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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 21.07.2023, RV/3101190/2016

Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO ohne Begründung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/3101190/2016-RS1
Ein (Aufhebungs-)Bescheid gem. § 299 BAO benötigt eine Begründung.Verweist dieser auf den Sachbescheid und der Sachbescheid wieder auf den Aufhebungsbescheid und wird nur der Gesetzestext des § 299 BAO wiedergegeben, liegt ein wesentlicher Begründungsmangel vor und der Bescheid ist aufzuheben.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende ***SenV***, den Richter***Ri*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***SenLR1*** und ***SenLR2*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Theiss Puchinger Steuerberatungs und Wirtschaftsprüfungs GmbH, Brucknerstraße 8 Tür 9, 1040 Wien, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des ***FA*** vom betreffend Aufhebung gemäß § 299 BAO des Feststellungsbescheides Gruppenträger 2013 und betreffend Aufhebung gemäß § 299 BAO des Feststellungsbescheides Gruppenträger 2014, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***Sf*** zu Recht erkannt:

I. Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin ist eine am (als ***A*** GmbH) gegründete Gesellschaft m.b.H., die noch am selben Tag von der zum ***D***-Konzern gehörigen ***B*** GmbH erworben wurde. Am , um 13.17 Uhr, hat die Beschwerdeführerin ihrerseits drei österreichische Gesellschaften von der ***C*** GmbH um einen Kaufpreis von ***5*** Euro gekauft.

2. Im Zuge einer Außenprüfung betreffend die Jahre 2007 bis 2009 durch die Großbetriebsprüfung wurde von der Prüferin festgestellt, dass der Erwerb der drei österreichischen Gesellschaften nicht von einem fremden Dritten erfolgt sei, weil die Käuferin des Gesamtkonzerns aufgrund der Vereinbarung vom eine derart starke rechtliche und wirtschaftliche Position gehabt hätte, dass ihr das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen bereits mit diesem Datum und nicht erst mit der tatsächlichen Übertragung der Anteile am , um 13.20 Uhr, zuzurechnen sei.

Daraus ergebe sich, dass die von der Beschwerdeführerin vorgenommene Firmenwertabschreibung nach § 9 Abs. 7 KStG 1988 nicht zulässig sei.

Zudem seien nach der Rechtsprechung ( 565/51, und ) Kapitalgesellschaften mit jenem Eigenkapital auszustatten, das sie für die Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben benötigten. Es sei zum Zeitpunkt des Kaufes der Gesellschaften die Eigenkapitalquote (0,03 %) der Beschwerdeführerin so gering gewesen, dass weder eine Finanzierung über einen fremden Dritten noch eine Haftungsübernahme durch einen fremden Dritten möglich gewesen wäre. Der einzig verwertbare Vermögenswert, die angeschafften Gesellschaftsanteile, hätten der darlehensgebenden Bank bereits als Sicherheit gedient und der Haftende hätte im Fall der Inanspruchnahme mangels verwertbaren Vermögens des Primärschuldners keine Rückgriffsmöglichkeit gehabt. Eine übliche Eigenkapitalausstattung werde mit 30 % geschätzt, der Zinsaufwand nur zu 70 % anerkannt.

Zuletzt stelle das der Abgabepflichtigen im Dezember 2007 verrechnete Disagio in Höhe von ca. ***6*** Euro keinen abzugsfähigen Zinsaufwand dar, weil das rechtliche Schicksal des Disagios sich bei vorzeitiger Rückzahlung des Darlehens von jenem der Zinszahlungen unterscheide (keine Rückzahlbarkeit des Disagios).

3. Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Prüferin und erließ nach Wiederaufnahme der Verfahren am neue Bescheide betreffend Feststellung Gruppenträger 2008 und 2009.

4. Auch die Feststellungsbescheide Gruppenträger 2011 und 2012 wurden vom Finanzamt am auf Basis dieser Betriebsprüfung (und von den Erklärungen abweichend) erlassen.

5. Als Ergebnis einer weiteren Betriebsprüfung, zusammengefasst im Bericht vom , der in den steuerlichen Feststellungen fast deckungsgleich zum Bericht betreffend die Jahre 2007 bis 2009 war, wurden der Bescheid vom betreffend Feststellung Gruppenträger 2013 und der Bescheid vom betreffend Feststellung Gruppenträger 2014 am gemäß § 299 BAO aufgehoben und am selben Tag abgeänderte Sachbescheide erlassen.

6. Dagegen richteten sich die Beschwerden vom , in denen als Begründung auf das (bereits) in den Beschwerdeverfahren betreffend die Jahre 2007 bis 2009 in Hinblick auf Zulässigkeit der Firmenwertabschreibung und die Abzugsfähigkeit des Zinsaufwands sowie des Disagios erstattete Vorbringen verwiesen wurde. Zudem wurden die Direktvorlage an das Bundesfinanzgericht, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Entscheidung durch den Senat beantragt.

7. In der am durchgeführten Verhandlung wurde von der Beschwerdeführerin ergänzend vorgebracht, dass es den (Aufhebungs-)Bescheiden gemäß § 299 BAO an einer Begründung fehle. Es werde auf die jeweiligen Sachbescheide verwiesen, diese würden wiederum bezüglich Begründung auf die Aufhebungsbescheide verweisen. Dies könne auch im Beschwerdeverfahren nicht nachgeholt werden (vgl. ).

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

1. Nach Durchführung einer Betriebsprüfung wurden von Seiten des Finanzamts die Bescheide betreffend Feststellung Gruppenträger 2013 und 2014 aufgehoben und neue Feststellungsbescheide Gruppenträger 2013 und 2014 erlassen.

2. Die Aufhebungsbescheide vom wurden folgendermaßen begründet:

"Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

Da die aus der Begründung des Sachbescheides sich ergebende inhaltliche Rechtswidrigkeit eine nichtbloß geringfügige Auswirkung hat, war die Aufhebung des im Spruch bezeichneten Bescheides von Amts wegen zu verfügen."

3. Die Begründung der Sachbescheide vom lautet:

"Gemäß § 299 Abs. 2 BAO ist mit dem aufhebenden Bescheid der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden. Infolge Aufhebung des Bescheides 2013 vom , war die gegenständliche Bescheiderlassung erforderlich."

"Gemäß § 299 Abs. 2 BAO ist mit dem aufhebenden Bescheid der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden. Infolge Aufhebung des Bescheides 2014 vom , war die gegenständliche Bescheiderlassung erforderlich."

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist dem vorgelegten Akt zu entnehmen und ist zwischen den Parteien unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

1. § 299 BAO idF FVwGG 2012, BGBl I 2013/14, lautet:

(1) Die Abgabenbehörde kann auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Der Antrag hat zu enthalten:

a) die Bezeichnung des aufzuhebenden Bescheides;

b) die Gründe, auf die sich die behauptete Unrichtigkeit stützt.

(2) Mit dem aufhebenden Bescheid ist der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden. Dies gilt nur, wenn dieselbe Abgabenbehörde zur Erlassung beider Bescheide zuständig ist.

(3) Durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides (Abs. 1) tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung (Abs. 1) befunden hat.

2. Bei der Bescheidaufhebung von Amts wegen legt die Abgabenbehörde erster Instanz im Zusammenhang mit der Erlassung des Aufhebungsbescheides fest, aus welchen Gründen sie den Bescheid als inhaltlich rechtswidrig ansieht. Die Sache, über die in der Berufung gegen einen Aufhebungsbescheid zu entscheiden ist, wird sohin durch das Finanzamt im Rahmen der Erlassung des Aufhebungsbescheides festgelegt. Im Berufungsverfahren kann ein mangelhaft begründeter Aufhebungsbescheid (etwa hinsichtlich der Begründung der Ermessensübung) ergänzt bzw. richtig gestellt werden, es darf aber kein anderer (neuer) Aufhebungsgrund herangezogen werden (vgl. ).

3. In den beschwerdegegenständlichen Bescheiden wurde zur Begründung auf die Sachbescheide verwiesen, allerdings wurde in diesen lediglich der Gesetzestext des § 299 Abs. 2 BAO wiedergegeben und auf die Rechtsfolge der Aufhebung hingewiesen.

  • Eine Begründung, aus welchen Gründen sich der Spruch der ursprünglichen Bescheide als nicht richtig erwiesen hat, fehlt.


  • 4. Dieser Mangel kann im Beschwerdeverfahren nicht saniert werden. Die beschwerdegegenständlichen Bescheide waren somit aufzuheben.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Erkenntnis orientiert sich an der Rechtsprechung des VwGH. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor, weshalb die Revision nicht zulässig ist.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 93 Abs. 3 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 299 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.3101190.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at