , 9:15 Uhr.

Erst am wurde die Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum 12/2021 elektronisch eingereicht und darin ein Vorsteuerüberschuss in Höhe von 35.460,90 € erklärt. Der erklärte Überschuss wurde im Rahmen der Prüfung geringfügig auf 34.550,05 € reduziert (Tz 1 der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom ) und mit Bescheid vom in dieser Höhe festgesetzt.

Da die Einkommensteuervorauszahlung 01-03/2022 in Höhe von 30.000,00 € zum Fälligkeitstermin () nicht entrichtet worden war, setzte das Finanzamt mit Bescheid vom von dieser Abgabe einen ersten Säumniszuschlag in Höhe von 600,00 € fest.

Dagegen richtet sich die am von der steuerlichen Vertreterin über FinanzOnline eingebrachte Beschwerde. Darin wurde ausgeführt: "Herr ***Bf1*** erwartete mit der UVA 12/2021, die am fällig war, ein hohes Guthaben von ca. EUR 35.000,00. Aus diesem Grund hat er auch die Einkommensteuervorauszahlung 01-03/2022 in Höhe von EUR 30.000,00 nicht bezahlt. Aufgrund einer relativ kurzfristig angesetzten Ust-Prüfung wurde das Ust-Guthaben 12/2021 leider erst im März freigegeben. Da unseren Mandanten für den Säumniszuschlag somit kein Verschulden trifft beantragen wir die Stornierung des Säumniszuschlages für Est 01-03/22 in Höhe von EUR 600,00".

Das Finanzamt wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass ein Guthaben aus einer Umsatzsteuervoranmeldung frühestens mit dem Datum ihrer Einreichung entstehe. Die entsprechende Umsatzsteuervoranameldung für den Zeitraum 12/2021 sei erst am abgegeben worden. "Entstehungs- und somit Entrichtungsdatum" sei daher der , was nach der Fälligkeit der E 01-03/2022 sei.

Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom , in dem das Beschwerdevorbringen wörtlich wiederholt wurde.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich aus den zitierten Aktenteilen, dem Vorbringen der steuerlichen Vertreterin des Beschwerdeführers, sowie den Daten im Abgabeninformationssystem und BP 2000.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe des § 217 BAO Säumniszuschläge zu entrichten. Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (§ 217 Abs. 2 BAO).

Die Einkommensteuervorauszahlung für das erste Quartal 2022 in Höhe von 30.000,00 € war am fällig, wurde jedoch zum Fälligkeitstermin nicht entrichtet. Die Umsatzsteuervoranmeldung 12/2021 wurde erst am eingereicht, die Festsetzung des oben angeführten Überschusses erfolgte mit Bescheid vom .

Gemäß § 21 Abs. 1 erster Unterabsatz letzter Satz UStG wirkt die Gutschrift eines vorangemeldeten Überschusses auf den Tag der Einreichung der Voranmeldung, frühestens jedoch auf den Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, zurück.

Die Gutschrift eines festgesetzten Überschusses wirkt bis zur Höhe des vorangemeldeten Überschussbetrages auf den Tag der Einreichung der Voranmeldung, frühestens jedoch auf den Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, zurück. Führt eine Festsetzung zur Verminderung eines Überschusses, so gilt als Fälligkeitstag der Nachforderung der Zeitpunkt, in dem die Gutschrift des Überschusses wirksam war (§ 21 Abs. 3 vierter und fünfter Satz UStG).

Die Gutschrift aus dem Festsetzungsbescheid vom wirkte auf den Tag der Einreichung der Voranmeldung, den , zurück und konnte damit keine termingerechte Entrichtung der Einkommensteuervorauszahlung für das erste Quartal 2022 bewirken. Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Festsetzung des ersten Säumniszuschlages lagen damit vor.

Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt (§ 217 Abs. 7 BAO).

Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt. Eine lediglich leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht. Das (grobe) Verschulden des Vertreters ist dem Verschulden des Vertretenen gleichzuhalten (Ritz, BAO7, § 217 Tz 44 und 45 mit Judikaturnachweisen).

Anträge gemäß § 217 Abs. 7 BAO können auch in einem Rechtsmittel gegen den Säumniszuschlagsbescheid gestellt werden (Ritz, BAO7, § 217 Tz 65 mwN), wobei es für die Beurteilung von Anbringen nicht auf die zufälligen verbalen Formen, sondern auf den Inhalt, das erkennbare und zu erschließende Ziel des Parteischrittes ankommt. Ist aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu erschließen, dass ihn seiner Ansicht nach aus den von ihm ins Treffen geführten Gründen an der Säumnis kein (grobes) Verschulden treffe, ist in der Beschwerdeentscheidung das Vorliegen der Voraussetzungen des § 217 Abs. 7 BAO zu prüfen.

Die Bestimmung des § 217 Abs. 7 BAO normiert einen Begünstigungstatbestand, wonach auf Antrag des Steuerpflichtigen von der Anlastung eines Säumniszuschlages ganz oder teilweise Abstand zu nehmen ist, wenn ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft. Ein derartiges Verfahren, das auf die Erlangung einer abgabenrechtlichen Begünstigung gerichtet ist, wird vom Antragsprinzip beherrscht. Dies bedeutet, dass der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund tritt. Dieser hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (z.B. ).

Die steuerliche Vertreterin brachte dazu vor, dass der Beschwerdeführer mit der UVA 12/2021, "die am fällig" gewesen sei, ein hohes Guthaben von ca. 35.000,00 € erwartet habe. Aus diesem Grund hätte er auch die Einkommensteuervorauszahlung 01-03/2022 in Höhe von 30.000,00 € nicht bezahlt. Aufgrund einer relativ kurzfristig angesetzten Umsatzsteuerprüfung sei das Umsatzsteuerguthaben leider erst im März "freigegeben" worden.

Mit diesem Vorbringen wird nicht aufgezeigt, welche Umstände den Beschwerdeführer bzw. seine steuerliche Vertreterin an einer termingerechten Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldung 12/2021, gehindert hätten. Wäre die Voranmeldung am und nicht erst am eingereicht worden, hätte der am festgesetzte Überschuss gemäß § 21 Abs. 3 UStG auf den Tag der Einreichung der Voranmeldung zurückgewirkt und zu einer fristgerechten Entrichtung der Einkommensteuervorauszahlung geführt. Die Ankündigung einer abgabenbehördlichen Prüfung enthebt den Abgabepflichtigen nicht von den ihn fortlaufend treffenden Erklärungspflichten. Ungeachtet der für den angekündigten, tatsächlich erst am begonnenen Außenprüfung wäre daher die Umsatzsteuervoranmeldung am einzureichen gewesen. Im Ergebnis war daher die Verletzung der Erklärungspflicht hinsichtlich der Umsatzsteuervoranmeldung kausal für die nicht termingerechte Entrichtung der Einkommensteuervorauszahlung. Gerade weil der Beschwerdeführer beabsichtigt hatte, mit der Gutschrift aus der Umsatzsteuervoranmeldung die Einkommensteuervorauszahlung abzudecken, wären im vorliegenden Fall überzeugende Gründe anzugeben gewesen, warum den Beschwerdeführer bzw. seine steuerliche Vertreterin an der verspäteten Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung kein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden treffe. Solches Vorbringen wurde jedoch mit dem bloßen Hinweis auf die "relativ kurzfristig angesetzte" Außenprüfung nicht erstattet.

Da somit das Vorliegen der Voraussetzung des § 217 Abs. 7 BAO nicht ausreichend dargelegt wurde, war spruchgemäß zu entscheiden.

2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Der Verwaltungsgerichtshof hat u.a. Fragen des Vorliegens groben Verschuldens der Partei der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts zugeordnet und eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann anerkannt, wenn die Beurteilung des Verwaltungsgerichtes in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre. Diese Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch bei der Prüfung der Frage des groben Verschuldens im Zusammenhang mit einem Antrag auf Nichtfestsetzung von Säumniszuschlägen nach § 217 Abs. 7 BAO angewendet ( mit Hinweis auf ). Eine ordentliche Revision ist daher im gegenständlichen Fall nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100387.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at