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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.06.2023, RV/4100085/2020

Spenden als Sonderausgabe; Topf-Sonderausgaben (Versicherungsprämien); Außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt; Therapiekosten im Rahmen einer kardiologischen Rehabilitation (Phase 4); Medikamente und Arztkosten; Selbstbehalt für die Sonderklasse

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/4100085/2020-RS1
Mangels eines triftigen medizinischen Grundes kann ein vom Bf. für die Sonderklasse bezahlter Selbstbehalt nicht als außergewöhnliche Belastung (hier ohne Selbstbehalt) abgezogen werden.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin I. in der Beschwerdesache Bf., ***Bf1-Adr***,
a. über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Spittal Villach vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 sowie
b. über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Spittal Villach vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2015 bis 2017, Steuernummer Bf.-StNr., zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

In den Einkommensteuererklärungen 2014 bis 2017 machte der Beschwerdeführer (Bf.) Topf-Sonderausgaben für Versicherungen und Spenden geltend, des Weiteren Aufwendungen für außergewöhnliche Belastung aus einer eigenen Behinderung.

In den Einkommensteuerbescheiden 2014 bis 2017 wurden die Positionen im Wesentlichen nicht anerkannt. Der Bf. erhob Beschwerde. Gegen die teilweise stattgebende Beschwerdevorentscheidung (BVE) brachte der Bf. den Vorlageantrag ein.

Beim BFG kam es zu einem ergänzenden Vorhalteverfahren.

Nun zu den einzelnen Beschwerdepunkten:

1.Topf-Sonderausgaben für Versicherungen

Der Bf. begehrte Versicherungsprämien als Sonderausgaben.

Das Finanzamt ließ in den angefochtenen Bescheiden die Aufwendungen nicht zum Abzug zu, entsprach jedoch dem Begehren vollinhaltlich in der BVE.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Die Versicherungsprämien sind gemäß § 18 Abs. 1 Z. 2 EStG 1988 abzugsfähige Sonderausgaben. Das BFG sieht keine Veranlassung, der Ansicht des Finanzamtes in der BVE nicht zu folgen. Der Beschwerde ist daher in diesem Punkt stattzugeben.

Die vom Bf. beantragten Versicherungsprämien in Höhe von € 1.946,40 (2014), € 2.017,43 (2015), € 2.095,28 (2016) und € 2.166,60 (2017) sind als Topf-Sonderausgaben zu berücksichtigen.

2.Spenden

In den Einkommensteuerbescheiden 2014 bis 2016 waren keine Spenden berücksichtigt, im Einkommensteuerbescheid 2017 gewährte das Finanzamt € 78,00.

In der BVE betreffend Einkommensteuer 2014 bis 2016 folgte das Finanzamt dem Beschwerdebegehren und ließ die vom Bf. beantragten Spenden zum Abzug zu. 2017 brachte es anstatt der begehrten € 99,00 die bereits im Erstbescheid berücksichtigten € 78,00 als Sonderausgabe in Abzug. Dagegen hat der Bf. keine weiteren Einwendungen erhoben.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Die Spenden stellen abzugsfähige Sonderausgaben im Sinn des § 18 Abs. 1 Z. 7 EStG 1988 dar. Dem Begehren betreffend 2014 bis 2016 ist daher Folge zu geben und sind die Spenden in beantragter Höhe (€ 120,00 (2014), € 25,00 (2015) und € 64,20 (2016)) zum Sonderausgabenabzug zuzulassen.

Da keine weiteren konkreten Einwendungen betreffend 2017 vorliegen, werden die Spenden in Höhe von € 78,00 in Abzug gebracht. Der Beschwerde betreffend Einkommensteuer 2017 war daher teilweise Folge zu geben.

3.Außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt

In den Einkommensteuererklärungen 2014 bis 2017 begehrte der Bf. folgende Aufwendungen für nicht regelmäßig anfallende Hilfsmittel und Kosten der Heilbehandlung:

2014 € 2.346,80 (Ambulanz Reha €627,00, Fahrtkosten € 1.436,40 und Medikamente € 283,40)
2015 € 3.030,85 (Ambulanz Reha € 660,00, Fahrtkosten € 1.512,00, Medikamente € 308,85, Selbstbehalt € 550,00)
2016 € 2.427,10 (Ambulanz Reha € 643,50, Fahrtkosten € 1.474,20, Medikamente € 309,40) und
2017 € 2.771,26 (Ambulanz Reha € 709,50, Fahrtkosten € 1.625,40, Medikamente € 302,65 sowie Arztkosten € 133,71).

Das Finanzamt begründete seine Abweisung in den Erstbescheiden damit, dass der Bf. trotz Aufforderung keine Unterlagen vorgelegt habe.

Im Beschwerdeverfahren brachte der Bf. Unterlagen bei.

Unstrittig ist, dass der Bf. Im Beschwerdezeitraum aufgrund seiner Herzerkrankung eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 40 % hatte.

Das Finanzamt erließ den Vorhalt vom . Darin heißt es auszugsweise wie folgt:

"Zur Bearbeitung Ihrer Arbeitnehmerveranlagung 2014 - 2017 werden Sie ersucht, folgende Unterlagen nachzureichen:

außergewöhnliche Belastungen
- Belege und eine zusammenfassende Aufstellung über die Krankheitskosten (getrennt nach Krankheitskosten in Zusammenhang mit der Erwerbsminderung und den allgemeinen Krankheitskosten)
- Bekanntgabe der Höhe der erhaltenen Ersätze
Bei stationären Aufenthalten (Krankenhaus, Kur) ist eine Haushaltsersparnis von 5,23 €/Tag von den beantragten Aufwendungen in Abzug zu bringen. Für beantragte Aufwendungen betreffend Therapiekosten, Kurkosten, Naturheilprodukten und Hilfsmittel ist ein Nachweis der krankheitsbedingten Notwendigkeit durch Vorlage einer ärztlichen Verordnung zu erbringen. …"

Im weiteren Vorhalt vom betreffend die Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2014 bis 2017 heißt es - auszugsweise - wie folgt:

"Sie haben in Ihren Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2014 vom und gegen die Bescheide 2015 bis 2017 vom unter anderem die Belege und Aufstellungen über Ihre Krankheitskosten nachgereicht.

Aufgrund der derzeitigen Aktenlage kann nicht festgestellt werden, ob die von Ihnen beantragten Krankheitskosten in Zusammenhang mit Ihrer 40 %igen Behinderung stehen.

Sie werden daher ersucht, das Gutachten des Sozialministerium-Services über die Einstufung des Grades Ihrer Behinderung nachzureichen.

Die im § 34 EStG 1988 geforderte Zwangsläufigkeit von außergewöhnlichen Belastungen (Krankheitskosten) setzt in Bezug auf derartige Kosten das Vorliegen triftiger medizinischer Gründe für den betreffenden Aufwand voraus.

Diese Voraussetzungen sind daher durch eine vor Antritt einer Therapie ausgestellte ärztlicheVerordnung oder durch den Umstand eines Kostenersatzes durch die Sozialversicherung nachzuweisen."

Der Bf. legte u.a. die Rechnungen und Zahlungsnachweise für die begehrten Aufwendungen, eine Auflistung der Medikamente sowie das Fachärztliche Gutachten des SMS vor. Der Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2015 bis 2017 war auch ein kardiologischer Befundbericht vom eines Facharztes für Innere Medizin und Kardiologie beigelegt.

Dem vorgelegten Fachärztlichen Sachverständigengutachten des Bundessozialamtes (nunmehr Sozialministerium Service (SMS)) vom ist zu entnehmen, dass 2005 die erste Diagnose einer coronaren Herzerkrankung erfolgte. 2006 sei eine Durchuntersuchung wegen Oberbauchbeschwerden gemacht und sei eine Verschlechterung der Herzerkrankung festgestellt worden. 2006 sei eine coronare Aufdehnung und Stentimplantation durchgeführt worden. Im Juli 2007 eine Bypassoperation. 2010 sei die stationäre medizinische Abteilung wegen Angina pectoris-Beschwerden konsultiert und ein Bypassverschluss festgestellt worden. Die Weiterbehandlung sei konservativ erfolgt. Am sei eine ambulante Untersuchung in einer Klinik durchgeführt worden, eine Ergometrie sei erfolgt und auffällig gewesen. Für Jänner 2013 sei eine Herzkatheteruntersuchung geplant gewesen.

Die für die nachfolgend angeführten Teilpositionen maßgeblichen rechtlichen Grundlagen sind folgende:

Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).

3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Die Belastung ist gemäß § 34 Abs. 2 EStG 1988 außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Die Belastung erwächst gemäß § 34 Abs. 3 EStG 1988 dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Die Belastung beeinträchtigt gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen ….

Gemäß § 34 Abs. 6 Teilstrich 5 EStG 1988 können Aufwendungen im Sinne des § 35, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5) und gemäß § 34 Abs. 6 Teilstrich 6 EStG 1988 Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen, ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden.

Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.

Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung (TS 1), und erhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage), so steht ihm nach § 35 Abs. 1 EStG 1988 jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu.

Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung sind gemäß § 4 der Verordnung des Bundesministers über die außergewöhnliche Belastung, BGBl. Nr. 303/1996 (VO) im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.

Unstrittig ist, dass dem Bf. aufgrund seiner Herzerkrankung eine MdE von 40% zugesprochen wurde. Der pauschale Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 wurde ihm in den angefochtenen Bescheiden gewährt.

Strittig sind folgende Beschwerdepunkte:

a.Therapiekosten im Rahmen einer kardiologischen Rehabilitation (2014 bis 2017)

Der Bf. machte die unter Pkt. 3 festgehaltenen Aufwendungen für "Ambulanz Reha" und "Fahrtkosten" geltend.

Mangels Vorlage entsprechender Nachweise war der Abzug in den Einkommensteuerbescheiden 2014 bis 2017 versagt worden.

In der Beschwerde verwies der Bf. auf seine Herzerkrankung und die Ausführungen des behandelnden Kardiologen hin. In den vorgelegten Therapieplänen sind die jeweiligen Zeiten der Behandlungen, "PH4 Trainingstherapie mit HF" und der jeweilige Therapeut angeführt.

Auf der Internetseite des Sanatoriums (wwwwww.), in dem der Bf. die Behandlungen durchführte, werden die Phasen wie folgt beschrieben:

"Phase I (Frühmobilisation im Akutkrankenhaus): Frühmobilisation nach dem Akutereignis im Krankenhaus.

Phase II (ambulante oder stationäre Rehabilitation): Bei der ambulanten Rehabilitation wohnt der Patient zu Hause und nimmt mehrmals wöchentlich an Rehabilitationsprogrammen in einem Spital oder im Rehabilitationszentrum teil. Bei der stationären Rehabilitation wohnt der Patient für drei bzw. vier Wochen in einem Rehabilitationszentrum.

Phase III (Langzeitrehabilitation): Ambulante Rehabilitation im Anschluss an die Phase II. Ein vorrangiges Ziel der ambulanten Phase-III-Rehabilitation ist es, dass sie berufsbegleitend und damit wohnort- bzw. arbeitsplatznahe stattfinden kann.

Phase IV: Langzeitsekundärprävention in Eigenverantwortlichkeit der Patienten im Anschluss an die Phase III, z. B. Herzgruppen, Sportvereine, Heimtraining"

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt

In den Jahren 2014 bis 2017 hat der Bf. Therapie- und Fahrtkosten für in einem Sanatorium durchgeführte Therapien der Phase 4 im Rahmen einer ambulanten Reha geltend gemacht. Eine jeweils vor Beginn der Therapien ausgestellte ärztliche Verordnung liegt nicht vor. Der Bf. hat nicht nachgewiesen, dass er die Rechnungen bei der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung eingereicht und allenfalls einen Kostenersatz erhalten hat.

Rechtliche Beurteilung

Im Erkenntnis des RV/2100810/2015, zur Frage der Abzugsfähigkeit eines kardiologischen Herztrainings als außergewöhnliche Belastung verneinte das BFG die Abzugsfähigkeit. In seiner Beurteilung hält es u. a. fest:

"Im gegenständlichen Fall fehlt es jedoch an einer im Vorfeld ausgestellten ärztlichen Anordnung nach einem medizinischen Befund, weshalb den Aufwendungen für das Herztraining in Höhe von 996 € keine Zwangsläufigkeit zukommt und die Beschwerde in diesem Punkt abzuweisen ist. Das Erfordernis einer im Vorfeld ausgestellten ärztlichen Anordnung hat der Verwaltungsgerichtshof mehrfach betont ( 2000/15/0139; 2012/15/0136) und hat der BFH in seinem Urteil vom (III R 67/96) sogar eine im vorhinein ausgestellte amtsärztliche Bescheinigung (oder des Medizinischen Dienstes einer öffentlichen Krankenversicherung, oder des früheren vertrauensärztlichen Dienstes) für notwendig erachtet, um die notwendige Neutralität und Sachkunde gewährleistet zu wissen."

Die vorgelegten Unterlagen geben folgendes Bild:

Das Fachärztliche Sachverständigengutachten des Bundessozialamtes vom enthält keine Verordnung zu den hier strittigen Therapien.

Aus dem Arztbrief vom ist eine Verordnung zu den Trainingseinheiten der Phase 4 nicht abzuleiten, er beschränkt sich auf die diätischen Maßnahmen bezüglich der Refluxerkrankung bzw. die dringende Empfehlung einer Myocardszintigraphie.

Der Kardiologische Befundbericht vom wurde nach dem Beschwerdezeitraum - also nicht im Vorhinein - abgegeben und ist dort festgehalten, dass die Trainingseinheiten ein wichtiger Bestandteil der Therapie des Bf. sind. Eine "Verordnung" der Therapien für die einzelnen Jahre ist auch diesem Befundbericht nicht zu entnehmen.

Demnach geht das BFG davon aus, dass eine ärztliche Verordnung vor Beginn der Therapien der einzelnen Jahre nicht vorlag.

Wollte man die Ansicht vertreten, dass hier - anders als in dem dem Erkenntnis des , zugrundeliegendem Sachverhalt (Trainingstherapie in einem Sportstudio, in dem nicht nur Kranke, sondern auch Gesunde trainieren) - in einem Sanatorium nur ein Kranker trainieren wird, so liegt gegenüber dem Sachverhalt des VwGH-Falles zweifellos ein wesentlicher Unterschied vor. Allerdings hat der Bf. trotz Aufforderung hiezu keinerlei Angaben gemacht, ob er Kostenzuschüsse von der öffentlichen oder privaten Krankenversicherung erhalten hat. Selbst wenn man die medizinische Notwendigkeit bejahen würde, verbleibt der fehlende Nachweis der (vollständigen) Kostentragung. Dass der Beantwortung der Fragen zu Kostenersätzen bzw. -übernahmen ein unüberwindbares Hindernis entgegengestanden wäre, hat der Bf. nicht dargetan.

Zumal eine im Vorhinein ausgestellte Verordnung zu den Trainingseinheiten nicht vorliegt und nicht auszuschließen ist, dass die Kosten des Bf. zur Gänze oder teilweise durch Kostenzuschüsse bzw. -übernahmen gedeckt wurden, werden die begehrten Aufwendungen für Therapie- und Fahrtkosten nicht zum Abzug zugelassen. Die Beschwerde war daher in diesem Punkt als unbegründet abzuweisen.

b.Medikamente (2014 bis 2017) und Arztkosten (2017)

Das Finanzamt ließ diese Aufwendungen in den Erstbescheiden nicht zum Abzug zu, gab jedoch nach Vorlage von Unterlagen dem Begehren in der BVE vollinhaltlich durch Abzug als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt Folge.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Das BFG sieht keine Veranlassung, von einer stattgebenden Erledigung in diesem Punkt abzugehen. Die Aufwendungen für Medikamente sind daher in Höhe von € 283,40 (2014), € 308,85 (2015), 309,40 (2016) und € 302,65(2017) sowie Arztkosten in Höhe von € 133,71 (2017) als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt laut BVE zum Abzug zuzulassen.

c.Selbstbehalt (€ 550,00, 2015)

Der Bf. legte ein Schreiben seiner privaten Krankenversicherung vor, in dem diese mitteilt für den Krankenhausaufenthalt € 1.896,42 bezahlt zu haben und den Bf. aufforderte, den Selbstbehalt von € 550,00 innerhalb von vier Wochen einzuzahlen.

In der BVE führte das Finanzamt aus:

"Der beantragte Selbstbehalt Ihrer Krankenversicherung in Höhe von 550,- € stellt keine außergewöhnlichen Belastungen dar und kann daher steuerlich nicht berücksichtigt werden. Nur Beiträge zu einer Krankenversicherung können als Sonderausgaben anerkannt werden, denn der Beitrag zur privaten Krankenversicherung trägt Sorge, dass der Versicherte einen Versicherungsschutz genießt, unabhängig davon, ob der Tarif einen Selbstbehalt beinhaltet oder nicht."

Das BFG richtete an den Bf. noch einen Vorhalt. Er sollte bekannt geben, wer wie lange im Krankenhaus war, und den medizinischen Grund angeben. Er sollte anhand entsprechender Unterlagen nachweisen, dass die Bezahlung des Selbstbehaltes "aus triftigen medizinischen Gründen" erfolgte.

Er teilte hiezu mit, in der Privatklinik vom bis in stationärer Behandlung gewesen zu sein. Er sei vom Hausarzt aufgrund der bestehenden Herzerkrankung und öfter auftretender Schluckstörungen sowie Refluxproblemen zu einer Kontrolluntersuchung eingewiesen worden. Wegen Auffälligkeiten beim Belastungs-EKG sei eine Miocardszintigraphie angeordnet worden. Aktuell (Anm.: , Datum der Vorhaltsbeantwortung) würde aufgrund auftretender Probleme wieder ein Kranknenhausaufenthalt erforderlich sein.

Der Bf. legte noch zur Frage des Nachweises für den "triftigen medizinischen Grund" den Arztbrief der Privatklinik vom (Beilage A zum Erkenntnis) bei. Darin wurden bezüglich der Refluxprobleme diätische Maßnahmen und Protonenpumpen im Bedarfsfall empfohlen. Eine Myocardszintigraphie wurde dringend empfohlen.

Weiters brachte er nochmals den "Kardiologischen Befundbericht" vom (Beilage B zum Erkenntnis) bei. Darin wird nach Schilderung der Erkrankung und maßgeblicher Vorfälle festgehalten:

"Aufgrund der erhobenen Befunde wurde dem Patienten weiterhin ein konsequentes Koronartraining empfohlen, was er auch im Rahmen der ambulanten Rehabilitation Phase 4 macht.

Das regelmäßige Bewegungstraining im Rahmen der ambulanten Rehabilitation Phase 4 ist ein wichtiger Bestandteil seiner Therapie. … "

Das Finanzamt blieb bei seiner Ansicht. Aus den Unterlagen gehe keine dringliche Notwendigkeit der Behandlung in einer Privatklinik hervor. Es seien auch sonst keine Umstände bekannt, die durch eine längere Wartezeit auf einen Platz in einem öffentlichen Krankenhaus zu nachteiligen gesundheitlichen Folgen geführt hätten. Es verwies auf die Erkenntnisse des , sowie vom , Ra 2021/15/0059.

Dagegen hat der Bf. keine Einwendungen erhoben.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Im Erkenntnis des RV/7100964/2020, betreffend die Behandlungskosten in einer Privatklinik, wird u. a. ausgeführt:

"Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Steuerpflichtige, der eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch nimmt, selbst einwandfrei und "unter Ausschluss jeden Zweifels" das Vorliegen der Umstände darzulegen, auf die die Begünstigung gestützt werden kann, wobei die Gründe im Einzelnen anzuführen sind (Behauptungs- und Nachweispflicht: Jakom/Peyerl, EStG12, § 34 Rz 9, mit Verweis auf ).

Zwar gibt es im Abgabenverfahren keine verfahrensförmliche subjektive Beweislastregel; als allgemein anerkannte verfahrensvernünftige Handlungsmaxime gilt aber, dass die Abgabenbehörde ergebnishaft letzten Endes die Behauptungs- und Feststellungsbürde für die Tatsachen trägt, die vorliegen müssen, um den Abgabenanspruch geltend machen zu können, der Abgabepflichtige hingegen für jene, die den Anspruch aufheben oder einschränken (, unter Verweis auf Stoll, BAO-Kommentar, S 1561; ). Die steuerliche Berücksichtigung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung schränkt den Abgabenanspruch ein; sie begünstigt den Abgabepflichtigen, weshalb die Behauptung und der Beweis des Vorbringens vornehmlich dem Abgabepflichtigen obliegt (vgl. -G/06; ; ).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (; ) können Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen für die eigene medizinische Betreuung oder für die medizinische Betreuung eines unterhaltsberechtigten Angehörigen erwachsen, auch dann zwangsläufig anfallen, wenn sie die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen, sofern die höheren Aufwendungen aus triftigen medizinischen Gründen anfallen (s dazu auch ; in dem diesem Erkenntnis zugrunde liegenden Beschwerdefall waren die triftigen medizinischen Gründe durch den behandelnden Arzt und den Gutachter hinreichend (und im dort angefochtenen Bescheid unwiderlegt) aufgezeigt). Bloße Wünsche und Vorstellungen der Betroffenen über eine bestimmte medizinische Betreuung sowie allgemein gehaltene Befürchtungen bezüglich der vom Träger der gesetzlichen Krankenversicherung übernommenen medizinischen Betreuung stellen noch keine triftigen medizinischen Gründe für Aufwendungen dar, welche die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen. Die triftigen medizinischen Gründe müssen vielmehr in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden, ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden."

Im gegenständlichen Fall hat der Bf. keine konkreten triftigen medizinischen Gründe aufgezeigt, die die Zwangsläufigkeit der Tragung des Selbstbehalts für die Sonderklasse bejahen ließen. Aus den Vorbringen des Bf. geht nicht hervor, dass die Versorgung in einem öffentlichen Krankenhaus eine schlechtere gewesen wäre bzw. dem Bf. eine sehr lange Wartezeit bevorgestanden wäre, die allenfalls die Gefahr gesundheitlicher Nachteile nach sich gezogen hätte. Es wurden auch sonst keine Vorbringen erstattet, die die Zwangsläufigkeit der vom Bf. getragenen Kosten für den Selbstbehalt bejahen ließen.

Demnach sind die Aufwendungen für den Selbstbehalt nicht zum Abzug zuzulassen. Die Beschwerde war daher in diesem Punkt als unbegründet abzuweisen.

Nach all dem Gesagten erfolgt die Festsetzung der Einkommensteuer 2014 bis 2017 laut BVE (siehe beiliegende Berechnungsblätter.

Zur Un/Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die vorliegenden Fragen waren im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu prüfen. Die Entscheidung betreffend die Nichtanerkennung der Aufwendungen für "Ambulanz Reha" samt Fahrtkosten und die Nichtanerkennung des Selbstbehaltes finden in der Rechtsprechung des VwGH Deckung. In den übrigen strittigen Punkten erfolgte die (teilweise) Stattgabe. Eine Revision ist daher nicht zulässig.

Beilagen:
Beilage A
Beilage B
4 Berechnungsblätter 1 bis 4 (Einkommensteuer 2014 bis 2017)

Klagenfurt am Wörthersee, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at