Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 13.07.2023, RV/7101954/2023

Nichterfüllung eines Mängelbehebungsauftrages

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Christian Seywald in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 des Finanzamtes Österreich vom zu Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:

Die Beschwerde gilt gemäß § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen.

Gegen diesen Beschluss ist eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Für das Jahr 2021 wurden von folgenden Einrichtungen Lohnzettel für die Beschwerdeführerin (Bf.) übermittelt:

  1. Pensionsversicherungsanstalt (für bis ) mit steuerpflichtigen Bezügen (Kennzahl 245) in Höhe von 45.152,88 € sowie anrechenbarer Lohnsteuer in Höhe von 12.308,48 €;

  2. Arbeitgeber2 (für bis ) mit steuerpflichtigen Bezügen (Kennzahl 245) in Höhe von 338,40 €.

Das Finanzamt Österreich erinnerte die Bf. mit Schreiben vom an die für 2021 erforderliche Einreichung einer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung (Unterfall der Einkommensteuererklärung).

Das Finanzamt Österreich erließ an die Bf. den mit datierten, angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2021, in welchem die beiden o.a. Lohnzettel sowie Zuwendungen gemäß § 18 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 in Höhe von 135,00 € angesetzt wurden. Außergewöhnliche Belastungen wurden nicht angesetzt. Mit diesem, amtswegig aufgrund der Erfüllung des Pflichtveranlagungstatbestandes nach § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 erlassenen Bescheid wurde die Einkommensteuer der Bf. für das Jahr 2021 (nach Abzug der anrechenbaren Lohnsteuer) mit 85,00 € festgesetzt.

Die Bf. erhob am über FinanzOnline Beschwerde gegen den vorgenannten Bescheid und führte aus: "Mir wurde am Tel.: FA-ONLINE am um 11:39 mitgeteilt, dass der bearbeiter BEIDE Fristen meiner LST Veranlagung 2021 als Verlängerung online einträgt; ich hatte hierfür damals dies online nicht gefunden... und zwar: 1) Zeitlich: Meine LST bis ende Februar 2023 und die meiner Schwester X: StNr.: StNrX bis Ende März 2023 2) Begründung: ICH brauche noch zeit, weil meine ausgaben für verstobenen Neffe Y am sehr viele Kosten verursacht hat; diese muß ich alle erst zusammenrechnen und tw kopieren, weil Sie dies brauchen werden, mein PC+Drucker war kaputt, letztes jahr war geprägt von Sorge mit Pflegerinnen Org. für meine Schwester X, weil sie ein totaler Pflegefall wurde. UND: die Rechnungen von Pflegerinnen muß ich tw noch als FA taugliche unterlage nachfordern."

Das Finanzamt Österreich erließ einen mit datierten Bescheid (Mängelbehebungsauftrag) an die Bf. wegen des Fehlens eines Inhaltserfordernisses gemäß § 250 Abs. 1 BAO - fehlende Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten werde, fehlende Erklärung, welche Änderungen beantragt würden sowie fehlende Begründung. Die angeführten Mängel seien beim Finanzamt Österreich gemäß § 85 Abs. 2 BAO bis zum zu beheben. Bei Versäumung dieser Frist gelte das Anbringen als zurückgenommen.

Das Finanzamt Österreich erließ an die Bf. einen mit datierten Bescheid (Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 BAO) mit dem Ausspruch, dass die Beschwerde der Bf. vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2021 vom als zurückgenommen gelte. Die Begründung lautete: "Sie haben dem Auftrag, die Mängel Ihrer Beschwerde zu beheben, nicht fristgerecht entsprochen. Daher war gemäß § 275 BAO mit Bescheid auszusprechen, dass die Beschwerde als zurückgenommen gilt."

Dagegen brachte die Bf. am über FinanzOnline einen Vorlageantrag (Antrag gemäß § 264 Abs. 1 BAO auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Verwaltungsgericht, hier: Bundesfinanzgericht) ein. Darin führte die Bf. aus: "SORRY: Ich habe wegen Termin Hektik bei Online-Eingabe alles irrtümlich in 2022 gebucht! Statt richtig in 2021 ! Daher ist auch 2022 alles falsch! Können Sie auch per 2022 alles stornieren? Ich war dann am beim Finanzamt Mödling um diesen Irrtum samt meiner Belege zu korrigieren, aber die Beamtin hat keinerlei Belege angenommen; Sie hat mich an Wien 12., verwiesen; und dort konnte mich heute Herr Z sehr freundlich durch den Irrgarten zur richtigen Eingabe leiten! Weil wenn ich alles in den Postkasten beim Finanzamt werfe dauert es etliche Tage noch länger bis sie es am Bildschirm sehen. Tut mir leid dass diese falsche online Eingabe nun einen riesigen Aufwand für beide Jahre bewirkt! Anbei nun die orig. Belege vom für das Jahr 2021: Der Rest meiner Unterbelege geht heute noch zum FA Mödling in den Briefkasten! Mit freundlichen Grüßen [Bf.]"

Das Finanzamt Österreich legte die Beschwerde (Bescheidbeschwerde gemäß § 243 BAO) am gemäß § 265 Abs. 1 BAO dem Bundesfinanzgericht (BFG) vor. Im Vorlagebericht wurde abschließend darauf hingewiesen, dass die Bf. mit für das Veranlagungsjahr 2021 eine Erklärung gemäß § 41 Abs. 2 EStG 1988 abgegeben habe.

Erwägungen seitens des Bundesfinanzgerichtes

§ 243 BAO bestimmt: "Gegen Bescheide, die Abgabenbehörden erlassen, sind Beschwerden (Bescheidbeschwerden) an die Verwaltungsgerichte zulässig, soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist."

Das Bundesfinanzgericht ist das Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen (Art. 129 B-VG). Das Finanzamt Österreich ist eine Abgabenbehörde (§ 49 Z 1 lit. b erster Teilstrich BAO).

§ 250 Abs. 1 BAO bestimmt: "Die Bescheidbeschwerde hat zu enthalten:
a)
die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;
b)
die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;
c)
die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;
d)
eine Begründung."

Der Bestandteil gemäß lit. b leg.cit. umschreibt den angefochtenen Bereich des Bescheides, welcher bei der Entscheidung über die Beschwerde durch die Abgabenbehörde (mit Beschwerdevorentscheidung) oder durch das Verwaltungsgericht (mit Erkenntnis) überprüft werden soll (Tanzer/Unger in Stoll-BAO2, § 250 Rz 22). Der Bestandteil nach lit. c leg.cit. muss einen bestimmten, zumindest aber bestimmbaren Inhalt haben (Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3 § 250 BAO Rz 7). Die Begründung (im engeren Sinne) nach lit. d leg.cit. muss erkennen lassen, womit die Beschwerdeführerin den Beschwerdeantrag begründen zu können glaubt (Tanzer/Unger in Stoll-BAO2, § 250 BAO Rz 32).

Die Beschwerde der Bf. vom lässt zwar - gerade noch - erkennen, dass die Bf. (anders als im angefochtenen Bescheid) die Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen in Zusammenhang mit ihrem verstorbenen Neffen anstrebt. Der bestimmte, zumindest aber bestimmbare Inhalt der beantragten Änderungen war aber am und am nicht aktenkundig. Denn es fehlte, welche Position(en) geltend gemacht werden und die Höhe des/der geltend gemachten Betrages/Beträge. Das Vorbringen der Bf. in ihrer Beschwerde vom hätte eine Begründung für einen (hier aber nicht gestellten) Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist gemäß § 245 Abs. 3 f. BAO darstellen können, aber keine Begründung im Sinne des § 250 Abs. 1 lit. d BAO, welche zur Begründung des - nicht ausreichend bestimmten bzw. bestimmbaren - Änderungsantrag dienen könnte. Somit waren nach der Aktenlage am und am die Inhaltserfordernisse einer Beschwerde nach § 250 Abs. 1 lit. c und d BAO nicht erfüllt.

§ 85 Abs. 2 BAO bestimmt: "Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, daß die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht."

Das Finanzamt Österreich war daher verpflichtet, den Mängelbehebungsauftrag vom zu erlassen. Die gesetzte Frist zur Behebung der Mängel bis war nach ursprünglicher Aktenlage ausreichend bemessen. Wenn aufgrund berücksichtigungswürdiger Umstände eine Verlängerung der Mängelbehebungsfrist geboten gewesen wäre, so hätte die Bf. eine solche Verlängerung (vor Ablauf der Frist) beantragen können (Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3 § 85 BAO Rz 22; § 245 Abs. 5 BAO).

Bis zum Ablauf des sind die Mängel gemäß § 250 Abs. 1 lit. c und d BAO nicht behoben worden. Mit dem Ablauf des ist die im Mängelbehebungsauftrag für den Fall des fruchtlosen Ablaufes der Mängelbehebungsfrist angekündigte Konsequenz, nämlich die Geltung der Beschwerde vom als zurückgenommen, eingetreten. In diesem verwaltungsgerichtlichen Verfahren über die Beschwerde vom kann und darf nicht inhaltlich (durch Erkenntnis), sondern nur durch Beschluss entschieden werden.

Die von der Bf. nach dem eingebrachten Unterlagen können nichts an der mit dem Ablauf des eingetretenen Konsequenz - der Geltung der Beschwerde vom als zurückgenommen - ändern (vgl. Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3 § 85 BAO Rz 23).

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der vorliegende Beschluss des BFG entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ( mit weiteren Nachweisen). Auch da sich die Rechtsfolge im Falle der Nichtbefolgung eines Mängelbehebungsauftrages unmittelbar aus § 85 Abs. 2 BAO ergibt, liegt hier keine Rechtsfrage vor, der gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Rechtslage ist eindeutig im Sinne des Zl. Ro 2014/07/0053. Die ordentliche Revision ist daher im vorliegenden Fall nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 250 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7101954.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at