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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.06.2023, RV/7101089/2021

Entschiedene Sache bzw. Wiederaufnahme des Verfahrens

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7101089/2021-RS1
Eine Wiederaufnahme des Verfahrens ist ausgeschlossen, wenn der Abgabenbehörde im wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt war, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Beurteilung zu der Entscheidung gelangen hätte können, die nunmehr in einem wiederaufgenommenen Verfahren erlassen werden soll.
RV/7101089/2021-RS2
Ob im wieder aufzunehmenden Verfahren die bekannten Tatsachen und Beweismittel richtig beurteilt wurden, also ob vielleicht auf Grund dieser Tatsachen und Beweismittel kein Abweisungsbescheid nach § 13 FLAG 1967 ergehen hätte dürfen, ist im Wiederaufnahmeverfahren nicht zu beurteilen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Elisabeth Wanke über die Beschwerde der ***1*** ***2***, vormals ***3***, ***4***, nunmehr ***3***, ***9***, vom gegen den Bescheid des damaligen Finanzamts Wien 2/20/21/22, nunmehr Finanzamt Österreich, 1220 Wien, Dr. Adolf Schärf-Platz 2, vom , mit welchem der Antrag vom auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO hinsichtlich des Bescheids vom betreffend Abweisung des Antrags vom auf Familienbeihilfe für den im Oktober 1995 geborenen ***5*** ***2*** ab September 2016, abgewiesen wurde, Sozialversicherungsnummer ***6***, nach am im Beisein der Schriftführerin Katja Kluka und in Anwesenheit von Mag. Magdalena Preslmayr für das Finanzamt sowie in Abwesenheit der Beschwerdeführerin zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der Spruch des angefochtenen Bescheids bleibt unverändert.

II. Gegen diese Entscheidung ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Bescheid vom

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt einen Antrag der Beschwerdeführerin (Bf) ***1*** ***2*** vom auf Familienbeihilfe für den im Oktober 1995 geborenen ***5*** ***2*** ab September 2016 mit folgender Begründung ab:

Für volljährige Kinder steht Familienbeihilfe nur unter bestimmten, im § 2 Abs. 1 lit. b bis e Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung genannten Voraussetzungen zu.

Als anspruchsbegründend wird Folgendes bestimmt:

• Zeiten einer Berufsausbildung bzw. -fortbildung

• Zeiten zwischen dem Abschluss einer Schulausbildung und dem frühestmöglichen Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung

• Zeiten zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung

• das dauernde Unvermögen, sich selbst wegen einer Behinderung Unterhalt zu verschaffen.

Familienbeihilfenanspruch besteht nur dann, wenn die Ausbildung ernsthaft und zielstrebig betrieben wird.

Dies wird dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Prüfungen die volle Zeitdes Kindes in Anspruch nimmt und das Kind zu den Prüfungsterminen innerhalb eines angemessenen Zeitraums antritt.

Laut vorgelegtem Zeugnis wurde im Schuljahr 2016/17 keine Prüfungen abgelegt.

Der Abweisungsbescheid vom erwuchs in Rechtskraft.

Antrag vom

Diesem Abweisungsbescheid ging ein Antrag vom , beim Finanzamt eingelangt am , mit dem Formular Beih 1-PDF voran, in dem die Gewährung von Familienbeihilfe für ***5*** ***2*** ab September 2016 wegen "versäumter Frist" beantragt wurde. Nach der Aktenlage waren diesem Antrag beigeschlossen:

Laut Reife- und Diplomprüfungszeugnis vom wurde die Reife- und Diplomprüfung für die Schulform Handelsakademie für Berufstätige bestanden.

Stundentafel:

Folgende Semesterzeugnisse (Handelsakademie für Berufstätige) wurden vorgelegt:

- Für das Schuljahr 2016/2017 (vom , 8BSKB)

- für das Schuljahr 2015/2016 (vom , 7BSKB)

Darüber hinaus wurde eine Schulbesuchsbestätigung vom für die Klasse 7BSKB vom bis vorgelegt.

Außerdem wurden Modulnachweise vorgelegt:

: 7. Semester, Klasse 8BSKB, Kolloquium, gut

: 7. Semester, 3 Wochenstunden, Kolloquium, befriedigend

: 7. Semester, 1 Wochenstunde, Kolloquium , gut

: 7. Semester, 4 Wochenstunden, Kolloquium , genügend

: 7. Semester, 3 Wochenstunden, Kolloquium , sehr gut.

Unterlagenvorlage vom

Am wurde folgende Schulbesuchsbestätigung von ***10***, Bundeshandelsakademie, Bundeshandelsschule und Bundeshandelsakademie für Berufstätige ***11*** vom vorgelegt:

Weiters:

Semesterzeugnis vom für das Schuljahr 2016/2017 Modulverband 7BSKB

Semesterzeugnis vom für das Schuljahr 2015/2016 Modulverband 7BSKB (wie bereits mit dem Antrag vom 2./)

Antrag vom

Mit am beim Finanzamt eingelangtem Schreiben gab die Bf an:

Sehr geehrte Damen und Herren,

da vorgehende Anträge auf rückwirkende Zuerkennung der Familienbeihilfe gestellt und abgewiesen wurden, bringe ich neuerlich einen Antrag auf Familienbeihilfe ein und möchte vorliegende Erklärung beilegen, um Missverständnissen und Unklarheiten vorzubeugen.

Wie Sie der beigefügten Schulbesuchsbestätigung entnehmen können, hat mein Sohn, ***5*** ***2*** geb. am ***7***, vom bis das ***13***-***12*** in (derzeit) ***14*** besucht und dieses am mit der Reife- und Diplomprüfung abgeschlossen.

Bis zum (siehe Gesamt-Schulbesuchsbestätigung) hat er kontinuierlich das nächst höhere Semester besucht. Da mein Sohn in verschiedenen Semestern vereinzelt noch offene Module hatte (Aufstieg auch mit negativen Beurteilungen möglich) und die maturarelevante Projektarbeit, welche im Rahmen des Unterrichts geschrieben werden muss, noch ausstehend war, war es notwendig ein extra Semester dranzuhängen, wodurch er die Ausbildung in 9 Semestern, anstelle der vorgesehenen 8, zum nächstmöglichen Maturatermin am abschloss. Die Ausbildung wurde stets zielstrebig verfolgt und es wurden durchgehend positive Leistungen erbracht, daher ersuche ich um Zuerkennung der Familienbeihilfe bis zum Abschluss der Ausbildung am !

Im Sommersemester 2016/2017 wurde mein Kind offiziell im 7. Semester geführt. Dies war notwendig, da noch die Projektarbeit für die Matura zu schreiben war, welche im Rahmen eines Moduls des 7. Semesters geschrieben werden muss, noch einige offene Prüfungen abzulegen waren und dies die einzige Möglichkeit war mit den seit Jahren bekannten Klassenlehrern als Prüfer zu maturieren.

Ich bin derzeit in der ***4*** im 20. Bezirk gemeldet, allerdings waren mein Sohn und ich während der Dauer seiner Schulausbildung gemeinsam am ***8*** im 20. Bezirk wohnhaft!

Falls Sie noch weitere Unterlagen benötigen oder wiedererwarten etwas unklar sein sollte, überbringe ich gerne alles Notwendige.

Vielen Dank im Voraus und freundliche Grüße,

***1*** ***2***

Beigefügt waren:

Formular Beih 100-PDF

Mit dem Formular Beih 100-PDF beantragte die Bf die Gewährung von Familienbeihilfe für ihren Sohn ***5*** ***2*** wegen "nachträgliche Einbringung von Beweisen" ab September 2016.

Schulbesuchsbestätigung

Das ***10***, Bundeshandelsakademie, Bundeshandelsschule und Bundeshandelsakademie für Berufstätige ***11*** bestätigte am einen Schulbesuch von ***5*** ***2*** wie folgt (mit dem Antrag vom 2./ nicht vorgelegt, aber am vor Erlassung des Abweisungsbescheids vom ):

Für die Klasse 7BSKB vom bis liegt eine weitere Bestätigung vom vor (mit dem Antrag vom 2./ vorgelegt).

Folgende Semesterzeugnisse (Handelsakademie für Berufstätige) wurden vorgelegt:

- Für das Schuljahr 2012/2013 (vom , 1BSKB) - mit dem Antrag vom 2./ nicht vorgelegt.

- Für das Schuljahr 2013/2014 (vom , 2BSKB) - mit dem Antrag vom 2./ nicht vorgelegt.

- Für das Schuljahr 2013/2014 (vom , 3BSKB) - mit dem Antrag vom 2./ nicht vorgelegt.

- Für das Schuljahr 2014/2015 (vom , 4BSKB, handschriftlicher Vermerk mit Schulstempel und Unterschrift, dass das Semester von 3 auf 4 korrigiert wurde) - mit dem Antrag vom 2./ nicht vorgelegt.

- Für das Schuljahr 2014/2015 (vom , 5BSKB) - mit dem Antrag vom 2./ nicht vorgelegt.

- Für das Schuljahr 2015/2016 (vom , 6BSKB) - mit dem Antrag vom 2./ nicht vorgelegt.

- Für das Schuljahr 2015/2016 (vom , 7BSKB) - mit dem Antrag vom 2./ wurde für dieses Schuljahr und diesen Modulverband ein anderes Semesterzeugnis vom (siehe oben) vorgelegt.

- Für das Schuljahr 2016/2017 (vom , 7BSKB) - mit dem Antrag vom 2./ nicht vorgelegt, aber am .

- Für das Schuljahr 2016/2017 (vom , 8BSKB) - mit dem Antrag vom 2./ vorgelegt.

Laut Reife- und Diplomprüfungszeugnis vom wurde die Reife- und Diplomprüfung für die Schulform Handelsakademie für Berufstätige bestanden (mit dem Antrag vom 2./ vorgelegt).

Stundentafel:

Außerdem wurden Modulnachweise vorgelegt (ebenfalls wie mit dem Antrag vom 2./):

: 7. Semester, 3 Wochenstunden, Kolloquium , sehr gut

: 7. Semester, 4 Wochenstunden, Kolloquium , genügend

: 7. Semester, 1 Wochenstunde, Kolloquium , gut

: 7. Semester, Kolloquium, gut

: 7. Semester, 3 Wochenstunden, Kolloquium, befriedigend

Abweisungsbescheid vom

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Wiederaufnahmeantrag ab:

Der Antrag auf Wiederaufnahme gemäß § 303 Abs. 1 Bundesabgabenordnung eingebracht am betreffend Abweisung Ihres Antrages auf Familienbeihilfe für ***5*** vom wird abgewiesen.

Zur Begründung führte das Finanzamt aus:

Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO ist dem Antrag des Abgabepflichtigen auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Ihr Sohn ***5***, geboren am ***7***, hat vom Schuljahr 2013/14 bis zum Schuljahr 2016/17 die Handelsakademie für Berufstätige absolviert.

Mit Bescheid vom wurde Ihr Antrag auf Familienbeihilfe abgewiesen.

Mit Ihrer Eingabe haben Sie das Reifeprüfungszeugnis vorgelegt, Ihr Sohn hat im Oktober 2017 die Reife- und Diplomprüfung positiv abgelegt. ***5*** hatte von bis keinen Wohnsitz in Österreich und von bis hat er den Zivildienst absolviert.

Gemäß § 5 Abs. 3 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.

Während der Ableistung des Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienstes kann keine Berufsausbildung angenommen werden, da die Erfüllung der Wehrpflicht eine Haupttätigkeit darstellt.

Zusammenfassend ergibt sich somit, dass keine neuen Tatsachen oder Beweismittel hervorgekommen sind und dass eine amtswegige Wiederaufnahme des Beihilfenverfahrens auch keinen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeiführen würde.

Daher war Ihr Antrag abzuweisen.

Beschwerde

Gegen den Abweisungsbescheid vom erhob die Bf mit am beim Finanzamt eingelangtem Schreiben Beschwerde:

Sehr geehrte Damen und Herrn,

per Antrag vom habe ich die Zuerkennung der Familienbeihilfe für meinen Sohn ***5*** ***2***, geboren am ***7***, ab September 2016 beantragt.

Mit dem Abweisungsbescheid vom wurde dieser Antrag mit folgender Begründung abgelehnt:

"Laut vorgelegtem Zeugnis wurde im Schuljahr 2016/2017 keine Prüfungen abgelegt",

Da dem Antrag sämtliche Zeugnisse inkl. Maturazeugnis, eine Schulbesuchsbestätigung für den gesamten Zeitraum des Schulbesuchs und diverse Bestätigungen zu abgelegten Prüfungen beigelegt waren, habe ich am einen Antrag auf Wiederaufnahme gestellt.

Der Antrag auf Wiederaufnahme wurde mit Bescheid vom abgewiesen. Entgegen der Behauptungen des ursprünglichen Abweisungsbescheids wurde hierbei die zielstrebige Verfolgung und der Abschluss einer Berufsausbildung im Oktober 2017 bestätigt.

Laut Bescheid zum Antrag auf Wiederaufnahme hatte mein Sohn vom bis keinen Wohnsitz in Österreich. Weiters heißt es: "Gemäß § 5 Abs. 3 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten."

Gemäß § 2 Abs. 1 Familienlastenausgleichgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.

Laut Entscheidung des OGH zu den Geschäftszahlen 10b543/85 (10b544/85) und 60b624/87 (60b625/87) gilt Folgendes zur Beurteilung eines gewöhnlichen Aufenthalts:

"Der gewöhnliche Aufenthalt einer Person ist nach der Regel Nr 9 der Entschließung des Ministerkomitees des Europarates (72) I vom zur Vereinheitlichung der Rechtsgrundbegriffe "Wohnsitz" und "Aufenthalt" dort gegeben, wo die Dauer und die Beständigkeit des Aufenthalts sowie andere Umstände persönlicher und beruflicher Natur die dauerhafte Beziehung zwischen einer Person und ihrem Aufenthalt anzeigen. Diese Entschließung kann bei der Auslegung des Begriffes "gewöhnlicherAufenthalt" als Entscheidungshilfe dienen."

Mein Sohn hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet und hielt sich ständig in diesem auf.

Aus den bereits eingereichten Zeugnissen und Unterlagen ist ersichtlich, dass mein Sohn eine Berufsausbildung in Wien absolviert hat, im Zuge derer er regelmäßig mehrmals die Woche am Unterricht teilnahm. Dies wird zudem durch die beiliegende Bestätigung der "Bundeshandelsakademie und Bundeshandelsschule, BHAK und BHAS für Berufstätige ***11***" untermauert.

Als weiterer Nachweis für den Aufenthalt werden die Kontoauszüge des aktuellen Bankkontos meines Sohnes ab der Eröffnung des Kontos am bis zum beigelegt, Aus diesen sind kontinuierliche Kontobewegungen im Bundesgebiet ersichtlich.

Kopien des Reisepasses, aus denen keinerlei Ausreisen in dem für den Antrag relevanten Zeitraum hervorgehen, wurden ebenso beigelegt, um den wie im vorliegenden Abweisungsbescheid postulierten Aufenthalt im Ausland zu widerlegen.

Die Beständigkeit des Aufenthalts meines Sohnes im Bundesgebiet ist darüber hinaus durch den Beginn seines Zivildienstes am sowie die dauerhafte Beziehung zu seinem sozialen Umfeld belegbar. Sämtliche Freunde und nähere Familienmitglieder, mit welchen mein Sohn in dieser Zeit regelmäßig in Kontakt stand und enge Beziehungen pflegte, hatten und haben nach wie vor ihren Wohnsitz und Aufenthalt im Bundesgebiet.

Aus den vorgelegten Beweismitteln ist der gewöhnliche Aufenthalt meines Sohnes, ***5*** ***2***, im Bundesgebiet nachvollziehbar und ein Anspruch infolgedessen legitim.

Angemerkt sei zusätzlich, dass der Bescheid vom den Anspruch auf Familienbeihilfe bis zum und vom - für nichtig erklärt, allerdings gegen den Anspruch für den Zeitraum vom - keine Einwände erhoben wurden.

Beigefügt waren:

Schulbestätigung

Die Schule bestätigte am für das Finanzamt:

Wir bestätigen, dass Herr ***5*** ***2*** auch im Winter- und Sommersemester 2016/17 {im Ausmaß von 25 + 21 Wochenstunden) das ***13***-***12*** besucht und in diesem Zeitraum das 7. und 8. Semester abgeschlossen hat. Parallel dazu wurden Prüfungen über offene Module (Fächer) aus vorangegangen Semestern positiv abgelegt. Somit war Herr ***2*** Ende des Sommersemesters 2016/17 antrittsberechtigt und hat im Herbst die Reife- und Diplomprüfung für die Schulform Handelsakademie für Berufstätige bestanden.

Kontoauszüge

Vorgelegt wurden Ausdrucke vom aus dem Internet-Bankprogramm "George" betreffend Februar 2017, Jänner 2017, Dezember 2016, November 2016, September 2016, August 2016, Juli 2016, Juni 2016, April 2016, aus denen sich unter anderem zahlreiche Barabhebungen im Inland und Zahlungen bei inländischen Supermärkten ersehen lassen, des weiteren eine Zahlung der Stadt Wien MA 40 Soziales am über € 837,76 mit dem (programmgesteuerten) Vermerk "Arbeitslosenunterstützung" und "Bms 11/16", weiters Zahlungen der Stadt Wien MA 40 Soziales vom über insgesamt € 1.126,72. Weiters am eine Gutschrift über € 823,20 mit dem Vermerk "***5*** ***2*** Buchung wegen Kontolöschung". Um wessen Konto es sich handelt, ist nicht ersichtlich.

Reisepass

Kopien des österreichischen Reisepasses von ***5*** ***2*** mit zwei Stempelabdrücken der Republika Hrvastska aus dem Jahr 2009.

Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde vom als unbegründet ab:

Sachverhalt:

Sie haben am Familienbeihilfe für das am ***7*** geborene Kind ***5*** ab September 2016 beantragt.

Ihr Sohn absolvierte von September 2012 bis Juni 2017 das ***10*** ***12***. Ihr Antrag wurde mit Bescheid vom für den Zeitraum ab September 2016 abgewiesen.

Am brachten Sie einen Antrag auf Wiederaufnahme des Familienbeihilfeverfahrens ein, gleichzeitig legten Sie das Maturazeugnis von Ihrem Sohn vom vor. Da ***5*** von bis keinen Wohnsitz in Österreich hatte und ab den Zivildienst absolviert hat, wurde Ihr Antrag auf Wiederaufnahme mit Bescheid vom abgewiesen.

Im Zuge Ihrer Beschwerde haben Sie als Nachweis für den ständigen Aufenthalt in Österreich Kontoauszüge vorgelegt. Auf diesen Kontoauszügen ist nicht ersichtlich wem dieses Konto gehört.

Gesetzliche Grundlagen:

Gemäß § 13 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) hat das nach dem Wohnsitz oder dem gewöhnlichen Aufenthalt der antragstellenden Person zuständige Finanzamt über Anträge auf Gewährung der Familienbeihilfe zu entscheiden. Insoweit einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist, ist ein Bescheid zu erlassen.

Gemäß § 2 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder sowie unter bestimmten Voraussetzungen für volljährige Kinder. Abs. 8 dieser Gesetzesstelle bestimmt, dass Personen nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe haben, wenn sie den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Bundesgebiet haben.

Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

Nach § 5 Abs. 3 FLAG 1967 besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.

Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Gemäß § 303 Abs. 2 BAO hat der Wiederaufnahmeantrag zu enthalten

a) die Bezeichnung des Verfahrens, dessen Wiederaufnahme beantragt wird und

b) die Bezeichnung der Umstände, auf die der Antrag gestützt wird.

Würdigung:

Voraussetzung für einen Anspruch auf österreichische Familienbeihilfe ist gemäß § 2 Abs. 8 FLAG 1967, dass die den Anspruch geltend machende Person den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet hat und, dass sich die Kinder ständig in Österreich aufhalten.

Da der der Inlandsaufenthalt von Ihrem Sohn nicht nachgewiesen wurde, besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Ihre Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Vorlageantrag

Mit am persönlich eingereichtem Schreiben erhob die Bf Vorlageantrag.

Sehr geehrte Damen und Herren,

da laut Beschwerdevorentscheidung vom meine Beschwerde vom abgelehnt wurde, beantrage ich hiermit eine Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht!

Der Anspruch auf Familienbeihilfe ab September 2016 wurde abgelehnt, obwohl mein Sohn ***5*** ***2*** trotz Meldelücke durchwegs seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Wien hatte.

Als Nachweis wurden unter anderem Kopien vom Reisepass als Nachweis des Aufenthalts und ein Ausdruck des Zahlungsverkehrs der Bankomatkarte meines Sohnes beigefügt. Es wurde meinerseits übersehen, dass auf den Nachweisen zu den getätigten Zahlungen keine Informationen zum Kontoinhaber ersichtlich sind. Diese werden nach Möglichkeit gerne nachgereicht.

In der vorhergehenden Beschwerde vom wurde bereits beanstandet, dass der Anspruch auf Familienbeihilfe, mit der Begründung mein Sohn habe von bis keinen Wohnsitz in Österreich und habe per seinen Zivildienst angetreten, abgewiesen wurde, während kein Einwände gegen einen Anspruch auf Familienbeihilfe für den Februar 2017 erhoben wurden. Ebenso wurden Nachweise der Schule (Zeugnisse, Schulbesuchsbestätigungen) nicht anerkannt, obwohl diese den durchgehenden Aufenthalt und damit den Anspruch auf Familienbeihilfe belegen.

Des Weiteren beantrage ich eine mündliche Verhandlung und die Möglichkeit Zeugen miteinzubringen, da mein Sohn in der Zeit seines fehlenden Wohnsitzes regelmäßig Kontakt mit der Familie, Freunden und Bildungspersonal seiner Schule hatte, welche alle den durchgehenden Aufenthalt von ***5*** bestätigen können.

Der zunächst nicht unterschriebene Vorlageantrag wurde nach einem Mängelbehebungsauftrag am innerhalb der gesetzten Frist unterschrieben vorgelegt.

Vorlage

Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte unter anderem aus:

Bezughabende Normen

§ 303 Abs 1 lit b BAO, § 2 Abs 1 lit b FLAG

Sachverhalt und Anträge

Sachverhalt:

Die Bf stellte einen Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe für ihren Sohn ***5*** ab September 2016, der mit Bescheid abgewiesen wurde, weil nach Ansicht der belangten Behörde keine zielstrebig und ernsthaft betriebene Berufsausbildung vorlag.

Der Sohn der Bf besuchte das ***13***-***12*** und schloss im Winter- und Sommersemester 2016/17 das 7. und 8. Semester ab. Parallel dazu wurden Prüfungen über offene Module (Fächer) aus vorangegangen Semestern positiv abgelegt.

Im Herbst 2017 schloss er die Reife- und Diplomprüfung für die Schulform Handelsakademie ab.

Gegen den Abweisungsbescheid wurde keine Beschwerde erhoben und der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Zwei Jahre später stelle die Bf erneut einen Antrag für den gleichen Zeitraum, der deswegen als Antrag auf Wiederaufnahme gewertet wurde, allerdings mangels Neuerungstatbestand abgewiesen wurde.

Beweismittel:

Siehe Inhaltsverzeichnis

Stellungnahme:

Im Abweisungsbescheid wird über kein Enddatum abgesprochen.

Ein Bescheid über die Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe "ab" einem bestimmten Anspruchszeitraum, ohne im Spruch einen Endpunkt festzusetzen, gilt nach der ständigen Rechtsprechung jedenfalls für den Zeitraum bis einschließlich jenes Kalendermonats, in welchem der Bescheid erlassen wird, ungeachtet dessen, ob sich zwischen dem Anfangszeitpunkt und diesem Zeitpunkt die Sach- oder Rechtslage geändert hat.

Ein solcher Bescheid gilt jedoch über diesen Zeitpunkt der Bescheiderlassung hinaus solange weiter, als sich die der Bescheiderlassung zugrunde liegende Sach- und Rechtslage nicht ändert (vgl. ausdrücklich 2011/16/0065, und 2009/16/0121).

Das bedeutet konkret, dass der Abweisungsbescheid über den Zeitraum September 2016 - November 2018 abspricht.

Grundsätzlich ist ein Zurückweisungsbescheid für den Zeitraum September 2016 - November 2018 zu erlassen.

Der erneute Antrag wurde allerdings - zu Gunsten der Bf - als Wiederaufnahmeantrag gewertet.

Dieser Wiederaufnahmeantrag wurde abgewiesen.

Der Antrag auf Wiederaufnahme kann allerdings auch nur den Zeitraum September 2016 - November 2018 betreffen, weil es darüber hinaus kein abgeschlossenes Verfahren gibt, das wiederaufgenommen werden könnte.

Der Antrag ab Dezember 2018 bleibt offen und wird im Finanzamt bearbeitet werden.

Bezüglich des Zeitraumes September 2016 - November 2018 liegen keine neuen Tatsachen vor.

Neu hervorgekommene Tatsachen (also solche, die bereits zur Zeit des früheren Verfahrens bestanden haben, aber erst später bekannt wurden) rechtfertigen - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - eine Wiederaufnahme des Verfahrens, wenn sie die Richtigkeit des angenommenen Sachverhalts in einem wesentlichen Punkt als zweifelhaft erscheinen lassen.

Allerdings bringt die Bf keine neu hervorgekommene Tatsache vor.

In ihrem Antrag auf Wiederaufnahme legt die Bf Nachweise vor, die eine ernsthafte Berufsausbildung ihres Sohnes belegen sollen - allerdings betreffen alle Unterlagen den Zeitraum 2016 - 2018.

Die Unterlagen betreffen somit Tatsachen, die der Bf schon im vorherigen Verfahren bekannt waren und somit aus ihrer Sicht keine neu hervorgekommene Tatsachen iSd § 303 BAO vorliegen.

Wenn die Bf auf dem Standpunkt steht, dass der Abweisungsbescheid rechtlich unrichtig ist, hätte sie im Rahmen einer Beschwerde die Möglichkeit gehabt, Unterlagen und Tatsachen vorzubringen, die diesen Standpunkt bekräftigen.

Behauptete Tatsachen, die bereits zur Zeit des ersten Verfahrens bestanden haben, die Bf jedoch nicht bereits im ersten Verfahren vorgebracht hat, sind von der Rechtskraft der über den Erstantrag absprechenden Entscheidung erfasst (vgl. Ra 2019/01/0008 bis 0010, mwN; betreffend ein Asylverfahren).

Aus den obigen Ausführungen ergibt sich somit für die belangte Behörde, dass kein Neuerungstatbestand iSd § 303 BAO vorliegt und deswegen die Beschwerde abzuweisen ist.

ZMR

Das Bundesfinanzgericht erhob im Zentralen Melderegister, dass die Bf ***1*** ***2***, von bis in ***3***, ***9*** mit Hauptwohnsitz gemeldet war, von bis in ***3***, ***4*** und seit wieder in ***3***, ***9***.

Ihr Sohn ***5*** ***2*** war von bis in ***3***, ***9*** mit Hauptwohnsitz gemeldet und ist es wieder seit . Dazwischen bestand keine aufrechte Meldung in Österreich.

Mündliche Verhandlung

Zu der am stattgefundenen mündlichen Verhandlung wurde die Bf nachweislich am geladen. Sie erschien zu der von ihr selbst beantragten Verhandlung nicht. Aus der hierüber aufgenommenen Niederschrift:

Verlauf der mündlichen Verhandlung

Beginn der Verhandlung: 11:10 Uhr

Die Richterin stellt die ordnungsgemäße Ladung der Bf fest. Die Bf ist trotz Zuwartens bis 11:10 nicht erschienen.

Zur Sache

Die Richterin trägt die Sache vor.

Die Vertreterin der Amtspartei verweist auf den Vorlagebericht und darauf, dass im neuerlichen Antrag vom von "nachträglicher Einbringung von Beweisen" gesprochen werde, was auf einen Wiederaufnahmeantrag schließen ließe.

Abschließendes Vorbringen

Weiteres Vorbringen seitens der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wird nicht erstattet.

Die Richterin weist darauf hin, dass gemäß § 23 BFGG die Erkenntnisse und Beschlüsse des Bundesfinanzgerichts - unter Anonymisierung personenbezogener Daten, soweit diesbezüglich ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Parteien besteht - grundsätzlich der Öffentlichkeit im Internet (https://findok.bmf.gv.at/) zugänglich zu machen sind, außer es stehen im Einzelfall wesentliche Interessen der Parteien oder wesentliche öffentliche Interessen entgegen.

Seitens der Amtspartei werden wesentliche Interessen, die einer Veröffentlichung entgegenstehen, nicht bekannt gegeben.

Die Vertreterin des Finanzamtes beantragt die Beschwerde abzuweisen.

Die Richterin verkündet den

Beschluss

dass die Entscheidung der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten bleibt.

Ende der Verhandlung:11:30 Uhr.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Rechtsgrundlagen

§ 303 BAO lautet:

§ 303. (1) Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn

a)der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder

b)Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder

c)der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,

und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

(2) Der Wiederaufnahmsantrag hat zu enthalten:

a)die Bezeichnung des Verfahrens, dessen Wiederaufnahme beantragt wird;

b)die Bezeichnung der Umstände (Abs. 1), auf die der Antrag gestützt wird.

(3) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, durch Verordnung die für die Ermessensübung bedeutsamem Umstände zu bestimmen.

Entschiedene Sache

Entschiedene Sache, also Identität der Verwaltungssache, über die bereits mit einem formell rechtskräftigen Bescheid abgesprochen wurde, liegt dann vor, wenn einerseits weder in der Rechtslage noch in den für die Beurteilung des Parteienbegehrens maßgeblichen tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist und sich andererseits das Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (vgl. Ritz/Koran, BAO, 7.A., § 303 Rz 13 unter Hinweis auf ; ; , 2007/03/0059; , 2010/10/0213; , 2009/11/0059).

Da der Abweisungsbescheid vom über einen Anspruch der Bf auf Familienbeihilfe für ihren Sohn ***5*** ***2*** ab September 2016 abspricht und die Abweisung damit begründet, dass laut dem vorgelegten Zeugnis im Schuljahr 2016/17 keine Prüfungen abgelegt worden seien, liegt hinsichtlich des am gestellten neuerlichen Antrags auf Familienbeihilfe für ***5*** ***2*** ab September 2016 entschiedene Sache (res iudicata) vor. Entgegen der im Vorlagebericht des Finanzamts vertretenen Auffassung, der Abweisungsbescheid vom umfasse den Zeitraum September 2016 bis November 2018 ergibt sich aus dem Verweis in der Begründung des Abweisungsbescheids, dass sich die für den Bescheid maßgebende Sachlage auf das Nichtablegen von Prüfungen im Schuljahr 2016/2017 bezieht. Das Schuljahr 2016/2017 begann in Wien am . Das Unterrichtsjahr endete am . Das Schuljahr 2017/2018 begann am . Daher liegt entschiedene Sache nur hinsichtlich des Zeitraums bis vor.

Die am , nach Beendigung des Schuljahrs 2017/2018 abgelegte Reife- und Diplomprüfung und die damit grundsätzlich verbundene Berufsausbildung gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 ist vom Abweisungsbescheid vom daher nicht umfasst. Nach dem Vorbringen im angefochtenen Bescheid vom kann einem Familienbeihilfeanspruch aber entgegenstehen, dass der Sohn der Bf von bis seinen Zivildienst geleistet haben soll und für die Zeit des Zivildienstes kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht (vgl. ).

Wiederaufnahmeantrag

Aus dem Antrag vom ergibt sich, dass die Bf ("nachträgliche Einbringung von Beweisen") eine Wiederaufnahme des mit Bescheid vom rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens anstrebt und dass sie sich dabei auf die dem Antrag vom , oben angeführten Beweismittel stützt. Die Voraussetzungen nach § 303 Abs. 2 BAO sind daher erfüllt.

Neue Tatsachen oder Beweismittel

Der Neuerungstatbestand des § 303 Abs. 1 lit b BAO fordert, dass (entscheidungsrelevante) Tatsachen oder Beweismittel im (abgeschlossenen) Verfahren neu hervorkommen. Gemeint ist, in jenem Verfahren, das bereits durch Bescheid abgeschlossen ist (vgl. Ritz/Koran, BAO, 7.A., § 303 Rz 46). Die Wendung "im abgeschlossenen Verfahren" beruht erkennbar auf einem Redaktionsversehen. Zweck der Wiederaufnahme wegen Neuerungen ist die Berücksichtigung von bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen. Gemeint sind also Tatsachen, die zwar im Zeitpunkt der Bescheiderlassung "im abgeschlossenen Verfahren" bereits existierten, aber erst danach hervorgekommen sind (vgl. , mwN).

Eine Wiederaufnahme des Verfahrens ist ausgeschlossen, wenn der Abgabenbehörde im wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt war, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Beurteilung zu der Entscheidung gelangen hätte können, die nunmehr in einem wiederaufgenommenen Verfahren erlassen werden soll (vgl. vgl. Ritz/Koran, BAO, 7.A., § 303 Rz 46 unter Hinweis auf ; , 2010/15/0192).

Der wiederaufzunehmende Bescheid vom stellt allein darauf ab, dass im Schuljahr 2016/2017 keine Prüfungen abgelegt worden seien. Der Abweisungsbescheid vom wurde nicht damit begründet, dass ***5*** ***2*** sich im Sinn von § 5 Abs. 3 FLAG 1967 ständig im Ausland aufgehalten hätte. Davon spricht das Finanzamt erst im Abweisungsbescheid vom . Da ein möglicher ständiger Auslandsaufenthalt von ***5*** ***2*** von bis , der vom Finanzamt nunmehr behauptet wird, keinen Einfluss auf die Begründung des Abweisungsbescheids vom hat, sind Beweismittel betreffend einen möglichen ständigen Inlandsaufenthalt des ***5*** ***2*** nicht geeignet, dazu zu führen, dass der Abweisungsbescheid vom aufzuheben wäre. Es sind daher diesbezügliche Beweisaufnahmen im Wiederaufnahmeverfahren gemäß § 183 Abs. 3 BAO unerheblich.

Es ist also allein zu prüfen, ob die Bf im Wiederaufnahmeantrag vom neue Tatsachen oder Beweismittel in Bezug auf das Schuljahr 2016/2017 vorgelegt hat, die im Verfahren, das zur Erlassung des Abweisungsbescheids vom geführt hat, unbekannt waren. Betreffend das Schuljahr 2016/2017 wurden am keine Beweismittel vorgelegt, die im wiederaufzunehmenden Verfahren (entweder auf Grund des Antrags vom oder der Urkundenvorlage vom ) nicht bekannt waren. Auch die Ausführungen im Wiederaufnahmeantrag vom belegen nicht, dass entgegen den vorgelegten Unterlagen weitere Prüfungen abgelegt wurden.

Es fehlt daher am Vorliegen von neuen Tatsachen oder Beweismitteln betreffend den Abweisungsbescheid vom .

Ob im Abweisungsbescheid vom die bekannten Tatsachen und Beweismittel richtig beurteilt wurden, also ob vielleicht auf Grund dieser Tatsachen und Beweismittel kein Abweisungsbescheid nach § 13 FLAG 1967 ergehen hätte dürfen, ist im Wiederaufnahmeverfahren nicht zu beurteilen. Da keine neuen Tatsachen oder Beweismitteln betreffend den Abweisungsbescheid vom im Antrag vom genannt werden, fehlt es an der Voraussetzung nach § 303 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 für eine Wiederaufnahme des Verfahrens.

Fehlende Kenntnis von den neuen Tatsachen oder Beweismitteln

Voraussetzung für eine Wiederaufnahme auf Antrag der Partei (§ 78 BAO) ist des weiteren, dass es sich um eine für die Partei neu hervorgekommene Tatsache handelt (vgl. ; ). Selbst wenn es sich für das Finanzamt um neu hervorgekommene Tatsachen oder Beweismittel handeln würde, ist nicht ersichtlich, dass die Bf von diesen im wiederaufzunehmenden Verfahren keine Kenntnis gehabt hat. Die am vorgelegten Beweismittel datieren alle vor dem .

Es kann daher nicht festgestellt werden, dass der Bf im wiederaufzunehmenden Verfahren diese Tatsachen oder Beweismittel nicht bekannt waren.

Keine Rechtswidrigkeit des Spruchs des angefochtenen Bescheids

Da der Spruch des angefochtenen Bescheids vom nicht mit Rechtswidrigkeit (Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG) behaftet ist, ist die gegen diesen gerichtete Beschwerde gemäß § 279 BAO als unbegründet abzuweisen.

Revisionsnichtzulassung

Eine Revision ist nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn ein Erkenntnis von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor, da die Entscheidung der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs folgt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 5 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 303 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7101089.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at