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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.06.2023, RV/4100508/2018

Doppelte Haushaltsführung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch MMag. Dr. Tanja Koller, Pöckau 232, 9601 Arnoldstein, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Spittal Villach vom betreffend Einkommensteuer 2016 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Strittig ist, wo sich der Familienwohnsitz des Beschwerdeführers befindet und ob in der Folge Kosten der doppelten Haushaltsführung im Jahr 2016 steuerlich zu berücksichtigen sind.

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer reichte am via Finanz online eine Arbeitnehmerveranlagung für 2016 ein und machte das Pendlerpauschale iHv. € 696,--, Pendlereuro iHv. € 62,--, Kosten für Familienheimfahrten iHv. € 3.672,-- sowie Kosten für doppelte Haushaltsführung iHv. € 13.851,46 geltend.

Mit Schreiben vom ersuchte die belangte Behörde u.a. die geltend gemachten Kosten für die doppelte Haushaltsführung bzw. der Familienheimfahrten anhand einer Aufstellung unter Vorlage von Belegen nachzuweisen sowie um Sachverhaltsdarstellung betreffend den Lebensmittelpunkt.

Nach Beantwortung des Ergänzungsersuchens mit Schreiben vom erließ die belangte Behörde den Einkommensteuerbescheid 2016 am , aufgrund dessen sich eine Nachzahlung iHv. € 4.268,-- ergab. Die Kosten für die doppelte Haushaltsführung wurden zur Gänze nicht anerkannt. Die Kosten für Familienheimfahrten für die Strecke Wien - Klagenfurt wurden mit dem höchstmöglichen Pendlerpauschale für neun Monate gewährt und das Pendlerpauschale für die Strecke ***Ort.K*** - Klagenfurt im Ausmaß von zwei Drittel für neun Monate analog des Pendlerrechners. Begründend führte die belangte Behörde zur Nichtanerkennung der Kosten für die doppelte Haushaltsführung in Wien im Bescheid aus, dass der Beschwerdeführer in seiner Beantwortung des Ergänzungsersuchens bekannt gegeben habe, dass er mit seiner Gattin seit 2013 in Wien lebe. Die belangte Behörde schloss daraus, dass sich somit der gemeinsame Familienwohnsitz in Wien befinde und der Wohnsitz in ***Ort.K*** nur aus privaten Gründen beibehalten worden sei.

Mit Schreiben vom erhob der Beschwerdeführer Beschwerde und brachte vor, dass er in ***Ort.K*** stets mit Hauptwohnsitz gemeldet gewesen sei und dort auch stets den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen gehabt habe. Er besitze in ***Ort.K*** ein Haus, in dem auch seine Mutter und Großmutter leben. Nach Abschluss seines Studiums in Wien im Jahr 2010 habe er sich zunächst selbstständig gemacht und in der Folge bis Ende 2013 in Klagenfurt gearbeitet. Ende 2013 entschloss er sich in Wien an der TU das Doktoratsstudium zu absolvieren. Daher habe er eine Arbeitsstelle an der TU Wien angenommen, weil seine Anwesenheit vor Ort in der Anfangsphase erforderlich gewesen sei. Aus diesem Grund habe er sich zu dieser Zeit eine Wohnung in Wien genommen, ohne jedoch seinen Lebensmittelpunkt im ***Ort.K*** aufzugeben. In dieser Zeit habe er auch seine heutige Ehegattin kennen und lieben gelernt, die ebenfalls in Wien studiert und die er am ***tt.mm.jjjj*** geheiratet habe. Er habe mit ihr eine studentische Beziehung geführt. Ende 2015 sei seine verstärkte Anwesenheitspflicht in Wien nicht mehr notwendig gewesen, deshalb habe er sich wieder Arbeit in Kärnten gesucht. Bis Ende 2016 sei er vertraglich noch an die TU in Wien gebunden gewesen. Im Jahr 2016 habe er sich ausschließlich beruflich bedingt in Wien aufgehalten.

Betreffend die Kosten für Familienheimfahrten zwischen Wien und Klagenfurt beantragte der Beschwerdeführer die Berücksichtigung mit dem höchsten Pendlerpauschale für zwölf Monate mit der Begründung, dass der arbeitgebereigene Pkw für Fahrten zwischen Wohnungen an zwei verschiedenen Dienstorten einer Anerkennung der Kosten für Familienheimfahrten nicht entgegenstehe.

Dem Ergänzungsersuchen der belangten Behörde nachkommend legte der Beschwerdeführer den Dienstvertrag mit dem Klagenfurter Dienstgeber und eine Arbeitgeberbestätigung vor, wonach der Beschwerdeführer im Jahr 2016 jeweils zwei Tage pro Woche am Dienstort in Klagenfurt anwesend gewesen sei. Daraufhin erließ die belangte Behörde am eine Beschwerdevorentscheidung, welche eine Einkommensteuer iHv. € 3.872,-- auswies. Der Berechnung der Einkommensteuer wurden nunmehr die Kosten für Familienheimfahrten, wie vom Beschwerdeführer beantragt, mit dem Höchstbetrag des Pendlerpauschales gedeckelt für zwölf Monate zugrundegelegt. Die Kosten für die doppelte Haushaltsführung wurden von der belangten Behörde nicht anerkannt. Die belangte Behörde begründete das damit, dass sowohl der Beschwerdeführer als auch seine Ehefrau in Wien beschäftigt gewesen und beide Ehepartner in Wien in der ***Bf1-Adr Wien*** gemeinsam aufrecht gemeldet seien und sich somit der Familienwohnsitz in Wien befunden habe.

Am langte der Vorlageantrag des Beschwerdeführers bei der belangten Behörde ein. Der Beschwerdeführer beantragte die Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und die Anerkennung der Kosten für die doppelte Haushaltsführung seiner Wohnung in Wien bzw. die geschätzten Kosten für eine ortsübliche Wohnung in Kärnten als Werbungskosten. Er habe seine Ehefrau erst im **mm jjjj*** geehelicht, sodass davor nicht von einem Familienwohnsitz gesprochen werden könne.

Auf schriftlichen Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes, seit wann der Beschwerdeführer in einer Lebensgemeinschaft mit ***LG*** ist, gab der Beschwerdeführer am bekannt, dass diese Lebensgemeinschaft seit 2016 bestehe. Weiters wurden die Kosten für den Wohnsitz in ***Ort.K*** aufgeschlüsselt.

Am fand vor dem Verwaltungsgericht ein Erörterungstermin statt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Dienstverhältnisse:

Der Beschwerdeführer war von bis bei der TU Wien beschäftigt, in den Jahren 2014 und 2015 im Rahmen einer Vollbeschäftigung, im Jahr 2016 im Rahmen einer Teilbeschäftigung iHv. 15 Wochenstunden. Die steuerpflichtigen Bezüge aus diesem Dienstverhältnis belaufen sich im streitgegenständlichen Jahr auf € 19.329,87. Der Dienstvertrag war bis Ende 2016 befristet, wobei eine Verlängerung im Rahmen einer Projektassistenz möglich gewesen wäre.

Ab war der Beschwerdeführer zusätzlich Dienstnehmer bei ***AS*** in 9020 Klagenfurt. Die wöchentliche Normalarbeitszeit in diesem Dienstverhältnis betrug ebenfalls 15 Stunden, wobei der Beschwerdeführer zwei Tage pro Woche am Dienstort in Klagenfurt anwesend war. Die steuerpflichtigen Bezüge aus diesem Dienstverhältnis belaufen sich auf € 22.947,75. Dieses Dienstverhältnis wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.

Wohnverhältnisse:

Der Beschwerdeführer war seit seiner Geburt bis mit Hauptwohnsitz in ***Bf1-Adr*** gemeldet.

Im streitgegenständlichen Jahr waren auch ***GM*** (Großmutter des Beschwerdeführers), geboren ***tt.mm.jjjj***, und ***M*** (Mutter des Beschwerdeführers), geboren ***tt.mm.jjjj***, an derselben Adresse hauptwohnsitzgemeldet. Die Großmutter des Beschwerdeführers wohnte im streitgegenständlichen Zeitraum im Pflegeheim.

Diese Liegenschaft wurde dem Beschwerdeführer im Jahr 2015 von seiner Mutter übergeben. Das sich auf dieser Liegenschaft befindliche Haus hatte eine Wohnfläche von ca. 240 m2 und bestand aus einem Kellergeschoss, wo sich die Küche des Beschwerdeführers befand, einem Erdgeschoss, das die Mutter des Beschwerdeführers bewohnte, und einem Obergeschoss, das der Beschwerdeführer nutzte. Dieses Obergeschoss war aufgeteilt in ein Schlafzimmer, ein Badezimmer, ein Gästezimmer, einen Ankleideraum, eine Abstellkammer und ein WC.

Der Beschwerdeführer hatte im streitgegenständlichen Jahr weiters einen Nebenwohnsitz in ***Bf1-Adr Wien*** (aufrecht von bis ).

Ebenfalls in ***Bf1-Adr Wien*** wohnte von bis ***LG***, geboren ***tt.mm.jjjj***. An dieser Adresse war der Nebenwohnsitz von ***LG*** gemeldet. ***LG*** hatte seit durchgehend einen Nebenwohnsitz in Wien gemeldet. Die Hauptwohnsitzmeldung von ***LG*** war bis ***LG- Adr***, danach bis in ***Bf1-Adr***.

Die Wohnung in ***Bf1-Adr Wien*** ist eine Mietwohnung. Der Mietvertrag wurde am , beginnend mit , befristet auf fünf Jahre, abgeschlossen. Mieter der gegenständlichen Wohnung waren sowohl der Beschwerdeführer als auch ***LG***. Die Wohnung bestand aus 69 m2 Wohnfläche zzgl. Balkon. Mitvermietet war ein Kellerabteil. Die Wohnung verfügte über 2 Schlafzimmer, eine Wohnküche, Bad, WC und eine Abstellkammer. Dem Beschwerdeführer stand ein Schlafzimmer allein zur Verfügung; Wohnküche, Bad, WC und Abstellkammer nutzte er gemeinsam mit ***LG***.

Kosten:

Im streitgegenständlichen Jahr fielen für die Liegenschaft in ***Ort.K*** Kosten iHv. € 1.275,-- für 2.500 l Heizöl und iHv. € 1.025,50 für Gemeindeabgaben, nämlich Wasserbezugsgebühr iHv. € 267,80 bei einem Wasserverbrauch von 206 m3, Müll Bereitstellungsgebühr iHv. € 12,50, Müllgebühr iHv. € 59,80, Zählermiete iHv. € 13,40, Kanalbenützungsgebühr iHv. € 319,30 bei einem Wasserverbrauch vom 206 m3, Kanal Bereitstellungsgebühr iHv. € 352,70, an. Die Aufwendungen für Heizöl wurden von der Mutter des Beschwerdeführers beglichen und endgültig getragen, die Kosten für die Gemeindeabgaben vom Beschwerdeführer.

Im Zusammenhang mit der Wohnung in 1160 Wien, Zwinzstraeße 1B/108 fielen im streitgegenständlichen Jahr Kosten iHv. € 11.635,06 für Miete inkl. Betriebskosten, iHv. € 705,60 für Strom, iHv. € 1.168,20 für Heizung und iHv. € 342,60 für Internet an. Das Internet wurde sowohl beruflich als auch privat genutzt. Die Beträge wurden vom Konto des Beschwerdeführers abgebucht. Ein Kostenersatz durch ***LG*** erfolgte abhängig von der Höhe ihres Verdienstes. Sie studierte und arbeitete in Wien. Wie hoch der Kostenersatz durch ***LG*** im streitgegenständlichen Jahr war, konnte nicht festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer und ***LG*** führten seit 2016 eine Lebensgemeinschaft. Die Eheschließung mit ***LG*** fand am ***tt.mm.jjjj*** statt.

Die Distanz zwischen der Arbeitsstelle in Klagenfurt und der Wohnadresse in Wien beträgt 296 km in eine Richtung und die Fahrtzeit über 3 Stunden.

2. Beweiswürdigung

Gem. § 167 Abs 2 BAO haben die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Der Sachverhalt hinsichtlich der Dienstverhältnisse gründet sich auf beigebrachte Unterlagen, auf Abfragen aus dem Abgabeinformationssytem sowie auf Aussagen des Beschwerdeführers. Die Feststellungen zu den Wohnverhältnissen in ***Ort.K*** und Wien ergeben sich aufgrund der Auszüge aus dem Zentralen Melderegister und aus den dahingehend glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers in Zusammenschau mit dem vorgelegten Mietvertrag betreffend die Wohnung in Wien und der Einsichtnahme in das Grundbuch betreffend die Liegenschaft in ***Ort.K***.

Die im Zusammenhang für das Haus in ***Ort.K*** im streitgegenständlichen Jahr angefallenen und vom Bundesfinanzgericht festgestellten Kosten sind aus den während des Erörterungstermins vorgelegten Rechnungen ersichtlich. Die Feststellung zur Kostentragung durch die Mutter des Beschwerdeführers ergab sich aus dem der Heizölrechnung angeschlossenen Überweisungsbeleg, wonach die Mutter des Beschwerdeführers den ausständigen Betrag in bar bei der Bank einbezahlt hat. Die Feststellung zur Kostentragung hinsichtlich der Gemeindeabgaben durch den Beschwerdeführer selbst ergibt sich aus den Abbuchungsbelegen, die den Endabrechnungen der Marktgemeine ***Ort.K*** beiliegen.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er sämtliche im Jahr 2016 angefallenen Kosten, ausgenommen Kosten der Pool- und Gartenarbeiten, im Zusammenhang mit dem Haus in ***Ort.K*** getragen habe, konnte das Bundesfinanzgericht nicht folgen, da entsprechende Nachweise nicht vorgelegt wurden. Auch eine Glaubhaftmachung dieser Vorgehensweise gelang dem Beschwerdeführer nicht. Insbesondere widerspricht diesem Vorbringen auch der Punkt V. des Übergabsvertrages, der ab Zeitpunkt der Übergabe lediglich die Tragung von sämtlichen Steuern und öffentlichen Abgaben durch den Beschwerdeführer explizit vorsieht. Die vorgelegten Rechnungen, die den Beschwerdeführer lediglich hinsichtlich der Gemeindeabgaben als Rechnungsempfänger, jedoch hinsichtlich aller anderen Kosten die Mutter ausweisen, korrespondieren mit der Kostentragungsregelung, wie sie im Übergabsvertrag festgelegt ist. Die zum Beweis des Mehraufwandes des Beschwerdeführers betreffend Stromkosten im Jahr 2016 vorgelegte Rechnung wies als Rechnungsdatum aus. Aufgrund des im Einkommensteuerrechts geltenden Zufluss/Abfluss Prinzips und der Stromrechnung, ausgestellt am , konnte dem Beschwerdeführer aus dieser Rechnung kein Mehraufwand im Jahr 2016 erwachsen. Im Übrigen war die Mutter des Beschwerdeführers wiederum Rechnungsempfängerin der Stromrechnung. Es erscheint dem Bundesfinanzgericht als wahrscheinlicher, dass der Beschwerdeführer lediglich Kosten iHv. € 1.025,50 (entspricht der Höhe der vorgeschriebenen Gemeindeabgaben) im Streitjahr zu tragen hatte.

Die für die Wohnung in Wien angefallenen Kosten ergeben sich aus vorgelegten Auszügen des Kontos des Beschwerdeführers sowie seinen Angaben im Rahmen des Erörterungstermins. Ebenfalls auf den Angaben des Beschwerdeführers fußt die Feststellung, dass der Kostenersatz durch ***LG*** von der Höhe ihres Verdienstes abhängig war.

Die Negativfeststellung hinsichtlich des Gesamtbetrages des Kostenersatzes durch ***LG*** im Streitjahr musste getroffen werden, da der Beschwerdeführer hierzu keinerlei Nachweise vorlegte und dazu auch keine konkreten Angaben machen konnte.

Dass der Beschwerdeführer mit ***LG*** seit 2016 eine Lebensgemeinschaft führt, ergibt sich aus der Vorbehaltsbeantwortung des Beschwerdeführers vom . In dieser gibt er an: "Mit Frau ***LG*** befinde ich mich seit 2016 in einer Lebensgemeinschaft." Weiters spricht für eine Lebensgemeinschaft, zumindest seit dem Jahr 2016, dass der Beschwerdeführer und ***LG*** am ***tt.mm.jjjj*** geheiratet haben und dass der Beschwerdeführer im ersten Schritt sämtliche monatlich anfallenden Kosten für die gemeinsame Mietwohnung in Wien übernahm und eine allfällige Übernahme eines Teils der Kosten durch ***LG*** von der Höhe ihres Verdienstes abhängig war. In einer Wohngemeinschaft von Studierenden oder von sonstigen Mitbewohnern ist diese Art der Kostenteilung sehr ungewöhnlich und widerspricht den allgemeinen Lebenserfahrungen. Ob der Beschwerdeführer mit ***LG*** schon vor 2016, nämlich bereits seit 2013 in einer Lebensgemeinschaft lebte, wie er es in einer zeitlich früheren Vorbehaltsbeantwortung, nämlich vom , ausführt (diese Aussage jedoch in seiner Beschwerde vom relativiert und als bloße "studentische" Beziehung beschreibt), ist für die Beurteilung des Sachverhaltes im Jahr 2016 nicht maßgeblich.

Der Behauptung des Beschwerdeführers, wonach sich sein Lebensmittelpunkt im Jahr 2016 in ***Ort.K*** befunden habe, folgte das Bundesfinanzgericht nicht, da der Beschwerdeführer außer den persönlichen Beziehungen zu seiner Mutter und zu seiner Großmutter keinerlei substantiiertes Vorbringen dahingehend erstattete. Vielmehr gelangte das Bundesfinanzgericht zur Ansicht, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen sowohl des Beschwerdeführers als auch seiner Lebensgefährtin (bzw. ab ***tt.mm.jjjj*** seiner Ehefrau) in Wien war, da dies der Ort war, wo sie einen gemeinsamen Hausstand unterhielten und gemeinsam lebten. Ein Wohnsitz der Lebensgefährtin am Hauptwohnsitz des Beschwerdeführers in ***Ort.K*** wurde von diesem zu keinem Zeitpunkt vorgebracht oder behauptet. Die Beibehaltung des Wohnsitzes in Wien durch den Beschwerdeführer auch nach Beendigung seiner beruflichen Tätigkeit in Wien bis Mitte 2021 stützt die Ansicht des Bundesfinanzgerichtes. Das Studium und die Berufstätigkeit der Lebensgefährtin in Wien sowie der langjährige Nebenwohnsitz der Lebensgefährtin in Wien (seit Ende 2003 durchgehend bis Mitte 2021) lassen ebenso auf einen Mittelpunkt der Lebensinteressen der Lebensgefährtin in Wien schließen.

Die Distanz zwischen dem Arbeitsort in Klagenfurt und der Wohnadresse in Wien basiert auf einer vom Bundesfinanzgericht getätigten google maps Abfrage.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I

Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 erster Satz EStG 1988 Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Nach § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden. Dasselbe gilt nach Z 2 lit. a dieser Gesetzesbestimmung für Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Haushaltsaufwendungen oder Aufwendungen für die Lebensführung sind demnach grundsätzlich nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehbar. Lediglich unvermeidbare Mehraufwendungen, die dem Abgabepflichtigen dadurch erwachsen, dass er am Beschäftigungsort wohnen muss und ihm die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort ebenso wenig zugemutet werden kann wie die tägliche Rückkehr zum Familienwohnsitz, sind als beruflich bzw. betrieblich bedingte Mehraufwendungen bei jener Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Die Obergrenze der abziehbaren Wohnungskosten ist mit der Höhe der Aufwendungen für eine zweckentsprechende Wohnung am Beschäftigungsort zu ziehen. In diesem Sinne unterliegen die tatsächlich angefallenen Wohnungskosten einer Angemessenheitsprüfung (vgl. , mwN).

Von einer doppelten Haushaltsführung wird gesprochen, wenn aus beruflichen Gründen zwei Wohnsitze geführt werden, und zwar einer am Familienwohnort (Familienwohnsitz) und einer am Beschäftigungsort (Berufswohnsitz) (vgl. Ebner in Jakom EStG, 2023, § 16 Rz 56 Stichwort "Doppelte Haushaltsführung"). Familienwohnsitz ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehepartner oder ein unverheirateter Steuerpflichtiger mit seinem in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partner einen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Personen bildet (vgl. ; , 96/15/0006). Besondere Bedeutung kommt bei dieser Beurteilung den persönlichen Beziehungen und dort wiederum der Gestaltung des Familienlebens zu (vgl. ; , 95/14/0145). Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens bestehen im Regelfall die stärksten persönlichen Beziehungen zu dem Ort, an dem man regelmäßig und Tag für Tag mit seiner Familie lebt. Daraus folgt, dass der Mittelpunkt der Lebensverhältnisse einer verheirateten Person oder einer in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Personen regelmäßig am Ort des Aufenthaltes des Paares zu finden sein wird (). Demgegenüber treten andere persönliche Beziehungen, wie zur restlichen Familie oder zu Freunden, in den Hintergrund. Nicht von Relevanz sind im Allgemeinen eine bloß gefühlsmäßige Verbundenheit, der Wunsch, später an einen bestimmten Ort zurückzukehren oder die Frage, wo Eltern und andere Verwandte leben ( Zl 82/13/0012; ).

Die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnortes an den Beschäftigungsort kann unterschiedliche Ursachen haben (siehe etwa ; , 2000/13/0083; 2001/13/0216; , 2003/13/0154; , 97/13/0111, mit den dort angeführten weiteren Nachweisen). Diese Ursachen müssen aus Umständen resultieren, die von erheblichem objektivem Gewicht sind. Momente bloß persönlicher Vorlieben für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reichen nicht aus (, ). Die Zumutbarkeit ist nach den Umständen des jeweiligen Jahres zu beurteilen. Ob die Verlegung des Wohnsitzes früher zumutbar war, ist nicht maßgeblich (; ).

Die Unzumutbarkeit kann ihre Ursachen sowohl in der privaten Lebensführung als auch in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in einer Erwerbstätigkeit seines (Ehe)Partners haben (; , 96/14/0018; , 2000/13/0083; 2001/13/0216).

Die Begründung eines eigenen Haushaltes am Beschäftigungsort (doppelte Haushaltsführung) ist beruflich veranlasst, wenn der Familienwohnsitz vom Beschäftigungsort des Steuerpflichtigen so weit entfernt ist, dass ihm eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann. Nach LStR 342 (Verweis auf ) ist Unzumutbarkeit der tägliche Rückkehr jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Familienwohnsitz vom Beschäftigungsort mehr als 80 km entfernt ist und die Fahrzeit mehr als eine Stunde beträgt.

Liegt eine steuerlich anerkannte doppelte Haushaltsführung vor, können als abzugsfähige Kosten der Unterbringung am Arbeitsort nur die unvermeidbaren Aufwendungen einer zweckentsprechenden Wohnung einschließlich der erforderlichen Einrichtungsgegenstände geltend gemacht werden ().

Im Beschwerdefall erzielte der Beschwerdeführer sowohl in Wien als auch in Klagenfurt jeweils nennenswerte Einkünfte.

Der Beschwerdeführer führte seit 2016 eine Lebensgemeinschaft mit ***LG***, die gemeinsam mit dem Beschwerdeführer an der Adresse ***Bf1-Adr Wien*** gemeldet war. Diese Wohnung eignete sich auch von der Größe her als Familienwohnsitz. Spätestens ab 2016 wurde ein gemeinsamer Familienwohnsitz mit ***LG*** in Wien begründet, da der Beschwerdeführer an diesem Ort regelmäßig mit seiner Lebensgefährtin (bzw. ab ***tt.mm.jjjj*** seiner Ehefrau) lebte. Dass es einen gemeinsamen Hausstand in ***Ort.K*** gab, wurde vom Beschwerdeführer im Zuge des Verfahrens nicht vorgebracht.

Der Familienwohnsitz war 296 km vom Beschäftigungsort in Klagenfurt entfernt, sodass ihm eine tägliche Rückkehr aufgrund der mehr als dreistündigen Fahrzeit nicht zugemutet werden konnte.

Der Beschwerdeführer hat durch die Aufnahme der Beschäftigung in Klagenfurt einen weiteren Wohnsitz begründen müssen, da eine tägliche Heimkehr an den Familienwohnsitz nach Wien nicht zumutbar war. Die unvermeidbaren Mehraufwendungen für eine zweckentsprechende Wohnung, die ihm daraus erwachsen, weil er am Beschäftigungsort wohnen muss, sind Werbungskosten iSd § 16 Abs. 1 EStG 1988.

Da der Beschwerdeführer jedoch weder Kosten für Miete, Strom noch Heizung zu tragen hatte und ihn dadurch kein Mehraufwand traf, ist lediglich eine Kürzung des Aufwandes im Zusammenhang mit den Gemeindeabgaben, die für das gesamte Objekt in ***Ort.K*** vom Beschwerdeführer bezahlt wurden und die er endgültig getragen hatte, auf Basis einer zweckentsprechenden Wohnung vorzunehmen. Im streitgegenständlichen Fall erscheint es dem Bundesfinanzgericht sachgerechter, die Kürzung des Mehraufwandes nicht im Verhältnis zur Wohnungsgröße, sondern im Verhältnis zum durchschnittlichen Jahreswasserverbrauchs einer Person vorzunehmen, da sich ein Teil der Gemeindeabgaben an der Höhe des Wasserverbrauches orientiert.

Die vom Wasserverbrauch abhängigen Kostenbeträge der Gemeindeabgaben, sprich Wasserbezugsgebühr sowie Kanalbenützungsgebühr iHv. gesamt € 587,10 bei einem jährlichen Wasserverbrauch von 206 m3, werden somit auf den einem durchschnittlichen Pro-Kopf- Wasserverbrauch in österreichischen Haushalten entsprechenden Anteil gekürzt. Das Bundesfinanzgericht geht von einem durchschnittlichen täglichen Wasserverbrauch einer Person im Ausmaß von 130 Litern (Wert laut ÖVGW, BMNT 2107, https://info.bml.gv.at/service/zahlen-fakten/Wasser/Wasserverbrauch.html) aus, wodurch sich ein durchschnittlicher Jahresverbrauch von 47,45 m3 für eine Person und für den Beschwerdefall ein gekürzter Jahresbetrag von € 135,23 errechnet.

Die übrigen Gemeindeabgaben (Müllbereitstellungsgebühr, Müllgebühr, Zählermiete, Kanalbereitststellungsgebühr) iHv. gesamt € 438,40 fallen unabhängig von der Wohnungsgröße bzw. vom Wasserverbrauch an, sodass diese zur Gänze als Kosten für die doppelte Haushaltsführung zu berücksichtigen sind.

Die im Rahmen der Kosten der doppelten Haushaltsführung geltend gemachten Internetkosten iHv. € 342,60 werden vom Bundesfinanzgericht nach Abzug eines Privatanteils von 40% als sonstige Werbungskosten anerkannt. Eine niedrigere private Nutzung wurde nicht behauptet und wäre auch nachzuweisen bzw. glaubhaft zu machen, sodass auf Grund der Erfahrungen des täglichen Lebens davon ausgegangen werden kann, dass die private Nutzung eines beruflich verwendeten Internetanschlusses im Haushalt des Steuerpflichtigen mindestens 40% beträgt (; ).

Insgesamt waren daher Kosten für die doppelte Haushaltsführung im Ausmaß von € 573,63 und sonstige Kosten iHv. € 205,56 als Werbungskosten anzuerkennen. Insoweit war der Beschwerde daher über das Ausmaß der Beschwerdevorentscheidung hinaus teilweise Folge zu geben.

3.2. Zu Spruchpunkt II.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen (oben zitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet wurden. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab.

Klagenfurt am Wörthersee, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.4100508.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at