Bescheidbeschwerde – Senat – Beschluss, BFG vom 11.07.2023, RV/7101169/2014

Gegenstandsloserklärung der Beschwerde gegen den wiederaufgenommenen Sachbescheid nach Stattgabe der Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden Mag. Markus Knechtl LL.M., den Richter Dr. Rudolf Wanke und die fachkundigen Laienrichter Mag. Johannes Denk und Mag Markus Fischer, BA in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG, Domgasse 2, 3100 St. Pölten, und Picher Wirtschaftstreuhänder, Perntergasse 13, 1190 Wien, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit von Mag. Herbert Freund LL.M. für Picher Wirtschaftstreuhänder und Mag. Josef Gallauner, MAS für Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG, beide für die Beschwerdeführerin, und von Mag. Andreas Zeh, Christa Zöch, BA, Mag. Martin Pröll und Mag. Christian Kormesser für die belangte Behörde zur Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 261 Abs. 2 BAO als gegenstandslos erklärt.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Sachverhalt

Im Februar 2012 erstellte die Großbetriebsprüfung einen Bericht über die Außenprüfung bei der Beschwerdeführerin. Dabei wurden zwei Feststellungen, nämlich betreffend verdeckter Ausschüttung zur Körperschaftsteuer und zur Kapitalertragsteuer getroffen. Für die genaue Ausformulierung der Bescheidbegründung wurde jeweils auf eine Niederschrift vom verwiesen, die dem Bericht angehängt ist.

Bescheide

Am erließ das Finanzamt Hollabrunn Korneuburg Tulln einen Wiederaufnahmebescheid hinsichtlich Körperschaftsteuer 2008, einen Körperschaftsteuerbescheid 2008 (in dem das Einkommen auf Grund negativer Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit 0,00 festgesetzt wurde) sowie einen Haftungsbescheid für Kapitalertragsteuer in Höhe von € 325.000. Sowohl im Wiederaufnahmebescheid als auch im KESt-Haftungsbescheid wird auf den Bericht über die Außenprüfung verwiesen.

Beschwerde

Am ist die mit datierte Berufung (nun: Beschwerde) bei der belangten Behörde eingelangt. Die Beschwerde richtet sich gegen sämtliche Bescheide.

Erkenntnis zum KESt-Haftungsbescheid

Mit Erkenntnis vom zu GZ. RV/7100866/2014 hat das Bundesfinanzgericht der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid 2008 für Kapitalertragsteuer Folge gegeben und diesen Bescheid aufgehoben. Begründend wurde festgehalten, dass für die Zurechnung einer verdeckten Ausschüttung an den Gesellschafter es darauf ankommt, ob, wann und in welcher Höhe ihm ein vermögenswerter Vorteil zugeflossen ist. Auch im Fall von verbundenen Gesellschaften (zB Schwester- oder Nichtengesellschaften) wäre die verdeckte Ausschüttung immer im Verhältnis zum unmittelbaren Anteilsinhaber anzunehmen. Tatsächlich wurde von der belangten Behörde eine verdeckte Ausschüttung an ***EF*** angenommen, die jedoch rechtlich unmöglich sei, weil ***EF*** an der Beschwerdeführerin gar nicht beteiligt war. Gesellschafter der Beschwerdeführerin waren **CD*** (1 %) und die ***AB*** (99 %). Für Ausschüttungen an die ***AB*** bestand gem § 94 EStG eine Befreiung vom KESt-Abzug.

Aussetzung der Entscheidung

Mit Beschluss vom (GZ RV/7100866/2014) wurde die Entscheidung über die Beschwerde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2008 gemäß § 271 BAO bis zur Erledigung der Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid hinsichtlich Körperschaftsteuer 2008 ausgesetzt.

Vorlagebericht zur Wiederaufnahme

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid hinsichtlich Körperschaftsteuer 2008 vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Beigelegt war auch eine Beschwerdevorentscheidung vom , mit der die Beschwerde vom , eingebracht am , gegen den Bescheid des damaligen Finanzamtes Hollabrunn Korneuburg Tulln gegen den Bescheid betreffend Wiederaufnahme der Körperschaftsteuer 2008 als unbegründet abgewiesen wurde.

Entscheidung über die Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid

Mit Erkenntnis vom , RV/7100962/2023 hat das Bundesfinanzgericht der Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid Folge gegeben.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich einerseits aus dem Akteninhalt und andererseits aus den angeführten Entscheidungen.

Rechtslage

§ 261 BAO lautet:

8. Gegenstandsloserklärung der Beschwerde

§ 261. (1) Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären, wenn dem Beschwerdebegehren Rechnung getragen wird
a) in einem an die Stelle des angefochtenen Bescheides tretenden Bescheid oder
b) in einem den angefochtenen Bescheid abändernden oder aufhebenden Bescheid.

(2) Wird einer Bescheidbeschwerde gegen einen gemäß § 299 Abs. 1 oder § 300 Abs. 1 aufhebenden Bescheid oder gegen einen die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid (§ 307 Abs. 1) entsprochen, so ist eine gegen den den aufgehobenen Bescheid ersetzenden Bescheid (§ 299 Abs. 2 bzw. § 300 Abs. 3) oder eine gegen die Sachentscheidung (§ 307 Abs. 1) gerichtete Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären.

§ 307 Abs 3 BAO lautet:

(3) Durch die Aufhebung des die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat.

Rechtliche Beurteilung

Bei Vorliegen einer Beschwerde gegen einen Wiederaufnahmebescheid und gegen den im wiederaufgenommenen Verfahren ergangenen Sachbescheid widerspricht es dem Gesetz, die Beschwerde gegen die Wiederaufnahme unerledigt zu lassen und vorerst über die Beschwerde gegen den neuen Sachbescheid abzusprechen (vgl. , mwN). Wird der Wiederaufnahmebescheid aufgehoben, tritt nach § 307 Abs. 3 BAO das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat. Durch die Aufhebung des Wiederaufnahmebescheides scheidet der neue Sachbescheid ex lege aus dem Rechtsbestand aus und der alte Sachbescheid lebt wieder auf ().

Gem § 261 Abs 2 BAO ist eine gegen die Sachentscheidung - nach verfügter Wiederaufnahme - gerichtete Beschwerde mit Beschluss durch das Verwaltungsgericht als gegenstandslos zu erklären, wenn einer Bescheidbeschwerde gegen einen die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden Bescheid entsprochen wurde.

Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht folgt der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, es liegt daher kein Grund für eine Revisionszulassung vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 307 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 8 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 300 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 8 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 261 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise




ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7101169.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at