Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 11.05.2023, RV/7100505/2019

Keine Verlängerung der Verjährung nach § 207 Abs 2 BAO bei einer durch die Finanzstrafbehörde festgestellten grob fahrlässigen Abgabenverkürzung. Keine Liebhaberei bei Wohnungsvermietung ohne Vorlage einer Prognoserechnung, Offenlegung der Besteuerungsgrundlagen und Erzielung eines Gesamtüberschusses. Ermittlung fiktive AfA bei nicht erklärter Vermietung.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Heidemarie Winkler über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom , gegen die Bescheide des vormaligen Finanzamtes Wien 2/20/21/22, nunmehr Finanzamt Österreich, vom , betreffend Einkommensteuer 2008-2012, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenenEinkommensteuerbescheide 2008 bis 2011 werden - ersatzlos - aufgehoben.
Die Beschwerde hinsichtlich Einkommensteuer 2012 wird gemäß
§ 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (in Folge: BF) erklärte im Streitzeitraum lediglich Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit.

Bereits im Jahr 2010 (am ) führte die belangte Behörde Erhebungen (Nachfrage) zu der durch den BF durchgeführten Vermietung durch, bei der einer Mitarbeiterin des Infocenters mitgeteilt wurde, dass im Zeitraum 2004 bis 2007 Liebhaberei vorliege. Eine Prognoserechnung wurde nicht abverlangt und auch nicht übergeben.

Aufgrund weiterer abgabenrechtlicher Ermittlungen (finanzpolizeiliche Überprüfung, GF: ***GF***) im Dezember 2016 stellte sich heraus, dass der BF seine im Eigentum befindliche Wohnung mit Garage in ***Adr*** an ***Mieter*** vermietet. Die Mieterlöse wurden dem Finanzamt (belangte Behörde) weder gemeldet noch der Steuer unterzogen.

Im Jahr 2017 wurde seitens der Behörde eine Außenprüfung gem. § 147 BAO iVm § 99 FinStrG eingeleitet. Der Tatverdacht im Prüfungsauftrag lautete wie folgt:
"Es besteht der Verdacht, dass ***Bf1*** als Vermieter für die Jahre 2001 bis 2016 vorsätzlich durch die Nichtabgabe einer Steuererklärung, somit unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht und zwar dadurch, dass Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen sind, zu niedrig festgesetzt wurden, Abgabenverkürzungen an (Umsatzsteuer) Einkommensteuer in noch festzustellender Höhe bewirkt hat und sich dadurch der Abgabenhinterziehung gern § 33 Abs 1 iVm Abs 3 lit a (zweiter Fall) FinStrG schuldig gemacht hat".

Am und am erfolgten niederschriftliche Befragungen des BF im Beisein seines steuerlichen Vertreters. Laut BF fand die erstmalige Fremdvermietung im Jahr 2003 statt. Dazu stellte der BF die Chronologie der Wohnungsnutzung wie folgt dar:

Schenkung von der Mutter It. Vertrag vom
Benutzung der Wohnung weiterhin durch die Mutter
erstmalige Fremdvermietung 2003 an eine Familie mit Kind, kein Mietvertrag vorhanden, bis Mai 2006
Eigenbedarf bzw. Leerstehung von 06/2006 bis 07/2007
Nächste Vermietung ab

Im Zuge der Betriebsprüfung wurden Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen zwecks Überprüfung und Beurteilung des Sachverhalts abverlangt. Die Prüferin errechnete anhand der vorgelegten Unterlagen, dass es sich bei der Vermietung der Wohnung sehr wohl um eine Einkunftsquelle und nicht wie eine vom BF vorgebrachte Liebhaberei handle. Da sie bei den nicht erklärten Einnahmen von einem Hinterziehungsvorsatz ausging, legte sie den Einkommensteuerbescheiden vom die 10-jährige Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben zugrunde und führte Wiederaufnahme der Verfahren bis in das Jahr 2005 zurück durch.

Hinsichtlich Verjährung ging die belangte Behörde von einer grundsätzlichen Festsetzungsverjährungsfrist von 5 Jahren aus; für hinterzogene Abgaben betrage diese 10 Jahre. Die Verlängerung sei lt. Behörde auf jene Abgaben anzuwenden, für die der Abgabenanspruch nach dem entstanden sei.

Die belangte Behörde stellte im Zuge der Betriebsprüfung folgendes fest (BP-Bericht vom ):

Die Vermietung der Wohnung ***Adr*** und Garage G 15 stelle ab 08/2003 eine Einkunftsquelle dar und es werde von einer unterjährigen Vermietung ausgegangen. Ab April 2006 bis inkl. Juli 2007 liege eine Eigennutzung bzw. Leerstehung vor. Danach bis dato wird die Wohnung fremdvermietet. Lt.
Mietverträgen wurde keine Umsatzsteuer verrechnet.

Die Auswertung der vorgelegten Unterlagen ergab folgende Berechnungen:

"AfA

Berechnung der Abschreibung/der fiktiven Anschaffungskosten lt. Steuerberater:

Es wird ein m2 Preis iHv € 4.000,- für 84 m2 angesetzt. Das ergibt € 336.000,- zzgl. Garage und Wintergarten ein Betrag von € 25.000,- davon 1,5 % ergibt € 5.415,00. Dieser Wertansatz bezieht sich für heute (2017). Der Wert zum Zeitpunkt der vorgelegten Abrechnung im Jahr 2010 wird mit € 300.000,- abzgl. 20 % G+B- Anteil iHv € 240.000,- berechnet. Davon 1,5 % ergibt eine jährliche AfA von € 3.600,-.

Berechnung lt. BP:

Es wird entgegengehalten, dass eine Bewertung Stichtagsbezogen ist. In diesem Fall ist der Wert für den m2 aus dem Jahr 2003 heranzuziehen. Wird kein Gutachten vorgelegt, so gilt als geeignetes Mittel dafür der Immobilienpreisspiegel aus diesem Zeitraum.

Es wurde der Wert für eine Wohnung mit guter Lage, das sind € 1.770,00/m2, für 83 m2 herangezogen, das ergibt € 146.910,00 für die Garage wurde ein Wert iHv € 11.665,00 angesetzt. Abzüglich von 20 % G+B-Anteil ergibt 1,5 % € 1.902,78 gerundet € 1.900,- die AfA.

Der Wert der Garage wurde nach dem parifizierten Anteilen für die Wohnung ermittelt.78 Anteile für die Wohnung und 9 Anteile für die Garage.

Es wird angemerkt, dass ab 2016 die Afa lt. Grundstücksverordnung anzupassen ist.

In Gemeinden mit mind. 100.000 Einwohnern und in Gemeinden in denen der durchschnittliche m2 Preis für als Bauland gewidmete und voll aufgeschlossene unbebaute Grundstücke mind. € 400,- beträgt sind als Grund und Bodenanteil:

30 % wenn das Gebäude mehr als 10 WO hat und
40 % wenn das Gebäude bis zu 10 WO hat

In diesem Fall beträgt lt. Immobilienpreisspiegel der m2 Preis 400,-- und das Gebäude hat38 Wohnungen.

Ab 2016 ist die Afa nach der neuen Regelung € 1.700,-

Werbungskosten:

Die vorgelegten Unterlagen sind nicht ganz vollständig. Von der BP kann kein Aufwand anerkannt werden ohneBeleg. Bei den geltend gemachten Fahrtkosten werden diese anerkannt, die im Zusammenhang stehen, wenn einMieterwechsel stattgefunden hat.

Die in den Betriebskosten enthaltenen Reparaturrücklagen stellen keinen Sofortaufwand dar.

Abrechnungen für aufgelöste Rücklagen wurden nicht vorgelegt.

Da in diesem Fall (aufgrund des langen Prüfungszeitraumes) von getätigten Instandsetzungen ausgegangen werdenkann, werden die Aufwendungen als Sofortaufwand von der BP berücksichtigt.

Es ist ab 2017 daraufzu achten, dass keine etwaige Doppelverrechnung stattfindet. Dies wurde vom steuerlichenVertreter zugesichert.

Steuerliche Auswirkungen:

Überschuss:

[...]

Gegen die Bescheide 2005-2016 wurde am Beschwerde eingebracht, am folgte eine Beschwerdeergänzung. Dabei wurde die Festsetzungsverjährung hinsichtlich der Jahre 2005-2011 eingewandt. Die dabei zusätzlich vorgelegten Belege zu den Werbungskosten, Sonderausgaben sowie zur Betriebskostenabrechnung betreffen die hier nicht streitgegenständlichen Jahre 2014-2017.

Die Einkommensteuerbescheide2005-2007 wurden von der Behörde am wegen Verstreichen der absoluten Verjährungsfrist gem. § 299 BAO aufgehoben.

Die Beschwerde gegen die ESt-Bescheide 2008-2016 wurde ebenfalls am mit Beschwerdevorentscheidungen (BVE) abgewiesen:

"Bei dem Beschwerdeführer (Bf.) wurde zu den Streitjahren eine Außenprüfung durchgeführt, dessen Ergebnis aus dem Prüfbericht vom ersichtlich ist. Zusammengefasst wurde festgestellt, dass der Bf. in den Steuerperioden 2005-2017 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht erklärte.

Verjährungstatbestand für die Jahre 2005 bis 2007

Diese Jahre liegen außerhalb der absoluten Verjährungsfrist des § 209 Abs. 3 BAO von 10 Jahren, die wiederaufgenommenen Bescheide wurden konsequenterweise mit einem abgesonderten Bescheid ersatzlos aufgehoben und die ursprünglichen Bescheide erwachsen wieder in Rechtskraft, wodurch für diese Jahre auch die Anspruchszinsen entfallen. Die Beschwerden gegen die Einkommensteuer- und Anspruchszinsenbescheide 2005 bis 2007 sind damit für gegenstandslos zu erklären.

Wiederaufnahmegründe:
Entgegen dem Beschwerdevorbringen war der im Rahmen der Prüfung festgestellte Sachverhalt dem Finanzamt nicht bereits zuvor bekannt. Einer Mitarbeiterin des Infocenters wurde auf Nachfrage bei dem Bf. zur Vermietung der Wohnung im Zeitraum 2004-2007 vom Bf. lediglich mündlich mitgeteilt, dass Liebhaberei vorliegt. In weiterer Folge wurden keine zusätzlichen Nachweise angefordert, die damaligen Sachverhaltsannahmen basierten ausschließlich auf den Angaben des Steuerpflichtigen. Die Tatsache, dass es sich bei der Vermietung nicht um Liebhaberei handelt kam erst im Rahmen der Außenprüfung neu hervor, worauf Wiederaufnahmen gem.
§ 303 BAO durchzuführen waren.
Verjährungstatbestand für die Jahre 2008-2011:

In der Beschwerde vom und der Vorhaltsbeantwortung vom wurde vorgebracht, dass die 10-Jährige Verjährungsfrist im
§ 207 Abs. 2 BAO mangels Hinterziehungsvorsatz nicht anzuwenden wäre. Auf die Feststellungen im Rahmen der Prüfung wurde in der Beschwerde nicht eingegangen, es wird daher wie bisher auf Basis des Prüfberichts und der anhand der vorhandenen Unterlagen durchgeführten Einnahmen-Ausgabenrechnung von einem Gesamtgewinn aus der Vermietung ausgegangen. Laut den Berechnungen der Prüferin erzielte der Bf. bereits seit dem Jahr 2007 immer positive Einkünfte aus der Vermietung. Wenn sich der Bf. darauf beruft, dass er von Liebhaberei ausgegangen sei, ist dies als Schutzbehauptung zu sehen. Die Vermietung einer Wohnung ist eine Tätigkeit mit Vermutung einer Einkommensquelle gem. § 1 Abs. 1 LVO und eine solche Tätigkeit ist nur in Ausnahmefällen als Liebhaberei anzusehen ( 89/13/0259). Weder im Rahmen der Prüfung noch in der sehr knappen Beschwerde fanden sich Hinweise darauf, dass der Bf. tatsächlich Überlegungen zum Fehlen einer Einkunftsquelleneigenschaft angestellt hätte. Die Komplexität einer Wohnungsvermietung ist begrenzt, sowohl die Einnahmen als auch die Ausgaben können bereits zu Beginn der Tätigkeit relativ sicher eingeschätzt werden. Eine realistische Prognoserechnung bei Vermietungsbeginn wäre zu dem Ergebnis gekommen, dass aus der gegenständlichen Vermietung ein Einnahmenüberschuss zu erwarten ist.

Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass einem Steuerpflichtigen bekannt ist, dass Gewinne aus einer Liegenschaftsvermietung zu versteuern sind. Werden vorhandene Überschüsse nicht erklärt, sind die objektiven Tatbestandsmerkmale einer Hinterziehung bereits erfüllt und aus diesen kann in weiterer Folge auf das subjektive Tatbestandsmerkmal der Hinterziehungsabsicht geschlossen werden.

Zumindest ab dem Jahr 2007 war für den Bf. aufgrund des Überschusses der Einnahmen über die Ausgaben offensichtlich, dass eben keine Liebhaberei vorliegt. Die Anwendung der verlängerten Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben erfordert kein abgeschlossenes Strafverfahren, das Vorliegen von hinterzogenen Abgaben kann von der Abgabenbehörde anhand der eigenen Feststellungen beurteilt werden.

Zu den nachträglichen Betriebskosten für die Jahre 2014, 2016 und 2017 wird auf die bereits mit dem Schreiben vom versendete Stellungnahme der Prüferin verwiesen. Die angeführten Ausführungen sind Bestandteil des oben bezeichneten Bescheides. Ein nach Maßgabe der Rechtsmittelbelehrung zulässiges Rechtsmittel kann nur gegen den Spruch des oben bezeichneten Bescheides, nicht aber gegen die Begründung erhoben werden."

Der Vorlageantrag vom betreffend die Einkommensteuerbescheide 2008-2012(Anm.: die Bescheide 2013-2016 wurden nach Ergehen der abweisenden BVE rechtskräftig) bekämpft nicht die Höhe der Feststellungen (Steuerbemessungsgrundlagen), sondern bestreitet das Vorliegen einer Hinterziehungsabsicht:

"Zur Begründung unseres Rechtsmittels verweisen wir auf die Begründung der vorangegangenen Beschwerde und halten folgende Punkte fest: Das Finanzamt geht in der Bescheidbegründung vom von einer Hinterziehungsabsicht aus und bringt somit die 10-jährige Verjährungsfrist zur Anwendung. Dem ist entgegenzuhalten, dass ich wie in dem Verfahren bereits mehrfach dargelegt, aufgrund meiner Berechnungen von keinem Gesamtüberschuss aus der Vermietung ausgegangen bin und dies auch dem zuständigen Finanzamt offengelegt habe. Warum das Finanzamt damals keine weitere Ermittlung angestellt hat, entzieht sich meiner Kenntnis.

Festhalten möchte ich, dass ich niemals den Vorsatz hatte Abgaben zu hinterziehen, sondern wenn überhaupt nur in der Berechnung der AfA geirrt habe. Erst im Rahmen der Außenprüfung ist es dann zu einer Kürzung der AfA bzw. zu einer Nichtanerkennung von anderen Werbungskosten gekommen.

Nur aus verfahrensökonomischen Gründen wurde diese Berechnung akzeptiert.

Wenn überhaupt liegt meines Erachtens daher höchstens ein fahrlässiges Verhalten vor, allerdings mangels eines subjektiven Tatbestandsmerkmales kein Vorsatz.

Nachdem für die Jahre 2008 bis 2012 daher bereits Verjährung eingetreten ist, wird der Antrag gestellt, die angefochtenen Bescheide ersatzlos aufzuheben. Wir ersuchen die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur weiteren Entscheidung vorzulegen.

[...] Für den Fall der Vorlage an das Verwaltungsgericht ersuchen wir auf Entscheidung durch den Senat sowie Anberaumung einer mündlichen Verhandlung."

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht (BFG) zur Entscheidung vor. In der Stellungnahme wurde ausgeführt:

"Die Einkommensteuer für das Streitjahr 2012 wäre auch ohne Hinterziehungsvorsatz noch nicht verjährt, da die von 2017 bis 2018 andauernde Außenprüfung unter anderem auf die Geltendmachung des Abgabenanspruchs des Jahres 2012 gerichtet und der Anspruch auf die Einkommensteuer 2012 zu Beginn der Prüfung im Jahr 2017 noch nicht verjährt war. Gemäß § 209 Abs. 1 BAO verlängern alle nach außen hin erkennbare Maßnahmen der (zuständigen) Abgabenbehörde zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen die Festsetzungsverjährung um 1 Jahr.

Eine Außenprüfung (§ 147 BAO) oder eine Nachschau (§ 144 BAO) der zuständigen Abgabenbehörde sind jedenfalls Verlängerungshandlungen im Sinn des § 209 Abs. 1 BAO, sofern sie der Geltendmachung eines Abgabenanspruches dienen. Es wird jedoch in allen Streitjahren von einem Hinterziehungsvorsatz ausgegangen. Das Vorbringen des steuerlichen Vertreters, dass höchstens "fahrlässiges" Verhalten vorliegt, widerspricht der allgemeinen Lebenserfahrung. Es ist Teil des Allgemeinwissens in Österreich, dass von Einnahmeüberschüssen grundsätzlich Steuern zu berechnen und abzuführen sind, wobei zu dieser Vermietung bereits im Jahr 2010 durch die Behörde Erkundungen eingezogen wurden. Es ist auch nicht glaubwürdig, dass sich der Steuerpflichtige bei der Afa verrechnet haben soll und deshalb von Liebhaberei ausgegangen wäre. Die beiliegende Einnahmen-Ausgabenrechnung wurde -wie bereits aus der Formatierung ersichtlich - für sämtliche Streitjahre erst aus Anlass der Außenprüfung vom steuerlichen Vertreter zusammengestellt; auf welcher Basis also der Steuerpflichtige mehr als ein Jahrzehnt durchgehend von Liebhaberei ausgegangen sein soll, ist bis heute nicht nachvollziehbar. Da die Berechnungen erst im Zuge der Prüfung erstellt wurden, ist anzunehmen, dass vor der Prüfung im Jahr 2017 keine Berechnungen durchgeführt wurden weil der Bf. die Einkunftsquelleneigenschaft seiner Vermietung erst gar nicht feststellen wollte. Anhand des bekannten Sachverhalts und den vorliegenden Indizien wurde zu Recht davon ausgegangen, dass zumindest bedingter Vorsatz auf Abgabenhinterziehung vorlag und die Abgabenansprüche der Streitjahre damit noch nicht verjährt waren."

Zuständigkeitsänderung

Durch den Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde der gegenständliche Fall der unbesetzten Gerichtsabteilung 1091 abgenommen und zum Stichtag der Gerichtsabteilung 1078 neu zugeteilt. Diese Abteilung wurde mit neu besetzt.

Mit Mail vom forderte die Richterin den Strafakt bei der Finanzstrafbehörde an.
Daraus ist ersichtlich, dass der BF mit Strafverfügung vom (***SN***) der grob fahrlässigen Abgabenverkürzung gem. § 34 Finanzstrafgesetz (FinstrG) (Einkommensteuer 2008-2016) für schuldig erkannt wurde. In der Begründung wurde angeführt:

"Bei der Betriebsprüfung wurde festgestellt, dass der Beschuldigte eine Wohnung mit Garage besitzt und diese seit 8/2007 vermietet. Entsprechend wurde durch die Betriebsprüfung die Einkommensteuer der betroffenen Jahre korrigiert.

Die objektive Tatseite des Finanzvergehens der Abgabenverkürzung nach § 34 Abs. 1 Finanzstrafgesetz ist durch die Verkürzung von Einkommensteuer unter der Verkürzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht gegeben.

Es ist anzunehmen, dass der Beschuldigte den Großteil seines Lebens in Österreich aufhältig war und somit bis zum Tatzeitraum über 70 Jahre Lebenserfahrung in Österreich hatte und aus dieser Lebenserfahrung auch die grundliegende Kenntnis, dass in Österreich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, sofern keine Liebhaberei vorliegt, einer Einkommensbesteuerung unterliegt. Das Nichtvorliegen der Liebhaberei ist daraus ersichtlich, dass durchgehend positive Ergebnisse aus der Vermietung entstanden sind.

Im Lichte eines vorliegenden Geständnisses hinsichtlich der groben Fahrlässigkeit der Tat hat die Finanzstrafbehörde aus verfahrensökonomischen Gründen im Finanzstrafverfahren den Anfangsverdacht der vorsätzlichen Abgabenhinterziehung nicht weiterverfolgt. Die Beurteilung der subjektiven Tatseite ist im Abgabenverfahren unabhängig von dieser Entscheidung zu betrachten.

Es ist ersichtlich, dass er der Sorgfaltspflicht, wie sie von einem Vermieter in einer vergleichbaren Situation zu erwarten war, im Tatzeitraum nicht nachgekommen ist.

Die subjektive Tatseite der groben Fahrlässigkeit ist gegeben, da der Beschuldigte hätte wissen müssen, dass durch die Nichtabgabe von Einkommensteuererklärungen eine Abgabenverkürzung unter Verkürzung der abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht bewirkt ist.

Bei der Strafbemessung wurden berücksichtigt als mildernd: Geständnis, teilw. Schadensgutmachung, Unbescholtenheit; als erschwerend: keine Umstände.Außerdem wurde auf die persönlichen Verhältnisse und auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des (der) Beschuldigten Bedacht genommen (§ 23 Abs. 3 FinStrG). Die gemäß § 185 FinStrG festgesetzten Kosten betreffen: Pauschalkostenbeitrag (10 v.H. der verhängten Geldstrafe, höchstens € 500)."

Mittels Auskunftsersuchen vom wurde die belangte Behörde ersucht, sämtliche vorhandene Unterlagen/Aufzeichnungen zu der im Jahr 2010 durchgeführten Erhebung vorzulegen.

Am wurden u.a. folgende Schreiben vorgelegt:

[...]

Weiters wurden folgende Unterlagen übermittelt:

• Mietvertrag ***Mieter GmbH***, ab (EUR 700,-)
• Mietvertrag ***Mieter1*** ab (EUR 700,-)
• Indexanpassung Mieter ***Mieter1***, Schreiben vom , EUR 722,28 rückwirkend ab Jänner 2009
• Indexanpassung Mieter ***Mieter1***, Schreiben vom , EUR 747,12 ab
• neuer Mietvertrag ***Mieter1*** ab (EUR 750,-)
• Schreiben Indexanpassung an Mieter ***Mieter2*** ab , Miete ab : EUR 747,12
• Kündigungsschreiben Mieter ***Mieter1***, ab 01. Sept 2012
• Mietvertrag mit Hrn. ***1***, ab
• Schreiben des BF vom an den Mieter ***1***, Indexanpassung von 850,- auf 867,- ab
• Schreiben des BF vom an den Mieter ***1***, Indexanpassung von 867,- auf 880,- ab

Auf die Durchführung der ausgeschriebenen mündlichen Senatsverhandlung (für ) wurde mit schriftlicher Eingabe des BF vom (eingelangt BFG am ) verzichtet.

Die Terminabsage wurde der belangten Behörde am mitgeteilt. Dabei wurde auch der eingeholte Straftakt zur Kenntnisnahme und Erstattung einer allfälligen Stellungnahme übermittelt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der BF erwarb die Wohnung samt Garage in ***Adr*** am durch Schenkung von seiner Mutter.

Er vermietete diese ab August 2003 und erzielte nachstehende Überschüsse:

[...]

Die Wohnung stand von April 2006 bis Juli 2007 leer.

In seinen Einkommensteuererklärungen 2003-2017 legte er lediglich Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit offen.

Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wurden dem Finanzamt weder offengelegt, noch wurde hierfür Einkommensteuer entrichtet.

Der BF selbst ging in seiner (vom Finanzamt nicht angeforderten und von ihm nicht vorgelegten) Prognoserechnung von Liebhaberei aus, da nach seinen eigenen Berechnungen mit der Vermietung der Wohnung/Garage kein Gesamtüberschuss erwirtschaftet wird. Im Jahr 2010 habe er diesen Umstand gegenüber dem Finanzamt offengelegt. Eine Prognoserechnung wurde von der belangten Behörde weder abverlangt noch vom BF vorgelegt.

Im Zuge der Betriebsprüfung (Schlussbesprechung am ) wurde anhand angeforderter und vorgelegter Unterlagen ein Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben festgestellt und dem BF die positiven Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die Jahre 2005 bis 2016 vorgeschrieben. Das Finanzamt ging von der verlängerten Verjährungsfrist (10 Jahre) aufgrund vorsätzlich hinterzogener Einkünfte aus.

Die Einkommensteuerbescheide 2005-2007 wurden gem. § 299 BAO am wegen Verstreichen der absoluten Verjährungsfrist durch die Behörde aufgehoben.

Die Einkommensteuerbescheide 2013-2016 sind nach Ergehen der BVE in Rechtskraft erwachsen.

Mit Strafverfügung vom , ***SN***, wurde der BF der grob fahrlässigen Verkürzung von Einkommensteuer 2008-2016 schuldig gesprochen (§ 34 FinstrG). Diese Entscheidung ist in Rechtskraft erwachsen.

2. Beweiswürdigung

Die unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen entsprechen dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und den Feststellungen im Rahmen der mündlichen Verhandlung. Die rechtskräftige finanzstrafrechtliche Verurteilung wurde dem angeforderten Strafakt (***SN***) entnommen. Darüber hinaus ergeben sich keinerlei Hinweise aus dem Verwaltungsakt, die an der Richtigkeit des festgestellten Sachverhaltes zweifeln lassen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

Festsetzungsverjährungsfrist

Gemäß § 207 Abs. 1 BAO unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung. Nach § 207 Abs. 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist grundsätzlich fünf Jahre. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre.

Entscheidend ist - nach dem Wortlaut des § 207 Abs. 2 BAO - dass eine Abgabe hinterzogen.

Ob Abgaben hinterzogen sind, bildet eine Vorfrage nach § 116 Abs. 1 BAO (vgl. etwa ).

Damit die Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben zur Anwendung gelangt, bedarf es weder der Einleitung eines Finanzstrafverfahrens, noch eines rechtskräftigen Schuldspruchs in einem Finanzstrafverfahren (vgl. ; ). Die Beurteilung setzt jedoch eindeutige, ausdrückliche und nachprüfbare Feststellungen über die Abgabenhinterziehung voraus (; ; ). Die maßgebenden Hinterziehungskriterien der Straftatbestände müssen nachgewiesen werden und die Begründung muss die Ermittlungsergebnisse sowie die Überlegungen zur Beweiswürdigung und zur rechtlichen Beurteilung, die die Annahme der Hinterziehung rechtfertigen, beinhalten (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 207 Rz 15).

Die Beurteilung der Vorfrage der Abgabenhinterziehung hat in der Bescheidbegründung zu erfolgen. Aus der Begründung muss sich somit ergeben, aufgrund welcher Ermittlungsergebnisse sowie auf Grund welcher Überlegungen zur Beweiswürdigung und zur rechtlichen Beurteilung die Annahme der Hinterziehung gerechtfertigt ist (vgl ; ).

Nach der Rechtsprechung des VwGH zu § 207 Abs. 2 BAO gilt für die Beurteilung, ob Abgaben hinterzogen wurden, der Grundsatz der freien Beweiswürdigung und damit ein anderes Beweismaß als im Finanzstrafverfahren (vgl. sowie ).

Der Abgabenhinterziehung macht sich nach § 33 Abs. 1 FinStrG schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.

Nach § 119 Abs. 1 BAO sind die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen. Nach § 119 Abs. 2 BAO dienen der Offenlegung u.a. insbesondere die Abgabenerklärungen.

Eine Abgabenverkürzung ist nach § 33 Abs. 3 lit a FinStrG mit Bekanntgabe des Bescheides oder Erkenntnisses bewirkt, mit dem bescheidmäßig festzusetzende Abgaben zu niedrig festgesetzt wurden oder wenn diese infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist (Anmeldefrist, Anzeigefrist) nicht festgesetzt werden konnten.

Die objektive Tatseite der Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht ist im Beschwerdefall nach dem in freier Beweiswürdigung festgestellten Sachverhalt mangels Offenlegung der Vermietungseinkünfte (in der Einkommensteuererklärung) unstrittig erfüllt. Infolge dessen wurde die Einkommensteuer mangels Kenntnis der Behörde nicht richtig festgesetzt und auch durch den BF unstrittig nicht rechtzeitig entrichtet.

Strittig ist jedoch, die Vorsätzlichkeit als unabdingbares subjektives Tatbestandsmerkmal der Abgabenhinterziehung nach § 33 FinStrG.

Nach § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet. Die subjektive Tatseite verlangt ein vorsätzliches Handeln, dass jemand ein Tatbild mit Wissen und Wollen verwirklicht. Vorsätzliches Handeln beruht nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH zwar auf einem nach außen nicht erkennbaren Willensvorgang, ist aber aus dem nach außen in Erscheinung tretenden Verhalten des Täters zu erschließen, wobei sich die diesbezüglichen Schlussfolgerungen als Ausfluss der freien Beweiswürdigung erweisen (vgl. etwa ; , 99/15/0098).

Voraussetzung für die Annahme des bedingten Vorsatzes, der die Untergrenze des Vorsatzes darstellt, ist nicht ein Wissen um eine Tatsache oder um ihre Wahrscheinlichkeit im Sinne eines Überwiegens der dafürsprechenden Momente, sondern es genügt das Wissen um die Möglichkeit (). Unter Möglichkeit ist hier allerdings nicht das Bestehen eines abstrakten, in Anbetracht der allgemeinen Unsicherheit der menschlichen Erkenntnis zumeist möglichen letzten Zweifels an der Richtigkeit zu verstehen, sondern die Möglichkeit in einem konkreteren Sinn, wie sie etwa einem durch Bedenken erweckten Zweifel entspricht (vgl. ). Der bedingte Vorsatz liegt nur dann vor, wenn der Täter die Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet. Der Täter muss also einerseits den Eintritt des verpönten Erfolges als naheliegend ansehen und anderseits bereit sein, diesen Erfolgseintritt in Kauf zu nehmen (vgl. ; ).

Fahrlässig handelt hingegen, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht.

Fahrlässig handelt auch, wer es für möglich hält, dass er einen solchen Sachverhalt verwirkliche, ihn aber nicht herbeiführen will (§ 8 Abs. 2 FinStrG).

Nach der Rechtsprechung des VwGH schließt auch ein nicht entschuldbarer Rechtsirrtum nach § 9 FinStrG Vorsatz aus und bewirkt lediglich das Vorliegen von (grober) Fahrlässigkeit ().

Eine (allenfalls auch grob) fahrlässige Abgabenverkürzung (§ 34 FinStrG) bewirkt jedoch keine Verlängerung der Verjährungsfrist auf zehn Jahre.

Bindung an den Spruch strafrechtlicher Erledigungen

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist die Abgabenbehörde an die im Spruch eines die Partei betreffenden rechtskräftigen Strafurteiles festgestellten Tatsachen bzw. an die tatsächlichen Feststellungen, auf denen dieser Spruch beruht, gebunden. Die Bindung ist auch für rechtskräftige Strafverfügungen zu bejahen, handelt es sich doch dabei ebenfalls um in Rechtskraft erwachsene Entscheidungen, wobei bei der Ermittlung des der Strafverfügung zugrundeliegenden Sachverhaltes von Amts wegen vorzugehen hat (). Voraussetzung der Bindungswirkung ist, dass der Spruch rechtskraftfähig ist und der Sachverhalt von Amts wegen ermittelt wurde (vgl. hierzu , , Ro 2016/15/0021). Die amtswegige Ermittlungspflicht gilt auch im Finanzstrafverfahren.

Im Sinne der ständigen Rechtsprechung des VwGH erstreckt sich die in § 116 Abs. 2 letzter Satz BAO angeordnete Bindungswirkung bei einem rechtskräftigen Strafurteil auf die vom Gericht festgestellten und durch den Spruch gedeckten Tatsachen (Hinweis E ,).

Von einer Vorfrage kann immer nur dort die Rede sein, wo der Spruch der erkennenden Behörde in der Hauptsache erst dann gefällt werden kann, wenn eine in den Wirkungsbereich einer anderen Behörde oder eines Gerichtes fallende Frage geklärt ist. Bei einer Vorfrage handelt es sich sonach um eine Frage, für die die in einer Verwaltungsangelegenheit zur Entscheidung berufene Behörde sachlich nicht zuständig ist. Durch § 116 Abs. 2 BAO wird lediglich geregelt, inwieweit die Abgabenbehörden an Entscheidungen der Gerichte über privatrechtliche Fragen gebunden sind. Dagegen ist im § 116 BAO ebenso wenig wie im § 38 AVG die Frage der Bindung der Abgabenbehörden an bereits vorliegende gerichtliche Entscheidungen über öffentlich-rechtliche Fragen (zB an Strafurteile) geregelt. Nach der zu § 38 AVG zu dieser Frage ergangene Rechtsprechung und nach der Literatur, die auch für den Rechtskreis der Bundesabgabenordnung von Bedeutung sind, haben allerdings auch Strafurteile, soweit deren Rechtskraft (Spruch) reicht, für die Abgabenbehörde, in deren Verfahren die rechtskräftig entschiedene Frage eine Vorfrage darstellt, bindende Wirkung ().

Die Judikatur zu § 116 BAO knüpft an den Gedanken der materiellen Rechtskraft strafgerichtlicher Urteile an, die als solche Bindungswirkung für alle staatlichen Organe entfaltet (Hinweis , AnwBl 1995/12/6067, 900) und erstreckt sich diese Wirkungen auch auf die dem Schuldspruch zugrundeliegenden Tatsachenfeststellungen. Deren Bestandskraft soll dem Verurteilten gegenüber auch in späteren Verwaltungsverfahren deswegen gesichert bleiben, weil die betroffenen Lebenssachverhalte in einem Verfahren festgestellt worden sind, welches in der amtswegigen Sachverhaltsmitteilung durch die unabhängigen Organe der Rechtsprechung, in der institutionellen Ausstattung durch die Ermittlungspotenz und in der gesetzlichen Verankerung der dem Verurteilten zur Verfügung gestandenen Rechtsschutzmöglichkeiten die höchstmögliche Gewähr für die Übereinstimmung der getroffenen Sachverhaltsfeststellungen mit der Lebenswirklichkeit bietet. Von einem in einem solchen Verfahren festgestellten Sachverhalt darf die Abgabenbehörde in einem nachfolgenden Verwaltungsverfahren nicht abweichen. Die steuerrechtliche Beurteilung des Lebenssachverhaltes, obliegt dessen ungeachtet natürlich weiterhin der mit der Vollziehung der Abgabengesetze betrauten Abgabenbehörde, hier dem BFG (vgl. ).

Aufgrund der angeführten höchstgerichtlichen Judikatur ergibt sich zweifellos, dass das BFG nicht dazu berufen ist, sich über rechtskräftig gewordene Strafentscheidungen hinwegzusetzen und selbstständig die innere Tatseite und Vorsatzform zu beurteilen (vgl. ). Lt. VwGH besteht eine Bindung der Abgabenbehörden und des BFG im Falle rechtskräftiger verurteilender Entscheidungen eines Strafgerichts, einer Finanzstrafbehörde oder des Bundesfinanzgerichts nach einem verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren an die Tatsachenfeststellungen, auf denen der Schuldspruch beruht, wozu auch jene Tatumstände gehören, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Tatbestandselementen zusammensetzt (vgl. etwa , , Ra 2018/16/0043, und , 99/16/0141).

Diese Judikatur geht sogar soweit, dass eine Bindung selbst dann bestünde, wenn die maßgebliche Entscheidung, die eine Vorfrage für die Entscheidung der Hauptfrage bildet, rechtswidrig ist (). Ein vom bindenden Strafurteil abweichendes Abgabenverfahren würde zu Lasten der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes einer Durchbrechung der materiellen Rechtskraft und einer unzulässigen Kontrolle der Organe der Rechtsprechung durch die Verwaltung gleichkommen. Die Bindungswirkung erstreckt sich auf die vom Gericht fest gestellten und durch den Spruch gedeckten Tatsachen (, ).

Im gegenständlichen Verfahren hat die Abgabenbehörde nach eigener Anschauung die Frage einer hinterzogenen Abgabe als Vorfrage vorgenommen und die längere Verjährungsfrist für die Festsetzung der Abgaben herangezogen. Nachträglich wurde die Vorfrage der hinterzogenen Abgabe jedoch von der für sie zuständigen Behörde abweichend von der Beurteilung durch die Vorfragenbehörde entschieden. Mit Strafverfügung vom hat die Finanzstrafbehörde den BF der grob fahrlässigen Abgabenverkürzung schuldig erkannt.

Nach § 116 Abs. 2 BAO sind die Abgabenbehörden an die im Spruch des die Partei betreffenden rechtskräftigen Strafurteiles festgestellten Tatsachen gebunden (siehe Ritz, BAO6, Anm. 14 zu § 116, m.w.N.). Das BFG hat daher - in Entsprechung dieser Bindungswirkung - wie in obiger Strafverfügung auch im gegenständlichen Verfahren von einer bloß grob fahrlässigen Abgabenverkürzung auszugehen und erübrigt sich eine weitere Auseinandersetzung und Würdigung der inneren Tatseite durch das BFG.

Es ist somit von der Verjährungsfrist des § 207 Abs. 2 BAO von fünf Jahren auszugehen und war somit das Recht, Einkommensteuer für die Jahre 2008 - 2011 festzusetzen, zum Zeitpunkt der Erlassung der Bescheide über die Wiederaufnahme der diesbezüglichen Einkommensteuerverfahren, im Jahre 2017 bereits verjährt. Diese Einkommensteuerbescheide durften daher nicht mehr ergehen und waren daher ersatzlos aufzuheben.

Einkommensteuerbescheid 2012

In der Beschwerde wird seitens des BF die Verjährung hinsichtlich der Jahre 2008-2011 eingewandt, im Vorlagebericht geht der BF auch im Jahr 2012 von einer Festsetzungsverjährung aus. Folglich ist im nächsten Schritt zu prüfen, ob der Bescheid 2012 innerhalb der allgemeinen (absoluten) Verjährungsfrist ergangen ist.

Gemäß § 4 Abs. 1 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.

Gemäß § 207 Abs. 2 Satz 1 BAO beträgt die Verjährungsfrist für die bescheidmäßige Festsetzung von Abgaben fünf Jahre.

Gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO beginnt die Verjährung mit Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, soweit nicht im Abs. 2 ein anderer Zeitpunkt bestimmt ist.

Gemäß § 209 Abs. 1 BAO verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr, wenn innerhalb der Verjährungsfrist nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde unternommen werden. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist.

Gemäß § 209 Abs. 3 BAO verjährt das Recht auf Festsetzung einer Abgabe spätestens zehn Jahre nach Entstehung des Abgabenanspruches (absolute Verjährung).

Der Abgabenanspruch bei der Einkommensteuer entsteht nach § 4 Abs. 2 lit. a Z. 2 BAO mit Ablauf jenes Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wurde. Die Verjährungsfrist begann also für die beschwerdegegenständlichen Jahre und Abgaben jeweils mit deren Ablauf. Auf den gegenständlichen Fall bezogen beginnt die Verjährungsfrist für die Veranlagung 2012 mit und endet am , wenn die Verjährung nicht durch Amtshandlungen im Verlängerungsjahr unterbrochen wird.

Nach den im gegenständlichen Fall anzuwendenden Verjährungsbestimmungen muss somit bei nicht hinterzogenen Abgaben innerhalb von fünf Jahren ab Entstehung des Abgabeanspruches eine nach außen in Erscheinung tretende Amtshandlung vorliegen, um die Verjährung zu unterbrechen und eine Fristverlängerung von einem Jahr zu bewirken.

Verjährungsunterbrechend wirken somit alle nach außen erkennbaren Amtshandlungen im Sinne im Außenbereich wahrnehmbarer behördlicher Maßnahmen, die auf die Geltendmachung eines Abgabeanspruches oder die Feststellung von Abgabepflichtigen zumindest im Ergebnis ausgerichtet sind. Solche Unterbrechungshandlungen stellen z.B. Vorhalte, Anfragen, Aufforderungen zur Vorlage von Unterlagen, Erlassung von erstinstanzlichen Bescheiden, Beschwerdevorentscheidungen, vorläufige Bescheide, Feststellungsbescheide sowie vor allem abgabenbehördliche Prüfungen (siehe Ritz, BAO7, § 209, Tz 10ff) dar. Verfolgungshandlungen gelten ebenfalls als solche Amtshandlungen.

Im gegenständlichen Fall wurden Unterbrechungshandlungen jedenfalls durch Beginn der Außenprüfung und Einvernahme des BF vorgenommen.

Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist.

Das Recht auf Festsetzung der Einkommensteuer 2012 endet am , durch Unterbrechungshandlungen im jeweiligen Verlängerungsjahr kann sich die Verjährungsfrist bis zum verlängern (absolute Verjährung).

Nachdem die Betriebsprüfung im Jahr 2017 begonnen hat und dies eine Verlängerungshandlung darstellt, bedeutet dies für den Einkommensteueranspruch 2012, dass dieser 2018 noch nicht verjährt sein kann. Die Abgabe ist daher dem Grunde am nach rechtzeitig vorgeschrieben worden.

Liebhaberei

Der Begriff der Liebhaberei kommt im EStG nicht vor, seine Ausformung erfolgte durch die Judikatur der vergangenen Jahrzehnte. Er bezeichnet eine Betätigung, die über einen längeren Zeitraum einen Gesamtverlust aufweist. Zwar sind auch negative Betriebsergebnisse im Gesamtbetrag der Einkünfte zu erfassen und iSd Verlustausgleichs mit positiven Ergebnissen zu saldieren. Von einer Einkunftsquelle ist aber nur dann auszugehen, wenn auf Dauer gesehen Gewinne bzw. Überschüsse erzielt werden und die Eignung zur Erzielung eines Reinertrages vorliegt. Andernfalls sind Verluste aus solchen Betätigungen ertragsteuerlich unbeachtlich, damit zusammenhängende Ausgaben nach § 20 Abs. 2 EStG nicht abzugsfähig.

Der Systematik des EStG und der taxativen Aufzählung der Einkünfte in § 2 Abs. 3 EStG ist zu entnehmen, dass dauernde Verluste grundsätzlich keiner "Einkünfteerzielung" dienen.

Die Beurteilung, ob eine steuerlich relevante Tätigkeit vorliegt, kann aber erst nach einem gewissen Zeitraum erfolgen. Die Normierung des Verlustausgleichs in § 2 Abs. 2 EStG setzt laut Rechtsprechung voraus, dass unter Zugrundelegung eines über den Einkommensermittlungszeitraum hinausgehenden Zeitabschnittes das Vorliegen von Einkünften beurteilt wird (zur periodenübergreifenden Betrachtung s. ).

Ziel der Liebhabereiprüfung ist die Konkretisierung des sachlichen Anwendungsbereiches der im § 2 Abs. 3 EStG aufgezählten Einkunftsarten. Betätigungen, mit denen auf längere Sicht nur ein Gesamtverlust erzielbar ist, sind im Hinblick auf das Leistungsfähigkeitsprinzip nicht zu erfassen.

Vorangehend ist zu untersuchen, ob die Verluste (Einkünfte) im Rahmen der gesetzlich aufgezählten Einkunftsarten erwirtschaftet wurden, ob also überhaupt eine Tätigkeit gegeben ist, die "entfaltet" wurde. Der Entschluss, eine erwerbswirtschaftliche Betätigung oder Vermietung zu eröffnen, muss eindeutig nach außen hin dokumentiert sein ( betr gewerbl Tätigkeit; , 93/14/0132 zum gleichzeitigen Entschluss zu vermieten oder zu verkaufen). Fällt eine Betätigung unter die gesetzlich aufgezählten Einkunftsarten, erfolgt die Zurechnung der Einkünfte nach den Grundsätzen des § 2 EStG. Nur erklärte Verluste, deren Ermittlung nach steuerlichen Vorschriften und Sondervorschriften erfolgt, führen zur Liebhabereiprüfung (vgl. Ehgartner in Jakom EStG, 15. Aufl. (2022), § 2, XI. Liebhaberei [Rz 220 ff]).

Im Fall von Betätigungen mit Vermutung der Annahme einer Einkunftsquelle ist das Vorliegen von Einkünften zunächst anzunehmen. Liebhaberei liegt nur im Ausnahmefall vor, und zwar dann, wenn die Absicht, einen Gesamtgewinn (Gesamtüberschuss) zu erzielen, nicht anhand objektiver Umstände nachvollziehbar ist. Eine Tätigkeit, die das typische Erscheinungsbild eines Gewerbebetriebes aufweist, ist nur in Ausnahmefällen als Liebhaberei anzusehen ().

Für die Liebhabereibeurteilung sind die Erfolgsaussichten im jeweiligen Veranlagungszeitraum maßgeblich. Es ist somit für jeden Veranlagungszeitraum gesondert zu beurteilen, ob anhand objektiver Umstände, wie sie sich im jeweiligen Veranlagungszeitraum (gegebenenfalls unter Berücksichtigung der bisherigen Entwicklung ab Beginn der Liebhabereiprüfung) darstellen, die Absicht, innerhalb eines absehbaren, mehrjährigen Zeitraums einen Gesamtgewinn (Gesamtüberschuss) zu erzielen, nachvollziehbar ist ("Jahr-für-Jahr-Betrachtung").

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies folgendes:

Wenn sich der BF darauf beruft, dass er von Liebhaberei ausgegangen ist, so ist dies für das Gericht nicht nachvollziehbar und ist er jeden Beweis dafür schuldig geblieben.
Die Vermietung einer Wohnung ist eine Tätigkeit gem. § 1 Abs. 2 Z 3 Liebhabereiverordnung (LVO II idF BGBl 15/1999, Verordnung des Bundesministers für Finanzen über das Vorliegen von Einkünften, über die Annahme einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit und über die Erlassung vorläufiger Bescheide).

Gemäß § 1 Abs. 2 Z 3 LVO ist Liebhaberei anzunehmen, wenn Verluste entstehen aus der Bewirtschaftung von Eigenheimen, Eigentumswohnungen und Mietwohngrundstücken mit qualifizierten Nutzungsrechten.

Bei einer derartigen Betätigung liegt nach § 2 Abs. 3 LVO Liebhaberei dann nicht vor, wenn diese innerhalb eines Zeitraums von 20 Jahren ab Beginn der entgeltlichen Überlassung, höchstens 23 Jahren ab dem erstmaligen Anfallen von Aufwendungen (Ausgaben), einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3 LVO) erwarten lässt.

Der Steuerpflichtige hat der Abgabenbehörde alle Beurteilungsgrundlagen offenzulegen, aus denen sich die Einkunftsquelleneigenschaft seiner Verluste erbringenden Betätigung zuverlässig beurteilen lässt (). Als Ausfluss der ihn nach § 119 BAO treffenden Pflichten hat er alle jene Sachverhaltselemente über die Ertragsaussichten einer zunächst verlustbringenden Tätigkeit offen zu legen, die nur ihm bekannt sein können und für die er demnach näher an Sache und Beweis als die Abgabenbehörde ist ().

Gemäß § 119 BAO gehört es zu den Obliegenheiten des Abgabepflichtigen, die Bemessungsgrundlagen für die Abgabenfestsetzung umfassend und vollständig bekanntzugeben. Bei Einkünften aus einer (außer)betrieblichen Tätigkeit ist das Betriebsergebnis mitzuteilen, und zwar in einer für die Abgabenbehörde nachprüfbaren Weise. Die bloße Mitteilung, dass Liebhaberei vorliege, wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Natürlich liegen fallgegenständlich Versäumnisse der Abgabenbehörde vor, wenn dieser Art der pauschalen Mitteilung nicht näher, bspw. durch Abverlangen weiterer Unterlagen, Nachschau/Betriebsprüfung, nachgegangen wird. Die Untätigkeit der Behörde führt aber nicht dazu, dass im Fall nachträglichen Bekanntwerdens der Mieteinkünfte, diese nicht innerhalb der Verjährungsfrist festgesetzt werden können.

Auch wenn der BF in seiner Beschwerde und im Vorlageantrag die Höhe der Feststellungen der Betriebsprüfung nicht bekämpft, dient die nachfolgende Darstellung und Berechnung der Veranschaulichung des eindeutig positiven Überschusses.

Für den konkreten Fall wurden in den Jahren 2007 bis 2015 Mieteinnahmen in der Höhe zwischen 700,- () bis hin zu EUR 880,- (2015-2017) monatlich, durchschnittlich sohin EUR 8.910,43 jährlich erzielt (jährliche Aufgliederung: siehe nachstehende Abbildung.) Davon wurde in 17 Monaten noch zusätzlich ein Garagenplatz um monatlich EUR 50,- vermietet. Zieht man davon jährlich (durchschnittlich hochgerechnet auf 11 Jahre) EUR 2.445,59 Betriebskosten, EUR 150,28 Reisekosten, EUR 167,12 Versicherung, EUR 1.777,27 AfA sowie EUR 740,92 Aufwand Reparaturrücklage ab, ergibt dies in all den Jahren einen Überschuss von (durchschnittlich) EUR 3.629,25.

Selbst wenn man nun die vom BF zu hoch und nicht richtig berechnete AfA von EUR 3.600,- heranziehen würde, verbliebe im Ergebnis noch immer ein positiver Überschuss.

[...]

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen. Werbungskosten sind Aufwendungen oder Ausgaben, die beruflich veranlasst sind. Betriebsausgaben liegen dann vor, wenn die Aufwendungen mit dem Betrieb im Zusammenhang stehen; die betriebliche Veranlassung ist weit zu sehen; auf die Angemessenheit, Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit kommt es grundsätzlich nicht an (Jakom EStG15, § 4 Tz 272; Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG22, § 4 Tz 228). Die Nachweispflicht des Steuerpflichtigen ergibt sich aus den allgemeinen Verfahrensvorschriften. Danach hat der Steuerpflichtige die Richtigkeit seiner Ausgaben zu beweisen; kann ein Beweis nach den Umständen des Einzelfalles nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung.

Zu den Feststellungen im Rahmen der Betriebsprüfung wird ausgeführt, dass diese anhand der vorgelegten und angeforderten Unterlagen erstellt wurden und keinen Grund zum Zweifel aufkommen lassen.

Anhand der Mietverträge inkl. dazu ergangener Indexanpassungen war die Höhe der Einnahmen unstrittig. Die belegten Ausgaben wurden allesamt berücksichtigt; unbelegte Ausgaben können grundsätzlich nicht anerkannt werden. Bei den geltend gemachten Fahrtkosten wurden jene gewährt, die im Zusammenhang mit einem Mieterwechsel standen.

Die in den Betriebskosten enthaltenen Reparaturrücklagen stellen keinen Sofortaufwand dar. Abrechnungen für aufgelöste Rücklagen wurden nicht vorgelegt. Da jedoch (aufgrund des langen Prüfungszeitraumes) von getätigten Instandsetzungen ausgegangen wurde, wurden die Aufwendungen als Sofortaufwand berücksichtigt und wurde dem Begehren des BF somit vollinhaltlich Rechnung getragen.

Absetzung für Abnutzung (AfA)

Gemäß § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. d EStG 1988 können bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5% der Bemessungsgrundlage (lit. a bis c) als Absetzung für Abnutzung geltend gemacht werden.

Dabei sind fiktive Anschaffungskosten zum Zeitpunkt der erstmaligen Nutzung zur Einkünfteerzielung dann zugrunde zu legen, wenn ein bisher privat genutztes Gebäude unentgeltlich erworben und vom Rechtsnachfolger erstmals vermietet wird (vgl. Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG13, § 16 Tz 157; Jakom/Lenneis EStG 2012, § 16 Rz 41).

Nach § 6 Z 9 lit. b EStG 1988 ist unter "fiktive Anschaffungskosten" der Betrag zu verstehen, den der Empfänger für das Wirtschaftsgut hätte aufwenden müssen. Zu beurteilen ist die demnach die Frage, welchen Betrag ein Käufer für ein Gebäude der betreffenden Art und Ausstattung über den Markt aufwenden müsste (). Der Wert von Grund und Boden ist dabei auszuscheiden. Die fiktiven Anschaffungskosten sind somit anschaffungsorientiert und gehen von einem ertragsorientierten Erwerber aus.

Das Gesetz regelt nicht, wie dieser Wert im Einzelnen festgestellt werden soll; somit ist letztlich eine Ermittlung im Schätzungsweg nach § 184 BAO geboten (Jakom/Lenneis EStG, 2018, § 16 Rz 37; , und die dort angeführte Vorjudikatur). Soweit sich die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen lassen, sind diese zu schätzen, wobei alle dafür bedeutsamen Umstände zu berücksichtigen sind (§ 184 Abs. 1 BAO).

Da die Wohnung vom BF unentgeltlich erworben wurde, ist zunächst auf die Position der Rechtsvorgängerin zu blicken. Die Mutter des BF hat das Haus bis zuletzt (05/2003) selbst bewohnt und erst mit hat der BF mit der Vermietung begonnen. Maßgeblich ist daher fallgegenständlich der Zeitpunkt der erstmaligen Nutzung zur Einkünfteerzielung.

Hinsichtlich der Berechnung der Abschreibung der fiktiven Anschaffungskosten wurden von seiten des Steuerberaters die m²-Preise aus dem Jahr 2010 herangezogen; dieser vom BF vertretenen Ansicht ist entgegenzuhalten, dass im Hinblick auf die fiktiven Anschaffungskosten gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit c EStG 1988 auf den Zeitpunkt der erstmaligen Einkünfteerzielung abzustellen ist und es daher logisch nicht nachvollziehbar ist, hinsichtlich der Anschaffungskosten auf einen anderen, viele Jahre danach gelegenen Zeitpunkt, abzustellen. Die streitgegenständliche Vermietung begann unstrittig am . Nach Ansicht des BFG ist auf den Beginn der Vermietung abzustellen. Wie die Abgabenbehörde daher zu Recht ausführt, sind für die Bewertung die m²-Preise stichtagsbezogen zum Zeitpunkt der erstmaligen Vermietung, heranzuziehen. Nachdem kein Gutachten vorgelegt wurde, gilt als geeignetes Mittel dafür der Immobilienpreisspiegel aus diesem Zeitraum.

Wenn die belangte Behörde den angeführten Immobilienpreisspiegel heranzieht, welcher einen Quadratmeterpreis für gebrauchte Eigentumswohnungen in guter Wohnlage von EUR 1.770,-/m² ausweist, dann wird dieser Wert vom BFG bei der Schätzung der fiktiven Anschaffungskosten ebenso berücksichtigt und der Berechnung zugrunde gelegt. Dass dieser Wert nicht einzubeziehen sei, wandte der BF nicht ein.

Dabei wurde von Seiten der Betriebsprüfung der Wert für eine Wohnung mit guter Lage, das sind € 1.770,00/m2, für 83m2 herangezogen. Das ergibt EUR 146.910,00. Für die Garage wurde ein Wert iHv € 11.665,00 angesetzt. Abzüglich von 20 % Grund- und Boden-Anteil ergibt 1,5 % EUR 1.902,78, das sind gerundet € 1.900,- an AfA.

Die Leerstehung von April 2006 bis Juli 2007 wurde entsprechend berücksichtigt.

Zu der von der steuerlichen Vertretung vorgelegten Berechnung wird ausgeführt, dass diese scheinbar im Nachhinein (im Rahmen der Betriebsprüfung) erstellte Einnahmen-/Ausgabenrechnung in Summe selbst einen positiven Überschuss von EUR 2.163,80 aufweist und das eigene Vorbringen der Liebhaberei somit selbst untergräbt. Der natürlich bei weitem viel niedrigere Überschuss im Vergleich zu den Feststellungen der Betriebsprüfung ergibt sich im Wesentlichen aus der (oben angeführten) falschen Berechnung der AfA und nicht belegter Ausgaben im Zusammenhang mit Renovierung und Inseraten. Sämtliche andere Abzugspositionen wurden vollinhaltlich, in beantragter Höhe, gewährt.

Seltsam mutet es für das Gericht an, wenn die steuerliche Vertretung im ersten Jahr der Vermietung (ab 08/2003) die ganze AfA ansetzt. Für den Beginn der AfA ist nicht der Anschaffungs- oder Herstellungszeitpunkt, sondern in der Regel der Zeitpunkt der Inbetriebnahme des jeweiligen Wirtschaftsgutes entscheidend. Zu beachten ist aber, ob die Inbetriebnahme des Anlagegutes im 1. Halbjahr (sogenannte "Ganzjahresabschreibung") oder im 2. Halbjahr (sogenannte "Halbjahresabschreibung") erfolgt. Die Halbjahres-AfA findet Anwendung, wenn ein Wirtschaftsgut im betreffenden Jahr nicht mehr als sechs Monate vom Unternehmen genutzt wird.

Dasselbe gilt für die jährlich angesetzten Reisekosten (von durchschnittlich EUR 954,-), für die nicht einmal ein einziger Beleg aufbewahrt bzw. vorgelegt wurde und in 15 Jahren lediglich 3 verschiedene Mieter die Wohnung bewohnt haben. Somit sieht es das BFG für schlüssig und plausibel an, wenn die belangte Behörde lediglich jene Reisekosten in Abzug bringt, die im Zusammenhang mit einem Mieterwechsel standen.

Weder im Rahmen der Prüfung noch in der sehr knappen Beschwerde fanden sich Hinweise darauf, dass der BF tatsächlich Überlegungen zum Fehlen einer Einkunftsquelleneigenschaft angestellt hätte. Die Komplexität einer Wohnungsvermietung ist begrenzt, sowohl die Einnahmen als auch die Ausgaben können bereits zu Beginn der Tätigkeit relativ sicher eingeschätzt werden. Es liegt im natürlichen Bestreben jedes Vermieters, einen Überschuss an Einnahmen zu erzielen, anderenfalls mit einer solchen gar nicht erst begonnen wird. Dies belegen nicht zuletzt die sehr sorgfältig und akribisch genau durchgeführten Indexanpassungen, die der BF pünktlich an seine Mieter weiterverrechnet hat. Eine realistische Prognoserechnung bei Vermietungsbeginn wäre zu dem eindeutigen Ergebnis gekommen, dass aus der gegenständlichen Vermietung ein Einnahmenüberschuss zu erwarten war. Ab 2003 wurden Einnahmenüberschüsse erwirtschaftet und die gewählte Bewirtschaftungsart erschien somit nachhaltig gewinnträchtig. Eine durchgängige Betrachtung führt damit ebenfalls zu einem positiven (Gesamt-)Ergebnis.

Der Einkommensteuerbescheid 2012 erging daher zu Recht und es war spruchgemäß zu entscheiden.

Finanzamt Österreich

§ 323b Abs. 1 bis 3 BAO lautet i. d. F. BGBl. I Nr. 99/2020 (2. FORG)

§ 323b. (1) Das Finanzamt Österreich und das Finanzamt für Großbetriebe treten für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich am an die Stelle des jeweils am zuständig gewesenen Finanzamtes. Das Zollamt Österreich tritt am an die Stelle der am zuständig gewesenen Zollämter.

(2) Die am bei einem Finanzamt oder Zollamt anhängigen Verfahren werden von der jeweils am zuständigen Abgabenbehörde in dem zu diesem Zeitpunkt befindlichen Verfahrensstand fortgeführt.

(3) Eine vor dem von der zuständigen Abgabenbehörde des Bundes genehmigte Erledigung, die erst nach dem wirksam wird, gilt als Erledigung der im Zeitpunkt des Wirksamwerdens für die jeweilige Angelegenheit zuständigen Abgabenbehörde.

Die gegenständliche Entscheidung ergeht daher an das Finanzamt Österreich.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist nicht zulässig, weil die zugrundeliegende Rechtsfrage (Vorliegen einer hinterzogenen Abgabe im Sinne des § 207 Abs. 2 BAO) durch die oben dargestellte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sind (vgl. insbesondere ). Weiters handelt es sich bei der Beurteilung der Frage der Liebhaberei zudem weder um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung noch fehlt eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und die zu lösende Rechtsfrage wurde in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht uneinheitlich beantwortet.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 34 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 34 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 116 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 33 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 99 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 8 Abs. 2 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 1 Abs. 2 Z 3 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993
§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 6 Z 9 lit. b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 Abs. 1 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
































ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100505.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at