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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.06.2023, RV/2100011/2022

Inanspruchnahme des Vermittlers gem. § 59 (5) GSpG für Glücksspielabgabe

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/2100011/2022-RS1
Die Festsetzung der Glücksspielabgabe gegenüber dem Aufsteller von Glücksspielautomaten als Gesamtschuldner entfaltet auch gegenüber anderen Gesamtschuldnern eine verjährungsverlängernde Wirkung.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch KAPAS Steuerberatung GmbH, Birkfelder Straße 25, 8160 Weiz, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Festsetzung der Glücksspielabgabe 2011 -2015 gem. § 201 BAO, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde gegen den Festsetzungsbescheid gem. § 201 BAO betreffend Glücksspielabgabe 2011 wird - im Umfang der Beschwerdevorentscheidung vom - Folge gegeben.

II. Die Beschwerden gegen die Festsetzungsbescheide gem. § 201 BAO betreffend Glücksspielabgabe 2012, 2013, 2014 sowie 2015 werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (= Bf.) war im strittigen Zeitraum Pächter der Tankstelle. Pachtgegenstand war die betriebene Station samt Shop und Werkstätte. In diesen Räumlichkeiten waren auch Spielautomaten aufgestellt.

Im Jahr 2016 erfolgte eine abgabenrechtliche Prüfung der DT GmbH bezüglich Wettgebühren und Glücksspielabgabe für die Jahre 2011 - 2013, sowie 2017 für die Jahre 2014-2015. Im Zuge dieser Prüfungen wurde festgestellt, dass die DT GmbH Anbieterin von "Wetten" war, wofür sie Internetterminals in diversen Geschäftslokalen aufstellte, welche in direkter Verbindung mit einem Zentralserver standen, auf dem die Software "xx" installiert war.

Mit Bescheiden vom bzw. wurden ihr gegenüber daher die Abgaben für diese Glücksspiele gem. § 201 BAO als Gesamtschuldnerin festgesetzt. Mit Beschluss vom wurde mangels Vermögen der DT GmbH kein Konkurs eröffnet, 2018 wurde die Firma von Amts wegen gem. § 40 FBG im Firmenbuch gelöscht.

Bereits mit erging ein erstes Ersuchen der Abgabenbehörde an den Bf., am ein weiteres, in dem mitgeteilt wurde, dass Kenntnis darüber besteht, dass am Standort Tankstelle Glücksspiele mit Glücksspielautomaten (VLT's) veranstaltet wurden und wurde der Bf. aufgefordert, er möge die Miet- bzw. Pachtverträge bzw. die Vereinbarungen zur Nutzung der Räumlichkeiten oder dem Aufstellen von Automaten für die o.a. Liegenschaftsadresse vorlegen sowie beigefügte Fragen beantworten.

Die Beantwortung der Vorhalte erfolgte mit unter Beilegung von Wett- bzw. Provisionsabrechnungen des Bf. als Inhaber der Tankstelle. Auf der vorgelegten Provisionsberechnung 01/2011 waren die Provisionen für Wetten (2 Geräte, Summe Wetten) und für die Hunderennen (1 Gerät, Summe Hund) extra ausgewiesen. Die ebenfalls vorgelegte Provisionsberechnung für 12/2015 beinhaltete nur mehr die beiden Geräte (Summe Wetten), jedoch kein Gerät "Summe Hund".

Sowohl im Jahr 2017 als auch 2018 wurden von der Abgabenbehörde nachweislich u.a. GISA-, ZMR- oder Grundbuchabfragen getätigt bzw. wurde eine Niederschrift mit einer Auskunftsperson der DT GmbH erstellt. (siehe Vorlagebericht)

Am erging ein weiterer Vorhalt an den Bf. unter Hinweis darauf, dass der Bf. eventuell als Haftender der Glücksspielabgabe im Sinne des Glücksspielgesetzes in Betracht käme.

Mit Schreiben vom wurde unter gleichzeitiger Vorlage einer "Sportwett-Vereinbarung" sowie einer Rennbahnwett-Vereinbarung" der Vorhalt dahingehend beantwortet, dass die "Aufgabe" von Herrn ***Bf1*** bezüglich der Automaten u.a. die tägliche Geldentleerung war.
Sodann wurde der Bf. mit Festsetzungsbescheiden gem. § 201 BAO für die Glücksspielabgaben der Jahre 2011-2015 (jeweils vom ) als "Vermittler gem. § 59 Abs 5 GSpG" in Anspruch genommen.

Am erfolgte die Beschwerde der steuerlichen Vertretung des Bf. hinsichtlich aller 5 Glücksspielabgabebescheide mit Ersuchen um Akteneinsicht.

Begründet wurde die Beschwerde einerseits mit der Verfassungswidrigkeit der § 59 Abs 4 sowie § 59 Abs 2 Z1 GSpG da die Haftungsinanspruchnahme des Bf. aufgrund des Glücksspielgesetzes unzumutbar und rechtswidrig sei, weiters seien die Jahre 2011 bis 2013 bereits verjährt.

Mit Schreiben vom wurden, dem Antrag auf Akteneinsicht entsprechend, alle Unterlagen, welche der Abgabenbehörde den Bf. betreffend zur Verfügung standen, der steuerlichen Vertretung des Bf. übermittelt.

Gegen die am ergangene Beschwerdevorentscheidung wurde am die Vorlage an das Bundesfinanzgericht beantragt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Im Zuge der abgabenrechtlichen Prüfung (betreffend die Jahre 2011-2013 bzw. 2014-2015) der DT GmbH 2016 war festgestellt worden, dass diese Anbieterin von "Wetten" war, zu deren Abschluss die DT GmbH Internetterminals in diversen Geschäftslokalen aufstellte, welche in direkter Verbindung mit einem Zentralserver standen, auf dem die Software "xx" installiert war. Bei den "Wettautomaten" handelt es sich um Wettannahmeterminals, die die Teilnahme an Glücksspielen in Form von Wetten auf aufgezeichnete Ereignisse (Hunderennen) ermöglichen. Dabei wurden keine "LIVE"-Rennen sondern aufgezeichnete Hunderennen angeboten. Diese Terminals waren zentralseitig mit einem Server vernetzt, der sie mit den entsprechenden Inhalten (Rennvideos, Renndaten, Wettquoten, etc.) versorgte. Auf die Auswahl des Spielangebots konnte der Kunde keinen Einfluss nehmen. Es wurden dabei Wetten über in der Vergangenheit stattgefundene Hunderennen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung angeboten.

In den strittigen Jahren waren im gepachteten Betrieb des Bf. (Tankstelle mit Shop und Werkstatt) aufgrund einer Vereinbarung zwischen dem Bf. und der DT GmbH derartige Glücksspielautomaten aufgestellt.

Die Aufgabe des Bf. war die tägliche Geldentleerung der Terminals, weiters verpflichtete er sich während der gesamten Öffnungszeiten die Wett-Terminals eingeschaltet und betriebsbereit zu halten, keine anderen Sportwetten ohne Zustimmung des Aufstellers zu betreiben sowie bei Störungen sofort den Aufsteller zu kontaktieren. Die eingespielten Beträge wurden vom Bf. treuhändig für den Aufstelle verwaltet und verwahrt. (siehe vorgelegte Vereinbarung)

Als Einsatz für die dem Bf. durch den Betrieb erwachsenden Kosten wurden ein Betreiberanteil von 40% des Nettowettertrages vereinbart. Der Bf. erhielt eine monatliche Abrechnung auf deren Basis er seine Provision erhielt.

Im Rahmen der Prüfung der DT GmbH 2016 wurden die Glücksspielabgaben gegenüber der GmbH mit Bescheiden vom als Gesamtschuldnerin festgesetzt. Mit Bescheiden vom erfolgte die Festsetzung der Glücksspielabgaben für 2014 und 2015. Mit Beschluss des LG für ZRS Graz wurde am das Insolvenzverfahren der GmbH mangels kostendeckendem Vermögen nicht eröffnet und die GmbH mit amtswegig gelöscht.

Gegenüber dem Bf. wurde die Glücksspielabgabe für die Jahre 2011-2015 gem. § 201 BAO mit Bescheiden vom festgesetzt.

Dagegen erhob der Bf. Beschwerde und wandte einerseits ein, dass § 59 Abs 2 Z1 sowie § 59 Abs 4 Glücksspielgesetz verfassungswidrig seien, andererseits, dass eine unzureichende Bescheidbegründung vorhanden sei sowie dass bereits Verjährung betreffend der Jahre 2011 - 2013 eingetreten sei.

2. Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen beruhen auf den aktenkundigen Erhebungen der belangten Behörde sowie den durch den Bf. vorgelegten Unterlagen. Unbestritten ist, dass es sich um Glücksspielautomaten mit voraufgezeichneten Hunderennen gehandelt hat. Ebenfalls unbestritten ist, dass der Bf. die tägliche Geldentleerung durchgeführt hat und der Bf. einen Anspruch auf Provision gegenüber der Firma DT GmbH hatte, die auch die Abrechnung und das Wettangebot erledigte.

3. Rechtliche Beurteilung

§ 59. (1) Die Abgabenschuld entsteht in den Fällen der §§ 57 und 58:

1. in Fällen des § 58 im Zeitpunkt des Zustandekommens des Spielvertrages in Fällen des § 58 Abs. 3 mit Ende des Kalenderjahres der Veröffentlichung des Gewinnspiels;

2. bei allen anderen Ausspielungen mit der Vornahme der Handlung, die den Abgabentatbestand verwirklicht. Bei Sofortlotterien entsteht die Abgabenschuld in dem Zeitpunkt, in dem im Verhältnis zwischen Konzessionär und Vertriebsstelle die Abrechenbarkeit der geleisteten Spieleinsätze eingetreten ist. Bei elektronischen Lotterien entsteht die Abgabenschuld mit Erhalt der Einsätze und Auszahlung der Gewinne.

(2) Schuldner der Abgaben nach §§ 57 und 58 sind

1. bei einer Abgabenpflicht gemäß § 57:
- der Konzessionär (§ 17 Abs. 6) oder der Bewilligungsinhaber (§ 5);
- bei Fehlen eines Berechtigungsverhältnisses der Vertragspartner des Spielteilnehmers, der Veranstalter der Ausspielung sowie der Vermittler (Abs. 5) sowie im Falle von Ausspielungen mit Glücksspielautomaten der wirtschaftliche Eigentümer der Automaten zur ungeteilten Hand.

2. bei einer Abgabenpflicht gemäß § 58 der Vertragspartner des Spielteilnehmers sowie die Veranstalter, die die in § 58 genannten Ausspielungen anbieten oder organisieren.

(3) Die Schuldner der Abgaben nach §§ 57 und 58 haben diese jeweils für ein Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 20. des dem Entstehen der Abgabenschuld folgenden Kalendermonats (Fälligkeitstag) an das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu entrichten. …

(4) Es haften für die korrekte Entrichtung der Abgaben zur ungeteilten Hand

a) derjenige, der die Durchführung der Ausspielung in seinem Verfügungsbereich erlaubt;
b) bei Ausspielungen mit Glücksspielautomaten derjenige, der die Aufstellung eines Glücksspielautomaten in seinem Verfügungsbereich erlaubt sowie andere am Glücksspielautomaten umsatz- oder erfolgsbeteiligte Unternehmer sowie ein etwaiger gesonderter Veranstalter der Ausspielung und der Vermittler (Abs. 5).

(5) Als Vermittlung gelten jedenfalls die Annahme und die Weiterleitung von Spieleinsätzen oder -gewinnen sowie die Mitwirkung am Zustandekommen des Glücksspielvertrages auf andere Art und Weise.
….

Was den verfassungsrechtlichen Einwand in der Beschwerde anlangt, ist zunächst darauf zu verweisen, dass das Bundesfinanzgericht nicht dazu berufen ist, Gesetze auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.
Zur Behauptung des Bf., § 59 Abs 2 Z1 sowie § 59 Abs 4 GSpG seien verfassungswidrig, fehlt die erforderliche detaillierte Darlegung des Bf., welche Gründe für seine Annahme sprechen.
Der Bf. legte weiters nicht dar, in welchem konkreten verfassungsgesetzlichen Recht er sich als verletzt erachtet.

Weiters irrt der Bf. auch darin, dass er zur Haftung herangezogen wurde; vielmehr liegt ein Gesamtschuldverhältnis vor. Dies wurde auch in den Bescheiden vom (Seite 3, Abs 4) ausdrücklich dargelegt.

"Im gegenständlichen Fall ist die DT GmbH als Veranstalter iSd § 59 Abs 2 GSpG Schuldner der gegenständlichen Glücksspielabgaben sowie das Einzelunternehmen ***Bf1*** (Inhaber Tankstelle) Vermittler iSd § 59 Abs 5 GSpG als Gesamtschuldner…

… . Im Rahmen der Ermessenabwägung gem. "§ 20 BAO, ….., erfolgt die Festsetzung der Glücksspielabgaben gegenüber ***Bf1*** auf Grund des Umstandes, dass der gegenständliche Abgabenanspruch zwar bereits gegenüber der DT GmbH als Gesamtschuldnerin mit Bescheiden vom geltend gemacht wurde. Die DT GmbH ist infolge rechtskräftiger Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens und Zahlungsunfähigkeit ….. aufgelöst. Nach h.a. Feststellungen ist der Abgabenanspruch bei der Firma DT GmbH aufgrund dieser Tatsache uneinbringlich."

Eine Gesamtschuld entsteht, wenn mehrere Personen zur Leistung einer unteilbaren Sache verpflichtet sind, jeder schuldet das Ganze (Welser/Zöchling-Jud, Bürgerliches Recht II14 Rz 621 bis 623). Personen, die nach den Abgabenvorschriften dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, sind gemäß § 6 Abs. 1 BAO Gesamtschuldner.

Haftung bedeutet nach heutigem Verständnis und nach der Konzeption der BAO das "Einstehenmüssen für eine fremde Abgabenschuld". (Unger in Althuber/Tanzer/Unger BAO-Handbuch, 38).

§ 59 Abs. 2 Z 1 GSpG regelt die Abgabenschuldnerschaft bei Glücksspielabgaben nach § 57 GSpG. Um zu vermeiden, dass es für Ausspielungen, die nach § 57 GSpG einer Glücksspielabgabe unterliegen, keinen Abgabenschuldner gibt, ist das "Fehlen des Berechtigungsverhältnisses" gemäß § 59 Abs. 2 Z 1 TS 2 GSpG nach der Rechtsprechung des , Rz 22; ; iSd § 59 Abs. 2 Z 1 TS 1 GSpG genannten Berechtigungsverhältnisses zu verstehen. § 59 Abs. 2 Z 1 GSpG unterscheidet für Zwecke der Regelung der Abgabenschuldnerschaft zwischen

- gemäß § 14 GSpG konzessionierten oder auf Basis des § 4 Abs. 2 iVm § 5 GSpG landesrechtlich bewilligten Ausspielungen und

- konzessions- und bewilligungslosen Ausspielungen. (Allram in Bergmann/Pinetz, GebG2, §§ 57-59 GSpG, Rz 506-508).

Liegt weder eine Konzession noch eine Bewilligung für Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten vor, fehlt ein Berechtigungsverhältnis und kann sich die Person des Abgabenschuldners nur nach § 59 Abs. 2 Z 1 TS 2 GSpG bestimmen. (Meilinger/Papst in Zillner [Hrsg], Kommentar zum Glücksspielgesetz mit ausgewählten Fragen des Wettenrechts, § 59 Rz 14).

Bei konzessions- und bewilligungslosen Ausspielungen wurden als Schuldner der Glücksspielabgaben festgelegt:

- der Vertragspartner des Spielteilnehmers

- der Veranstalter der Ausspielung, und

- der Vermittler iSd § 59 Abs. 5 GSpG, sowie

- im Falle von Ausspielungen mit Glücksspielautomaten der wirtschaftliche Eigentümer der Automaten

zur ungeteilten Hand. (Allram in Bergmann/Pinetz, GebG2, §§ 57-59 GSpG, Rz 513).

Nach der Rechtsprechung des sind Steuerschuldner gemäß § 59 Abs. 2 Z 1 TS 2 GSpG diejenigen Personen, die unmittelbar oder mittelbar den Glücksspielabgabenauslöseeffekt setzen. Es ist üblich, dass die materiellen Abgabenvorschriften die Person des Steuerschuldners ausdrücklich bezeichnen und damit klarstellen, wer verpflichtet ist, den Anspruch zu erfüllen. Hierbei wird in aller Regel die Person als Schuldner genannt, die als Steuersubjekt den die Steuerschuld auslösenden Tatbestand verwirklicht hat. Mitunter wird aber diese Identifizierung aus Zweckmäßigkeitsgründen aufgegeben und es werden von mehreren den Tatbestand verwirklichenden Personen nur eine, manchmal auch andere Personen als die, die den Tatbestand unmittelbar erfüllen, als Steuerschuldner bezeichnet (Stoll, Das Steuerschuldverhältnis, 163ff). Daher müssen diese Personen nicht unmittelbar selbst den Steuerauslöseeffekt setzen, sondern es genügt eine Beteiligung oder Ermöglichung. (; Meilinger/Papst in Zillner [Hrsg], Kommentar zum Glücksspielgesetz mit ausgewählten Fragen des Wettenrechts, § 59 Rz 19).

Gemäß § 59 Abs. 3 Satz 8 GSpG sind für den Fall, dass die Verpflichtung zur Entrichtung der Glücksspielabgabe zwei oder mehr Personen trifft, diese zur ungeteilten Hand verpflichtet, womit eine gewisse systematische Anknüpfung an § 6 BAO gegeben ist. Nach § 6 BAO sind Personen, die nach den Abgabenvorschriften dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, Gesamtschuldner, d.h. Mitschuldner zur ungeteilten Hand iSd § 891 ABGB.

Bei Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses hängt es gemäß § 891 Satz 2 ABGB vom Gläubiger ab, ob er von allen oder von einigen Mitschuldnern das Ganze oder nach von ihm gewählten Anteilen oder ob er das Ganze von einem Einzigen fordern will. § 59 Abs. 3 Satz 8 GSpG räumt der Abgabenbehörde einen Ermessensspielraum ein. (Allram in Bergmann/Pinetz, GebG2, §§ 57-59 GSpG, Rz 532 bis 535).

§ 59 Abs. 4 GSpG regelt die Haftung für Glücksspielabgaben.

Der Bf. wurde aber als Schuldner gemäß § 59 Abs. 2 Z 1 GSpG herangezogen, und nicht als Haftender.

Die vom Bf angeführte VfGH Judikatur kommt im vorliegenden Fall nicht zum Tragen, da sie sich auf ein Haftungsverhältnis und nicht auf ein Gesamtschuldverhältnis bezieht.

Einwand der Verjährung

Gemäß § 207 Abs. 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist grundsätzlich 5 Jahre. Nach § 208 Abs. 1 lit. a BAO beginnt die Verjährung in den Fällen des § 207 Abs. 2 BAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, soweit nicht im § 208 Abs. 2 BAO ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird. Da für Glücksspielabgaben keine spezielle Regelung besteht, beginnt die Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres in dem die Gebührenschuld entstanden ist und beträgt die Verjährungsfrist 5 Jahre. Da die Gebührenschuld betreffend Glücksspielabgabe 2011 im vorliegenden Fall mit Ende des Jahres 2011 entstanden ist, endet die Verjährungsfrist frühestens mit Ablauf des Jahres 2016.

Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabenpflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich gemäß § 209 Abs. 1, erster Satz BAO die Verjährungsfrist um ein Jahr.

Bei Gesamtschuldverhältnissen wirken Amtshandlungen fristverlängernd gegen alle Gesamtschuldner.
Dies gilt nach der jüngeren Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch für nur gegen einen Gesamtschuldner gerichtete Abgabenfestsetzungen (vgl. ; Ritz, BAO-Kommentar3, § 209 Tz. 33).

Der Bf. führt in seiner Beschwerde aus, dass die fünfjährige Verjährungsfrist für die vorgeschriebenen Abgaben 2011 - 2013 bereits abgelaufen sei, da die erste Amtshandlung dem Bf. gegenüber erst 2019 erfolgt sei und dass außer der Konkursabweisung der DT GmbH 2017 keine weiteren Aktivitäten gesetzt worden seien. 2018 sei nichts passiert.

Dieser Vorwurf geht ins Leere, da aus dem vorliegenden Akt ersichtlich ist, dass bereits im Jahr 2017 der Bf. zweimalig von der Abgabenbehörde mit schriftlichem Auskunftsersuchen kontaktiert wurde und diese Schreiben auch beantwortet hat.
Auch die Behauptung, dass im Jahr 2018 keine weiteren Schritte seitens der Abgabenbehörde erfolgt sind erweist sich als Irrtum.
Mit Schreiben vom wurde der steuerlichen Vertretung des Bf. in Entsprechung des Antrages auf Akteneinsicht eine im Jahr 2018 erstellte Niederschrift mit einer Auskunftsperson der DT GmbH übermittelt.

Die im Jahr 2016 erfolgte Festsetzung der Glücksspielabgabe für die Jahre 2011-2013 gegenüber der DT GmbH als Gesamtschuldnerin entfaltete auch gegenüber dem Bf. als anderem Gesamtschuldner eine verjährungsverlängernde Wirkung.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sowohl im Jahr 2016, als auch 2017 und 2018 nachweislich nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabenpflichtigen getätigt wurden, sodass die Verjährung betreffend Festsetzung der Gebühren für 2011 -2013 nicht eingetreten war und die Inanspruchnahme des Bf. somit zu Recht erfolgte. Für die Folgejahre 2014 und 2015 wurde kein Einwand der Verjährung vorgebracht.

Auf die übrigen Beschwerdegründe - Bescheidbegründung unzureichend - Akteneinsicht sowie fehlerhafte Bescheidbegründung Glücksspielabgabe 2011 - war nicht weiter einzugehen, wurde doch die geforderte Akteneinsicht gewährt, sowie die Höhe der Glücksspielabgabe 2011 bereits mit Beschwerdevorentscheidung korrigiert, weswegen der Beschwerde für das Jahr 2011 im Umfang der Beschwerdevorentscheidung Folge gegeben wurde.

Im Übrigen waren die Beschwerden daher spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

3.1. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung waren nicht zu beurteilen. Für die Zulässigkeit der ordentlichen Revision besteht daher kein Anlass.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Glücksspiel
betroffene Normen
§ 40 FBG, Firmenbuchgesetz, BGBl. Nr. 10/1991
§ 59 Abs. 5 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 59 Abs. 4 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 202 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 208 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 208 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100011.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at