Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.06.2023, RV/7102458/2015

Doppelte Haushaltsführung - Höhe der Kosten einer zweckentsprechenden Wohnung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Wilfried Schlick, Dornbacher Straße 45, 1170 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling vom betreffend Einkommensteuer 2013, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO im eingeschränkten Umfang Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Streit besteht im vorliegenden Fall ausschließlich darüber, in welcher Höhe die Kosten für die Wohnung des Beschwerdeführers (Bf.) an seinem 2. Beschäftigungsort (Zweitwohnung), die infolge seiner Tätigkeit als Geschäftsführer bei der ***AG*** GmbH in Villach ab erforderlich wurde, steuerlich berücksichtigt werden können.

Der Beschwerdeführer (Bf.) machte im Jahr 2013 bei seinen nichtselbständigen Einkünften u.a. Kosten für die doppelte Haushaltsführung (im Wesentlichen Miete und Betriebskosten, für eine Wohnung in Villach) iHv. insgesamt € 18.809,44 einschließlich der Familienheimfahrten (Pauschale gem. § 16 Abs.1 Z 6 EStG iHv € 2.016,00) als Werbungskosten geltend.

Laut Aktenlage handelte es sich bei dem Mietobjekt um eine 77,52 m² große 2-Zimmer-Wohnung mit möblierter Küche. Der vereinbarte Mietzins einschließlich Betriebskosten und Umsatzsteuer betrug monatlich € 913,82--.
Neben der Miete machte der Bf. auch die entrichtete Maklerprovision iHv. € 950, 00, Mietvertragsgebühr iHv € 328,00, Stromkosten iHv € 576,00, Abschreibungen für diverse Einrichtungsgegenstände, ein Fernsehgerät und eine Kaffeemaschine iHv € 1.194,11 sowie für geringwertige Wirtschaftsgüter (diverser Hausrat, Geschirr, Bettwäsche etc.) iHv € 3.150,11 als Abzugsposten geltend.

Gegen den erklärungsgemäß erlassenen Einkommensteuerbescheid 2013 erhob der Bf. Beschwerde und führte darin aus, dass bei der elektronischen Eingabe der Erklärung versehentlich die Ankreuzung des Alleinverdienerabsetzbetrages unterblieben sei, der dem Bf. jedoch zustünde, da er zwei Kinder im Sinne des § 106 Abs. 1 EStG habe und seine Ehegattin über Einkünfte von weniger als € 6.000,00 verfüge. Es werde daher beantragt den Einkommensteuerbescheid insoweit abzuändern und den AVAB zu berücksichtigen.

Über behördlichen telefonischen Vorhalt betreffend den Zweitwohnsitz teilte der Bf. durch seinen steuerlichen Vertreter mit Eingabe vom folgendes mit:

"Die Größe der Wohnung beträgt 77,52 m². Im Jahresaufwand von € 10.594,20 sind Akontobeträge von € 2.046,53 für Betriebskosten enthalten.


Mein Mandant hat mir mitgeteilt, dass nach Auskunft der eingeschalteten Maklerin die Miete als eindeutig marktgerecht zu betrachten ist (- zu bedenken ist hiebei, dass in Villach mehrere größere Industriebetriebe ansässig sind) und dass kleinere Wohnungen in Anbetracht der Dringlichkeit des Bedarfes nicht verfügbar waren. Alternativen wie Hotel- und Pensionsunterkünfte wären noch teurer gewesen.
Ihr Hinweis auf Sachbezugswerte ist mir unverständlich, da diese nur im Falle der Zurverfügungstellung einer Wohnung durch den Arbeitgeber in Frage kämen; dieser Fall liegt aber nicht vor. Ich darf hingegen auf die Lohnsteuer-Richtlinien (vgl. hiezu den Lohnsteuer-Kommentar Hofbauer/Krammer,
Wien 2014, Seite 94) verweisen, wonach für Zweitwohnsitze Kosten von monatlich bis zu € 2.200,00 anzuerkennen sind, somit weit mehr als im vorliegenden Fall."

Die belangte Behörde gab der Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung hinsichtlich Alleinverdienerabsetzbetrag Folge, kürzte aber gleichzeitig die im Erstbescheid zur Gänze anerkannten Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung auf € 13.930,85. Als Begründung wurde ausgeführt: "Als Werbungskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung kommen unvermeidbare Mehraufwendungen in Betracht, die für eine zweckentsprechende Unterkunft aufgewendet werden müssen. Als zweckentsprechend wird eine Kleinwohnung von maximal 55 m² angesehen, weshalb die Kosten der 77,52 m² großen Wohnung entsprechend aliquotiert wurden.
Darüber hinaus gehende Kosten sind gem. § 20 EStG 1988 nicht abzugsfähig."

In dem dagegen erhobenen Vorlageantrag wird folgendes eingewendet: "Sie haben zwar meinem Antrag auf Anerkennung des AVAB Rechnung getragen, gleichzeitig aber die im Bescheid vom anerkannten Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung gekürzt und dies damit begründet, dass eine Wohnung von 55 m² ausreichend gewesen wäre, während der Bf. eine Wohnung im Ausmaß von 77,52 m² gemietet hat. Wie Sie aus dem beiliegenden Schreiben von ***Makler***, Villach, ersehen können, waren aber zum maßgeblichen Zeitpunkt keine kleineren Wohnungen verfügbar. Ich stelle daher den Antrag, die erwähnte Kürzung wieder zurückzunehmen und ersuche Sie, die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht weiterzuleiten."


In dem vorgenannten Schreiben vom wird seitens der eingeschalteten Maklerin bestätigt, dass sie im November 2012 mit der Wohnungssuche beauftragt wurde. Im Suchprofil wurde seitens des Bf. eine 2-Zimmer-Mietwohnung mit maximal 60 m² mit möblierter Küche angegeben. Zu diesem Zeitpunkt konnte lediglich eine Wohnung in Villach mit einer Fläche von ca. 77 m² angeboten werden, kleinere Wohnungen konnte ***Makler*** leider nicht offerieren.

Die belangte Behörde gab dem Bundesfinanzgericht über Nachfrage bekannt, dass im Verwaltungsakt keine weiteren die Sachlage erhellenden Unterlagen wie Mietvertrag oder Wohnungsplan der gegenständlichen Wohnung aufliegen würden und auch keine weiteren behördlichen Ermittlungsschritte bzw. - ergebnisse bezüglich ortsüblicher Mietzinse von vergleichbaren zweckentsprechenden Mietwohnungen am Beschäftigungsort des Bf. im Beschwerdejahr aktenkundig seien.

Nach Erörterung der beschwerdegegenständlichen Sach- und Rechtslage bezüglich der geltend gemachten doppelten Haushaltsführung zwischen der zuständigen Richterin und dem steuerlichen Vertreter des Bf. teilte der Bf. dem Bundesfinanzgericht mit, dass er die vorgeschlagene Kürzung der Mietkosten für die Wohnung in Villach im Verhältnis 55:77,52 (-dies gälte jedoch nicht für die übrigen Aufwendungen für den Zweitwohnsitz) akzeptieren könne, er also sein Beschwerdebegehren in Bezug auf die Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung dahingehend einschränken würde.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe im eingeschränkten Umfang)

Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Der Bf. ging im Beschwerdejahr neben seinem Dienstverhältnis bei der ***XY*** GmbH einer zweiten nicht selbständigen Beschäftigung als Geschäftsführer bei der ***AG*** GmbH in Villach nach. Der Familienwohnsitz verblieb in ***HWS***, weshalb am 2. Beschäftigungsort die Einrichtung eines Zweitwohnsitzes erforderlich wurde. Der Bf. bezog daher eine Mietwohnung mit einer Wohnfläche von 77,52 m² in Villach, ***strasse***, die er über ein Maklerbüro gefunden hatte.

Die dafür zu entrichtende Miete inklusive Betriebskosten, Maklergebühren, Stromkosten sowie Abschreibungen für diverse Möbel und geringwertige Wirtschaftsgüter (siehe oben) belaufen sich auf insgesamt € 16.793,44.

Die Kosten für Familienheimfahrten wurden iHv € 2.016,00 angesetzt.

Die belangte Behörde hat im Beschwerdefall das Vorliegen der Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung dem Grunde nach anerkannt und die Kosten der Familienheimfahrten in Ausmaß des höchsten Pendlerpauschales berücksichtigt.

Strittig ist lediglich, in welcher Höhe die Kosten der doppelten Haushaltsführung (im Wesentlichen die Kosten der Mietwohnung am Beschäftigungsort) steuerlich abzugsfähig sind.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden. Dasselbe gilt nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 für Aufwendungen und Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Haushaltsaufwendungen oder Aufwendungen für die Lebensführung sind demnach grundsätzlich nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehbar. Lediglich unvermeidbare Mehraufwendungen, die dem Abgabepflichtigen dadurch erwachsen, dass er am Beschäftigungsort wohnen muss und ihm die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort ebenso wenig zugemutet werden kann wie die tägliche Rückkehr zum Familienwohnsitz, werden als beruflich bzw. betrieblich bedingte Mehraufwendungen bei jener Einkunftsart abzuziehen sein, bei der sie erwachsen sind. Die Obergrenze der abziehbaren Wohnungskosten ist mit der Höhe der Aufwendungen für eine zweckentsprechende Wohnung am Beschäftigungsort zu ziehen. In diesem Sinne unterliegen die tatsächlich angefallenen Wohnungskosten einer Angemessenheitsprüfung (, mwN).

Auf Grund der Entfernung zwischen dem Familienwohnsitz und dem Tätigkeitsort ist für den Bf. eine tägliche Rückkehr zum Familienwohnsitz unbestritten unzumutbar und hat das Finanzamt zu Recht das Vorliegen einer berufsbedingten doppelten Haushaltsführung grundsätzlich anerkannt.

Die Grenze der abziehbaren Wohnungskosten ist nach einhelliger Lehre und Rechtsprechung mit der Höhe der Aufwendungen für eine zweckentsprechende Wohnung am Beschäftigungsort zu ziehen (vgl. zB , und , sowie Hofstätter/Reichel, EStG-Kommentar, Tz 3 zu § 16 Abs. 1 Z 6).

Die belangte Behörde beschränkt sich in ihrer Beschwerdevorentscheidung ohne nachvollziehbare Begründung darauf, die gesamten Wohnungskosten auf eine Größe von 55 m² zu kürzen, weil sie als zweckentsprechende Unterkunft am Beschäftigungsort eine Wohnung von maximal 55 m² erachtet.

Dem Finanzamt kann in dieser Beurteilung nicht gefolgt werden.

Die Beurteilung der Frage, ob eine "zweckentsprechende Wohnung" am Beschäftigungsort vorliegt, kann nämlich keinesfalls allein an Hand der Wohnungsgröße vorgenommen werden. Diese Beurteilung hat vielmehr stets unter Bedachtnahme auf sämtliche Verhältnisse des Einzelfalles zu erfolgen (; vgl. zB auch , wonach es primär auf die Kosten und nicht auf die Wohnungsgröße ankomme).

Zum Einem hat der Bf. nachweislich vorgebracht, dass es dem beauftragten Makler nicht gelungen ist die angefragte 60 m² Wohnung zu vermitteln, zum anderen ist nochmals darauf hinzuweisen, dass die Wohnungsgröße allein nicht ausschlaggebend sein kann. Keinesfalls kann aus der Judikatur des VwGH abgeleitet werden, dass lediglich Mietkosten für eine Zweitwohnung mit höchstens 55 m² Nutzfläche steuerlich abzugsfähig sein sollen.

Auch der seitens der belangten Behörde neben der Mietkostenkürzung vorgenommenen einheitlichen (aliquoten) Kürzung sämtlicher übriger Wohnungskosten (Maklerprovision, Mietvertragsgebühren, Stromkosten, Einrichtung, Hausrat etc.) auf Basis der zugelassenen Wohnnutzfläche von 55 m² kann so nicht gefolgt werden.

Liegt ein beruflich veranlasster Fall doppelter Haushaltsführung vor, was die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid bejaht hat, dann sind die Aufwendungen für eine zweckentsprechende Wohnung am Beschäftigungsort auch im Umfang erforderlicher Einrichtungsgegenstände und diversen Hausrat - wie vom Bf. in seiner Beilage zur Einkommensteuererklärung aufgelistet - als Werbungskosten abziehbar (siehe hiezu die bei Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, Tz 102 zu § 16 EStG 1988, Stichwort "Doppelte Haushaltsführung", wiedergegebenen Nachweise und das hg. Erkenntnis vom , 97/13/0111 und vom , 2001/13/0241).

Dass der Bf. mit den im gegebenen Zusammenhang geltend gemachten Aufwendungen die Grenzen des gewöhnlichen Haushaltsbedarfes verlassen und der Sache nach damit schon Aufwendungen geltend gemacht hätte, die sich wegen ihres Charakters als Repräsentationsaufwendungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Z. 3 EStG 1988 dem Abzug entzogen hätten, ist für diese Aufwandspositionen nicht zu erkennen und wurden im angefochtenen Bescheid auch keine diesbezüglichen Feststellungen getroffen.

Wenn nun aber der Bf. - aus verfahrensökonomischen Erwägungen - einer Kürzung (allerdings lediglich) der Mietaufwendungen im Verhältnis 55 zu 77,52 zustimmt und sein Beschwerdebegehren dahingehend einschränkt, wird diese Lösung auch seitens des Bundesfinanzgericht als rechtlich vertretbar und im Einklang mit der höchstgerichtlichen Judikatur erachtet und der Beschwerde dahingehend Folge gegeben.

Die ursprünglich geltend gemachten Mietkosten iHv € 10.594,20 waren daher mit € 7,516,52 € anzuerkennen sodass die Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung mit insgesamt € 15.731,76 zu berücksichtigen waren.

Der bereits in der Beschwerdevorentscheidung anerkannte Alleinverdienerabsetzbetrag war ebenfalls zu berücksichtigen.

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da über die im gegenständlichen Fall zu beurteilende Anerkennung von Kosten der doppelten Haushaltsführung im Sinne der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entschieden wurde, war die Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
doppelte Haushaltsführung
Einrichtungsgegenstände
Hausrat
zweckentsprechende Wohnung
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102458.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at