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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.07.2023, RV/4100118/2023

Ist bei Bezugnahme auf den unrichtigen Lohnzettel für das begehrte "Politikerpauschale" eine Berichtigung gemäß § 293b BAO rechtmäßig

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Helga Woschank in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die gemäß 293b BAO ergangenen Einkommensteuerbescheide (Arbeitnehmerveranlagung) für die Jahre 2017 bis 2019 sowie gegen den Einkommensteuerbescheid für 2020, alle vom und erlassen vom Finanzamtes Österreich zu Steuernummer 57-627/9087 zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
Die Einkommensteuer wird festgesetzt mit
für 2017 in Höhe von Euro - 697,00, bisher war vorgeschrieben - 685,00;
für 2018 in Höhe von Euro - 335,00, bisher war vorgeschrieben - 284,00;
für 2019 in Höhe von Euro - 643,00, bisher war vorgeschrieben - 617,00;
für 2020 in Höhe von Euro - 90,00, bisher war vorgeschrieben - 64,00;

Die Bemessungsgrundlagen und die Ermittlung der Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Zu entscheiden ist, ob die Berichtigungsbescheide gemäß 293 b BAO zu Recht ergingen sowie über die Höhe des anzusetzenden "Politikerpauschales".

A. Verfahrensgang

1.1. Veranlagung:

In den eingereichten Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2017 bis 2020 beantragte der Beschwerdeführer (im Folgenden kurz Bf.) jeweils u.a. das Berufsgruppenpauschale für "Politiker" wie nachfolgend dargestellt zu berücksichtigen:

Bei der Position "Anzahl der Lohnzettel" führte der Bf. "2" an.
Das Finanzamt - als in diesem Verfahren belangte Behörde - erließ erklärungsgemäße Erstbescheide.

1.2. Erst nach Ergehen des Erstbescheides vom für das Jahr 2020, welcher nur die Pensionseinkünfte der BVAEB berücksichtigte und nach Einlangen eines Lohnzettels der Gemeinde betreffend die Bezüge als Gemeinderat, welcher - wie auch diejenigen für die Vorjahre - nicht für 12 Monate sondern für einen kürzeren Zeitraum ausgestellt worden war, stellte die belangte Behörde fest, dass die Berechnung des Berufsgruppenpauschales - auch für die Vorjahre - unzutreffenderweise auf den wesentlich höheren Pensionsbezügen fußte.

Sodann berichtigte die belangte Behörde mit Bescheiden vom die Einkommensteuerbescheide für 2017, 2018 und 2019 gemäß § 293b BAO, nahm das Verfahren betreffend Einkommensteuer 2020 gemäß § 303 Abs. 1 BAO wieder auf, legte der Bemessungsgrundlage für das Berufsgruppenpauschale die Bezüge laut Lohnzettel der Gemeinde zugrunde und kürzte die Höhe des Pauschales auf Basis der in den Lohnzetteln der Gemeinde angegebenen Zeiträume anteilsmäßig.

1.3. In der gegen dieEinkommensteuerbescheide für 2017, 2018, 2019 und 2020 erhobenen - und deren ersatzlose Aufhebung begehrenden - Beschwerde vom brachte der Bf. vor:

Die Aufrollung der bisherigen Veranlagungsjahre sei nicht auf eine offensichtliche Unrichtigkeit zurückzuführen, weshalb eine Berichtigung gemäß § 293b BAO nicht zulässig sei.
Zudem sei für den Bf. die Begründung, dass der Berichtigungsbescheid nicht an die Stelle der Bescheide vom , und trete, sondern diesen hinsichtlich eines Ausfertigungsfehlers betreffend Werbungskosten berichtige, widersprüchlich.

1.4. Die belangte Behörde begründete in den abweisenden Beschwerdevorentscheidungen vom betreffend 2017, sowie gleichlautend auch bezüglich 2018 und 2019:
"Abweichend zu Ihrem Beschwerdebegehren gegen den Einkommensteuerbescheid 2017, in welchem Sie ausführten, Ihre Abgabenerklärung völlig korrekt übermittelt zu haben, ist festzuhalten, dass Sie trotz des Dienstverhältnisses vom bis zum bei der "Gemeinde A", den Zeitraum betreffend der beantragten pauschalierten Werbungskosten als Politiker, ganzjährig angaben. Im Sinne des §293b Bundesabgabenordnung, kann die Abgabenbehörde von Amts wegen einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf die Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht. Aufgrund Ihrer inkorrekten Angabe innerhalb Ihrer Abgabenerklärung, bezüglich des oben genannten Zeitraumes, gilt jener Tatbestand als erfüllt. Diese offensichtliche Unrichtigkeit führte zur automatisationsunterstützten Zuordnung der Werbungskostenpauschale zum ebenso vorhandenen (falschen) Lohnzettel der Pensionsversicherungsanstalt, welcher sich über den ganzjährigen Zeitraum erstreckt. Ihre Beschwerde musste somit als unbegründet abgewiesen werden."

Auch die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2020 wurde mittels Beschwerdevorentscheidung vom unter Verweis auf die Begründungen in den Beschwerdevorentscheidungen der Vorjahre und darauf, dass für dieses Jahr keine Berichtigung gemäß § 293b BAO, sondern infolge des übermittelten und korrigierten Jahreslohnzettels der Gemeinde und aufgrund der relevanten steuerlichen Auswirkung eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO vorgenommen wurde, abgewiesen.

1.5. Mit Schriftsatz vom stellte der Bf. den Antrag, seine Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vorzulegen und monierte in der Beschwerdevorentscheidung werde ihm unterstellt, er habe den Zeitraum für die beantragten Werbungskosten mit "ganzjährig" inkorrekt angegeben. Er habe jedoch auf die Übermittlung der Lohnzettel seitens der Gemeinde keinen Einfluss. Er sei - für das ganze Kalenderjahr - gewähltes Mitglied des Gemeinderates.

1.6. Über Ersuchen der belangten Behörde übermittelte der Bf. eine Bestätigung der Gemeinde, wonach er in den Streitjahren Mitglied der Gemeindevertretung war.
Die Funktion eines Gemeinderates und somit die ganzjährige Ausübung der Tätigkeit stellte die belangte Behörde im Vorlagebericht nicht in Abrede, beantragte allerdings die Abweisung der Beschwerde.

1.7. Im Zuge der mündlichen Verhandlung wiederholte der Bf. sein Beschwerdevorbringen und ergänzte, dass es bis zum streitgegenständlichen Jahr 2017 keine Probleme mit dem Finanzamt, sprich bei der Berücksichtigung der Werbungskosten gegeben habe.
Er könne auf die Ausstellung der Lohnzettel durch die Gemeinde keinen Einfluss nehmen. Jedenfalls habe er keine unrichtigen Angaben gemacht, weshalb sich in den Abgabenerklärungen auch keine Unrichtigkeiten befinden, die übernommen hätten werden können.
Der Bf. beantragte die ersatzlose Aufhebung der Berichtigungsbescheide mangels Vorhandensein einer offensichtlichen Unrichtigkeit in den Abgabenerklärungen.
Die belangte Behörde verwies auf die ausführlichen Darlegungen im Vorlagebericht, stellte das Vorliegen einer ganzjährigen Tätigkeit nicht in Abrede und beantragte jeweils das Mindestpauschale iHv Euro 438,00 zu berücksichtigen.

B. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

I. Sachverhalt

1.1. Dem Bf. flossen in den Streitjahren Pensionseinkünfte seitens der BVA EB sowie für die ganzjährig ausgeübte Funktion eines (gewählten) Gemeindemandatars (Gemeinderat) Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit zu.

1.2. Die Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung des Bf. langten bei der belangten Behörde wie folgt ein:
für das Jahr 2017 am ,
für das Jahr 2018 am ,
für das Jahr 2019 am
für das Jahr 2020 am .
In diesen beantragte der Bf. das Berufsgruppenpauschale dadurch, dass er in der hierfür vorgesehenen Kennzahl "Zeiträume der Tätigkeit: Beginn - Ende" jeweils "01.01. -.." eines jeden Jahres eintrug. Des Weiteren bezog sich der Bf. durch Anführen des Wertes "2" bei dem dafür vorgesehenen Kästchen "Anzahl der Lohnzettel" jeweils auf den von der BVAEB als auch von der Gemeinde ausgestellten Lohnzettel.

1.3. Die Lohnzettelübermittlung fand datumsmäßig wie nachfolgend dargestellt statt:
Lohnzettel: 2017 2018 2019 2020
Gemeinde:
BVAEB:
In den von der Gemeinde übermittelten Lohnzetteln sind folgende Zeiträume ausgewiesen: nämlich vom bis (Bezüge laut Kennzahl 245: Euro 551,25), vom bis (Bezüge iHv Euro 450,00), vom bis (Bezüge iHv Euro 720,00) und vom bis (Bezüge iHv Euro 1.170,00).
In den Lohnzettel der BVA EB sind zu Kennzahl [245] jährliche Einkünfte zwischen rund Euro 29.500,00 (2017) bis 31.000 (2020) angeführt.

1.4. Am (für 2017), (für 2018), (für 2019) und am (für 2020) ergingen erklärungsgemäße Einkommensteuerbescheide. Im Zeitpunkt des Ergehens dieser Erstbescheide waren sowohl der Lohnzettel der BVAEB als auch jener der Gemeinde im elektronischen Akt des Bf. eingespielt gewesen (siehe oben).
Im Zuge der EDV-technischen Verarbeitung wurde als Bemessungsgrundlage für das begehrte Berufsgruppenpauschale basierend auf der - entgegen den in den Lohnzetteln der Gemeinde angeführten Zeiträume - vom Bf. ganzjährig bekanntgegebenen Tätigkeit für die Gemeinde jeweils der für ein volles Jahr ausgestellte Lohnzettel der BVA EB herangezogen.

1.5. Dem Einkommensteuerbescheid für 2020 vom lag nur der Lohnzettel der BVAEB zugrunde.
Nach Einspielen des Lohnzettels der Gemeinde am erließ die belangte Behörde die in Rede stehenden Berichtigungsbescheide (für 2017, 2018 und 2019) sowie den Wiederaufnahmebescheid für 2020 unter Zugrundelegung der in den Lohnzetteln der Gemeinde ausgewiesenen Bezüge für die Ermittlung des Berufsgruppenpauschales bei Vornahme einer anteilmäßigen Kürzung des Mindestpauschales von Euro 438,00 auf Grundlage der in den Lohnzetteln dargestellten Zeiträume.

II. Beweiswürdigung

Der dargelegte Sachverhalt fußt auf den vorgelegten Akten der belangten Behörde, auf der von der Richterin getätigten Einsichtnahme in den elektronischen Steuerakt des Bf. sowie den einliegenden Unterlagen und Dokumenten.

Dass der Bf. die Tätigkeit eines Gemeinderates ganzjährig ausübte, ergibt sich aus der übermittelten Bestätigung der Gemeinde und wird auch seitens der belangten Behörde nicht (mehr) bestritten.

Waren festgestelltermaßen vor Ergehen der Einkommensteuerbescheide vom (für 2017), (für 2018) und (für 2019) und am (für 2020) sowohl der Lohnzettel der BVAeB als auch der Gemeinde bei der belangten Behörde eingelangt und liegen diesen sowohl die Pensionseinkünfte als auch die seitens der Gemeinde erhaltenen Bezüge zugrunde, steht außer Streit, dass jeweils beide Lohnzettel der belangten Behörde im Zeitpunkt des Ergehens der zu berichtigenden Bescheide vorlagen.
Gab der Bf. selbst die Anzahl der Lohnzettel mit "2" bekannt, so nahm er dadurch ohne Zweifel Bezug auf den von der BVAEB als auch von der Gemeinde ausgestellten Lohnzettel. Die Lohnzettel sind solcherart gleich wie Beilagen zu den Abgabenerklärungen anzusehen.

III. Rechtliche Beurteilung

1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

1.1. Verfahrensrechtlicher Aspekt - Rechtsgrundlagen

§ 293b BAO bestimmt:
"Die Abgabenbehörde kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht."

§ 293b BAO wurde mit BGBl 1989/660 in die BAO eingefügt.
Dem Bericht des Finanzausschusses zum Abgabenänderungsgesetz 1989, mit welchem die Bestimmung § 293b BAO begründet wurde (AB 1162 BlgNR 17. GP, 15-16) ist zu entnehmen, dass diese zur Beseitigung offensichtlicher Unrichtigkeiten, die ohne weitere Erhebungen erkennbar sind, geschaffen wurde. Keinesfalls soll es zulässig sein, Bescheide wegen Umständen, die erst nach diesbezüglichen Erhebungen feststellbar wären, gestützt auf die neu zu schaffende Regelung zu berichtigen. Diese neue Bestimmung soll der Gleichmäßigkeit der Besteuerung dienen und dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit gegenüber jenem der Rechtsbeständigkeit den Vorrang einräumen, was insbesondere bei der Ermessensübung zu berücksichtigen ist ().
Die Unrichtigkeiten müssen aus den Abgabenerklärungen (einschließlich Beilagen) selbst oder aus diesen in Verbindung mit der übrigen Aktenlage erkennbar sein (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 293b Anm 9 (Stand , rdb.at) mit Verweis auf ).
Stoll setzt hinsichtlich der Qualifizierung als offensichtliche Unrichtigkeit voraus, dass sie ohne nähere Untersuchungen im Rechtsbereich und ohne Ermittlungen im Tatsachenbereich deutlich erkennbar ist (Stoll, BAO-Kommentar, 1994, S 2831).

Nach stR des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine offensichtliche Unrichtigkeit vor, wenn sie ohne nähere Untersuchungen im Rechtsbereich und ohne weitere, über den vorliegenden Akteninhalt hinausreichende, Ermittlungen im Tatsachenbereich deutlich erkennbar ist, das heißt, dass die Unrichtigkeit der in der Abgabenerklärung vertretenen Rechtsauffassung für die Behörde klar erkennbar gewesen wäre, wenn sie die Abgabenerklärung diesbezüglich geprüft hätte (zB ).

Als maßgeblicher Zeitpunkt, zu welchem die Unrichtigkeit zu beurteilen ist, ist der Zeitpunkt der Erlassung des zu berichtigenden Bescheides heranzuziehen.
Bei einem Widerspruch zwischen Angaben in der Abgabenerkärung und der Aktenlage sind nur die Akten des betreffenden Verfahrens maßgebend (Ritz, BAO6, § 293b, Rz 5).
Demzufolge muss sich die offensichtliche Unrichtigkeit aus den Erklärungen und dem Verwaltungsakt des betreffenden Steuerpflichtigen ergeben.

In der Begründung des berichtigenden Bescheides ist das Vorliegen der Voraussetzungen des § 293b BAO darzulegen. Dies ist auch deshalb wesentlich, weil der von der Abgabenbehörde verwendete Berichtigungsgrund im Beschwerdeverfahren nicht ausgetauscht werden kann.

Streitgegenständlich folgt:

1. Zu beantworten ist die Frage, ob im Zeitpunkt der Bescheiderlassung der zu berichtigenden Bescheide vom (für 2017), (für 2018) und (für 2019) aus der Sicht der belangten Behörde eine offensichtliche Unrichtigkeit aus den Abgabenerklärungen übernommen wurde, die die Rechtswidrigkeit der berichtigten Bescheide bewirkte.
Zu prüfen ist demnach, ob die von der belangten Behörde in allen Berichtigungsbescheiden dargelegte Begründung "Die Änderung war erforderlich, da die Werbungskostenpauschale für Politiker vom falschen Lohnzettel (Pension) berechnet wurde" als für die gemäß § 293b BAO vorgenommene Berichtigung den gerade dargelegten Überlegungen gerecht wird.

2. Entsprechend dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2014/15/0015, kann eine offensichtliche Unrichtigkeit auch vorliegen, wenn Abgabenerklärungen mit aktenkundigen Umständen unvereinbar sind (ebenso ). Im zuerst genannten Erkenntnis wird weiters dargelegt:
"11 Die offensichtliche Unrichtigkeit im Sinn des § 293b BAO muss sich aus den Erklärungen und dem Verwaltungsakt des betreffenden Steuerpflichtigen ergeben ( )."

3. Dass die Lohnzettel seitens der Gemeinde nicht für volle Kalenderjahre, sondern für kürzere nicht 12 Monate umfassende Zeiträume erstellt wurden, steht nicht im Einklang mit dem vom Bf. angegebenen Zeiträumen und liegt darin eine Divergenz zwischen den vom Bf. gemachten Angaben in den Formularen zur Arbeitnehmerveranlagung zu den für die Streitzeiträume übermittelten Lohnzettel der Gemeinde, auf welche der Bf. in den Erklärungen unstrittig Bezug nimmt, wie die jeweilige Angabe bei der Anzahl der Lohnzettel mit "2" dokumentiert.

4. Gerade diese aufgezeigte Divergenz führte zu einer unzutreffenden Zuordnung und Berechnung der Höhe des begehrten "Politikerpauschales".
Hätte die Behörde vor Erlassung der Erstbescheide eine Prüfung vorgenommen, wäre sofort hervorgestochen, dass nicht die im Lohnzettel der BVAEB ausgewiesene Bemessungsgrundlage, sondern dass die im Lohnzettel der Gemeinde dargestellten Beträge für die Berechnung des Berufsgruppenpauschales heranzuziehen sind.
Aus der Sicht der belangten Behörde war also - ohne die Vornahme jeglicher weiterer Erhebungen - erkennbar gewesen, dass die Daten aus dem Lohnzettel der Gemeinde zur Ermittlung der Höhe des Politikerpauschales relevant sind.

5. Lagen den zu berichtigenden Bescheiden für 2017, 2018 und 2019 sowohl der ganzjährig ausgestellte Lohnzettel der BVAEB sowie jener der Gemeinde, in welchen der unter Sachverhalt dargestellte "unterjährige" Zeitraum ausgewiesen war, vor, und erfolgte die Berechnung des "Politikerpauschales" unter Bezugnahme auf die im ganzjährig ausgestellten Lohnzettel der BVAEB ausgewiesenen Bemessungsgrundlagen, so führte dies im Zuge der eDV-technischen Verarbeitung zur Zugrundelegung der unzutreffenden (und wesentlich höheren) Beträge aus dem ganzjährig ausgestellten Lohnzettel der BVAEB, welche Tatsache für die belangte Behörde, wie bereits gerade ausgeführt, ohne Vornahme weiterer Erhebungen bei Einsichtnahme in die vorliegenden Akten ohne Zweifel erkennbar war.

6. Durch die Bezugnahme auf die falschen Lohnzettel und auf die sich aus diesen ergebenden Bemessungsgrundlagen errechnete sich ein viel zu hohes Politikerpauschale, welches zur Verringerung der errechneten Einkommensteuer führte.
Die vollständige Übernahme der Erklärungsdaten führte demzufolge zu rechts - und tatsachenwidrigen Sachbescheide.
Die "erklärungsgemäß" ergangenen Erstbescheide erwiesen sich daher als rechtswidrig.

7. Liegen die Voraussetzungen des § 293b BAO für eine Berichtigung vor, so liegt sie im Ermessen. Bei der Ermessensübung ist dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit einzuräumen. Unter dem Aspekt der Zweckmäßigkeit im Sinne des § 20 BAO ist das aus Art. 126b B-VG ableitbare Gebot der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Vollziehung zu beachten. Unter diesem Gesichtspunkt ist vor allem auf die Höhe der steuerlichen Auswirkungen, das heißt auf die Frage der Geringfügigkeit abzustellen.
Da die aus den vorgenommenen Berichtigungen resultierenden "Nachforderungen" iHv rund Euro 780,00 (2017), 820,00 (2018) und 790,00 (2019) keineswegs als geringfügig zu beurteilen sind, sind die Berichtigungen - dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit folgend - als zweckmäßig zu erkennen. Dazu ist anzumerken, dass sich die angeführten Nachforderungsbeträge durch das streitgegenständliche Erkenntnis minimal verringern (um Beträge zwischen Euro 12,00 und 51,00, in Summe um Euro 115,00).

8. Ergänzend ist festzuhalten, dass es unmaßgebend ist, ob die Übernahme der Unrichtigkeit auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist. Nach ständiger Rechtsprechung kommt es nämlich auf das Ausmaß der Aufmerksamkeit oder Vernachlässigung der gebotenen Sorgfalt der Behörde nicht an (vgl. , ).

9. Die gemäß § 293b BAO vorgenommene Berichtigung der Einkommensteuerbescheide vom , und vom ist infolge der Übernahme einer offensichtlichen Unrichtigkeit aus den vom Bf. eingereichten Abgabenerklärungen und den - einen Inhalt bzw. Beilage dieser Erklärungen bildenden - Lohnzettel, welche zum Ansatz einer unrichtigen Höhe des Politikerpauschales sowie zur Verringerung der festzusetzenden Einkommensteuer und somit zur Rechtswidrigkeit der zu berichtigenden Bescheide führte, als iSd § 293b BAO rechtmäßig erfolgt zu beurteilen.
Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen erweist sich als nicht gerechtfertigt.

2.1. Höhe der Werbungskosten

2.2. Rechtsgrundlagen

[...]

Laut § 2 der Verordnung sind Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Pauschbeträge die Bruttobezüge abzüglich der steuerfreien Bezüge, soweit diese nicht wie ein laufender Bezug nach dem Lohnsteuertarif zu versteuern sind (Bruttobezüge gemäß Kennzahl 210 abzüglich der Kennzahlen 215 und 220 des L 16). Bei nicht ganzjähriger Tätigkeit sind die sich aus § 1 ergebenden Beträge anteilig zu berücksichtigen.

2.3. Rechtlich folgt:

Konnte der Beschwerdeführer mit der Einbringung der ganzjährigen Tätigkeitsbestätigung durch die "Gemeinde A" belegen, dass er ganzjährig als Gemeinderatsmitglied seinen Rechte und Pflichten nachging, steht ihm nach der o.a. Verordnung für seine Tätigkeit als Gemeinderat jährlich ein Pauschaule iHv 15% der Bemessungsgrundlage oder mindestens Euro 438 zu.
Aufgrund der unter Punkt B I. (Sachverhalt) dargestellten Höhe der vom Bf. von der Gemeinde erhaltenen Bezüge sind ihm jährlich der Mindestpauschalbetrag von Euro 438,300 zu gewähren.
In diesem Umfang war der Beschwerde (im Gesamten somit teilweise) stattzugeben.
Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Die Einkommensteuer ermittelt sich den beigefügten Berechnungsblättern entsprechend wie folgt (Anmerkung: aus EDV-technischen Gründen scheint "Entwurf" auf):

Für 2017:

[...]

Für 2018:

[...]

Für 2019:

[...]

Für 2020:

[...]

2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da es sich bei der Frage, ob der Bf. als Gemeinderat ganzjährig tätig war, eine auf Sachverhaltsebene zu klärende Frage handelt, ist keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu beantworten.
Dieses Erkenntnis weicht nicht von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Vornahme von Berichtigungen gemäß § 293b BAO ab.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 17 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 293b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Höhe "Politkerpauschale"
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.4100118.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at