Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.07.2023, RV/2100352/2023

Aufhebung eines Erbschaftssteuerbescheides - Grundstück wurde bereits im Schenkungswege übertragen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr*** vertreten durch Dr. Regina Maria Schedlberger, Andritzer Reichsstr 42, 8045 Graz-Andritz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Erbschaftssteuer zu Steuernummer ***Bf-StNr*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird (ersatzlos) aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit dem im gegenständlichen Verfahren angefochtenen Erbschaftssteuerbescheid vom wurde dem Beschwerdeführer eine Erbschaftssteuer in der Höhe von € 1.755,14 für den Erwerb von Todes wegen nach der am ***2002*** verstorbenen Mutter des Beschwerdeführers vorgeschrieben.

Dagegen wurde durch die rechtsfreundliche Vertretung des Beschwerdeführers am fristgerecht Beschwerde eingebracht. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde durch das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen.

Mit Schreiben vom wurde durch den Beschwerdeführer ein Vorlageantrag auf eine Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht eingebracht.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit Einantwortungsurkunde vom ***1999*** wurde dem Beschwerdeführer der Nachlass nach dem am ***1999*** verstorbenen ***Vater Bf*** (geb ***Datum***) eingeantwortet. Der Erblasser war der Vater des Beschwerdeführers. Nach dem Ergebnis der Verlassabhandlung wurde das Eigentumsrecht am Hälfteanteil der Liegenschaft ***EZ, KG*** dem Beschwerdeführer im Grundbuch des BG Graz einverleibt. Der zweite Hälfteanteil dieser Liegenschaft verblieb entsprechend dem Grundbuchsstand im Eigentum von Frau ***Mutter Bf*** - der Mutter des Beschwerdeführers. Sowohl der Vater, als auch die Mutter des Beschwerdeführers erwarben das Eigentumsrecht an den jeweiligen Hälfteanteilen dieser Liegenschaft lt Grundbuch mit einem Vertrag aus dem Jahr 1954.

Im seinerzeitigen Verlassenschaftsverfahren nach der am ***2002*** verstorbenen Mutter des Beschwerdeführers wurde keine Erbserklärung abgegeben und eine Verlassenschaftsverhandlung fand gem § 72 AußStrG in der damaligen Fassung nicht statt. Erst im Jahr 2021 sei dem Verlassenschaftsgericht bekannt geworden, dass nach der verstorbenen Mutter des Beschwerdeführers ein Verlassenschaftsvermögen in Form eines ideellen Hälfteanteiles an der Liegenschaft ***EZ, KG*** bestünde. Anlässlich der nicht protokollierten Tagsatzung vom , bei dem den Verlass nach der verstorbenen Mutter des Beschwerdeführers abhandelnden Notar, hat der Beschwerdeführer erklärt, dass diese Liegenschaftshälfte seiner Mutter bereits zu Lebzeiten schenkungsweise an ihn übergeben worden und lediglich die grundbücherliche Durchführung unterlassen worden sei. Es war dem Beschwerdeführer im weiteren Verfahren jedoch nicht möglich, einen diesbezüglichen Schenkungsvertrag vorzulegen.

Mangels Titelurkunde für diesen schenkungsweisen Eigentumsübergang, sei lt Protokoll vom (BFG-Akt OZ 7) eine notarielle Nachtragsabhandlung durchzuführen und wurde dem Beschwerdeführer der ideelle Hälfteanteil der verstorbenen Mutter des Beschwerdeführers an der Liegenschaft ***EZ, KG*** mit Einantwortungsbeschluss vom (BFG-Akt OZ 8) eingeantwortet.

Auf der Basis dieses Protokolls vom über die erfolgte Nachtragsabhandlung bei dem damit befassten Notar und des Einantwortungsbeschlusses des BG Graz-Ost vom (BFG-Akt OZ 8), wurde durch das Finanzamt der im gegenständlichen Rechtsmittelverfahren angefochtene Erbschaftssteuerbescheid am erlassen.

Mit Beschwerde vom wurde ua eingewendet, dass dieser Erbschaftssteuerbescheid zu Unrecht ergangen sei. Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab und der Beschwerdeführer erhob am dagegen einen Vorlageantrag.

Gemeinsam mit dem Vorlagebericht übermittelte das Finanzamt als Beilage einen Schenkungssteuerbescheid vom (BFG-Akt OZ 6), welcher auf einen Schenkungsvertrag vom mit der Mutter des Beschwerdeführers Bezug nahm.

Über Anregung des Bundesfinanzgerichtes nahm die Vertreterin des Beschwerdeführers in der Urkundensammlung des Grundbuches beim BG Graz-Ost Einsicht. Dabei wurde der Einantwortungsbeschluss im Verlassverfahren nach dem am ***1999*** verstorbenen Vater des Beschwerdeführers ausgehoben und dem Bundesfinanzgericht in Kopie übermittelt. Es konnte jedoch auch bei dem, den Verlass nach dem verstorbenen Vater des Beschwerdeführers, durchführenden Notar kein Schenkungsvertrag vom , mit welchen die Mutter des Beschwerdeführers dem Beschwerdeführer eine Liegenschaft geschenkt hat, ausfindig gemacht werden.

2. Beweiswürdigung

Bereits in der nicht protokollierten Tagsatzung am , bei dem die Nachtragsabhandlung durchführenden Notar, hat der Beschwerdeführer angegeben, dass seines Wissens nach bereits zu Lebzeiten seiner Mutter diese den gegenständlichen ideellen Hälfteanteil an der Liegenschaft ***EZ, KG*** schenkungsweise an ihn übergeben habe. Es sei damals jedoch nicht zu einer grundbücherlichen Durchführung dieser Schenkung gekommen (vgl Protokoll vom - BFG-Akt OZ 7).

Mit dem Vorlagebericht vom hat das Finanzamt ergänzend ausgeführt, dass im "System" ein Schenkungssteuerbescheid vom aufgefunden werden konnte. Mit diesem Schenkungssteuerbescheid wurde dem Beschwerdeführer eine Schenkungssteuer für einen Schenkungsvertrag vom mit Frau ***Mutter Bf*** vorgeschrieben. Dieser Schenkungssteuerbescheid vom stützt sich zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Schenkungssteuer auf einen Einheitswert des Grundstückes in der Höhe von ATS 159.500,-. Aus diesem Schenkungssteuerbescheid alleine lässt sich mangels weiterer Angaben jedoch nicht ableiten, welche konkrete Liegenschaft Gegenstand dieser Schenkung war.

Am erging durch das damalige Finanzamt Graz-Stadt ein Feststellungsbescheid zum (BFG-Akt OZ 5). Dieser Feststellungsbescheid war in Folge der Änderung der Eigentumsverhältnisse (Erbschaft des ideellen Hälfteanteiles nach dem Vater des Beschwerdeführers) ergangen und stellte einen erhöhten Einheitswert von ATS 159.500,- pro Hälfteanteil fest. Es ist festzustellen, dass der Einheitswert lt Feststellungsbescheid vom ident mit dem Einheitswert der Bemessungsgrundlage des Schenkungssteuerbescheides vom ist.

Weiters war festzustellen, dass das Finanzamt am eine Unbedenklichkeitsbescheinigung gem § 160 Abs 1 BAO zur Vorlage an das Bezirksgericht betreffend den Schenkungsvertrag vom mit ***Mutter Bf*** ausstellte und damit festgestellt hat, dass der grundbücherlichen Durchführung keine steuerlichen Bedenken entgegenstehen (vgl BFG-Akt OZ 6).

Auf Grund von Namensabfragen zum Namen und Geburtsdatum des Beschwerdeführers unter Einbeziehung von historischen Daten, konnte festgestellt werden, dass auf den Beschwerdeführer, außer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft, in Österreich keine weiteren Liegenschaften grundbücherlich erfasst sind bzw waren.

Auf Grund von Namensabfragen zum Namen und Geburtsdatum der Mutter des Beschwerdeführers unter Einbeziehung von historischen Daten, konnte festgestellt werden, dass auf die Mutter des Beschwerdeführers, außer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft, in Österreich keine weiteren Liegenschaften grundbücherlich erfasst sind bzw waren.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

§ 1 bis 3 ErbStG 1955 in der zum Zeitpunkt der Schenkung () gültigen Fassung lautete auszugsweise wie folgt:
"§ 1 (1) Der Steuer nach diesem Bundesgesetz unterliegen
1. der Erwerb von Todes wegen,
2. Schenkungen unter Lebenden,
[…]

§ 2 (1) Als Erwerb von Todes wegen gilt
1. der Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches;
2. der Erwerb durch Schenkung auf den Todesfall sowie jeder andere Erwerb, auf den die für Vermächtnisse geltenden Vorschriften des bürgerlichen Rechtes Anwendung finden;
3. der Erwerb von Vermögensvorteilen, der auf Grund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrages unter Lebenden von einem Dritten mit dem Tode des Erblassers unmittelbar gemacht wird.
(2)
[…]

§ 3 (1) Als Schenkung im Sinne des Gesetzes gilt
1. jede Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechtes;
2. jede andere freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird;
3. was infolge Vollziehung einer von dem Geschenkgeber angeordneten Auflage oder infolge Erfüllung einer einem Rechtsgeschäft unter Lebenden beigefügten Bedingung ohne entsprechende Gegenleistung erlangt wird, es sei denn, daß eine einheitliche Zweckzuwendung vorliegt;
4. was jemand dadurch erlangt, daß bei Genehmigung einer Schenkung Leistungen an andere Personen angeordnet oder zur Erlangung der Genehmigung freiwillig übernommen werden;
5. was als Abfindung für einen Erbverzicht (§ 551 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches) gewährt wird;
6. was ein Vorerbe dem Nacherben mit Rücksicht auf die angeordnete Nacherbschaft vor ihrem Eintritt herausgibt;
7. der Übergang von Vermögen auf Grund eines Stiftungsgeschäftes unter Lebenden;
8. was bei Aufhebung einer Stiftung erworben wird.
(2)
[…]"

§ 12 ErbStG 1955 in der zum Zeitpunkt der Schenkung () gültigen Fassung lautete auszugsweise wie folgt:
"(1)Die Steuerschuld entsteht
1. bei Erwerben von Todes wegen
mit dem Tode des Erblassers […]
2. bei Schenkungen unter Lebenden
mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung;
[…]"

Auf der Basis der in der Beweiswürdigung dargestellten Feststellungen kann festgehalten werden, dass der Beschwerdeführer mit Schenkungsvertrag vom von seiner Mutter eine Liegenschaft geschenkt bekommen hat. Da die Mutter des Beschwerdeführers lt Grundbuch lediglich einen Hälfteanteil an der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft seit 1954 besessen hat und der Beschwerdeführer entsprechend der Namensabfrage im Grundbuch ebenfalls, neben der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft (Hälfteanteil nach dem verstorbenen Vater), keine weiteren Liegenschaften in Österreich besessen hat, war festzustellen, dass es sich bei der geschenkten Liegenschaft um die verfahrensgegenständliche Liegenschaft ***EZ, KG*** (Hälfteanteil der Mutter) gehandelt hat. Es ist somit auf Basis des festgestellten Sachverhaltes festzuhalten, dass die Mutter des Beschwerdeführers mit Schenkungsvertrag vom den verfahrensgegenständlichen Hälfteanteil der Liegenschaft ***EZ, KG*** im Schenkungswege an den Beschwerdeführer übertragen hat.

Es konnte festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer für den an ihn schenkungsweise übertragenen Hälfteanteil eine Schenkungssteuer in der Höhe von ATS 6.877,- mit Schenkungssteuerbescheid vom vorgeschrieben wurde.

Ein später ergangener Bescheid derogiert einem früher in dieser Sache ergangenen Bescheid (zB , 0079; ). Bis zur Aufhebung des wegen entschiedener Sache rechtswidrigen Bescheides verdrängt er den früheren Bescheid; der verdrängte Bescheid lebt bei Aufhebung des späteren Bescheides wieder auf (zB ; vgl dazu auch Ritz, BAO7 § 92 Rz 4).

Eine ersatzlose Aufhebung (als meritorische Beschwerdeerledigung) darf nur erfolgen, wenn in dieser Sache keine weitere Entscheidung in Betracht kommt (zB ; , 2011/16/0148; , Ro 2016/16/0004; , Ra 2018/16/0055; vgl dazu auch Ritz, BAO7 § 279 Rz 5). Dies ist zB der Fall bei Bescheiden, die gegen den Grundsatz verstoßen, dass über ein und dieselbe Verwaltungssache nur einmal rechtskräftig zu entscheiden ist (ne bis in idem - vgl dazu Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3 zu § 279 Rz 6 mit weiteren Judikaturhinweisen).

Da auf Basis des festgestellten Sachverhaltes der Hälfteanteil an der Liegenschaft ***EZ, KG***, der im Eigentum der verstorbenen Mutter des Beschwerdeführers stand, bereits zu Lebzeiten der Mutter mit Schenkungsvertrag vom an den Beschwerdeführer übertragen wurde, war die bescheidmäßige Vorschreibung einer Erbschaftssteuer für eine "neuerliche" Grundstücksübertragung derselben Liegenschaft nicht gerechtfertigt. Ob die gegenständliche Liegenschaft letztlich auf Grund des Schenkungsvertrages grundbücherlich dem Beschwerdeführer einverleibt wurde oder nicht, kann im gegenständlichen Verfahren keinen Unterschied machen. Mit Schenkungsvertrag vom wurde der Hälfteanteil der Liegenschaft ***EZ, KG*** von der Mutter an den Beschwerdeführer im Schenkungswege übertragen. Für diese Schenkung wurde dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom Schenkungssteuer vorgeschrieben. Eine neuerliche Festsetzung von Erbschaftssteuer war nicht gerechtfertigt, da über diese Verwaltungssache (Übertragung eines Hälfteanteiles an einer Liegenschaft) bereits mit Schenkungssteuerbescheid vom rechtskräftig abgesprochen wurde. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die gegenständliche Entscheidung wurde rein auf der Basis des festgestellten Sachverhaltes und der dargestellten Beweiswürdigung getroffen. Es liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, da von der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen und die Entscheidung anhand der dargestellten Beweiswürdigung getroffen wurde.

Graz, am

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