Parkometerabgabe-Vorschreibung bei der Zulassungsbesitzerin
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Diana Sammer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Referat Parkometerabgabe und Abgabenstrafen,
- MA 6/ARP-V-***1*** vom betreffend Vorschreibung der Parkometerabgabe für das Abstellen des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen ***2*** im Zeitraum , 14:48 Uhr bis , 20:42 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Wien 5, ***3***
- MA 6/ARP-V-***4*** vom betreffend Vorschreibung der Parkometerabgabe für das Abstellen des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen ***5*** im Zeitraum , 12:28 Uhr bis , 21:15 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Wien 2, ***6***
zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 Abs 1 Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerden der Beschwerdeführerin (Bf) gegen die Bescheide vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Den gleichzeitig übermittelten Beschwerdeakten der belangten Behörde ist Folgendes zu entnehmen:
1.Zu MA 6/ARP-***1***
Zahlungsaufforderung
Mit Zahlungsaufforderung des Magistrates der Stadt Wien (in der Folge kurz: belangte Behörde) vom wurde der Fa. ***Bf1*** (in der Folge kurz Bf.) für das Abstellen des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen ***2*** für den Zeitraum vom , 14:48 Uhr bis , 20:42 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Wien 5, ***3*** (Gültigkeit der Kurzparkzone Mo-Fr (w) 09:00-22:00) in Höhe von € 68,25 vorgeschrieben.
Mit Schreiben vom erhob die Bf. dagegen Einspruch mit der Begründung, die Daten des verantwortlichen Mieters am bereits mitgeteilt zu haben. Die Bf. übersandte dabei die im Zuge der Lenkererhebung zu MA67 ***7*** an den Magistrat der Stadt Wien - Parkraumüberwachung übermittelten Daten des Fahrzeuglenkers.
Bekämpfter Bescheid
Mit Bescheid vom wurde für das Abstellen des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen ***2*** Parkometerabgaben vorgeschrieben:
Abstellzeitraum und - ort:
, 14:48 Uhr bis , 20:42 Uhr in Wien 5, ***3***
Berechnung des zu entrichtenden Betrages:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Datum | Von (Uhrzeit) | Bis (Uhrzeit) | Dauer (Std) | Betrag |
Do, | 14:45 | 22:00 | 07:30 | 15,75 € |
Fr, | 09:00 | 22:00 | 13:00 | 27,30 € |
Mo, | 09:00 | 20:45 | 12:00 | 25,20 € |
Summe | 32:30 | 68,25 € |
Begründend wurde ausgeführt:
"§ 1 Parkometerabgabeverordnung zufolge ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO 1960) eine Abgabe zu entrichten. Gemäß § 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung des Wiener Gemeinderates, ABI. für Wien Nr. 51/2005, in der jeweils gültigen Fassung, ist für jedes mehrspurige Kraftfahrzeug, das in einem Gebiet abgestellt wird, für das eine Abgabepflicht besteht, bei Beginn des Abstellens eine Abgabe zu entrichten. Zur Entrichtung der Abgabe sind der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Die Abgabe betrug gemäß § 2 dieser Verordnung für jede halbe Stunde Abstellzeit EUR 1,05, wobei für angefangene halbe Stunden der volle Abgabebetrag zu entrichten ist. Die Abgabe gilt mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung (Handy Parken) als entrichtet.
Die o.a. Kurzparkzone waren in den Vorschreibungszeiträumen verordnet und ordnungsgemäß durch Aufstellung der betreffenden Straßenverkehrszeichen gem. § 52 lit. a Z. 13d und 13e der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) kundgemacht.
Im vorliegenden Fall geht aus Organstrafverfügung bzw. Anzeige von Parkraumüberwachungsorganen hervor, dass das in Rede stehende Fahrzeug im genannten Zeitraum in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt und weder mit gültig entwerteten Parkscheinen gekennzeichnet war, noch elektronische Parkscheine aktiviert waren weshalb die Abgabe amtlich festzusetzen war.
Die ***Bf1*** war zum Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenschuld Zulassungsbesitzerin des oben genannten Fahrzeuges. Im Zuge der Lenkererhebung hab diese der Magistratsabteilung 67 bekannt, dass das Fahrzeug im gegenständlichen Zeitraum Herrn ***8***, geb. ***9***, wohnhaft in ***10***, Litauen zum Lenken überlassen war. Da Herr ***8*** laut Zentralmelderegister in Österreich nicht gemeldet ist, wurde der ***Bf1*** daher gemäß § 1 Abs. 3 Parkometergesetz 2006 mittels formloser Zahlungsaufforderung vom die Parkometerabgabe vorgeschrieben.
Mit Schreiben vom hat die ***Bf1*** auf die gegenständliche Zahlungsaufforderung Bezug genommen und im Wesentlichen mitgeteilt, dass sie die Daten des verantwortlichen Mieters am bereits mitgeteilt und seitdem keine Rückmeldung darüber erhalten hätte, dass die Fahrerbenennung abgelehnt worden wäre.
Dies war als Bestreitung der Abgabepflicht betreffend der gegenständlichen Zahlungsaufforderung zu werten.
Im gegenständlichen Fall wird kein Verwaltungsstrafverfahren, sondern auf Grund der Verwirklichung eines Abgabentatbestandes ein Abgabenbemessungsverfahren (Nachverrechnung der Parkgebühr) geführt. Es ist somit nicht das Verwaltungsstrafgesetz, sondern die Bundesabgabenordnung anzuwenden. Im Abgabenverfahren ist - anders als im Verwaltungsstrafverfahren das Verschulden des Abgabepflichtigen nicht relevant. Es bildet keine Voraussetzung zur Entstehung des Abgabenanspruches.
Nach § 4 Abs. 1 Bundesabgabenordnung entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschrift die Abgabepflicht knüpft. Die Parkometerabgabe ist dann zu entrichten, wenn ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in der Kurzparkzone abgestellt wird. Der Abstellort befand sich im jeweiligen Vorschreibungszeitraum innerhalb eines ordnungsgemäß kundgemachten Kurzparkzonenbereiches.
Gemäß § 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung des Wiener Gemeinderates entsteht die Abgabepflicht bereits bei Beginn des Abstellens. Da der Tatbestand - Abstellung eines mehrspurigen Fahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone - verwirklicht wurde, besteht der Abgabenanspruch für die gesamte Dauer der Abstellungen.
Gemäß § 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung sind zur Entrichtung der Abgabe der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Demnach sind der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer Gesamtschuldner der Parkometerabgabe.
Die Inanspruchnahme von Gesamtschuldnern liegt im Abgabenrecht im Ermessen des Abgabengläubigers ( Zl. 93/17/0084). Es liegt im Ermessen der Behörde, ob sie das Leistungsgebot an einen der Gesamtschuldner und an welchen Gesamtschuldnern oder an mehrere oder an alle Gesamtschuldner richten will ( Zl. 91/17/0190).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist zwar primär der Lenker des Fahrzeuges zur Gebührenentrichtung heranzuziehen. Dieser ist nicht nur näher dem Tatgeschehen, sondern kann den maßgebenden Sachverhalt auch noch beeinflussen, indem er eben ordnungsgemäß die Parkgebühr entrichtet. Demnach gehe der Gesetzgeber davon aus, dass zunächst der Lenker eines Fahrzeuges die Parkgebühr zu entrichten hat (VwGH vom 22.Mörz 1999, Zl. 98/17/0160).
Der bekannt gegebene Fahrzeuglenker, Herr ***8***, ist im Ausland (Litauen) ansässig und laut Zentralmelderegister in Österreich nicht gemeldet. Zwischen der Republik Österreich und der Republik Litauen besteht kein Vertrag über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungs-(Abgaben)sachen, weshalb die Parkometerabgabe nicht von dem Lenker eingefordert werden kann. In diesem Fall liegt ein Ermessensspielraum der Behörde nicht mehr vor, das heißt, die Abgabe ist von demjenigen Gesamtschuldner einzufordern, bei dem die Einbringlichkeit gegeben ist (vgl. Zl. 84/17/0027 u.a.).
Im gegenständlichen Fall wird daher die Abgabe der ***Bf1*** als Zulassungsbesitzerin des gegenständlichen Fahrzeugs vorgeschrieben. Es steht ihr selbstverständlich frei, von dem Lenker des Fahrzeuges diese Abgabe im Regressweg einzufordern.
Die Inanspruchnahme der ***Bf1*** als Gesamtschuldnerin der im § 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung angeführten, grundsätzlich gleichrangigen Gesamtschuldner ist die einzige Möglichkeit für die Abgabenbehörde , ihrer Abgabenforderung nicht verlustig zu gehen.
Beim Verwaltungsstrafverfahren einerseits und beim Abgabenverfahren andererseits handelt es sich um zwei völlig unterschiedliche und voneinander getrennte Verfahren. Aus diesem Grund ist die Parkometerabgabe unabhängig davon zu entrichten, ob eine Verwaltungsübertretung begangen, ein Verwaltungsstrafverfahren eingestellt oder eine Geldstrafe verhängt wurde.
Die Vorschreibung der Parkometerabgabe ist keine (weitere) Verwaltungsstrafe, sondern die Nachverrechnung der Parkgebühr, die für den Zeitraum zu entrichten gewesen war, in dem das gegenständliche Kraftfahrzeug in der genannten gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne gültigen Parkschein abgestellt war, und erfolgt verschuldensunabhängig.
Die Höhe des zu bemessenden Abgabenbetrages liegt nicht im Ermessen der Abgabenbehörde, sondern errechnet sich aus der Abstellzeit in Verbindung mit dem Tarif pro halbe Stunde Abstellzeit. Es ist daher auch nicht möglich, die Höhe der festgesetzten Abgabe herabzusetzen."
Beschwerde vom
Mit als Beschwerde gewertete Eingabe vom erhob die Bf. fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom , übermittelte nochmals die Lenkerdaten sowie eine Kopie des Mietvertrages und führte aus, den Zeugenfragebogen/Strafzettel neuerlich erhalten zu haben. Das betroffene Fahrzeug sei zum entsprechenden Datum und Zeitpunkt vermietet gewesen. Es werde ersucht den Zeugenfragebogen/Strafzettel direkt an den Mieter zu senden.
Beschwerdevorentscheidung vom
Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom wurde die Beschwerde der Bf. als unbegründet abgewiesen und als Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es sei unbestritten, dass es sich bei dem im angefochtenen Bescheid bezeichneten Abstellort um eine gebührenpflichtige Kurzparkzone handle, ebenso, dass es sich bei dem im Spruch des Bescheides bezeichneten Fahrzeuges um ein mehrspuriges Kraftfahrzeug handle, dessen Zulassungsbesitzerin im gegenständlichen Zeitraum die Beschwerdeführerin gewesen sei. Auch der Abstellzeitraum werde von ihr grundsätzlich nicht in Abrede gestellt.
Im Hinblick auf die Judikatur des VwGH läge in diesem Fall - da der Lenker im Ausland ansässig sei und diesbezüglich kein Vertrag über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungs-(Abgaben)sachen bestehe - ein Ermessenspielraum der Behörde nicht vor, weshalb die Abgabe von demjenigen Gesamtschuldner einzufordern sei, bei dem die Einbringlichkeit gegeben sei. Aus diesem Grund sei die Abgabe der Bf. als Zulassungsbesitzerin (Halterin) vorgeschrieben worden.
Auf die im Bemessungsbescheid dargelegten Gründe für die Inanspruchnahme als Gesamtschuldnerin sei die Bf. inhaltlich nicht eingegangen. Es sei der Eindruck vermittelt worden, als habe sich die Bf. nicht mit der Begründung des Bemessungsbescheides auseinandergesetzt.
Die Inanspruchnahme der Bf. als Gesamtschuldnerin erfolge daher zu Recht, da die Einbringlichkeit der Abgabenschuld bei dem Lenker (Mieter) nicht gegeben gewesen sei.
Vorlageantrag
Am langte ein Schreiben der Bf. bei der belangten Behörde ein, mit welchem nochmals die Lenkerdaten hinsichtlich des Kfz mit dem Kennzeichen ***2*** übermittelt wurden.
Seitens der Behörde wurde die Bf. mittels Schreiben vom aufgefordert, bekanntzugeben, ob es sich bei der übermittelten Eingabe um ein Rechtsmittel handle und somit als Vorlageantrag für die Entscheidung der Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht zu werten sei.
Am übermittelte die Beschwerdeführerin ein weiteres Schreiben "Einspruch zur Ordnungswidrigkeit mit dem Aktenzeichen ***1***" und teilte mit das Schreiben vom erhalten zu haben.
Laut Aktenvermerk der belangten Behörde wurde zudem - erfolglos - versucht mit der Bf. telefonisch Kontakt aufzunehmen. Aufgrund dessen wurde die Bf. zur gegenständlichen Geschäftszahl nochmals schriftlich (postalisch und per E-Mail) am aufgefordert, mitzuteilen, ob es sich bei ihrem Schreiben vom um einen Vorlageantrag handle. Die Bf. ersuchte per Mail vom - bezugnehmend auf die E-Mail der belangten Behörde vom - darum die zwei Originalschreiben mit dem Aktenzeichen ***4*** und ***1*** getrennt zuzuschicken.
Durch die belangte Behörde wurde das am eingelangte Schreiben als Vorlageantrag gewertet.
2.Zu MA 6/ARP-***4***
Zahlungsaufforderung
Mit Zahlungsaufforderung der belangten Behörde vom wurde der Fa. ***Bf1*** (Bf.) für das Abstellen des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen ***5*** für den Zeitraum vom , 12:28 Uhr bis , 21:15 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Wien 2, ***6*** (Gültigkeit der Kurzparkzone Mo-Fr (w) 09:00-22:00) in Höhe von € 47,25 vorgeschrieben.
Mit Schreiben vom übermittelte die Bf. bezugnehmend auf das Schreiben der belangten Behörde zur GZ MA6-ARP-V ***4*** die Daten des Fahrzeuglenkers.
Bekämpfter Bescheid
Mit Bescheid vom wurde für das Abstellen des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen ***5*** Parkometerabgaben vorgeschrieben:
Abstellzeitraum und - ort:
, 12:28 Uhr bis , 21:15 Uhr in Wien 2, ***6***
Berechnung des zu entrichtenden Betrages:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Datum | Von (Uhrzeit) | Bis (Uhrzeit) | Dauer (Std) | Betrag |
Mo, | 12:15 | 22:00 | 10:00 | 21,00 € |
Di, | 09:00 | 21:15 | 12:30 | 25,25 € |
Summe | 22:30 | 47,25 € |
Begründend wurde ausgeführt:
"§ 1 Parkometerabgabeverordnung zufolge ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO 1960) eine Abgabe zu entrichten. Gemäß § 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung des Wiener Gemeinderates, ABI. für Wien Nr. 51/2005, in der jeweils gültigen Fassung, ist für jedes mehrspurige Kraftfahrzeug, das in einem Gebiet abgestellt wird, für das eine Abgabepflicht besteht, bei Beginn des Abstellens eine Abgabe zu entrichten. Zur Entrichtung der Abgabe sind der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Die Abgabe betrug gemäß § 2 dieser Verordnung für jede halbe Stunde Abstellzeit EUR 1,05, wobei für angefangene halbe Stunden der volle Abgabebetrag zu entrichten ist. Die Abgabe gilt mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung (Handy Parken) als entrichtet.
Die o.a. Kurzparkzone waren in den Vorschreibungszeiträumen verordnet und ordnungsgemäß durch Aufstellung der betreffenden Straßenverkehrszeichen gem. § 52 lit. a Z. 13d und 13e der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) kundgemacht.
Im vorliegenden Fall geht aus Organstrafverfügung bzw. Anzeige von Parkraumüberwachungsorganen hervor, dass das in Rede stehende Fahrzeug im genannten Zeitraum in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt und weder mit gültig entwerteten Parkscheinen gekennzeichnet war, noch elektronische Parkscheine aktiviert waren weshalb die Abgabe amtlich festzusetzen war.
Die ***Bf1*** war zum Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenschuld Zulassungsbesitzerin des oben genannten Fahrzeuges. Es wurde ihr daher gemäß § 1 Abs. 3 Parkometergesetz 2006 mittels formloser Zahlungsaufforderung vom die Parkometerabgabe vorgeschrieben.
Mit E-Mail vom wurde mitgeteilt, dass das Fahrzeug im gegenständlichen Zeitraum Herrn ***11***, geb. ***12***, wohnhaft in ***13***, Ukraine zum Lenken überlassen war.
Dies war als Bestreitung der Abgabepflicht betreffend der gegenständlichen Zahlungsaufforderung zu werten.
Hierzu wird Folgendes festgestellt:
Im gegenständlichen Fall wird kein Verwaltungsstrafverfahren, sondern auf Grund der Verwirklichung eines Abgabentatbestandes ein Abgabenbemessungsverfahren (Nachverrechnung der Parkgebühr) geführt. Es ist somit nicht das Verwaltungsstrafgesetz, sondern die Bundesabgabenordnung anzuwenden. Im Abgabenverfahren ist - anders als im Verwaltungsstrafverfahren das Verschulden des Abgabepflichtigen nicht relevant. Es bildet keine Voraussetzung zur Entstehung des Abgabenanspruches.
Nach § 4 Abs. 1 Bundesabgabenordnung entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschrift die Abgabepflicht knüpft. Die Parkometerabgabe ist dann zu entrichten, wenn ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in der Kurzparkzone abgestellt wird. Der Abstellort befand sich im jeweiligen Vorschreibungszeitraum innerhalb eines ordnungsgemäß kundgemachten Kurzparkzonenbereiches.
Gemäß § 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung des Wiener Gemeinderates entsteht die Abgabepflicht bereits bei Beginn des Abstellens. Da der Tatbestand - Abstellung eines mehrspurigen Fahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone - verwirklicht wurde, besteht der Abgabenanspruch für die gesamte Dauer der Abstellungen.
Gemäß § 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung sind zur Entrichtung der Abgabe der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Demnach sind der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer Gesamtschuldner der Parkometerabgabe.
Die Inanspruchnahme von Gesamtschuldnern liegt im Abgabenrecht im Ermessen des Abgabengläubigers ( Zl. 93/17/0084). Es liegt im Ermessen der Behörde, ob sie das Leistungsgebot an einen der Gesamtschuldner und an welchen Gesamtschuldnern oder an mehrere oder an alle Gesamtschuldner richten will ( Zl. 91/17/0190).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist zwar primär der Lenker des Fahrzeuges zur Gebührenentrichtung heranzuziehen. Dieser ist nicht nur näher dem Tatgeschehen, sondern kann den maßgebenden Sachverhalt auch noch beeinflussen, indem er eben ordnungsgemäß die Parkgebühr entrichtet. Demnach gehe der Gesetzgeber davon aus, dass zunächst der Lenker eines Fahrzeuges die Parkgebühr zu entrichten hat (VwGH vom 22.Mörz 1999, Zl. 98/17/0160).
Der bekannt gegebene Fahrzeuglenker, Herr ***11***, ist im Ausland (Ukraine) ansässig und laut Zentralmelderegister in Österreich nicht gemeldet. Zwischen der Republik Österreich und der Ukraine besteht kein Vertrag über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungs-(Abgaben)sachen, weshalb die Parkometerabgabe nicht von dem Lenker eingefordert werden kann. In diesem Fall liegt ein Ermessensspielraum der Behörde nicht mehr vor, das heißt, die Abgabe ist von demjenigen Gesamtschuldner einzufordern, bei dem die Einbringlichkeit gegeben ist (vgl. Zl. 84/17/0027 u.a.).
Im gegenständlichen Fall wird daher die Abgabe der ***Bf1*** als Zulassungsbesitzerin des gegenständlichen Fahrzeugs vorgeschrieben. Es steht ihr selbstverständlich frei, von dem Lenker des Fahrzeuges diese Abgabe im Regressweg einzufordern.
Die Inanspruchnahme der ***Bf1*** als Gesamtschuldnerin der im § 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung angeführten, grundsätzlich gleichrangigen Gesamtschuldner ist die einzige Möglichkeit für die Abgabenbehörde, ihrer Abgabenforderung nicht verlustig zu gehen.
Beim Verwaltungsstrafverfahren einerseits und beim Abgabenverfahren andererseits handelt es sich um zwei völlig unterschiedliche und voneinander getrennte Verfahren. Aus diesem Grund ist die Parkometerabgabe unabhängig davon zu entrichten, ob eine Verwaltungsübertretung begangen, ein Verwaltungsstrafverfahren eingestellt oder eine Geldstrafe verhängt wurde.
Die Vorschreibung der Parkometerabgabe ist keine (weitere) Verwaltungsstrafe, sondern die Nachverrechnung der Parkgebühr, die für den Zeitraum zu entrichten gewesen war, in dem das gegenständliche Kraftfahrzeug in der genannten gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne gültigen Parkschein abgestellt war, und erfolgt verschuldensunabhängig.
Die Höhe des zu bemessenden Abgabenbetrages liegt nicht im Ermessen der Abgabenbehörde, sondern errechnet sich aus der Abstellzeit in Verbindung mit dem Tarif pro halbe Stunde Abstellzeit. Es ist daher auch nicht möglich, die Höhe der festgesetzten Abgabe herabzusetzen."
Beschwerde vom
Mit Eingabe vom erhob die Bf. "Einspruch gegen die Ordnungswidrigkeit" gegen den Bescheid der belangten Behörde vom , übermittelte nochmals die Lenkerdaten und führte aus, die Mahnung erhalten zu haben und Einspruch gegen die Forderung erheben zu wollen. Die Daten des verantwortlichen Mieters seien bereits am mitgeteilt worden und hätte sie seitdem keine Rückmeldung darüber erhalten, dass die Fahrerbenennung abgelehnt worden sei.
Diese Eingabe wurde von der belangten Behörde als Beschwerde gewertet.
Beschwerdevorentscheidung vom
Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom wurde die Beschwerde der Bf. als unbegründet abgewiesen und als Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es sei unbestritten, dass es sich bei dem im angefochtenen Bescheid bezeichneten Abstellort um eine gebührenpflichtige Kurzparkzone handle, ebenso, dass es sich bei dem im Spruch des Bescheides bezeichneten Fahrzeuges um ein mehrspuriges Kraftfahrzeug handle, dessen Zulassungsbesitzerin im gegenständlichen Zeitraum die Beschwerdeführerin gewesen sei. Auch der Abstellzeitraum werde von ihr grundsätzlich nicht in Abrede gestellt.
Im Hinblick auf die Judikatur des VwGH läge in diesem Fall - da der Lenker im Ausland ansässig sei und diesbezüglich kein Vertrag über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungs-(Abgaben)sachen bestehe - ein Ermessenspielraum der Behörde nicht vor, weshalb die Abgabe von demjenigen Gesamtschuldner einzufordern sei, bei dem die Einbringlichkeit gegeben sei. Aus diesem Grund sei die Abgabe der Bf. als Zulassungsbesitzerin (Halterin) vorgeschrieben worden.
Auf die im Bemessungsbescheid dargelegten Gründe für die Inanspruchnahme als Gesamtschuldnerin sei die Bf. inhaltlich nicht eingegangen. Es sei der Eindruck vermittelt worden, als habe sich die Bf. nicht mit der Begründung des Bemessungsbescheides auseinandergesetzt.
Die Inanspruchnahme der Bf. als Gesamtschuldnerin erfolge daher zu Recht, da die Einbringlichkeit der Abgabenschuld bei dem Lenker (Mieter) nicht gegeben gewesen sei.
Vorlageantrag
Am langte ein Schreiben der Bf. unter Bezugnahme auf die verfahrensgegenständliche Aktenzahl bei der belangten Behörde mit der nochmaligen Übermittlung der Lenkerdaten sowie des Mietvertrages ein. Es wurde ausgeführt, den Zeugenfragebogen/Strafzettel neuerlich erhalten zu haben. Das betroffene Fahrzeug sei zum entsprechenden Datum und Zeitpunkt vermietet gewesen. Es werde ersucht den Zeugenfragebogen/Strafzettel direkt an den Mieter zu senden.
Seitens der Behörde wurde die Bf. mittels Schreiben vom aufgefordert, bekanntzugeben, ob es sich bei der übermittelten Eingabe um ein Rechtsmittel handle und somit als Vorlageantrag für die Entscheidung der Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht zu werten sei.
Am übermittelte die Beschwerdeführerin ein weiteres Schreiben "Einspruch zur Ordnungswidrigkeit mit dem Aktenzeichen ***1***" und teilte mit das Schreiben vom erhalten zu haben.
Laut Aktenvermerk der belangten Behörde wurde zudem - erfolglos - versucht mit der Bf. telefonisch Kontakt aufzunehmen. Aufgrund dessen wurde die Bf. zur gegenständlichen Geschäftszahl nochmals schriftlich (postalisch und per E-Mail) am aufgefordert, mitzuteilen, ob es sich bei ihrem Schreiben vom um einen Vorlageantrag handle. Die Bf. ersuchte per Mail vom - bezugnehmend auf die E-Mail der belangten Behörde vom - darum die zwei Originalschreiben mit dem Aktenzeichen ***4*** und ***1*** getrennt zuzuschicken.
Durch die belangte Behörde wurde das am eingelangte Schreiben als Vorlageantrag gewertet.
Vorlagen an das Bundesfinanzgericht
Jeweils mit Berichten vom zu den Geschäftszahlen MA 6/ARP-***1*** und MA 6/ARP-***4***, legte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6 - Referat Parkometerabgabe und Abgabenstrafen, die Beschwerden der Bf. gegen die Bescheide betreffend Vorschreibung der Parkometerabgabe des Magistrates der Stadt Wien dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte in seiner Stellungnahme aus:
"Da im Vorlageantrag kein neues Vorbringen erstattet wurde, wird auf die Begründung des Bemessungsbescheides bzw. der Beschwerdevorentscheidung verwiesen.
Darüber hinaus wird Folgendes angemerkt: Auf Grund der Beschwerdevorentscheidung langte am ein Schreiben der ***Bf1*** ein. Seitens der Behörde wurde nachgefragt, ob es sich hierbei um einen Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht handeln würde. Am übermittelte die Beschwerdeführerin ein Schreiben (siehe Blatt 22) mit dem Titel "Einspruch zur Ordnungswidrigkeit". Es wurde daher das am eingelangt Schreiben von der Abgabenbehörde als Vorlageantrag gewertet. Der Akt wird daher dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Auf die Übermittlung eines weiteren Schreibens an die ***Bf1*** wurde verzichtet. Anhand der Korrespondenzen mit dem Unternehmen wurde der Eindruck vermittelt, dass sich die Beschwerdeführerin mit den an sie gerichteten Schreiben nicht auseinander gesetzt habe."
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:
Die Bf war im Zeitraum vom , 14:48 Uhr bis , 20:42 Uhr Zulassungsbesitzerin des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit den behördlichen Kennzeichen ***2*** und im Zeitraum , 12:28 Uhr bis , 21:15 Uhr Zulassungsbesitzerin des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit den behördlichen Kennzeichen ***5***.
Das Fahrzeug mit dem Kennzeichen ***2*** war in dem oben angeführten Zeitraum an ***8*** vermietet. Der Lenker stellte das Fahrzeug in den gebührenpflichtigen Kurzparkzone Wien 5, ***3***, im oben angeführten Zeitraum ab, ohne es mit gültig entwerteten Parkscheinen zu kennzeichnen oder elektronische Parkscheine zu aktivieren.
Das Fahrzeug mit dem Kennzeichen ***5*** war in dem oben angeführten Zeitraum an ***11*** vermietet. Der Lenker stellte das Fahrzeug in den gebührenpflichtigen Kurzparkzone Wien 2, ***6***, im oben angeführten Zeitraum ab, ohne es mit gültig entwerteten Parkscheinen zu kennzeichnen oder elektronische Parkscheine zu aktivieren.
Mit Bescheid vom zur GZ MA 6/ARP-***1*** wurde der Bf als Zulassungsbesitzerin des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen ***2*** für das Abstellen ebendieses Fahrzeuges im Zeitraum vom , 14:48 Uhr bis , 20:42 Uhr, in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Wien 5, ***3***, Parkometerabgabe in Höhe von insgesamt 68,25 Euro vorgeschrieben.
Mit Bescheid vom zur GZ MA 6/ARP-***4*** wurde der Bf als Zulassungsbesitzerin des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen ***5*** für das Abstellen ebendieses Fahrzeuges im Zeitraum vom , 12:28 Uhr bis , 21:15 Uhr, in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Wien 2, ***6***, Parkometerabgabe in Höhe von insgesamt 47,25 Euro vorgeschrieben.
Die Abstellorte befanden sich in den o.a. Zeiträumen der Abstellung in einer vom Magistrat der Stadt Wien verordneten Kurzparkzone mit einer ohne Ausnahmebewilligung begrenzten Parkdauer von 3 Stunden von Montag bis Freitag zwischen 9:00 und 22:00 Uhr, wobei das Parken gebührenpflichtig ist.
Herr ***8*** ist laut Mietvertrag mit der Bf. wohnhaft in Litauen, Herr ***11*** ist laut Mietvertrag wohnhaft in der Ukraine. Abfragen im Zentralen Melderegister verliefen ergebnislos.
2. Beweiswürdigung
Das Bundesfinanzgericht hat Einsicht genommen in die von der belangten Behörde vorgelegten Aktenteile zu den Geschäftszahlen MA 6/ARP-***1*** und MA 6/ARP-***4***.
Der unstrittige Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und kann als erwiesen angenommen werden.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Rechtslage:
Da die Beschwerde zulässig ist, rechtzeitig eingebracht wurde und keine Erledigung in Beschlussform gemäß § 278 BAO zu ergehen hat, entscheidet das Bundesfinanzgericht gemäß § 279 BAO in der Sache selbst.
§ 4 Abs 1 BAO lautet:
Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.
§ 6 Abs 1 BAO lautet:
Personen, die nach Abgabenvorschriften dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, sind Gesamtschuldner (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, § 891 ABGB).
Gemäß § 891 ABGB haftet, wenn mehrere Personen ein und dasselbe Ganze zur ungeteilten Hand dergestalt versprechen, dass sich einer für alle, und alle für einen ausdrücklich verbinden, jede einzelne Person für das Ganze. Es hängt dann von dem Gläubiger ab, ob er von allen oder von einigen Mitschuldnern das Ganze oder nach von ihm gewährten Anteilen oder ob er es von einem einzigen fordern wolle.
§ 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung idF ABl für Wien Nr 51/2005 lautet:
(1) Für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO 1960) ist eine Abgabe zu entrichten.
(2) 1. der Begriff "Abstellen" umfasst sowohl das Halten im Sinne der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 Z 27 der StVO 1960, als auch das Parken im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 28 der StVO 1960 von mehrspurigen Kraftfahrzeugen;
2. der Begriff "Kraftfahrzeug" ist im Sinne der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 Z 1 des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967), BGBl. Nr. 267/1967, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 175/2004, zu verstehen.
(3) Die Bestimmungen der StVO 1960 sowie die Bestimmungen der darauf gestützten Verordnungen und Anordnungen werden durch diese Verordnung nicht berührt.
(4) Die Bemessung der Abgabe erfolgt durch formlose Zahlungsaufforderung.
§ 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung idF ABl für Wien Nr 46/2016 lautet:
Die Abgabe beträgt für jede halbe Stunde Abstellzeit 1,05 Euro, wobei für angefangene halbe Stunden der volle Abgabenbetrag zu entrichten ist. Beträgt die gesamte Abstellzeit nicht mehr als fünfzehn Minuten, ist ein Abgabenbetrag nicht zu entrichten, wenn der hiefür vorgesehene Parkschein vorschriftsmäßig angebracht und entwertet oder aktiviert ist.
§ 5 Wiener Parkometerabgabeverordnung idF ABl für Wien Nr 51/2005 lautet:
(1) Die Abgabe gilt mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.
(2) Zur Entrichtung der Abgabe sind der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken.
Abgabenanspruch
Den rechtlichen Bestimmungen ist zu entnehmen, dass jeder Verkehrsteilnehmer, der sein Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abstellt, die Verpflichtung trifft, im Zeitpunkt des Beginnes des Abstellens Parkscheine zu verwenden oder elektronische Parkscheine für die Dauer des Abstellens zu aktivieren, um damit die Abgabe zu entrichten. Ein Verkehrsteilnehmer, der diesem Gebot nicht entspricht, hat die Parkgebühr verkürzt.
Gemäß § 5 Abs 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung entsteht die Abgabepflicht bereits bei Beginn des Abstellens. Da der Tatbestand - Abstellung eines mehrspurigen Fahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone - verwirklicht wurde, besteht der Abgabenanspruch für die gesamte Dauer des Abstellens.
Der Begriff "Abstellen" umfasst sowohl das Halten als auch das Parken iSd § 2 Abs 1 Z 27 und 28 StVO (§ 1 Abs 1 und 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung). Damit unterliegt nicht nur das Verbringen eines Fahrzeuges in die Kurzparkzone, sondern auch das Belassen des Fahrzeuges ebendort der Parkometerabgabe.
Unbestritten blieb, dass sich der jeweilige bezeichnete Abstellort in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone befand und es sich bei dem jeweiligen verfahrensgegenständlichen Fahrzeug um ein mehrspuriges Kraftfahrzeug handelt.
Das jeweils gegenständliche Fahrzeug war aufgrund des festgestellten Sachverhalts im gesamten angegebenen Zeitraum in der Kurzparkzone abgestellt. Damit ist der Abgabentatbestand des § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs 1 BAO verwirklicht.
Da mangels Verwendung eines Parkscheines die Parkgebühr nicht entrichtet wurde, setzte die belangte Behörde die Abgabe gegenüber der Bf., wie oben dargestellt, fest.
Gegen die Berechnung der Parkometerabgabe brachte die Bf. nichts vor. Es steht diese zudem in Übereinstimmung mit § 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung.
Der Abgabenanspruch besteht demnach in der festgesetzten Höhe zu Recht.
Abgabenschuldner
Der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer sind gemäß § 5 Abs 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung Gesamtschuldner der Parkometerabgabe.
Wesen der Gesamtschuld ist, dass der Gläubiger die Mitschuldner nicht nur anteilsmäßig in Anspruch nehmen darf, sondern dass er auch die gesamte Schuld nur einem einzigen (einigen, allen) der Gesamtschuldner gegenüber geltend machen darf (Ritz/Koran, BAO7 § 6 Rz 2) und besteht in einer besonders starken Sicherung des Gläubigers ().
Es liegt im Ermessen der Behörde, ob sie das Leistungsgebot an einen der Gesamtschuldner und an welchen Gesamtschuldner oder an mehrere oder an alle Gesamtschuldner richten will, ob die Inanspruchnahme mit einem Teil oder dem gesamten offenen Betrag erfolgt bzw. der Zeitpunkt und die Reihenfolge der Heranziehung der einzelnen Gesamtschuldner (Ritz/Koran, BAO7 § 6 Rz 7).
Gemäß § 20 BAO müssen sich Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben, in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Bei Auslegung des § 20 BAO ist dabei dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" die Bedeutung von Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei und dem Begriff "Zweckmäßigkeit" das öffentliche Interesse insbesondere an der Einbringung der Abgaben beizumessen (). Aus Art 126b B-VG ist das Gebot der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Vollziehung ableitbar (Ritz/Koran, BAO7 § 20 Rz 9 mwN)
Ermessen des Abgabengläubigers eines Gesamtschuldverhältnisses bedeutet das Recht der Ausnützung jener Gläubigerschritte, die dazu führen, den Abgabenanspruch zeitgerecht, sicher, auf einfachstem Weg unter Umgehung von Erschwernissen und unter Vermeidung von Gefährdungen hereinzubringen ().
Ermessensentscheidungen sind zu begründen. Die Begründung hat die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen soweit aufzuzeigen, als dies für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (). Dies dient unter anderem dem Schutz vor Willkür und der rechtsstaatlichen Kontrolle ().
Eine ermessenswidrige Inanspruchnahme eines Gesamtschuldners läge allenfalls vor, wenn aushaftende Abgabenschulden von anderen Gesamtschuldnern ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeiten rasch hätten eingebracht werden können ().
Dass die aushaftenden Abgabenschulden vom jeweiligen Lenker rasch und ohne Schwierigkeiten hätten eingebracht werden können, wird auch von der Bf. nicht behauptet.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bleibt bei Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung bei dem anderen Gesamtschuldner (bei den anderen Gesamtschuldnern) für die Inanspruchnahme des verbleibenden Gesamtschuldners kein Spielraum für die Ermessenübung (; ; ).
Aufgrund des Nichtbestehens eines Vertrages über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungs-(Abgaben)sachen der Republik Österreich mit Litauen bzw. der Ukraine konnte die Parkometerabgabe durch die belangte Behörde nicht vom jeweiligen Lenker eingefordert werden.
Damit ist eine Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung beim jeweiligen Lenker gegeben und es stellt keine Rechtswidrigkeit dar, dass die belangte Behörde nicht versucht hat, die Parkometerabgabe bei dem jeweils bekannt gegebenen Lenker einzufordern.
Es liegt kein Ermessensspielraum der Behörde mehr vor, das bedeutet, die Abgabe ist von demjenigen Gesamtschuldner einzufordern, bei dem die Einbringlichkeit gegeben ist (vgl. Zl. 84/17/0027 u.a.).
Eine Vorschreibung der Parkometerabgabe gegenüber der Bf als Gesamtschuldnerin ist daher rechtmäßig.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Soweit Rechtsfragen zu lösen waren, weicht die Entscheidung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, die im Übrigen auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen ist. Auch liegen keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, sodass die Revision nicht zulässig ist.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Landesabgaben Wien |
betroffene Normen | § 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 5 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 § 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 § 4 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 6 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 891 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7400153.2021 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at