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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.07.2023, RV/5100386/2022

Überwiegende Unterhaltskostentragung nicht nachgewiesen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf.***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Ordnungsbegriff: ***OB***, betreffend die Abweisung eines Antrags auf Zuerkennung der Familienbeihilfe für das Kind ***K.***, VNR: ***000***, für die Zeiträume ab September 2021 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Am beantragte der Beschwerdeführer (Bf.) mit Vordruck "Beih 100-PDF" die Zuerkennung der Familienbeihilfe für seine Tochter ***K.***.

Daraufhin ersuchte das Finanzamt den Bf. mit Schreiben vom , die Geburtsurkunde sowie einen Tätigkeitsnachweis (Schulbestätigung, Studienblatt, etc.) seiner Tochter vorzulegen.

Das Finanzamt wies in der Folge den Antrag des Bf. vom auf Gewährung der Familienbeihilfe für seine Tochter mit dem hier angefochtenen Bescheid vom für die Zeiträume "ab September 2021" ab.
Dies mit der Begründung, dass der Bf. die angeforderten Unterlagen nicht vorgelegt habe und daher seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei.

Dagegen richtet sich die Beschwerde vom .
Zur Begründung wird darin im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bf. aufgrund seiner Rückübersiedlung nach Österreich und Auflösung zweier ausländischer Wohnsitze die vom Finanzamt angeforderten Unterlagen nicht zeitgerecht beibringen habe können, weshalb von der Behörde auch eine telefonische Fristverlängerung bis zugesichert worden sei.
Die Unterlagen habe der Bf. am beim Finanzamt persönlich abgegeben.
Da diese Unterlagen aus für den Bf. unerklärlichen Gründen das Finanzamt unleserlich erreicht hätten, lege er sie diesem Schreiben erneut bei.
Das Finanzamt habe einen Nachweis seiner Unterhaltsleistung für seine Tochter angefordert. Der Unterhalt inklusive Studiengebühren werde derzeit von der Mutter seiner Tochter bestritten. Bei der Trennung in der Dominikanischen Republik sei gerichtlich vereinbart worden, dass die Kindesmutter zu diesem Zweck 65.000,00 USD aus dem Verkaufserlös einer Wohnung des Bf. in der Dominikanischen Republik erhalte, da ein Studium der gemeinsamen Tochter in den USA zunächst in Betracht gezogen worden sei.
Nachdem die Kosten eines Studiums in den USA letztlich die Möglichkeiten des Bf. und der Kindesmuter überschritten hätten und es für eine Anmeldung zu einem Studium in Österreich zu spät gewesen sei, sei eine Privatuniversität in Madrid ausgewählt worden.
Die erwähnte gerichtliche Vereinbarung werde beigelegt.
Seine Tochter sei vom Bf. im September 2021 in ***Ort*** mit Hauptwohnsitz angemeldet worden, da sie ihr Architekturstudium in Europa abschließen wolle. Sie betrachte Österreich seit ihrer Geburt als Lebensmittelpunkt, da sie jährlich eineinhalb Monate im Haus des Bf. in ***Ort*** verbracht habe.

Der Beschwerde sind folgende Beilagen beigeschlossen:
Angefochtener Abweisungsbescheid, Ergänzungsersuchen vom , Geburtsurkunde der Tochter samt Übersetzung, Bescheid über die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft, Inskriptionsbestätigung der Universität San Pablo in Madrid, Nachweis über die Einbringung von Unterlagen, Entscheidung eines Gerichts in der Dominikanischen Republik

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde vom als unbegründet ab. Dies im Wesentlichen mit folgender Begründung:
Laut Zentralem Melderegister habe die Tochter des Bf. ihren Hauptwohnsitz seit in Österreich. Seit dem Wintersemester 2021/22 absolviere sie ein Architekturstudium in Spanien.
Der Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe sei mit Bescheid vom für den Zeitraum ab September 2021 abgewiesen worden.
In der Beschwerdebegründung werde ausgeführt, dass die Tochter des Bf. im Jahr eineinhalb Monate in Österreich verbringe.
Für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten würden, bestehe gemäß § 5 Abs. 3 FLAG 1967 kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Gemäß § 26 Abs. 2 BAO habe jemand den gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhalte, die erkennen ließen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweile. Wenn Abgabenvorschriften die unbeschränkte Abgabepflicht an den gewöhnlichen Aufenthalt knüpften, trete diese jedoch stets dann ein, wenn der Aufenthalt im Inland länger als sechs Monate dauere.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei der ständige Aufenthalt im Sinne des § 5 Abs. 3 FLAG 1967 unter den Gesichtsprunkten des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs. 2 BAO zu beurteilen (vgl. , mwN, sowie Nowotny in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 5 Rz 9 zweiter Absatz).
Die Frage des ständigen Aufenthaltes iSd § 5 Abs. 3 FLAG 1967 sei nicht nach subjektiven Gesichtspunkten sondern nach den objektiven Kriterien der grundsätzlichen körperlichen Anwesenheit zu beantworten (vgl. das zitierte Erkenntnis des und Nowotny, aaO, § 5 Rz 9 erster Absatz).
Da sich die Tochter des Bf. ständig in Spanien aufhalte, bestehe in Österreich kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Die Beschwerde sei daher als unbegründet abzuweisen.

Der Bf. stellte in der Folge mit Eingabe vom einen Vorlageantrag, in dem er Folgendes vorbrachte:
Wie bereits in vorangegangenem Schreiben angeführt sei es dem Bf. auf Grund seiner langjährigen beruflichen Auslandsaufenthalte nicht möglich gewesen, mit seiner Familie dauerhaft in Österreich zu leben. Er habe jedoch alljährlich im Sommer einen Monat und zu Weihnachten zwei Wochen in Österreich zu verbracht, um seiner Tochter die österreichische Kultur zu vermitteln.
Nach dem in Libyen beginnenden Bürgerkrieg im Sommer 2014, sei ein weiterer Einsatz des Bf. in Tripolis aus Sicherheitsgründen nicht möglich gewesen und er sei bei seiner Familie in Santo Domingo in der Dominikanischen Republik geblieben, um die Entwicklung in Libyen abzuwarten.
Nach der Trennung von der Mutter seiner Tochter im Jahr 2018, habe er jeweils sechs Wintermonate in seiner Wohnung in Santo Domingo verbracht, wo seine Tochter in dieser Zeit bei ihm gewohnt habe.
Eine Übersiedlung seiner Tochter nach Österreich im Sommer 2018 sei auf Wunsch der Kindesmutter nicht zustande gekommen, um einen positiven Schulabschluss sicherzustellen.
Zur Finanzierung des geplanten Studiums sei bei der Trennung eine Zahlung von 65.000,00 USD aus dem Verkaufserlös seiner Wohnung in Santo Domingo gerichtlich vereinbart worden, welche auch den Teil des Unterhalts des Bf. beinhaltet habe.
Im Sommer 2021 sei ersichtlich geworden, dass ein von der Mutter gewünschtes Studium in den USA die finanziellen Möglichkeiten des Bf. und der Kindesmutter überschreiten würde.
Zur Bewerbung für ein Studium in Österreich sei es zu diesem Zeitpunkt bereits zu spät gewesen, weshalb eine Privatuniversität in Madrid, Spanien, ausgewählt worden sei.
Abschließend erwähne der Bf., dass im Sommer 2022 ein Ferialpraktikum seiner Tochter in einem Architekturbüro in Österreich vorgesehen sei.

Im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht wurde der Bf. ersucht, die gesamten monatlichen Unterhaltskosten (etwa für Nahrung, Kleidung, Wohnung, Studium, usw.) für seine Tochter ab September 2021 monatsweise aufgegliedert darzustellen und zu belegen sowie diesen Unterhaltskosten die vom Bf. in diesen Monaten nachweislich tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeiträge gegenüberzustellen.
Da zudem Voraussetzung für eine Zuerkennung der Familienbeihilfe nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 ist, dass sich die Tochter des Bf. in Berufsausbildung befindet, wurde der Bf. auch ersucht, einen Studienerfolgsnachweis seiner Tochter für den Zeitraum ab September 2021 vorzulegen.

In der am eingelangten Stellungnahme gibt der Bf. die - von der in der Dominikanischen Republik wohnhaften Kindesmutter getragenen - tatsächlichen Unterhaltskosten für seine in Madrid studierende Tochter mit ca. 1.000,00 Euro monatlich an und bringt sinngemäß vor, dass die Kindesmutter die - zusätzlich zu den genannten Unterhaltskosten anfallenden - Studiengebühren aus den von ihm (im Jahr 2018 anlässlich der Scheidung) an sie geleisteten vorweggenommenen Unterhaltskosten in der Höhe von 65.000,00 USD finanziere und daher diese Beträge ihm zuzurechnen seien. Die Studiengebühren würden zwischen 792,00 und 1.353,00 Euro monatlich betragen und würden somit teilweise die vom Bf. angegebenen - von der Kindesmutter getragenen - sonstigen monatlichen Unterhaltskosten übersteigen.

Das Bundesfinanzgericht ersuchte in der Folge den Bf. mit Schreiben vom nachweisen bzw. glaubhaft zu machen (etwa durch Beibringung einer entsprechenden Erklärung der in der Dominikanischen Republik wohnhaften Kindesmutter), dass bzw. wann der Kindesmutter der Betrag in der Höhe von 65.000,00 USD tatsächlich zugekommen sei und dass die Kindesmutter die Studiengebühren ab September 2021 tatsächlich ausschließlich aus diesem Betrag finanziere. Zudem wurde der Bf. gebeten, Überweisungsbelege betreffend die von ihm vorgebrachten monatlichen Überweisungen an seine Tochter in der Höhe von 100,00 bis 150,00 Euro vorzulegen.

Nach Gewährung einer Fristverlängerung legte der Bf. am Belege über Banküberweisungen an seine Tochter vor. Demnach wurden in den nachstehenden Zeiträumen folgende Beträge (€) überwiesen: 12/2021: 250,00; 02/2022: 150,00; 03/2022: 100,00; 04/2022: 450,00; 05/2022: 100,00; 06/2022: 100,00; 09/2022: 900,00; 11/2022: 200,00; 12/2022: 300,00; 01/2023: 100,00; 02/2023: 100,00; 03/2023: 400,00; 05/2023: 100,00.
Der Bf. kündigte in diesem Mail auch an, die angeforderte Erklärung der Kindesmutter "heute oder morgen bei Erhalt sofort nachzureichen". Dem ist der Bf. jedoch nicht nachgekommen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. ist seit mit Hauptwohnsitz in ***OrtAT***, gemeldet. Die am ***GebDat*** in der Dominikanischen Republik geborene Tochter des Bf., ***K.***, ist seit österreichische Staatsbürgerin.
Nach der Trennung des Bf. von der in der Dominikanischen Republik wohnhaften Kindesmutter im Jahr 2018 wohnte die Tochter des Bf. jährlich für eine Dauer von sechs Monaten beim Bf. in dessen Wohnung in Santo Domingo in der Dominikanischen Republik. Eine Übersiedelung nach Österreich erfolgte nicht.
Seit September 2021 wohnt und studiert sie in Spanien. Sie betreibt ein Architekturstudium - zunächst an der Universidad CEU San Pablo de Madrid und nach einem Semester an der Universidad Europea en Madrid. Sie hält sich seit Studienbeginn jährlich in den Ferien ca. eineinhalb Monate beim Bf. in ***Ort*** in Österreich auf und ist seit an der genannten Anschrift des Bf. in Österreich mit Hauptwohnsitz gemeldet.
Die gesamten monatlichen Unterhaltskosten (Studiengebühren sowie "sonstige monatliche Unterhaltskosten" im Ausmaß von 1.000,00 Euro) für das den Anspruch auf Familienbeihilfe vermittelnde Kind in den hier maßgeblichen Anspruchszeiträumen ab September 2021 betrugen zwischen 1.792,00 Euro und 2.353,00 Euro.
Der Unterhalt für die Tochter des Bf. samt Studiengebühren wird überwiegend von der in der Dominikanischen Republik wohnhaften Kindesmutter bestritten.
Dass der Bf. im Streitzeitraum die Unterhaltskosten für seine Tochter überwiegend getragen hätte, konnte nicht festgestellt werden.

2. Beweiswürdigung

Der angeführte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Finanzamt vorgelegten Verwaltungsakten sowie aus den Angaben und Vorbringen der beschwerdeführenden Partei. Ausgehend von den Ermittlungsergebnissen sieht das Bundesfinanzgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend geklärt an. Es liegen in sachverhaltsmäßiger Hinsicht keine begründeten Zweifel vor, die durch weitere Ermittlungen zu verfolgen wären, zumal auch die Verfahrensparteien keine solchen begründeten Zweifel darlegten, dass weitere Erhebungen erforderlich und zweckmäßig erscheinen.

Gemäß § 166 Bundesabgabenordnung (BAO) kommt als Beweismittel im Abgabenverfahren alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhalts geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. für viele ) ist von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.

Das Bundesfinanzgericht ersuchte den Bf. mit Schreiben vom , die gesamten monatlichen Unterhaltskosten für seine Tochter ab September 2021 darzustellen und zu belegen sowie einen Studienerfolgsnachweis seiner Tochter für den Zeitraum ab September 2021 vorzulegen.
Zudem wies das BFG darauf hin, dass der Verweis im Vorlageantrag vom auf eine gerichtlich vereinbarte Zahlung in der Höhe von 65.000,00 USD an die Kindesmutter im Jahr 2018 nicht ohne Weiteres geeignet ist, die überwiegende Tragung der Unterhaltskosten in den Streitzeiträumen ab September 2021 nachzuweisen, zumal in der vorgelegten Gerichtsentscheidung ohne Darstellung der konkreten Vereinbarung lediglich die Rede davon ist, dass die genannte Summe von 65.000,00 USD von vom Bf. zugunsten seiner Tochter bezahlt und von der Kindesmutter in Empfang genommen wurde.

In einem E-Mail vom gab der Bf. u.a. an, dass die Kosten für den Lebensunterhalt seiner Tochter in der Höhe von 1.000,00 Euro von der - in der Dominikanischen Republik wohnhaften - Kindesmutter beglichen werden, und dass die Kindesmutter die - zusätzlich zu den genannten Unterhaltskosten anfallenden - Studiengebühren aus den von ihm (im Jahr 2018 anlässlich der Scheidung) an sie geleisteten vorweggenommenen Unterhaltskosten in der Höhe von 65.000,00 USD finanziere und daher diese Beträge ihm zuzurechnen seien.

Gemäß § 2 Abs. 4 FLAG 1967 zählen auch die Studiengebühren als Berufsausbildungskosten zu den Unterhaltskosten.

Das Bundesfinanzgericht ersuchte daher in der Folge den Bf. nachweisen bzw. glaubhaft zu machen (etwa durch Beibringung einer entsprechenden Erklärung der in der Dominikanischen Republik wohnhaften Kindesmutter), dass bzw. wann der Kindesmutter der Betrag in der Höhe von 65.000,00 USD tatsächlich zugekommen sei und dass die Kindesmutter die Studiengebühren ab September 2021 tatsächlich ausschließlich aus diesem Betrag finanziere.

Diesem Ersuchen kam der Bf. jedoch nicht nach. Er gab in einem Mail vom dazu an, dass die geschiedene Ehegattin die Ausstellung einer solchen Bestätigung auf Anraten ihres Anwaltes bis Mitte Juli 2023 verweigert habe. Seiner Ankündigung im genannten Mail, die angeforderte Erklärung der Kindesmutter "heute oder morgen bei Erhalt sofort nachzureichen", kam der Bf. ebenfalls nicht nach.

Nach § 119 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) sind die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen.

Nach § 138 BAO haben auf Verlangen der Abgabenbehörde die Abgabepflichtigen und die diesen im § 140 gleichgestellten Personen in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung.

Nach der Judikatur tritt die amtswegige Ermittlungspflicht gegenüber der Behauptungs- und Mitwirkungspflicht in den Hintergrund, wenn die Behörde nur auf Antrag tätig wird ().

Darüber hinaus tritt der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes generell bei Begünstigungsbestimmungen in den Hintergrund (zB ; , 99/13/0070; , 2003/13/0117; , Ro 2018/15/0025).

Die Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts findet jedenfalls dort ihre Grenzen, wo nach Lage des Falles nur die Partei Angaben zum Sachverhalt machen kann (, und ).

Nach der Rechtsprechung liegt eine erhöhte Mitwirkungspflicht der Partei (eine in den Hintergrund tretende amtswegige Ermittlungspflicht) insbesonders dann vor, wenn Sachverhaltselemente ihre Wurzeln im Ausland haben (; , 95/14/0145). Diesfalls bestehe somit eine erhöhte Mitwirkungspflicht, eine Beweismittelbeschaffungspflicht und eine Vorsorgepflicht (vgl. zB ; , 2008/15/0046).

Im Beschwerdefall betragen die gesamten monatlichen Unterhaltskosten (Studiengebühren sowie "sonstige Unterhaltskosten" iHv 1.000,00 Euro) für das den Anspruch auf Familienbeihilfe vermittelnde Kind in den hier maßgeblichen Anspruchszeiträumen ab September 2021 zwischen 1.792,00 Euro und 2.353,00 Euro.

Der Bf. konnte durch die Vorlage entsprechender Überweisungsbelege für folgende Anspruchszeiträume die ebenfalls nachstehenden Unterhaltsbeiträge nachweisen bzw. glaubhaft machen:
12/2021: 250,00 €; 02/2022: 150,00 €; 03/2022: 100,00 €; 04/2022: 450,00 €; 05/2022: 100,00 €; 06/2022: 100,00 €; 09/2022: 900,00 €; 11/2022: 200,00 €; 12/2022: 300,00 €; 01/2023: 100,00 €; 02/2023: 100,00 €; 03/2023: 400,00 €; 05/2023: 100,00 €

Dass der Bf. in den beschwerdegegenständlichen Zeiträumen "ab September 2021" die Unterhaltskosten für seine Tochter überwiegend getragen hätte, konnte bei der vorliegenden Sach- und Beweislage damit allerdings nicht festgestellt werden.

3. Rechtliche Beurteilung

Anspruch auf Familienbeihilfe haben gemäß § 2 Abs. 1 lit. b erster Satz Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet werden.

Gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Gemäß § 2 Abs. 4 FLAG 1967 umfassen die Kosten des Unterhalts bei minderjährigen Kindern auch die Kosten der Erziehung und bei volljährigen Kindern, die für einen Beruf ausgebildet oder in ihrem Beruf fortgebildet werden, auch die Kosten der Berufsausbildung oder der Berufsfortbildung.

Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind gemäß § 2 Abs. 5 FLAG 1967 dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn
a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,
b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,
c) sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4).

Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt (§ 10 Abs. 1 FLAG 1967).

Die Familienbeihilfe wird gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Vorerst ist festzuhalten, dass zwar nach § 5 Abs. 3 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, allerdings die Anwendbarkeit des § 5 Abs. 3 FLAG 1967 im Wesentlichen auf Aufenthalte in sogenannten "Drittstaaten" eingeschränkt ist, und daher der Umstand, dass sich die Tochter des Bf. in Spanien aufhält, gemäß § 53 Abs. 1 FLAG 1967 iVm Art. 20 Abs. 1 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) einem Familienbeihilfenanspruch nicht entgegensteht.

Anspruch auf Familienbeihilfe haben gemäß § 2 Abs. 1 lit. b erster Satz FLAG 1967 Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet werden.

Gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

§ 2 Abs. 2 Satz 1 FLAG 1967 stellt den Familienbeihilfenanspruch grundsätzlich auf die Haushaltszugehörigkeit mit einem Kind ab und nur subsidiär (§ 2 Abs. 2 Satz 2 FLAG 1967) darauf, welche Person die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt.

Gemäß § 2 Abs. 5 FLAG 1967 gehört ein Kind dann zum Haushalt einer Person, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt unter anderem nicht als aufgehoben, wenn (§ 2 Abs. 5 lit. a FLAG 1967) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält.

Ein nicht nur vorübergehendes Verweilen liegt vor, wenn sich der Aufenthalt über einen längeren Zeitraum erstreckt (vgl. ). Das bloße Verbringen der Ferien im Haushalt bzw. fallweise kurze Besuche im Haushalt unterbrechen einen ständigen Aufenthalt außerhalb des Haushalts nicht (vgl. ; ; ; ; ).

Das Studium der Tochter des Bf. in Madrid war auf eine längere Dauer angelegt, nämlich - laut den Angaben im Antragsformular vom - auf die Zeit von September 2021 bis voraussichtlich Juli 2026. In den hier maßgeblichen Zeiträumen "ab September 2021" war bzw. ist sie daher nach der vorliegenden Sach- und Beweislage nicht beim Bf. haushaltszugehörig im Sinne des § 2 Abs. 2 erster Satz FLAG 1967.

Für diese Zeit kommt es daher darauf an, ob der Tochter vom Bf. der überwiegende Unterhalt geleistet wurde.

Gemäß § 2 Abs. 4 FLAG 1967 zählen auch die Studiengebühren als Berufsausbildungskosten zu den Unterhaltskosten.

Ob eine Person die Unterhaltskosten für ein Kind überwiegend getragen hat, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einerseits von der Höhe der gesamten Unterhaltskosten für ein den Anspruch auf Familienbeihilfe vermittelndes Kind in einem bestimmten Zeitraum und andererseits von der Höhe der im selben Zeitraum von dieser Person tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeträge ab (vgl. etwa ; , mwN).

Dass der Bf. im Streitzeitraum die Unterhaltskosten für seine Tochter überwiegend getragen hätte, konnte bei der vorliegenden Sach- und Beweislage jedoch nicht festgestellt werden. Auf die entsprechenden Ausführungen in Punkt 2. ("Beweiswürdigung") dieses Erkenntnisses wird verwiesen.

Aus den angeführten Gründen war daher die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

4. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das vorliegende Erkenntnis beruht im Wesentlichen auf der Beweiswürdigung, ob der Beschwerdeführer die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 FLAG 1967 erfüllte.
Weder die im Rahmen der freien Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen noch die einzelfallbezogene rechtliche Beurteilung weisen eine Bedeutung auf, die über den Beschwerdefall hinausgeht.
Die Revision ist daher gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Linz, am

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FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100386.2022

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