Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.07.2023, RV/2200016/2019

Einreihung von Pick-ups in die Kombinierte Nomenklatur nach Aushöhlung der Heckklappe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache der ***Bf***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch die ***Vt***, ***Vt-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Graz vom , Zahl: ***1***, betreffend zollrechtliche Bewilligung zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid des Zollamtes Graz vom , Zahl: ***1***, wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Erweiterung der Inanspruchnahme der aktiven Veredelung teilweise stattgegeben und in der Bewilligung für die umgebauten (veredelten) Personenkraftwagen die Warennummer 8703 angegeben. In der Begründung wurde ausgeführt:
"(…)
In den Erläuterungen zum Harmonisierten System (HS) steht zur Einreihung als PKW der Position 8703 dass eine maximale Ladeflächenlänge, gemessen am Boden der Ladefläche von 50% oder weniger des Radstandes des Fahrzeuges zulässig ist.
Soll ein PKW der Position 8703 dermaßen umgebaut werden, sodass die Ladefläche die Voraussetzung für die Einreihung als LKW in die Position 8704 nach der Kombinierten Nomenklatur gerechtfertigt, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt werden. Zum einen darf der Umbau bzw. Rückbau nur unter erheblichen Aufwand und zum anderen mit erheblichen Kosten verbunden sein. Im konkreten Fall kann von keinem erheblichen Kostenaufwand (laut Antrag 522,00 €) gesprochen werden.
Außerdem können Aushöhlungen in der Ladebordwand jedenfalls ebenso wenig zu einer Verlängerung der Ladefläche führen wie Aushöhlungen des Fahrgastraumes. Deshalb ist es unerheblich ob ein Rückbau nach dem Umbau nicht mehr möglich ist.
Somit wird dem Antrag auf Erweiterung der Bewilligung der Inanspruchnahme der aktiven Veredelung insofern zugestimmt dass den geplanten Umbaumaßnahmen laut Antrag zugestimmt wird, diese jedoch keine Änderung der Tarifposition von 8703 auf Position 8704 mit sich bringen womit einer auf die aktive Veredelung folgende Überlassung zum freien Verkehr mit der Tarifposition 8704 nicht stattgegeben wird.
"

Dagegen richtete sich die Beschwerde vom . Die Beschwerdeführerin brachte unter Verweis auf eine Quelle vor, Aushöhlungen der Ladebordwand könnten sehr wohl zu einer Verlängerung der Ladefläche führen. Die Relevanz eines möglichen Rückbaus sei somit nur bedingt erheblich. Ein Rückbau der durch die Beschwerdeführerin umgebauten Fahrzeuge sei jedoch nur mit erheblichen Aufwendungen möglich. Die Tatsache, dass so ein Umbau mit erheblichen Kosten in Verbindung stehen müsse, sei im Falle von Ford ebenfalls nur bedingt erforderlich. Vielmehr habe man es durch die Entscheidung beim Modell Ford Ranger ja eigentlich schon seit dem Jahr 2012 ermöglicht, Pick-ups in dieser Art umzubauen und danach in die Position 8704 einzureihen. In diesem Sinne werde auch die Bewilligung beantragt, die von der Beschwerdeführerin umgebauten Fahrzeuge im Zuge der aktiven Veredelung folgend nach der Tarifposition 8704 in den zollrechtlich freien Verkehr überführen zu dürfen.

Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensverlaufes und der einschlägigen Bestimmungen aus:
"Im verfahrensgegenständlichen Fall vermag zwar bei Fahrzeugen des Typs Pick-Up mit Doppelkabine die Aushöhlungen eine Verlängerung gemessen am Boden der Ladefläche bewirken, jedoch führen diese Aushöhlungen nicht zu einer Änderung der Position von 8703 auf 8704. Nach Auffassung der Beschwerdebehörde handelt es sich bei den Aushöhlungen im unteren Bereich der hinteren Ladebordwand und im unteren Bereich des hinteren Fahrgastraumes (unter der Rücksitzbank) um eine Scheinhandlung, die nicht ernstlich gewollt ist und die einen anderen Tatbestand vortäuscht (es handle sich nunmehr um einen LKW), der in Wirklichkeit nicht besteht. Misst man nämlich im mittleren oder oberen Bereich der Ladefläche, nämlich zwischen der Rückseite des Fahrgastraumes und der hinteren Ladebordwand, so weist dieser Bereich keine Veränderung in der Länge der Ladefläche auf. Darüber hinaus führen die Aushöhlungen nach ho. Ansicht nicht zu einem besonders konstruierten oder umgebauten Fahrzeug, zumal durch das einfache Einfügen zweier Blechstücke die ursprüngliche Form leicht rückgängig gemacht werden könnte.
Nach der Rspr des EuGH (vgl. Rechtssache C-486/06 vom , Rn 37) ist die Länge der Ladefläche gemessen an der Länge des Radstandes (Anmerkung: die innere Länge auf dem Boden des für die Beförderung von Waren bestimmten Bereichs 50% der Länge des Radstandes des Fahrzeuges übersteigt) nicht das entscheidende Kriterium für die Einreihung von Fahrzeugen des Typs Pick-up in die Position 8703 oder 8704. Vielmehr sind nach der Rspr des EuGH (siehe Rn 37 bis 40 in der Rechtssache C-486/06) zur Beurteilung, nämlich inwieweit ein Fahrzeug des Typs Pick-Up in die Position 8703 oder 8704 einzureihen ist, auch andere Kriterien, wie Anzahl der Sitzplätze, die Innenausstattung, Sportfelgen, usw. von maßgeblicher Bedeutung.
Nach den Internet-Recherchen (…) verfügen die Pick-ups der Marken
***2***, ***3*** und ***4*** über eine Doppelkabine, bestehend aus zwei Sitzreihen mit insgesamt fünf oder maximal sechs mit Sicherheitsgurten ausgestatteten Sitzplätzen. Diese Fahrzeuge verfügen je nach Modell (***2***, ***3*** oder ***4***) über unterschiedliche, teils hochwertige Innen- und Außenausstattung, wie z.B. beheizte Lenkräder, Leder-Interieur mit Chrom- und Holzakzenten, beheizte und klimatisierte Ledersitze, beheizte hintere Sitzreihe, Multimedia-Systeme, polierte 20"-Leichtmetallfelgen, Sportluftfilter, Sportauspuffanlage, Sportmotorhaube mit Lufteinlässen, etc..
Nach dem allgemeinen Erscheinungsbild sind die Fahrzeuge des Typs Pick-up mit Doppelkabine trotz der Aushöhlungen im unteren Bereich der hinteren Ladebordwand und im unteren Bereich des hinteren Fahrgastraumes aufgrund der Gesamtheit der Merkmale, insbesondere aufgrund der Anzahl von zwei Sitzreihen mit bis zu sechs Sitzplätzen (vgl. dazu Durchführungsverordnung (EU) 2017/1233 vom ) in die Position 8703 (vgl. vZTA vom , DE2059/13- 1 für einen Ford Ranger XLT mit Doppelkabine oder vZTA vom , DE2060/13-1 für einen Ford Ranger Limited mit Doppelkabine) einzureihen.
Abschließend wird noch mitgeteilt, dass die unionsrechtlichen Bestimmungen Vorrang gegenüber den nationalen Bestimmungen haben und war daher eine Einreihung der Waren entsprechend der Kombinierte Nomenklatur vorzunehmen. Die nationalen Bestimmungen, wie das Normverbrauchsabgabegesetz oder die Verordnung (BGBl. II Nr. 193/2002) des Bundesministers für Finanzen über die steuerliche Einstufung von Fahrzeugen als Kleinlastkraftwagen und Kleinbusse, sind für die Zollbehörde irrelevant, zumal die Zollämter für die Vollziehung dieser nationalen Bestimmungen nicht zuständig sind. Die Vollziehung dieser nationalen Bestimmungen liegt im Zuständigkeitsbereich der Finanzämter.
"

Dagegen richtete sich der Vorlageantrag vom . Die Beschwerdeführerin, vertreten durch die ***Vt***, brachte vor, entgegen der Rechtsmeinung des Zollamtes führten die von der Beschwerdeführerin durchgeführten Maßnahmen jedenfalls zu einer Verlängerung der Ladefläche. Die gegenständlichen Veredelungsarbeiten seien keinesfalls als geringfügig, als bloßes Ausschneiden oder als Scheinhandlung anzusehen. Die von der Beschwerdeführerin entwickelten Umbaumaßnahmen stellten ein aufwendiges Verfahren dar, um die Ladefläche der Fahrzeuge zu verlängern. Dieses Verfahren sei in jahrelanger Entwicklungsarbeit technisch derart ausgereift worden, dass es jedweder technischen Anforderung standhalte. Die entwickelten Veredelungsmaßnahmen führten zu einer Verlängerung der Ladefläche, die Argumentation des Zollamtes sei nicht nachvollziehbar. Die Veredelungsmaßnahmen seien außerdem nicht rückführbar. Die etwa am Ford Ranger vom Mitbewerb vorgenommenen Umbauarbeiten könnten mit den von der Beschwerdeführerin entwickelten technisch hochwertigen Veredelungsmaßnahmen keinesfalls mithalten, dennoch gälten die nicht nach dem technischen Standard der Beschwerdeführerin umgebauten Fahrzeuge des Typs Ford Ranger anstandslos als Lastkraftwagen im Sinne der Position 8704.
Dazu komme noch, dass auch die vom Zollamt angesprochenen Kriterien "objektive Merkmale und Eigenschaften" bei den veredelten Fahrzeugen jedenfalls vorliegen würden und eine Einstufung der Fahrzeuge als Lastkraftwagen der Position 8704 rechtfertigten. Gerade der Verwendungszweck zeige klar, dass die Pick-up als Lastkraftwagen wahrgenommen und auch als solche verwendet werden würden. Nahezu jeder Kunde der Beschwerdeführerin verwende das Fahrzeug zum Zwecke des Lastentransports, zum Ziehen von Anhängern und zum Transportieren von Arbeitspartien. Hier fänden insbesondere die gegenständlichen Fahrzeuge Verwendung, weil diese besser als andere Fahrzeuge geeignet seien, schwere Lasten zu ziehen und daneben einer ausreichend großen Partie Platz zu bieten. Nahezu alle Fahrzeuge würden aufgrund ihrer Eigenschaften gewerblich eingesetzt, dieser Verwendungszweck sei jedenfalls als objektives Verwendungskriterium, das eine Einstufung in die Position 8704 notwendig mache, heranzuziehen.
Die von der belangten Behörde genannte Rechtsprechung mache deutlich, dass auch das Vorhandensein von entsprechenden Ladeverzurrmöglichkeiten als Verwendungskriterium heranzuziehen sei. Die Ausstattung der Fahrzeuge habe sich in den letzten zehn Jahren erheblich verändert. Speziell Fahrzeuge im Transportbereich wiesen heutzutage durchgehend sämtliche sogenannte Luxusausstattungen auf. Nahezu alle Transportfahrzeuge seien etwa mit Lederausstattung, Navigationssystem, HiFi-Anlagen oder einer luxuriösen Innenausstattung versehen. Diese Fahrzeuge dienten betreffend luxuriöse und hochwertige Ausstattung als Vorreiter für die Ausstattung von Personenkraftwagen. Nahezu jeder Lastkraftwagen verfüge etwa über hochwertige Innen/Außenausstattung, beheizbare Lenkräder, beheizte Sitze, Multimediasysteme etc. Bei Berücksichtigung der durch das gegenständliche Veredelungsverfahren hergestellten Ladefläche von mehr als 50% des Radstandes führten sämtliche vorhandenen Fahrzeugeigenschaften, Ausstattungen und Veredelungsmaßnahmen bei Heranziehung heutiger Standards dazu, dass Fahrzeuge der gegenständlichen Art als Lastkraftwagen (8704) zu gelten haben.
Abschließend wurde der Antrag gestellt, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem Antrag auf Erweiterung in Bezug auf die Inanspruchnahme der aktiven Veredelung vollinhaltlich stattgegeben werde.

Mit Schreiben vom beantragte die Beschwerdeführerin, "eine mündliche Verhandlung im Rahmen einer Senatsverhandlung durchzuführen."

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 323b Abs. 1 BAO tritt das Zollamt Österreich am an die Stelle der am zuständig gewesenen Zollämter.

Der Beschwerdeführerin wurde über ihren Antrag mit dem angefochtenen Bescheid unter anderem folgender Veredelungsvorgang bei Kraftfahrzeugen (Pick-ups mit großer Doppelkabine und kurzer Ladefläche) bewilligt: "Die Heckklappe wird über die gesamte Radmuldenbreite ausgehöhlt und der Ladeflächenboden wird verlängert, der Ladeflächenboden ragt bei geschlossener Heckklappe in die Heckklappe hinein. Die Verlängerung des Bodens wird mit einem Scheibenkleber fest verbunden, die Heckklappe kann nach dem Umbau nicht mehr ausgehängt werden.
Die Ladewanne wird Kabinenseitig über die gesamte Breite zwischen den Radmulden ausgeschnitten, ebenfalls wird die Fahrzeugkabine in diesem Bereich aufgeschnitten, eine Blechmulde wird angefertigt und in den Ausschnitt der Kabine gesetzt und ebenfalls mit Scheibenkleber fest verbunden.
"

Die für die Veredelung vorgesehenen Kraftfahrzeuge (Pick-ups der Modelle ***2***, ***3*** oder ***4***) verfügen alle über eine sogenannte Doppelkabine mit zwei Sitzreihen und mit vier Türen und hinteren Fenstern. Die Sitze sind mit Sicherheitsgurten ausgestattet, teilweise mit Mittelarmlehnen versehen, und die Fahrzeuge verfügen über unterschiedliche, teils hochwertige Außen- und Innenausstattung (Chrom-Stoßstangen, Chromspiegel, Leichtmetallfelgen, Rückfahrkamera, beheizbare Sitzplätze, Fahrerassistenzsysteme, Multimediasysteme, Zweizonen-Klimaanlage, Lederpolsterung und vieles mehr). Die Ladeflächenlänge der unveredelten Fahrzeuge beträgt weniger als 50% des Radstandes des jeweiligen Fahrzeuges. Die im Rahmen der Veredelung vorgesehenen Aushöhlungen erfolgen im unteren Bereich der Heckklappe und im unteren Bereich der Rückwand zum Fahrgastraum.

Der Sachverhalt stand aufgrund der dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Unterlagen fest. Die Ausstattung der einzelnen Modelle ergab sich durch Recherchen der belangten Behörde auf der Homepage der Beschwerdeführerin, wo die einzelnen Modelle genau beschrieben sind. Die von der belangten Behörde durchgeführten Recherchen wurden der Beschwerdeführerin in der Beschwerdevorentscheidung vorgehalten. Die Ergebnisse der Recherchen betreffend die Ausstattung der Fahrzeuge wurden im Vorlageantrag von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Im Gegenteil, durch das Vorbringen der Beschwerdeführerin im Vorlageantrag, wonach speziell Fahrzeuge im Transportbereich heutzutage durchgehend sämtliche sogenannte Luxusausstattungen aufwiesen und nahezu alle Transportfahrzeuge etwa mit Lederausstattung, Navigationssystem, HiFi-Anlagen ausgestattet seien und nahezu jeder Lastkraftwagen über hochwertige Innen/Außenausstattung, beheizbare Lenkräder, beheizte Sitze, Multimediasysteme, etc. verfüge, wurden die Ermittlungsergebnisse der belangten Behörde sogar bestätigt. Die sich bei den vorgelegten Unterlagen befindlichen Fotos zeigen auch klar und deutlich das Vorhandensein von vier Türen und auch teilweise der beschriebenen Ausstattung. Ebenso standen Art und Umfang der Veredelungsarbeiten aufgrund der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Beschreibungen und Fotos fest.

Im verfahrensgegenständlichen Fall war strittig, ob die Durchführung der bewilligten Veredelungsvorgänge zu einer Einreihung der ursprünglich in die Position 8703 der Kombinierten Nomenklatur einzureihenden Fahrzeuge in die Position 8704 der Kombinierten Nomenklatur führt; beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sind von einer Einreihung der nichtveredelten Fahrzeuge in die Position 8703 der Kombinierten Nomenklatur ausgegangen.

Die Kombinierte Nomenklatur wurde mit Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif festgelegt und ist im Anhang I dieser Verordnung enthalten. Gemäß Art. 1 Abs. 2 Buchstabe a der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 umfasst die Kombinierte Nomenklatur die Nomenklatur des Harmonisierten Systems (als Harmonisiertes System wird das "Internationale Übereinkommen über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren" bezeichnet).

In Teil I (Einleitende Vorschriften) Titel I des Anhanges I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 sind die Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur normiert. Die Allgemeine Vorschrift 1 bestimmt, dass "die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel nur Hinweise sind. Maßgebend für die Einreihung sind der Wortlaut der Positionen und Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und - soweit in den Positionen oder in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nicht anderes bestimmt ist - die nachstehenden Allgemeinen Vorschriften."

Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Position der Kombinierten Nomenklatur und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind. Die von der Europäischen Kommission zur Kombinierten Nomenklatur und die von der Weltzollorganisation zum Harmonisierten System ausgearbeiteten Erläuterungen sind ein wichtiges, wenn auch nicht rechtsverbindliches Hilfsmittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen (vgl. , Rn. 39 ff). Die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur ersetzen nach der Vorbemerkung nicht die Erläuterungen zum Harmonisierten System, sondern sind als Ergänzung dieser zu betrachten. Die Erläuterungen zum Harmonisierten System und die zur Kombinierten Nomenklatur müssen daher in Verbindung miteinander verwendet werden.

In die Position 8703 der Kombinierten Nomenklatur sind "Personenkraftwagen und andere Kraftfahrzeuge, ihrer Beschaffenheit nach hauptsächlich zur Personenbeförderung bestimmt (ausgenommen solche der Position 8702), einschließlich Kombinationskraftwagen und Rennwagen" einzureihen.

Die Position 8704 der Kombinierten Nomenklatur umfasst "Kraftfahrzeuge für den Transport von Waren".

Die Erläuterungen zum Harmonisierten System zu Position 8703 der Kombinierten Nomenklatur lauten (auszugsweise):
"Die Einreihung bestimmter Kraftfahrzeuge in diese Position wird durch besondere Merkmale bestimmt, die darauf hinweisen, dass die Fahrzeuge ihrer Beschaffenheit nach eher hauptsächlich zur Personen- denn zur Güterbeförderung bestimmt sind (Pos. 8704). Diese Merkmale sind besonders bei der Einreihung von Kraftfahrzeugen hilfreich, die im Allgemeinen ein zulässiges Gesamtgewicht von weniger als 5 Tonnen aufweisen und über einen einzigen umschlossenen Innenraum verfügen, der einen Bereich für den Fahrer und die Passagiere und einen anderen Bereich umfasst, der wiederum sowohl für die Personen- als auch die Güterbeförderung verwendet werden kann. In diese Gruppe fallen die so genannten "Mehrzweck"-fahrzeuge (z. B. Van-artige Fahrzeugen, Freizeit- ("Sports Utility") fahrzeuge, bestimmte Pick-ups). Folgende Merkmale können einer Einreihung in diese Position als charakteristische Beschaffenheitshinweise dienen:
a) das Vorhandensein dauerhaft eingebauter Sitze mit Sicherheitsausrüstung (z. B. Sicherheitsgurte oder Verankerungspunkte und Vorrichtungen zum Einbau von Sicherheitsgurten) für jede Person oder das Vorhandensein von ständigen Verankerungspunkten und Vorrichtungen zum Einbau von Sitzen und Sicherheitsausrüstung im Rückraum hinter dem Bereich des Fahrers und der Frontpassagiere; solche Sitze können eingebaut, umklappbar, aus Verankerungspunkten herausnehmbar oder zusammenklappbar sein;
b) das Vorhandensein von hinteren Fenstern und den zwei Seitenteilen;
c) das Vorhandensein von Schiebe-, Ausschwing- oder nach oben klappbaren Türen, mit Fenstern, an den Seitenteilen oder im Rückteil;
d) das Fehlen einer untrennbar verbundenen Trennwand oder Abgrenzung zwischen dem Bereich des Fahrers und der Frontpassagiere und dem Rückraum, der sowohl für die Personen- als auch die Güterbeförderung verwendet werden kann;
e) das Vorhandensein von Komfortmerkmalen und Vorrichtungen und Ausstattungen im gesamten Fahrzeuginnenraum, die dem Passagierbereich zugerechnet werden können (z.B. Bodenteppiche, Belüftung, Innenbeleuchtung, Aschenbecher).
"

Die Erläuterungen zum Harmonisierten System zu Position 8704 der Kombinierten Nomenklatur lauten (auszugsweise):
"Die Einreihung bestimmter Kraftfahrzeuge in diese Position wird durch besondere Merkmale bestimmt, die darauf hinweisen, dass die Fahrzeuge ihrer Beschaffenheit nach eher zur Güter- denn zur Personenbeförderung bestimmt sind (Pos. 8703). Diese Merkmale sind besonders bei der Einreihung von Kraftfahrzeugen hilfreich, die im Allgemeinen ein zulässiges Gesamtgewicht von weniger als 5 Tonnen aufweisen und entweder über einen gesonderten, umschlossenen Rückraum oder eine offene hintere Plattform verfügen, die üblicherweise zur Güterbeförderung genutzt wird. Diese Fahrzeuge können auch flach gegen die Seitenwände klappbare Rücksitzbänke ohne Sicherheitsausrüstung, Verankerungspunkte oder Fahrkomforteinrichtungen aufweisen, um den Frachtbereich im Bedarfsfall in vollem Umfang für den Warentransport nutzen zu können. In diese Gruppe fallen die so genannten "Mehrzweck"fahrzeuge (z. B. Van-artige Fahrzeuge, gewisse Freizeit("Sports Utility")fahrzeuge, bestimmte Pick-ups). Folgende Merkmale können für eine Einreihung in diese Position als charakteristische Beschaffenheitshinweise dienen:
a) das Vorhandensein von Sitzbänken ohne Sicherheitsausrüstung (z. B. Sicherheitsgurte oder Verankerungspunkte und Vorrichtungen zum Einbau von Sicherheitsgurten) oder Fahrkomforteinrichtungen im Rückraum hinter dem Bereich des Fahrers und der Frontpassagiere; diese Sitze sind üblicherweise um- oder zusammenklappbar, um die volle Nutzung des Rückbodens (Van-artige Fahrzeuge) oder einer gesonderten Plattform (Pick-ups) für die Güterbeförderung zu ermöglichen;
b).das Vorhandensein einer gesonderten Kabine für den Fahrer und die Passagiere und einer gesonderten offenen Plattform mit Seitenwänden und herunterklappbarer Heckklappe (Pick-ups);
c) das Fehlen von hinteren Fenstern an den zwei Seitenteilen; Vorhandensein von Schiebe-, Ausschwing- oder nach oben klappbaren Türen, ohne Fenster, an den Seitenteilen oder im Rückteil zur Güterbe- und -entladung (bei Van-artigen Fahrzeugen);
d) das Vorhandensein einer untrennbar verbundenen Trennwand oder Abgrenzung zwischen dem Bereich des Fahrers und der Frontpassagiere und dem hinteren Bereich;
e) das Fehlen von Komfortmerkmalen und Vorrichtungen und Ausstattungen im Güterladebereich, die dem Passagierbereich des Fahrzeugs zugerechnet werden können (z.B. Bodenteppiche, Belüftung, Innenbeleuchtung, Aschenbecher).
"

Nach den Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur gehören zu Position 8703 ""Mehrzweckfahrzeuge", wie Kraftfahrzeuge, die sowohl zur Personen- als auch zur Güterbeförderung bestimmt sind.
1. Vom Typ "Pick-up":
Diese Fahrzeuge bestehen normalerweise aus mehr als einer Sitzreihe und aus zwei getrennten Bereichen, d. h. einem geschlossenen Bereich für die Beförderung von Personen und einem zweiten, offenen oder abdeckbaren Bereich für die Beförderung von Waren.
Diese Fahrzeuge gehören jedoch in die Position 8704, wenn die innere Länge auf dem Boden des für die Beförderung von Waren bestimmten Bereichs länger ist als 50 % der Länge des Radstandes des Fahrzeugs oder wenn sie mehr als zwei Achsen haben.
"

Das zuletzt genannte Merkmal der Länge der Ladefläche kann jedoch nicht das entscheidende Kriterium für die Einreihung eines solchen Fahrzeuges sein. Denn die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur ersetzen nicht die Erläuterungen zum Harmonisierten System, sondern sind - wie vorstehend bereits ausgeführt - als Ergänzung zu betrachten ().

Nach den eingangs festgestellten Ausstattungsmerkmalen sind die für eine Veredelung vorgesehenen Fahrzeuge nach deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften hauptsächlich für die Personenbeförderung vorgesehen und somit in die Position 8703 der Kombinierten Nomenklatur einzureihen. Daran vermag auch die Behauptung der Beschwerdeführerin, wonach mit den Fahrzeugen auch Güter befördert werden würden, nichts zu ändern. Denn aufgrund der luxurösen Ausstattung der Fahrzeuge sind diese hauptsächlich für die Personenbeförderung bestimmt.

Ebenso wenig haben die genehmigten Veredelungsvorgänge Einfluss auf die Einreihung der Fahrzeuge. Denn die Aushöhlung der Heckklappe und die kabinenseitige Veränderung haben keine Auswirkungen auf die Ausstattungen der Fahrzeuge, die nach den genannten Erläuterungen klar und deutlich auf eine hauptsächliche Personenbeförderung hindeuten. Lassen die objektiven Beschaffenheitsmerkmale erkennen, dass ein Fahrzeug hauptsächlich zur Personenbeförderung bestimmt ist, dann ist eine Einreihung in die Position 8704 als Kraftfahrzeug für den Transport von Waren ausgeschlossen (vgl. Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1034/2014 der Kommission vom zur Einreihung bestimmter Waren in die Kombinierte Nomenklatur).

Darüber hinaus führen die bewilligten Veredelungsvorgänge (Aushöhlung der Heckklappe und der Rückwand zum Fahrgastraum) zu keiner Verlängerung der Ladefläche. Denn nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut der Verordnung (EU) Nr. 316/2011 der Kommission vom zur Einreihung bestimmter Waren in die Kombinierte Nomenklatur wird die maximal innere Länge am Fahrzeugboden im Bereich der Ladefläche durch die Seitenwände und die Heckklappe in geschlossenem Zustand bestimmt. Auch bei einer Aushöhlung im unteren Bereich der Heckklappe und im unteren Bereich der Rückwand wird die mögliche Ladekapazität im oberen Bereich der Heckklappe nicht vergrößert; ein Transport von Gütern, die höher sind als die Aushöhlung, ist weiterhin nur im Rahmen der ursprünglichen Länge der Ladefläche möglich und durch die Abmessungen im oberen Bereich der Heckklappe begrenzt. Stütze findet die Ansicht des Bundesfinanzgerichtes durch die Ergebnisse des Salzburger Steuerdialoges 2016, wonach Aushöhlungen in der Ladebordwand und in der Rückwand zum Fahrgastraum zu keiner Verlängerung der Ladefläche führen.

Zu den Ausführungen der Beschwerdeführerin, "nahezu jeder unserer Kunden verwende das Fahrzeug zum Zwecke des Lastentransports, des Ziehens von schweren Anhängern und zum Transport von Arbeitspartien", erlaubt sich das Bundesfinanzgericht festzuhalten, dass dies nicht der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht. Im Gegenteil, für die von der Beschwerdeführerin beschriebenen Zwecke werden - nicht nur aus wirtschaftlichen Überlegungen - beinahe ausnahmslos andere Fahrzeuge als Pick-ups verwendet und mit dem Hinweis auf ausreichend große Partien von Arbeitern bringt selbst die Beschwerdeführerin den Verwendungszweck der Fahrzeuge für den Personentransport zum Ausdruck. Die Fahrzeuge sind daher auch nach Durchführung der bewilligten Veredelungsvorgänge in die Position 8703 der Kombinierten Nomenklatur einzureihen, weil diese aufgrund der objektiven Beschaffenheit hauptsächlich für die Personenbeförderung bestimmt sind.

Gemäß § 272 Abs. 2 BAO obliegt die Entscheidung dem Senat, wenn dies in der Beschwerde oder im Vorlageantrag beantragt wird. Über die Beschwerde hat gemäß § 274 Abs. 1 BAO eine mündliche Verhandlung stattzufinden, wenn es in der Beschwerde oder im Vorlageantrag beantragt wird. Die Beschwerdeführerin hat weder in der Beschwerde, noch im Vorlageantrag Anträge auf Entscheidung durch den Senat oder auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt. Erst mit Schreiben vom hat die Beschwerdeführerin "eine mündliche Verhandlung im Rahmen einer Senatsbesetzung" beantragt. Nach dem Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen und nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes begründen in einem ergänzenden Schreiben gestellte Anträge keinen Anspruch auf eine Entscheidung durch den Senat oder auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht stützt seine Entscheidung auf den klaren und eindeutigen Wortlaut der einschlägigen Vorschriften und auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind (insbesondere im Hinblick auf die genannten Verordnungen vom und vom ) keine Rechtsfragen aufgeworfen worden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, eine Revision ist nicht zulässig.

Aus den dargestellten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
Anhang I Titel I Teil I KN-VO, VO 2658/87, ABl. Nr. L 256 vom S. 1
Verweise
EuGH, C-486/06
EuGH, C-700/15
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.2200016.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at