Direktvorschreibung KESt
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin BE in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch HOSP, HEGEN & PARTNER Rechtsanwälte, Hellbrunner Straße 9A, 5020 Salzburg, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Kapitalertragsteuer 2008, Steuernummer
***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Bescheid vom setze das Finanzamt beim Beschwerdeführer (Bf) für den Zeitraum 2008 für eine verdeckte Ausschüttung iHv 150.000 Euro bei der ***1*** GmbH, deren alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer der Bf war, 25 % Kapitalertragsteuer, das sind 37.500 Euro, fest. Zur Begründung führte das FA aus, dass die Kapitalertragsteuer dem Empfänger der Kapitalerträge direkt vorzuschreiben sei, wenn der zum Abzug Verpflichtete die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt habe oder der Empfänger wisse, dass der Schuldner die einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt habe. Unter Hinweis auf die Entscheidungen des und vom , RV/5100083/2013 sei bei einer verdeckten Ausschüttung die Direktvorschreibung der Kapitalertragsteuer an den Empfänger der Kapitalerträge zwingend.
Gegen diesen Bescheid erhob der Bf fristgerecht Beschwerde und begründete diese im Wesentlichen damit, dass eine verdeckte Ausschüttung weder vorliege noch dem Bf zugeflossen sei.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das FA die Beschwerden als unbegründet ab und begründete ausführlich, warum beim angenommenen Sachverhalt eine verdeckte Ausschüttung vorliegen würde.
Darauf beantragte der Bf fristgerecht die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die belangte Behörde hat aufgrund von Feststellungen, die anlässlich einer bei der ***1*** GmbH durchgeführten Außenprüfung getroffen wurden, mit dem angefochtenen Bescheid Kapitalertragsteuer für eine verdeckte Ausschüttung (überhöhter Kaufpreis für eine vom Bf an die ***1*** GmbH, deren Gesellschafter-Geschäftsführer er ist, veräußerte Liegenschaft) festgesetzt.
Im Zuge dieser Außenprüfung wurde die Kapitalertragsteuer für die gegenständliche verdeckte Ausschüttung bereits der ***1*** GmbH mittels Haftungsbescheid vorgeschrieben.
Gegen die aufgrund der Außenprüfung ergangen Bescheide (ua. Körperschaftsteuerbescheid 2008 und Haftungsbescheid betreffend Kapitalertragsteuer 2008) wurde Beschwerde erhoben, die vom Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom , RV/6100154/2014, erledigt wurde.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Finanzamtsakten und ist insoweit unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
Gewinnanteile (Dividenden), Zinsen und sonstige Bezüge aus Aktien oder Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung zählen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 27 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 idgF).
Gemäß § 93 Abs. 1 EStG 1988 idgF wird bei inländischen Kapitalerträgen die Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben (Kapitalertragsteuer).
Gemäß § 95 Abs. 2 EStG 1988 idgF ist der Empfänger der Kapitalerträge Schuldner der Kapitalertragsteuer. Die Kapitalertragsteuer ist durch Abzug einzubehalten. Der zum Abzug Verpflichtete (Abs.3) haftet dem Bund für die Einbehaltung und die Abfuhr der Abgaben.
Gemäß § 95 Abs. 3 Z 1 EStG 1988 idgF ist bei inländischen Kapitalerträgen der Schuldner der Kapitalerträge zum Abzug der Kapitalertragsteuer verpflichtet.
Nach § 95 Abs. 5 EStG 1988 idgF ist die Kapitalertragsteuer ausnahmsweise dem Empfänger der Kapitalerträge direkt vorzuschreiben, wenn der zum Abzug Verpflichtete die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat, oder der Empfänger weiß, dass der Schuldner die einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt es im Falle verdeckter Ausschüttungen im Ermessen, ob die Haftung gegenüber der gewinnausschüttenden Körperschaft geltend gemacht wird oder eine unmittelbare Vorschreibung an den Empfänger der Kapitalerträge erfolgt (). Die Kapitalertragsteuer ist dabei grundsätzlich vom Schuldner der Kapitalerträge abzuführen. Nur "ausnahmsweise" wird der Empfänger der Kapitalerträge gemäß § 95 EStG 1988 in Anspruch genommen (vgl. ; VwGH26.1.2017, Ra 2015/15/0063; ).
Die Direktvorschreibung liegt somit im Auswahlermessen der Behörde und erfolgt im Sinne des § 20 BAO unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen. Unter Billigkeit versteht die ständige Rechtsprechung die Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei, unter Zweckmäßigkeit das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben.
Das Finanzamt hat im gegenständlichen Fall - ausgehend von der Annahme, dass bei verdeckten Ausschüttungen die Kapitalertragsteuer zwingend dem Empfänger der Kapitalerträge vorzuschreiben sei - diese dem Empfänger vorgeschrieben. Dabei blieb unberücksichtigt, dass die Kapitalertragsteuer in den Fällen des § 95 Abs. 5 Z 1 EStG 1988 idgF nur ausnahmsweise dem Empfänger vorzuschreiben ist.
Auch im Falle des Vorliegens einer verdeckten Ausschüttung, welche nachträglich im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung festgestellt wird, ist nicht von einer zwingend vorzunehmenden Direktvorschreibung an den Empfänger auszugehen.
Im gegenständlichen Fall hat das Finanzamt die Direktvorschreibung ohne die erforderliche Ermessensprüfung vorgenommen und zudem bereits zuvor mit Haftungsbescheid vom die Kapitalertragsteuer 2008 der ausschüttenden GmbH vorgeschrieben. Nachdem eine Gefährdung der Einbringlichkeit bei der GmbH nicht zu ersehen ist (vgl. ), bleibt für eine Direktvorschreibung der Kapitalertragsteuer an den Bf kein Raum.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. Das Bundesfinanzgericht folgt der im Erkenntnis dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 95 Abs. 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 93 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 95 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 95 Abs. 3 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.6100308.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at